OGH 7Ob59/79

OGH7Ob59/7920.12.1979

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Wurz und Dr. Jensik als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Renner, Rechtsanwalt in Wien, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1.) mj Jaqueline L*****, vertreten durch die Mutter und Vormünderin Julia L*****, 2.) John L*****, 3.) Karin S*****, und 4.) Liliane B*****, sämtliche vertreten durch Dr. Gerhard Munk, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge Revisionsrekurses der Gegner der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. Oktober 1979, GZ 13 R 181/79-46, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. September 1979, GZ 40 b Cg 122/77-41, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Gegner der gefährdeten Partei haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 30. 4. 1979 hat das Erstgericht ein auf Feststellung gerichtetes Klagebegehren der Gegner der gefährdeten Partei (kurz Antragsgegner) abgewiesen und diese schuldig erkannt, der gefährdeten Partei (kurz Antragstellerin) die mit 38,640,34 S bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Die Antragsgegner haben ihren Wohnsitz im Ausland. In Österreich verfügen sie über keinerlei Vermögen. Ihnen wurde der Nachlass nach Sofie B***** eingeantwortet. Zu diesem Nachlass gehört die Liegenschaft EZ 1840 KG *****, doch wurde die Einantwortung bezüglich dieser Liegenschaft grundbücherlich noch nicht durchgeführt.

Mit der Behauptung, die Antragsgegner verfügen in Österreich über kein anderes Vermögen und falls eine Exekution auf die genannte Liegenschaft nicht möglich sein sollte, müsste eine Exekutionsführung bezüglich der Prozesskosten im Ausland erfolgen, begehrt die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch ein die Liegenschaft betreffendes Veräußerungs- und Belastungsverbot.

Während das Erstgericht diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen hat, die Antragsgegner seien nicht bücherliche Eigentümer der Liegenschaft, hat das Rekursgericht die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Es hat hiebei auf § 75 der dritten Teilnovelle zum ABGB verwiesen und ausgeführt, bei Vorliegen eines Tatbestands, der dieser Bestimmung entspreche, sei eine einstweilige Verfügung ohne Beschränkung auf die Sicherungsmittel des § 379 EO zulässig. Die Kostenforderung der Antragstellerin sei durch das erstgerichtliche Urteil hinreichend bescheinigt. Einer weiteren Gefahrenbescheinigung bedürfe es im Hinblick auf den Wohnsitz der Antragsgegner und auf die Tatsache, dass sie in Österreich über kein weiteres Vermögen verfügen, nicht.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Richtig hat das Rekursgericht erkannt, dass nach § 75 der dritten Teilnovelle zum ABGB zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben bei Vorhandensein der im § 379 Abs 2 EO angegebenen Voraussetzungen zu Gunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm angefallenen Erbguts vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen getroffen werden können. Je nach dem zu erreichenden Zweck können mittels der einstweiligen Verfügung die notwendigen Sicherungsmittel (§§ 379 und 382 EO) angeordnet werden. Sohin besteht für derartige einstweilige Verfügungen nicht das Verbot des § 379 Abs 4 EO (SZ 38/58, SZ 24/334 ua).

Nach § 379 Abs 2 Z 2 EO können einstweilige Verfügungen erlassen werden, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste. Diesfalls hat die gefährdete Partei keine subjektive Gefährdung zu bescheinigen. Sie hat daher auch nicht glaubhaft zu machen, dass der Gegner die von der einstweiligen Verfügung zu erfassenden Vermögensstücke verbringen werde. Es genügt vielmehr die Tatsache, dass ohne diese Vermögensstücke die Exekution im Ausland geführt werden bzw der Anspruch im Ausland erst durchgesetzt werden müsste (EvBl 1964/12, SZ 15/224 ua). Die Notwendigkeit der Vollstreckung im Ausland setzt nämlich das Gesetz einer Gefährdung im Sinne des § 379 Abs 2 Z 1 EO gleich (Heller/Berger/Stix, III, 2646). Hiebei wird die Gefahr einer notwendigen Vollstreckung im Ausland dann besonders groß eingeschätzt, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz oder seinen ständigen Aufenthalt im Ausland hat (Heller/Berger/Stix, 2647). Richtig ist allerdings, dass die Voraussetzungen des § 379 Abs 2 Z 2 EO nicht vorliegen, wenn der im Ausland lebende Gegner der gefährdeten Partei im Inland ausreichend Vermögen besitzt und kein Grund zur Annahme besteht, dass dieses Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entzogen werden könnte. Die Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung ist jedoch gegeben, wenn der Gegner der gefährdeten Partei außer dem Vermögensobjekt, auf das sich die beantragte einstweilige Verfügung bezieht, im Inland kein weiteres befriedigungstaugliches Vermögen hat (6 Ob 678/78). Demnach kann das bloße Vorhandensein jenes Vermögensobjekts, dessen Entziehung durch die einstweilige Verfügung verhindert werden soll, nicht die Gefahr des § 379 Abs 2 Z 2 EO beseitigen. Über anderes als das hier herangezogene Vermögensstück verfügen jedoch die Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht.

Die Rechtsmeinung der Antragsgegner, zur Sicherung von Kostenforderungen könne eine einstweilige Verfügung keinesfalls erlassen werden, findet in keinem Gesetz Deckung. Die von den Rekurswerbern zitierte Entscheidung 5 Ob 257/59 (wie auch SZ 5/285, 6 Ob 817/77 ua) führt nur aus, dass eine solche Sicherung nicht für voraussichtliche Prozesskostenforderungen vorgenommen werden dürfe. In diesem Fall lag noch keine gerichtliche Kostenentscheidung vor. Im vorliegenden Fall hat jedoch das Erstgericht bereits eine Kostenentscheidung in der Höhe des zu sichernden Anspruchs gefällt. Diese Entscheidung ist eine hinreichende Bescheinigung für den Anspruch. Ist der Anspruch aber bescheinigt, kann bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen auch zu Gunsten einer Prozesskostenforderung eine einstweilige Verfügung erlassen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 402 und 78 EO, sowie die §§ 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte