OGH 10Os177/79

OGH10Os177/7912.2.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Feber 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 12.Oktober 1979, GZ. 35 Vr 3486/78-66, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Thaler, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen (versuchten) Betruges zum Nachteil des Edmund B (Punkt A 3 des Urteilssatzes), ferner in der dadurch bedingten rechtlichen Beurteilung der dem Angeklagten insgesamt angelasteten Betrugshandlungen (Punkt A) als Verbrechen des zum Teil versuchten (schweren) Betruges und demnach hinsichtlich der Unterstellung auch unter die §§ 147 Abs. 3, 15 StGB. sowie demgemäß schließlich außerdem im Strafausspruch (einschließlich des - davon abhängigen - Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB.) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27.November 1946 geborene Fleischhauer Helmut A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 und 3 (richtig: nur Abs. 3), 15 StGB. und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB. schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach nur gegen Punkt A 3 des Schuldspruches (der dem Angeklagten zur Last legt, im Oktober 1978 in Kundl mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht zu haben, Edmund B durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, zahlungsfähig und zahlungswillig zu sein, ein Transportunternehmen zu betreiben und eine Anzahlung von 90.000 S zu leisten, verbunden mit der Ausfolgung eines von ihm und Dr. Erich C unterschriebenen Wechsels über 180.000 S, zum Verkauf eines LKW. zu verleiten, wodurch der Genannten einen Vermögensschaden in der Höhe von 271.400 S erleiden sollte) richtet sich die vom Angeklagten aus der Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, der im Ergebnis Berechtigung zukommt.

Nicht zielführend ist allerdings zunächst die Mängelrüge, welche die Feststellung des Erstgerichtes, der Beschwerdeführer habe sich Edmund B gegenüber als 'wohlhabender Transportunternehmer' ausgegeben, sinngemäß mit der Argumentation als 'aktenwidrig' (gemeint wohl: unzureichend begründet) bezeichnet, daß diese Konstatierung in den Verfahrensergebnissen keine Deckung finde. Ob sich der Angeklagte gegenüber Edmund B wörtlich als 'wohlhabend' oder 'wohlhabender Transportunternehmer' ausgab, ist jedoch nicht entscheidungswesentlich;

genug daran, daß er, was das Urteil (aber) unbekämpft konstatiert, obgleich selbst mittellos und schwer verschuldet, schon durch den Vertragsabschluß (als solchen das essentielle Vertragselement der) Zahlungsunfähigkeit vortäuschte, ja, sich hiezu darüber hinaus sogar fälschlich als Mitinhaber des Realitäten- und Hypothekenbüros Dr. Erich C deklarierte und - entgegen seinen tatsächlichen Absichten und Möglichkeiten - eine Anzahlung von 90.000 S zu leisten versprach sowie einen von Dr. Erich C (ungewollt) mitunterfertigten Wechsel über 180.000 S ausfolgte, also eine Reihe von weiteren Täuschungshandlungen der im § 146 StGB. vorausgesetzten Art unternahm.

Hingegen ist die Rechtsrüge, mit welcher der Angeklagte einen Feststellungsmangel über die rechtserhebliche Frage, ob bei Abschluß des Kaufvertrages über den in Rede stehenden LKW. ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde (oder nicht), behauptet zwar nicht aus der angerufenen Z. 9 lit. a, wohl aber aus der (vom Beschwerdeeinwand mitumfaßten) Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. begründet.

Solange eine unter Eigentumsvorbehalt verkaufte unverbrauchbare Sache - wie dies in der Regel zutrifft -

faktisch dem Zugriff des Verkäufers zur Realisierung seines Vorbehaltseigentums offensteht, bildet sie wirtschaftlich noch einen Bestandteil seines Vermögens. Erhält er die zugesagte Gegenleistung nicht, dann tritt infolge realisierbaren Eigentumsvorbehaltes ein strafrechtlich relevanter Schaden, also eine Minderung seines wirtschaftlichen Vermögens, nicht im vollen Ausmaß seiner offenen Kaufpreisforderung ein, sondern bloß in der Höhe der Differenz zwischen dieser Forderung und dem Verkehrswert der noch in der Verfügungsmacht des Käufers befindlichen oder bereits vom Verkäufer zurückgenommenen Sache, bezogen auf den nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten üblichen Zeitpunkt der (künftigen) Verwirklichung des Rückforderungsrechtes oder, falls die Rücknahme bereits erfolgt ist, auf diesen Zeitpunkt, wobei jeweils auf die weiteren Verwertungsmöglichkeiten des Verkäufers Bedacht zu nehmen ist (ÖJZ-LSK. 1977/60, 1978/316 u.a.m.).

Der Eigentumsvorbehalt schließt sohin angesichts dessen, daß der Wert der im Vorbehaltseigentum stehenden Sache durch den (auch noch so kurzfristigen) Gebrauch regelmäßig vermindert wird, eine wirtschaftliche Vermögensschädigung auch dann in keiner Weise aus, wenn er dem Verkäufer eine entsprechende Sicherheit (im obigen Sinn) bietet, weil der Käufer nicht von vorneherein darauf aus ist, sie dem Zugriff des Verkäufers zu entziehen (in welchem Falle die vorstehenden Grundsätze naturgemäß nicht zum Tragen kämen); er ist allerdings (ausgenommen den zuletzt erwähnten Fall, in welchem die Sicherheit des Verkäufers fehlt, in Hinkunft wieder zu seiner Sache zu gelangen) für die Schadensberechnung bedeutsam.

Im vorliegenden Fall enthält die zwischen dem Angeklagten als Käufer und Edmund B als Verkäufer abgeschlossene 'Kaufvereinbarung' vom 24. Oktober 1978 - laut der im Akt erliegenden Fotokopie (Band I, S. 69 und 71) -

den Passus, daß 'bis zur Bezahlung des gesamten Kaufpreises der Kaufgegenstand (also der LKW.) Eigentum des Verkäufers bleibt' der zwar im Rahmen seiner in der Hauptverhandlung vom 22.Juni 1979 (Band II, ON. 49 S. 11 ff., insbes. 13) abgelegten und bei der Hauptverhandlung am 12.Oktober 1979 (Band II, ON. 65 S. 134) verlesenen Zeugenaussage deponierte, es sei kein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden, allerdings gleichzeitig bekundete, er habe diesen 'erst bei Übergabe des LKWs. in den Typenschein hineinstempeln wollen' (und zwar im Hinblick darauf, daß dies doch eine entsprechende Übereinkunft anläßlich des Vertragsabschlusses vorausgesetzt hätte, in gewissem Widerspruch zu den unmittelbar vorangegangenen Angaben). Unter diesen Umständen hätte das Schöffengericht jedenfalls über die Frage des Eigentumsvorbehalts im Urteil ausdrücklich absprechen und eine eindeutige (positive oder negative) Feststellung hierüber treffen müssen, zumal es keinen Sachverhalt als erwiesen angenommen hat, demzufolge der Angeklagte mit dem herauszulockenden LKW. auf eine Weise zu verfahren beabsichtigte, die geeignet gewesen wäre, dem Geschädigten die tatsächliche Realisierung eines etwa ausbedungenen Vorbehaltseigentums unmöglich zu machen, sodaß für den Angeklagten selbst aus einem (vereinbarten) Eigentumsvorbehalt nichts zu gewinnen wäre. Denn wiewohl das Urteil zum Ausdruck bringt, daß der Angeklagte den LKW.

erwerben wollte, 'um auf diese Weise in Geldbesitz zu gelangen' (Band II, S. 150/151), bzw. 'um damit Gelder zur Finanzierung seiner persönlichen Bedürfnisse zu erwerben' (Band II, S. 154), ergibt sich aus den Entscheidungsgründen (namentlich) im Zusammenhalt unmißverständlich, daß dies nicht (zum Beispiel) durch eine (sofortige) Veräußerung des LKWs., sondern durch eine mit diesem geplante - wenn auch nicht seriöse - Unternehmertätigkeit - mit in deren Rahmen ins Auge gefaßten weiteren Betrügereien - geschehen sollte und der Angeklagte solcherart zu Geld kommen wollte (siehe vor allem Bd. II, S. 150

vorletzter Absatz, 154, 155, 156).

Der dem Urteil (zum Faktum A 3) anhaftende Feststellungsmangel bewirkt, daß sich die Frage, ob der Angeklagte im Zusammenhang mit der mißlungenen Erlistung des in Rede stehenden LKWs. die versuchte Herbeiführung eines dem vollen Kaufpreis gleichzusetzenden Vermögensschadens (des Verkäufers) zu verantworten hat bzw. in welcher Höhe ihm ein solcher anzulasten ist und inwieweit (mit Rücksicht auf den aus den beiden restlichen, durch den angeführten Mangel nicht betroffenen Fakten A 1 und 2 resultierenden Schaden von zusammen bloß 6.773 S) der dem Angeklagten zurechenbare Gesamtschaden aller Betrugshandlungen (§ 29 StGB.) die strafsatzbestimmende Wertgrenze des § 147 Abs. 3 StGB. (von 100.000 S) überschreitet (oder nicht) sowie demgemäß sein betrügerisches Gesamtverhalten wirklich als 'Verbrechen des teils (auch) versuchten' schweren Betruges (nach §§ 147 Abs. 3 und 15 StGB.) zu werten ist, auf der Basis des urteilsmäßig konstatierten Sachverhalts nicht rechtlich einwandfrei beantworten läßt. Es war darum in Stattgebung der (im Ergebnis begründeten) Nichtigkeitsbeschwerde (über dieses Rechtsmittel und die Berufung) spruchgemäß zu erkennen.

Im zweiten Rechtsgang wird es wohl angezeigt sein, nicht zuletzt durch ergänzende sachdienliche Befragung sowohl des Angeklagten als auch des Zeugen B, mit Bedacht auf den Inhalt der Vertragsurkunde die Fragen nach einem bei deren Errichtung vereinbarten Eigentumsvorbehalt wie der vom Angeklagten in Aussucht genommenen Art der Verwendung des LKWs., ferner - soweit zufolge der früher entwickelten Rechtsgrundsätze ein (strafrechtlich) bedeutsamer Eigentumsvorbehalt zur Beurteilung steht - nach dem Zeitpunkt, zu dem das Fahrzeug im Falle der Auslieferung unter Eigentumsvorbehalt in Geltendmachung der Ansprüche hieraus von B voraussichtlich zurückgenommen worden wäre, wenn der Angeklagte den eingegangenen Verpflichtungen nicht entsprochen hätte, und schließlich nach der Vermögenseinbuße, die B durch die bei der Art des beabsichtigten Gebrauchs innerhalb einer solchen Zeitspanne erfahrungsgemäß auftretende Wertminderung unter zusätzlicher Rücksichtnahme auf die damals gegeben gewesenen weiteren Verwertungsmöglichkeiten erlitten hätte, klarzustellen und im Urteil unzweideutig zu beantworten.

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