Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147
Abs. 3 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, die sie an ihrem Vermögen um insgesamt mehr als 100.000 S schädigten, und zwar 1. in Graz Margarethe B a) in der Zeit von Anfang Oktober 1978 bis zum 21. Februar 1979 durch die Behauptung, er benötige für sein Unternehmen dringend Geld und werde dieses nach Eingehen der Außenstände gewinnbringend zurückzahlen können, zur Gewährung von Darlehen in der Gesamthöhe von 107.800 S und b) am 21. November 1978 durch die Behauptung, er könne ihren in Jugoslawien inhaftierten Lebensgefährten Ernst C aus dem Gefängnis auslösen, zur Übergabe von 30.000 S Bargeld sowie 2. am 28. Juni 1979 in Leibnitz Ferdinand D durch die Behauptung, dieser werde beim Abschluß eines Versicherungsvertrages über 10.000 S ab dem Juni 1979 eine monatliche Verzinsung in gleicher Höhe erhalten, zur Übergabe von 10.000 S Bargeld.
Rechtliche Beurteilung
Der auf Z. 3, 4, 5, 10 und 11, der Sache nach aber auch auf Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu. Unter Geltendmachung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer die Vernehmung der Zeugin Margarethe B in der Hauptverhandlung als Verstoß gegen § 151 Z. 3 StPO., indessen zu Unrecht.
Nach der relevierten Verfahrensbestimmung dürfen Personen, die zur Zeit, in der sie das Zeugnis ablegen sollen, wegen ihrer Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit außerstande sind, die Wahrheit anzugeben, die also infolge ihres physischen oder psychischen Zustands zur Zeit ihrer geplanten Vernehmung überhaupt unfähig sind, zeitlich zurückliegende (eigene) sinnliche Wahrnehmungen gezielt richtig wiederzugeben, bei sonstiger Nichtigkeit ihrer Aussage nicht als Zeugen vernommen werden. Eine derartige Zeugnisunfähigkeit setzt mithin eine vollständige oder doch wenigstens in bestimmten (für die Aussage aktuellen) Sachbereichen bestehende partielle, aber jedenfalls (abgesehen von der Einschränkung auf den betreffenden Sachbereich im übrigen innerhalb desselben wiederum) generelle Wiedergabeunfähigkeit des zu Vernehmenden zur Zeit der Aussage voraus. Die Frage darnach hingegen, inwieweit letzterer in Ansehung der jeweils interessierenden speziellen Vorgänge seinerzeit zu (verläßlichen) Wahrnehmungen imstande war und ob sowie in welchem Umfang er nunmehr zu deren richtiger Wiedergabe im Einzelfall willens und in der Lage ist, betreffen nicht seine Zeugnisfähigkeit (§ 151 Z. 3 StPO.), sondern den Beweiswert seiner Aussage (§ 258 Abs. 2 StPO.).
Im gegebenen Fall lagen dem Schöffengericht keinerlei Umstände vor, die in bezug auf Margarethe B den Verdacht ihrer Zeugnisunfähigkeit (im dargestellten Sinn) - wie sie etwa bei einer Gehirnschädigung, einer Idiotie oder einem Drogenrausch des zu Vernehmenden anzunehmen sein mag - hätten erwecken können. Weder Erinnerungsmängel hinsichtlich einzelner Vorgänge noch eine wirtschaftliche Ungeschicklichkeit, die allenfalls für eine Einschränkung der zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit maßgebend sein könnte, weisen - ganz abgesehen einerseits von der Aktenwidrigkeit der betreffenden Beschwerdeeinwände und andererseits davon, daß sich die hier geltend gemachte Erinnerungsschwäche erst rückblickend aus der gerügten Vernehmung ergeben hätte - für sich allein auf eine generelle Unfähigkeit hin, die Wahrheit anzugeben. Von einer Zeugnisunfähigkeit der Margarethe B gemäß § 151 Z. 3 StPO. oder auch nur von einer Notwendigkeit bezüglicher Erhebungen - die der Angeklagte übrigens in erster Instanz nicht beantragt hat und deren konkrete Zielrichtung der erörterten Verfahrensrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 3 StPO.) ebensowenig zu entnehmen ist - kann demnach keine Rede sein.
Gleichermaßen versagt die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.).
Geradezu abwegig ist der Versuch des Beschwerdeführers, einen inneren Widerspruch des Urteils daraus zu konstruieren, daß die Tatzeit des Betrugsfaktums 1.b (21. November 1978) im Tatzeitraum des vorher beschriebenen Betrugsfaktums 1.a (Anfang Oktober 1978 bis 21. Februar 1979) liegt, woraus er ableiten möchte, daß die zuerst bezeichnete Tat (Faktum 1. b) in der zuletzt angeführten (Faktum 1.a) inbegriffen sei und daß zu dieser Konsequenz die 'zweite Feststellung einer zusätzlichen Tat' innerhalb desselben Tatzeitraums im Widerspruch stehe: Zum einen erhellt schon aus dem Urteilstenor, daß im Faktum 1.a nur jene Täuschungshandlungen des Angeklagten zusammengefaßt sind, mit denen er von B Darlehen herauslockte, wogegen er sie im Faktum 1.b zur Übergabe eines zum 'Auslösen' ihres Lebensgefährten aus einem Gefängnis bestimmten Bargeldbetrages bewog, und zum anderen ist in den Entscheidungsgründen völlig unmißverständlich klargestellt, daß die zuletzt bezeichnete Tat im zuvor erwähnten fortgesetzten Darlehensbetrug nicht inbegriffen ist.
Richtig dagegen ist allerdings, daß in Ansehung des Betrugsfaktums
2. der Urteilstenor, wonach der Schaden des Ferdinand D im Abschluß eines Versicherungsvertrages wurzelte, zu dem ihn der Beschwerdeführer mit der Vorgabe veranlaßte, er werde diesfalls ab dem Juni 1979
monatlich 10.000 S Zinsen erhalten, nicht mit der zugehörigen Begründung übereinstimmt, nach der dem Genannten der betrugsgegenständliche Bargeldbetrag mit der falschen Behauptung herausgelockt wurde, das Geld werde an eine jüdische Bank weitergeleitet, die es mit 300 % Gewinn weiterverleihe, und daraus werde er das vorerwähnte Zinsenentgelt erhalten.
Bedenkt man jedoch, daß D nach beiden Versionen zu der ihn schädigenden Ausfolgung des Bargelds an den Angeklagten jedenfalls durch das Vortäuschen einer ihm von diesem als einem Angestellten der 'Wiener Städtischen Versicherung' angebotenen äußerst lukrativen Anlagemöglichkeit bewogen wurde, dann zeigt sich, daß der gerügte Widerspruch über die genauen Umstände der betreffenden Täuschung keine im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. entscheidenden Tatsachen betrifft.
Mit seiner auf Z. 10 und Z. 11 der vorerwähnten Verfahrensbestimmung gestützten Rechtsrüge ficht der Beschwerdeführer die Unterstellung der ihm angelasteten Betrugstaten (auch) unter § 147 Abs. 3 StGB. und seine Bestrafung im darin normierten Strafrahmen zunächst mit der Begründung an, auf Seite 4 des Urteils werde nur festgestellt, daß der Schaden die '10.000 S-Grenze' übersteige, wogegen die in Rede stehende Qualifikationsnorm einen 100.000 S übersteigenden Schaden voraussetze. Damit führt er aber die geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe nicht gesetzmäßig aus, weil - abgesehen davon, daß er insoweit unterlaufene ursprüngliche Schreibfehler (10.000 statt 100.000) im maßgebenden Urteilsoriginal inzwischen und zwar ersichtlich noch vor der (dem anscheinend nicht Rechnung tragenden) Ausfertigung des Urteils verbessert worden ist - eine Summierung der einzelnen Schadensziffern in Spruch und Gründen des Urteils ohnedies zu einer (dem vom Angeklagten an die Privatbeteiligten zu leistenden Ersatz entsprechenden) evidenten Schadenssumme von mehr als 100.000 S führt,sodaß die sich hierüber hinwegsetzenden Beschwerdeargumente nicht von dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt ausgehen.
Mit Bezug auf seine Verantwortung, wonach er einen Teil des von Margarethe B herausgelockten Geldes, und zwar die den Gegenstand des Betrugsfaktums 1.b bildenden 30.000 S Bargeld, an Ernst C weitergegeben habe, vertritt der Angeklagte zudem die Auffassung, er habe insoweit nur einen für den Tatbestand des § 146 StGB. unbeachtlichen Motivirrtum der Getäuschten herbeigeführt, weil diese das Geld ohnedies ihrem genannten Lebensgefährten, wenngleich zu dessen 'Auslösung' aus einem jugoslawischen Gefängnis, habe 'zuwenden' wollen und er es demgemäß durch die Ausfolgung an C 'widmungsgemäß' verwendet habe.
Der Sache nach macht er damit - formell die Rechtswidrigkeit, in Wahrheit aber die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens nach § 146 StGB. in Ansehung der Annahmen bestreitend, daß er beim Faktum 1.b mit dem Vorsatz gehandelt habe, Margarethe B an ihrem Vermögen zu schädigen, und daß aus seiner Tat wirklich ein Schaden (in der Höhe von 30.000 S) entstanden sei - Feststellungsmängel sowohl nach Z. 9 lit. a (hinsichtlich des Faktums 1.b) als auch nach Z. 10 und Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. (hinsichtlich der Annahme, der gesamte Betrugsschaden habe 100.000 S überstiegen), zu der von ihm behaupteten Geldweitergabe an C geltend. Auch diese Rüge geht in sämtlichen Richtungen fehl.
Denn für die relevierte Wertgrenze wäre die reklamierte Schadensreduzierung um 30.000 S im Hinblick auf die festgestellte Gesamtschadenshöhe von 147.800 S ohne Belang, sodaß die Annahme einer Qualifikation des gesamten Betrugsverbrechens nach § 147 Abs. 3 StGB. und die Anwendung des darin normierten Strafrahmens jedenfalls (also selbst dann, wenn der Schuldspruch gemäß Punkt 1.b des Urteilssatzes wegfiele) gerechtfertigt ist.
In Ansehung der weiteren Frage aber, ob Margarethe B auch dann einen Schaden erlitt, wenn das von ihr (schenkungsweise) zu einer Verwendung für ihren Lebensgefährten, und zwar zu seiner 'Auslösung' aus einem jugoslawischen Gefängnis, bestimmte Geld an ihn, und zwar zum persönlichen Verbrauch, ausgefolgt wurde, kommt es entscheidend darauf an, daß sie dem Beschwerdeführer die 30.000 S bei Kenntnis dieser Verwendung - zumal bei ihrer aus dem Urteil erhellenden wirtschaftlichen Situation - nicht ausgefolgt hätte, sie also nur durch ihre von ihm herbeigeführte Täuschung zu der ihr Vermögen mindernden Verfügung veranlaßt wurde. Eine derartige Vermögensminderung bedeutet durchaus einen dementsprechenden Schaden im Sinn des § 146
StGB. (vgl. EvBl. 1972/340, SSt. 39/35; Leukauf-Steininger2 RN 38 zu § 146 StGB.); und gerade auf den Eintritt eines solchen Schadens (sowie auf die damit stoffgleiche unrechtmäßige Bereicherung des Ernst C) zielten unter diesen Umständen die (eben deshalb gesetzten) Täuschungshandlungen des Angeklagten, dessen Vorsatz sich (demzufolge) auf alle dafür maßgebenden Tatumstände erstreckte.
Konstatierungen darüber, ob der Beschwerdeführer das im Faktum 1.b von Margarethe B herausgelockte Bargeld vorbedacht an Ernst C weitergab, waren sohin, der in seiner Rechtsrüge vertretenen Auffassung zuwider, aus den dargestellten rechtlichen Erwägungen in der Tat entbehrlich.
Jener Verfahrensrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.) schließlich, mit welcher der Angeklagte sich über das Unterbleiben einer Beweisaufnahme darüber beschwert, wieviel von dem der Getäuschten herausgelockten Geld er C ausgehändigt habe und ob das auf ihre Weisung hin geschehen sei, ist in Ergänzung der oben aufgezeigten rechtlichen Aspekte nur noch zu erwidern, daß er einen darauf gerichteten (und entsprechend konkretisierten) Antrag in der Hauptverhandlung nicht gestellt hat, sodaß schon die formalen Voraussetzungen für eine Geltendmachung des relevierten Nichtigkeitsgrundes, nämlich die Abweisung oder unterbliebene Erledigung eines solchen Antrags durch den Gerichtshof, nicht vorliegen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 3 StGB. zu sechs Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es sein Geständnis als mildernd, seine zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und seinen raschen Rückfall sowie die Schadenshöhe dagegen als erschwerend. Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Wenngleich die Schadenshöhe von knapp 150.000 S vorliegend im Hinblick auf die maßgebende Wertgrenze von 100.000 S nicht die Bedeutung eines Erschwerungsumstandes hat (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/74), entspricht die über den Angeklagten (der trotz zahlreicher und schwerer einschlägiger Vorstrafen nach seiner letzten Haftentlassung am 29. September 1978 äußerst rasch rückfällig wurde und die Gutgläubigkeit seiner Betrugsopfer skrupellos ausnützte) verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeit seiner sozialen Situation nach der Entlassung aus seiner letzten Strafhaft durchaus seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB.).
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
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