OGH 13Os135/79

OGH13Os135/7915.11.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.November 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1

StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Karl Eduard B und die Berufung des Angeklagten Josef A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 5.April 1979, GZ. 3 e Vr 7.805/78-95, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Wechsler und Dr. Ploil und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden 1.) der zuletzt beschäftigungslose Josef A und 2.) der Gerüster Karl Eduard B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128

Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Es liegen ihnen insgesamt drei zwischen dem 8.Februar und dem 8.März 1976 in Gesellschaft, in einem Fall auch eines gesondert Verfolgten verübte Einbruchsdiebstähle zur Last, bei welchen sie Sachen im Gesamtwert von rund 78.000 S erbeuteten. Dieses Urteil ficht der Angeklagte Karl Eduard B mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Dieser Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung nicht zu. Karl Eduard B hatte sich im Verfahren, und zwar in der Hauptverhandlung, sinngemäß dahin verantwortet, daß er sich an den Diebstählen nur deshalb beteiligt habe, weil er hiezu durch den Mitangeklagten A genötigt worden sei. Im ersten Fall sei dies durch die Drohung AS geschehen, man 'könnte, falls B nicht mitmache, im Betrieb der Ehefrau anrufen und sagen, daß er vier Jahre in (der Strafvollzugsanstalt) Stein gesessen sei' (vgl. Bd. II S. 93). Ferner sei er von A mit einem Messer bedroht worden (vgl. Bd. II S. 92 f.).

Mit Beziehung auf dieses, ihrer Auffassung nach den Voraussetzungen entschuldigenden Notstandes nach dem § 10 StGB. entsprechende Vorbringen rügt die Beschwerde unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO.

das Unterbleiben der Vernehmung der Zeugin Eva B; sie macht ferner Begründungsmängel zu den einschlägigen Urteilsannahmen aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 leg. cit. und schließlich gemäß der Z. 9 lit. b dieser Gesetzesstelle auch materielle Nichtigkeit geltend.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge geht - wie die Generalprokuratur richtig darlegt - mangels Erfüllung formaler Erfordernisse schon deshalb fehl, weil in der dem Urteil unmittelbar vorangegangenen, gemäß dem § 276 a StPO. neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 5.April 1979, dem Protokoll zufolge (ON. 94), ein Antrag auf Vernehmung der Zeugin Eva B nicht (neuerlich) gestellt wurde, aus der Unterlassung der Aufnahme des in der Hauptverhandlung vom 12.Oktober 1978 beantragten (und beschlossenen) Beweises der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht abgeleitet werden kann und überdies (auch) der Beschwerdeführer in der letzten Hauptverhandlung auf diese Beweisaufnahme sogar ausdrücklich verzichtete (Bd. II S. 96). Ebenfalls unbegründet ist die Mängelrüge zunächst insoweit, als sie sich mit dem Vorwurf einer widersprüchlichen, undeutlichen und unvollständigen Begründung gegen jenen Teil der Urteilsgründe wendet, in welchem das Erstgericht die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung durch den Mitangeklagten A mit einem Messer ('... ich mache dir einen Fahrer ...') nicht für erwiesen annahm. Wenn das Erstgericht (auch) diesfalls die Verantwortung des Beschwerdeführers im wesentlichen im Hinblick auf das Unterbleiben derartiger Behauptungen im Vorverfahren, die körperliche Überlegenheit des angeblich Bedrohten und den Umstand, daß letztlich die bloße Erklärung 'Wenn du nicht verschwindest, gehe ich zur Polizei' genügte, um A von weiterer Einwirkung abzuhalten (II S. 93), als unglaubwürdig verwarf, so ist dies ein zulässiger Akt freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.), dem kein Verstoß gegen die Denkgesetze, die allgemeine Lebenserfahrung und die Aktenlage anhaftet.

Es trifft, dem Beschwerdevorbringen zuwider, nicht zu, daß das Erstgericht hiebei die Aussagen des Zeugen C einer 'sprunghaften Wertung' unterzogen und die Angaben des Mitangeklagten D, A habe 'das Messer heraußen gehabt' (Bd. II S. 92), übergangen hätte. Das Ersturteil enthält vielmehr im gegebenen Zusammenhang mit Bezugnahme auf diese Aussagen die aktenkonforme und denkgesetzlich unbedenkliche Schlußfolgerung, daß aus den Angaben des Zeugen und des Mitangeklagten die behauptete Bedrohung nicht abzuleiten sei. Da das Erstgericht mit den einschlägigen Ausführungen seiner Begründungspflicht in der ihm aufgetragenen gedrängten Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) zureichend und auch sonst mängelfrei nachkam, haftet dem bekämpften Ausspruch ein formaler Begründungsmangel nicht an.

Zuzugeben bleibt der Beschwerde zwar, daß den erstgerichtlichen Gründen zur Frage, ob der Angeklagte B, wie er behauptet, durch die Ankündigung AS, 'er könnte im Betrieb die Ehefrau anrufen ...', zur Mitwirkung an den Diebstählen genötigt wurde, eine Befassung mit den Angaben des Zeugen E, wonach B andeutungsweise erzählt habe, daß er 'erpreßt werde' (Bd. II S. 96), nicht zu entnehmen ist, doch liegt darin keine Urteilsnichtigkeit nach der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. Denn das einschlägige Vorbringen des Beschwerdeführers über seine angebliche Nötigung zu Straftaten ist, dem Vorbringen der Mängel- und der Rechtsrüge zuwider, jedenfalls ungeeignet, das Vorhandensein der Voraussetzungen des § 10 StGB. darzutun, weil allein nach den Beschwerdeausführungen einer möglichen Gefahr insbesondere durch Inanspruchnahme der Hilfe der Sicherheitsbehörden hätte begegnet werden können.

So gesehen, waren aber auch tatsächliche Feststellungen zur Frage eines Putativnotstands (§ 10 Abs. 2 2. Satz StGB.) der Aktenlage nach keinesfalls indiziert.

Mangels Zutreffens der Kriterien entschuldigenden Notstandes oder Putativnotstandes im Sinn des § 10 StGB.

kann daher insofern von einem Begründungs- und Feststellungsmangel sowie einer unrichtigen Lösung der bezüglichen Rechtsfragen nicht die Rede sein.

Der in jeder Richtung unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb der Erfolg zu versagen.

Das Landesgericht verurteilte gemäß dem Strafsatz des § 129 StGB. den Angeklagten Josef A unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB. (Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 14.Februar 1977, AZ. U 108/77) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und elf Monaten sowie den Angeklagten Karl B gleichfalls unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB. (Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Juli 1977, AZ. 8 a E Vr 193/77) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.

Bei der Strafbemessung waren im Fall des Angeklagten Josef A erschwerend die Tatwiederholung, die einschlägigen Vorstrafen und die Anstiftung des Mitangeklagten, mildernd das Geständnis und die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes; im Fall des Angeklagten Karl B erschwerend die Wiederholung und die einschlägigen Vorstrafen, mildernd das Geständnis, die teilweise Zustandebringung der Diebsbeute und die Verleitung durch den Mitangeklagten. Ergänzend wies das Erstgericht darauf hin, daß der Angeklagte B bereits zu einer erfolglosen Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt worden sei und damit eine empfindlichere Vorstrafe aufweise als der Angeklagte A. Die Angeklagten Josef A und Karl B wenden sich mit ihren Berufungen lediglich gegen das Strafausmaß.

Die beiden Berufungen sind unbegründet.

Die hier gegebenen Strafzumessungsgründe wurden bereits vom Erstgericht im wesentlichen vollzählig und zutreffend festgestellt, aber auch richtig gewürdigt.

Die zuerkannten Freiheitsstrafen entsprechen nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen und dem - gesteigerten - Verschuldensgrad der - vielfach vorbestraften - Angeklagten, denen das Unrechtmäßige ihres Verhaltens nachdrücklich vor Augen geführt werden muß, um endlich eine Besserung zu erzielen. Den Berufungen der Angeklagten konnte darum - vor allem aus spezialpräventiven Überlegungen - kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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