Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. (Punkt I des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an denselben Gerichtshof erster Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. Oktober 1931 geborene Tischlermeister Otmar A I) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB., II) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB. sowie III) des Vergehens nach § 114 ASVG. schuldig erkannt.
Dem Angeklagten liegt zur Last, daß er in Grins (Bezirk Landeck) I) am 4. Februar 1977 dadurch einen Bestandteil seines Vermögens beiseiteschaffte und die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelte oder schmälerte, daß er nach Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen eine Forderung in der Höhe von 125.615 S einzog und nicht an die Konkursmasse abführte, sondern 'für sich selbst verbrauchte';
II) fahrlässig als Schuldner mehrerer Gläubiger 1) in der Zeit von 1973 bis Mai 1976 seine Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeiführte, daß er übermäßigen Aufwand trieb, nämlich einen 'Luxusbungalow' errichtete und als Gesellschafter in die 'E - - GesmbH' eintrat, seinen Tischlereibetrieb nur mangelhaft beaufsichtigte und unverhältnismäßig Kredit benützte;
2) in der Zeit von Mai 1976 bis zum 2. Februar 1977 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger dadurch vereitelte oder schmälerte, daß er die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte;
III) in der Zeit von Dezember 1975 bis Februar 1977 als Dienstgeber Beiträge seiner Dienstnehmer zur Sozialversicherung in der Höhe von 192.772,55 S einbehielt und der Tiroler Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte vorsätzlich vorenthielt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Ihr kommt nur teilweise, und zwar zum Schuldspruch Punkt I (wegen betrügerischer Krida) Berechtigung zu.
In Ansehung dieses Schuldspruches wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung über die Höhe der (100.000 S übersteigenden) Schadenssumme sowie über die Verwendung des Forderungsbetrages für seine eigenen Zwecke; dies unter Wiederholung seiner Verantwortung, er habe seinem Vater, der ebenfalls Gläubiger gewesen sei, aus der eingezogenen Forderung einen Betrag von 50.000 S zur Abdeckung von Verbindlichkeiten übergeben und auch den verbliebenen Rest des Forderungsbetrages nicht für sich selbst, sondern zur Bezahlung der dringendsten Schulden verwendet.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist im Recht, wenn sie mit dem Vorbringen, diese Verantwortung sei nicht widerlegt, der Sache nach einen Feststellungsmangel nach § 281 Abs. 1 Z. 10
StPO. geltend macht.
Das Tatbild der betrügerischen Krida nach § 156 StGB. setzt als Tathandlung eine wirkliche oder scheinbare Verringerung des dem Zugriff mehrerer Gläubiger unterliegenden Vermögens des Gemeinschuldners voraus. Eine derartige Vermögensverringerung liegt jedoch nicht vor, wenn der Gemeinschuldner einzelne Gläubiger im voraus befriedigt, weil sich hiedurch ja Aktiven und Passiven in gleichem Ausmaß verringern und der Saldo derselbe bleibt. Ein solches Verhalten wäre - bei Zutreffen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen - als Gläubigerbegünstigung nach dem § 158 StGB. anzusehen (Leukauf-Steininger, Kommentar2, S. 1050 f. RN 11 / d /, 16, S. 1056 RN 7).
Gegenständlich kann nun der Begründung überhaupt nicht entnommen werden, ob und durch welche Verfügung über den eingezogenen Forderungsbetrag der Beschwerdeführer sein Vermögen (wirklich oder zum Schein) verringert hat.
Der lediglich im Urteilssatz enthaltene Ausspruch, wonach der Beschwerdeführer den Forderungsbetrag nicht an die Konkursmasse abgeführt, 'sondern für sich selbst verbraucht hat', welche unter Umständen als Vermögensverringerung gedeutet werden könnte, findet in den Urteilsgründen keine Stütze und entbehrt jedenfalls jedweder Begründung.
Die bezüglichen Urteilsgründe erschöpfen sich in der Feststellung der bewußt rechtswidrigen Einziehung der Forderung von 125.615 S durch den Beschwerdeführer nach Konkurseröffnung, der teilweisen Wiedergabe der erwähnten Verantwortung des Beschwerdeführers sowie der Aussagen des Masseverwalters, daß der Forderungsbetrag zur Gläubigerbefriedigung hätte dienen sollen, dem Vater des Beschwerdeführers gegen diesen eine Forderung von 50.000 S nicht zugestanden und dieser Betrag auch letztlich wieder für den Betrieb des Beschwerdeführers durch Zahlung der Weihnachtsremuneration seiner Angestellten verwendet worden sei, sowie in der (tatsächlichen) Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer habe 'billigend in Kauf genommen, daß er durch die Eintreibung der gegenständlichen 125.615 S sein Vermögen verringert hat und dadurch andere Gläubiger geschädigt wurden' (S. 596 f.).
Das Erstgericht geht somit ersichtlich von der irrigen Rechtsansicht aus, es stelle bereits die widerrechtliche Einziehung einer Forderung durch den Schuldner eine (i.S. des § 156 StGB. tatbildliche) Verringerung dessen Vermögens dar (vgl. insbesondere S. 597).
Da das Erstgericht eine - auch mängelfrei begründete - Feststellung über eine (derartige) Vermögensverminderung nicht getroffen hat, sich der Urteilsbegründung vor allem nicht entnehmen läßt, ob und inwieweit es die (bloß) wiedergegebene Darstellung des Beschwerdeführers (der im übrigen auch hinsichtlich des den seinem Vater abgeführten Betrag von 50.000 S übersteigenden Restes der eingezogenen Forderung die Begleichung anderer Verbindlichkeiten behauptet - vgl. S. 578 f.) und (oder) jene des Masseverwalters als erwiesen annahm, ist eine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes weder in der Richtung des Tatbestands der betrügerischen Krida nach § 156 (Abs. 1 oder auch Abs. 2) StGB. noch in jener des Tatbestandes der Gläubigerbegünstigung nach § 158 Abs. 1 StGB. möglich. Deshalb ist das Ersturteil insoweit mit (materiellen) Feststellungsmängeln nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. behaftet, welche die Anordnung einer neuen Verhandlung in erster Instanz erforderlich machen, in welcher das Erstgericht auch zu prüfen haben wird, ob nicht Tatidentität zwischen diesem und dem in der Hauptverhandlung gemäß § 57 StPO. ausgeschiedenen Faktum (S. 580 - vgl. auch S. 599 -) besteht.
Im übrigen ist jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde, welche zum Schuldspruch Punkt II (wegen fahrlässiger Krida gemäß § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB.) formelle Begründungsmängel nach der Z. 5, hinsichtlich des Schuldspruches Punkt III (wegen des Vergehens gemäß § 114 ASVG.) sachlich aber einen Subsumtionsirrtum nach Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. releviert, nicht begründet.
Unmaßgeblich für die objektive Tatbildlichkeit eines Verhaltens im Sinne der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. ist, durch welche (in Betracht kommenden) Tathandlungen im einzelnen der Eintritt Zahlungsunfähigkeit bewirkt wird (Leukauf-Steininger2 S. 1059).
Nach den Urteilsannahmen hat der Beschwerdeführer sie durch den Bau eines Hauses und durch Beteiligung an einer Fluggesellschaft, sowie vor allem auch durch mangelhafte Betriebsbeaufsichtigung, mangelnde Sorgfalt in 'verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Belangen', unverhältnismäßige Kreditbenützung wie auch sonst aufwendigen Lebenswandel (S. 592 bis 594), (fahrlässig) herbeigeführt, wobei die Kausalität der zuletzt angeführten Komponenten seines Tatverhaltens vom Beschwerdeführer gar nicht in Zweifel gezogen wird. Insoweit er eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Zusammenhang mit der ihm ferner vorgeworfenen Errichtung eines Hauses und Beteiligung an einer Fluggesellschaft, also nur in bezug auf einige der durch das Erstgericht angenommenen, vom § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB. bloß demonstrativ aufgezählten und frei vertauschbaren Tathandlungen geltend macht, handelt es sich nicht um Tatumstände, welche für die rechtliche Subsumtion einschließlich der Anwendung des gesetzlichen Strafsatzes von Bedeutung sind, somit um keine entscheidenden Tatsachen im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. (vgl. die in Mayerhofer-Rieder, StGB., auf S. 486 f. zur E.Nr. 7 ff. angeführte Judikatur). Eben dies gilt aber auch für die innere Tatseite der fahrlässigen Krida, zumal sein Verstoß gegen die Einhaltung objektiv gebotener, subjektiv möglicher und ihm auch zumutbarer Sorgfalt, mithin seine Fahrlässigkeit (§ 6 StGB.) bei den objektiv im Sinne der Kridatatbestände nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB. tatbildlichen Verhaltensweisen schon aus seiner eigenen Verantwortung hervorgeht. Der Beschwerdeführer hat in der Hauptverhandlung zugegeben, sein 'Fehler' sei gewesen, 'alle diese Investitionen zur selben Zeit zu tätigen' sowie Betriebsgelder für den Hausbau, der ihm 'wirtschaftlich das Genick gebrochen' habe, zu verwenden, statt etwa Lieferanten seines Tischlereibetriebes zu bezahlen (S. 577 f. und Urteil S. 590). Selbst die Rechtsmittelschrift räumt eingangs ausdrücklich ein, daß der Beschwerdeführer 'in gewissen wirtschaftlichen Überlegungen sehr leichtsinnig gehandelt hat' (S. 604). Seine Berufung auf die Zeugenaussage des Wirtschaftstreuhänders Heinz B geht deshalb fehl, weil die von diesem Zeugen am 29. November 1978
(ON. 10 S. 570 ff.) gerichtlich abgelegte Beweisaussage - im Gegensatz zu den Aussagen der Zeugen Dr. C und Dr. D (ebenfalls in ON. 10) - in der am 17. Jänner 1979 neu durchgeführten und mit Urteil beendeten Hauptverhandlung nicht verlesen wurde (S. 580) und darum zur Urteilsfällung nicht herangezogen werden konnte (§ 258 Abs. 1 StPO.); daß die Angaben des genannten Zeugen im Ergebnis den maßgebenden Konstatierungen des Erstgerichts außerdem nicht entgegenstehen, sei nur der Vollständigkeit halber noch am Rande erwähnt.
Kaum anders als bezüglich der bereits behandelten Rügen verhält es sich mit der Einwendung zum selben Schuldspruch, der Beschwerdeführer habe seine Zahlungsunfähigkeit nicht schon seit dem Jahre 1973, sondern (sinngemäß) erst im Verlaufe des Jahres 1976 herbeigeführt und sei nicht bereits seit Mai 1976, sondern erst seit Herbst 1976 in fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit gewesen.
Wird in Übereinstimmung mit der Beschwerde von diesen zeitlichen Alternativen ausgegangen (fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit erst im Verlaufe des Jahres 1976, Gläubigerbenachteiligung in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit von Oktober/November 1976 bis zum 2. Februar 1977), ändert sich nichts an der rechtlichen Qualifikation des Verhaltens des Beschwerdeführers nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB.; es hätte ein Teilfreispruch in bezug auf außerhalb der behaupteten Zeiträume gelegene Zeitabschnitte nicht zu ergehen. Auf dieses, neuerlich keine entscheidungswesentlichen Momente berührende Vorbringen der Mängelrüge zum Schuldspruch Punkt II ist deshalb im Detail nicht einzugehen.
Letztlich schlägt die zum Schuldspruch Punkt III wegen des Vergehens nach § 114 ASVG. erhobene Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. fehl, in der die Auffassung vertreten wird, die vom Erstgericht festgestellte Zahlungsunfähigkeit seit Mai 1976 schließe ein (vorsätzliches) Vorenthalten von Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung ab diesem Zeitpunkt aus.
Der Beschwerdeführer übersieht hier vorerst, daß er nach seiner, vom Erstgericht den Feststellungen zugrunde gelegten Verantwortung im Tatzeitraum (Dezember 1975 bis Feber 1977) eingegangene Geldmittel nicht für die Entrichtung der Dienstnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge, sondern zur Bezahlung anderer Schulden verwendet hat (S. 579, 595).
Damit wurden durch ihn aber, wie das Erstgericht richtig erkannt hat, (rechnungsmäßig) einbehaltene Dienstnehmeranteile von Beiträgen zur Sozialversicherung tatbildmäßig nach § 114
ASVG. vorenthalten (Leukauf-Steininger, Nebengesetze S. 26 ff. Nr. 4, 8, 9 und 11).
Darüber hinaus verkennt der Beschwerdeführer in seinen weiteren Ausführungen zu diesem Schuldspruch das Wesen der Zahlungsunfähigkeit, die nicht voraussetzt, daß der Schuldner seine Zahlungen zur Gänze einstellt (Leukauf-Steininger2 1058 f.), etwa weil er bereits völlig mittellos ist; sie steht (als solche) daher auch rechtlich der Annahme des (vorsätzlichen) Vorenthaltens (rechnungsmäßig) einbehaltener Dienstnehmeranteile von Sozialversicherungsbeiträgen nicht entgegen.
Aus den dargelegten Erwägungen war somit spruchgemäß zu entscheiden.
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