OGH 11Os169/79

OGH11Os169/7923.1.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführers in der Strafsache gegen Heinz Peter A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichtes vom 13. August 1979, GZ. 23 Vr 818/79-60, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des dem Schuldspruch (zu Pkt. I) zugrundeliegenden Verhaltens des Angeklagten unter das Tatbild des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach dem § 130 StGB. sowie demgemäß auch im auf dem zweiten Strafsatz dieser Gesetzesstelle beruhenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Februar 1952 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Heinz Peter A I./ des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 StGB. und II./ des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 StGB.

schuldig erkannt, weil er in Linz zu Punkt I./: in der Zeit vom 27. Mai 1978 bis 8.Juni 1978 in insgesamt acht Fällen fremde bewegliche Sachen, und zwar im wesentlichen Bargeld, im Gesamtwert von über 20.000 S in Gesellschaft der Ulrike A, geborene B, als Beteiligte verschiedenen Personen mit dem Vorsatz wegnahm, sich und Ulrike A durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zu Punkt II./: in der Zeit zwischen dem 16.Mai 1978 und dem 20.Mai 1978 sowie am 22.Mai 1978

Sachen, die Ulrike A, geborene B, durch Diebstahl erlangt hatte, nämlich a) zum Nachteil der Edith C etwa 6.000 S Bargeld und b) zum Nachteil der Elfriede D etwa 4.800 S an sich brachte. Die (nur) auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz Peter A richtet sich ausschließlich gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der zu Punkt I./ des Urteilssatzes bezeichneten Diebstahlsfakten.

Rechtliche Beurteilung

Der in der Mängelrüge erhobene Vorwurf einer offenbar unzureichenden Begründung der Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe im Mai 1978 mit seiner - bei den urteilsgegenständlichen Diebstählen als Tatbeteiligte mitwirkenden - inzwischen verstorbenen Ehefrau und damaligen Lebensgefährtin Ulrike B, verehelichte A, die Begehung von Diebstählen vereinbart (vgl. S. 434 d.A.), erweist sich als nicht stichhältig. Das Ersturteil stützt nämlich diese Urteilannahme ausdrücklich auf die bezüglichen Angaben des Angeklagten und der Ulrike B vor der Polizei (vgl. S. 435 d.A.). Dort hatte Ulrike B anläßlich ihrer Einvernahme am 9.Juni 1978 ausdrücklich erklärt, daß die fortwährenden, auf ihre und des Angeklagten Drogenabhängigkeit und ihren laufenden Suchtgiftbedarf zurückzuführenden finanziellen Schwierigkeiten schließlich der Grund für den gemeinsamen Entschluß zur Verübung von Diebstählen waren, um sich auf diese Weise zusätzlich die erforderlichen Geldmittel (zur Deckung ihres Suchtgiftbedarfs) zu verschaffen (S. 53 d.A.). Desgleichen gestand der Angeklagte bei seiner polizeilichen Vernehmung am 10.Juni 1978 (S. 59 d.A.) eine zwischen ihm und Ulrike B getroffene Verabredung zur Begehung von Diebstählen ein, nannte allerdings in Abweichung von der Darstellung seiner Lebensgefährtin (und späteren Ehegattin) als Motiv hiefür seine großen Kreditschulden bei der Sparkasse Linz und bei der Oberbank, die er zurückzuzahlen hatte. Auch vor dem Untersuchungsrichter bekundete der Angeklagte - seine bisherige Verantwortung aufrechterhaltend - noch (S. 76 d.A.), die Diebstähle verübt zu haben, um seine Schulden abdecken zu können. Die nunmehr in der Beschwerde bekämpfte Urteilsfeststellung findet somit im Ersturteil in dem (zweifachen) - aktenmäßig gedeckten - Hinweis auf das vorerwähnte, vor der Polizei bekundete Eingeständnis des Angeklagten und der Ulrike B eine ausreichende Begründung. Da im übrigen das Ersturteil keine Zweifel offen läßt, daß es bei der Feststellung dieser Vereinbarung zur (fortgesetzten) Begehung von Diebstählen ihrer (auch) in diesem Punkt geständigen und ersichtlich für glaubwürdig erachteten Darstellung vor der Polizei folgte, war eine ausdrückliche Wiedergabe und Erörterung der in der Hauptverhandlung erstmals eine solche Vereinbarung (lediglich) in Abrede stellenden Verantwortung des Beschwerdeführers (S. 421 d.A.) entbehrlich, sodaß in diesem Zusammenhang entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung eine Unvollständigkeit des Urteils in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht abgeleitet werden kann.

Es ist dem Ersturteil (im Ergebnis) aber auch beizupflichten, daß es für die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der unter Punkt I./ des Urteilssatzes angeführten Taten nicht entscheidend darauf ankommt, ob die durch diese Diebstähle zusätzlich beschafften Mittel - wie der Beschwerdeführer behauptete - zur (ratenweisen) Tilgung seiner hohen Kreditschulden (sh. S. 59) oder - wie Ulrike B bekundete - zur (fortgesetzten) Anschaffung von Suchtgift bestimmt waren; genug daran, daß sie nach der - auch insoweit auf ausreichender Beweisgrundlage und mit mängelfreier Begründung getroffenen - Urteilsfeststellung dazu dienen sollten, ein fortlaufendes zusätzliches Einkommen zur Deckung der erhöhten Bedürfnisse (des Beschwerdeführers und der Ulrike B) zu erzielen (S. 435 d.A.). Welche Bedürfnisse des Beschwerdeführers im einzelnen letztlich aus diesen - durch (vereinbarungsgemäß) wiederholte Begehung von Diebstählen geschaffenen -

fortlaufenden (zusätzlichen) Einnahmen befriedigt werden sollten, ist hier aus rechtlicher Sicht für die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung ohne Belang.

Auf Grund der vorerwähnten Feststellung des Ersturteils über eine zwischen dem Beschwerdeführer und Ulrike B bestehende Vereinbarung zur (fortgesetzten) Begehung von Diebstählen, um sich ein zusätzliches Einkommen zur Abdeckung ihrer erhöhten Bedürfnisse zu sichern und in Verbindung mit den weiteren Urteilsfeststellungen, denen zufolge der Beschwerdeführer dieses Vorhaben in der Folge durch Verübung einer größeren Zahl von Diebstählen (begangen gemeinsam mit Ulrike B innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes) zielstrebig in die Tat umsetzte, konnte das Erstgericht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze in schlüssiger Weise als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer diese Diebstähle in der Absicht verübte, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Mit dem Hinweis in der Beschwerde, daß diese im Ersturteil gezogene Schlußfolgerung auf gewerbsmäßige Begehung der Diebstähle nicht zwingend sei, kann der formale Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht dargetan werden (vgl. Gebert/Pallin/ Pfeiffer, III/2, E.Nr. 70, 70 b und 70 c zu § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz Peter A war daher gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z. 2

StPO. als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Umstand, daß im Spruch des angefochtenen Urteils entgegen der Bestimmung des § 260 Abs. 1 Z. 1 StPO. die der Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der unter Punkt I./ des Urteilssatzes angeführten Diebstähle zugrundeliegenden Tatumstände nicht besonders aufscheinen, stellt zwar den - in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ungerügt gebliebenen - Nichtigkeitsgrund der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO.

dar, jedoch kann diese Nichtigkeit von Amts wegen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. nicht wahrgenommen werden.

Hingegen ist das Ersturteil insoweit mit einem - gleichfalls vom Beschwerdeführer ungerügt gebliebenen, doch gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. von Amts wegen aufzugreifenden - materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (nach der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO.) behaftet, als sich weder dem Urteilssatz noch den Urteilsgründen entnehmen läßt, ob die Absicht des Angeklagten (auch) darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Daß der Beschwerdeführer somit - wie das Erstgericht durch die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 130 StGB.

ersichtlich zum Ausdruck brachte - die gewerbsmäßige Begehung der ihm laut Punkt I./ des Urteilssatzes zur Last liegenden Diebstähle in der (mit schwererer Strafe bedrohten) Qualifikation nach dem zweiten Satz des § 130 StGB.

zu verantworten hätte, findet in den Urteilsfeststellungen keine Deckung. Eine solche, diese Qualifikation rechtfertigende ausdrückliche (Tatsachen-)Feststellung des Inhalts, daß die Absicht des Beschwerdeführers (auch) auf die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen gerichtet war, um sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wäre im übrigen schon deswegen erforderlich gewesen, weil sich unter den zu Punkt I./ des Urteilssatzes angeführten acht Diebstahlsfakten nur eine einzige Diebstahlstat (Punkt I./ 3.) befindet, die für sich allein nach dem Wert der hiebei erzielten Beute als schwerer Diebstahl (§ 128 Abs. 1 Z. 4 StGB.) zu qualifizieren ist.

Da sich somit zeigt, daß im Umfang dieser Nichtigkeit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst nicht einzutreten hat, war das angefochtene Urteil - ebenfalls bereits in nichtöffentlicher Sitzung - gemäß dem § 285 e StPO. (i.d.F. BGBl. Nr. 28/1980) insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit ihren hiedurch gegenstandslos gewordenen Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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