Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das im übrigen aufrecht bleibende erstinstanzliche Urteil in der Unterstellung der vom Punkt I des Schuldspruches erfaßten Tat auch unter die Bestimmung des § 84 Abs. 1 StGB. sowie im Ausspruch über die Strafe aufgehoben und im Umfange der Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3
StPO. in der Sache selbst erkannt:
Für die im aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches bezeichneten Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach den §§ 83 Abs. 1, 86 StGB. und Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. wird Peter A nach dem § 86 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. März 1945 geborene beschäftigungslose Stahlbauschlosser Peter A des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 86 StGB. sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Der Schuldspruch wegen des zuerst angeführten Verbrechens erfolgte deshalb, weil Peter A am 4. Februar 1979
in Wien Charlotte B durch Versetzen derart wuchtiger Schläge mit einem Besenstiel und mit einer Bierflasche, daß der Besenstiel abbrach und die Flasche zerbrach, sowie durch Schläge mit einem Schuh, durch Fußtritte und durch Versetzen eines Stoßes vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat an sich schwere Verletzungen, nämlich Brüche der 8. und 9.
Rippe links sowie der 3., 4., 7. und 9. Rippe rechts, der Schambeinäste beiderseits und der rechten Querfortsätze des 2. und 5. Lendenwirbelkörpers, eine Aussprengung beider Darmbein-Kreuzbeingelenke und eine Abreißung des knorpeligen Anteiles des Nasengerüstes vom Nasenbein, und in weiterer Folge den Tod der Geschädigten zur Folge hatte.
Von einem Anklagepunkt wurde Peter A gemäß dem § 259 Z. 2 StPO. freigesprochen.
Mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte nur den Schuldspruch wegen Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, wobei er sich auch gegen die gleichzeitige Beurteilung der Tat nach den §§ 84 Abs. 1 und 86 StGB. wendet.
Als Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. werden vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Annahme des Erstgerichts, der Angeklagte habe die Todesfolge mit der Schuldform der Fahrlässigkeit zu verantworten, Undeutlichkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen und Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge erweist sich jedoch als nicht stichhaltig. Die Urteilsannahme, dem Angeklagten sei im Tatzeitpunkt bekannt gewesen, daß Charlotte B sich möglicherweise vor ihm fürchte und aus diesem Grund keinen Arzt aufsuchen könnte, um eine Anzeigeerstattung hintanzuhalten, beruht auf einer Schlußfolgerung, die einen logischen Fehler nicht erkennen läßt, zumal Charlotte B schon die vorangegangenen Mißhandlungen (Punkt II/2 des Schuldspruches) nicht zur Anzeige gebracht hatte und ihr 'Beschützer' Karl C sie auch vor den bisherigen Mißhandlungen durch den Angeklagten nicht hatte bewahren können.
Die Kenntnis des Angeklagten vom schlechten Allgemeinzustand der Charlotte B sowie davon, daß sie täglich zehn Gewadal-Pulver nahm und große Alkoholmengen genoß, konnte das Erstgericht schon der zur Sachverhaltsfeststellung herangezogenen (S. 300 d.A.) Verantwortung des Angeklagten entnehmen (Seiten 273, 275 und 278 d.A.), der auch selbst bestätigt, daß Charlotte B sich 'eigentlich nie gewehrt' hat, weil sie schon 'so betrunken' war (S. 276 d.A.).
Die Feststellung über die 'nur knapp unterdurchschnittliche intellektuelle Begabung' des Angeklagten gründet sich auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. Heinrich Gross (Seiten 193 und 301 d.A.).
Als unberechtigt erweist sich auch die vom Beschwerdeführer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1
StPO. gestützte Rechtsrüge, soweit er sich gegen eine Zurechnung der Todesfolge und somit gegen die Beurteilung der Tat als Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86 StGB. wendet. Der auf (vorsätzliche) Mißhandlung zurückzuführende Eintritt des Todes stellt eine besondere Folge der Tat dar, an die eine schwerere Strafe als an das Grunddelikt des § 83
StGB. geknüpft ist. Die strafrechtliche Zurechenbarkeit der Todesfolge setzt jedoch gemäß dem § 7 Abs. 2 StGB. voraus, daß die betreffende Folge (wenigstens) fahrlässig herbeigeführt wurde. Bei solchen Delikten, die durch eine Kombination von Vorsatz und Fahrlässigkeit gekennzeichnet sind, besteht die gemäß § 6 StGB. zu prüfende Fahrlässigkeit in bezug auf die besondere Tatfolge allein in deren Voraussehbarkeit, während die weiters zum Fahrlässigkeitsbegriff gehörige objektive Sorgfaltswidrigkeit schon in der Begehung des Grunddeliktes liegt (SSt. 47/1, vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 137). Die durch (vorsätzliche) Mißhandlung herbeigeführte Todesfolge kann somit dem Täter strafrechtlich zugerechnet werden, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt in der Lage gewesen wäre, den Eintritt eines solchen Erfolges als mögliche Folge seines Verhaltens zu erkennen, wobei Erkennbarkeit eines derartigen Verlaufs im allgemeinen genügt und es nicht erforderlich ist, daß alle Einzelheiten des Erfolgseintritts im konkreten Fall voraussehbar sind. Grundsätzlich wird die Vorhersehbarkeit eines qualifizierten Erfolges für den Täter dann zu bejahen und dieser Erfolg ihm (auch) subjektiv zuzurechnen sein, wenn dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eintreten konnte (EvBl. 1976/201; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 544 f.; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 187), der Erfolg also im Verhältnis zur Tathandlung nicht atypisch und sohin im Rahmen des vom Täter eingegangenen Gefahrenrisikos gelegen ist (RZ. 1979/4).
Von Vorhersehbarkeit des Erfolges kann auch noch gesprochen werden, wenn zur Tathandlung eine weitere Ursache für den Schaden hinzugekommen ist, deren Hinzutreten zwar nicht schon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten gewesen, aber doch nicht ganz außergewöhnlich und deswegen außerhalb der menschlichen Erwartung gelegen war (EvBl. 1976/ 201).
Für die Beurteilung der subjektiven Zurechenbarkeit des Erfolges zur Schuld kommt es auf die Voraussehbarkeit nach den persönlichen Verhältnissen des Täters an (§ 6 Abs. 1 StGB.). Bei dieser Frage ist aber nach dem Gesetz nur auf die dem Täter im allgemeinen nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen mögliche Einsichtsfähigkeit abzustellen und nicht auf jene Einsicht, die er unter den besonderen Umständen des konkreten Falles tatsächlich aufbringt; deren Beurteilung hat vielmehr unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eines rechtmäßigen Verhaltens zu erfolgen (vgl. Dokumentation zum Strafgesetzbuch, 61 f.; Rittler2 I 221; EvBl. 1976/203).
Diese Kriterien für eine Zurechnung der Todesfolge zur Schuld des Täters konnte das Erstgericht im Falle des Angeklagten auf Grund der im Einklang mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens getroffenen Sachverhaltsfeststellung ohne Rechtsirrtum als gegeben ansehen. Den Urteilsfeststellungen zufolge hat Peter A am Abend des 4. Februar 1979 in der Absicht, Charlotte B am Körper zu verletzen, zunächst mit den Fäusten und sodann mit einem Kloschrubber so lange auf Kopf und Körper der Genannten zugeschlagen, bis der Stiel des Schrubbers abbrach, und hat sodann mit einer Flasche auf Charlotte B eingeschlagen, wobei auch die Flasche zerbrach; im weiteren Verlauf hat er Charlotte B gegen einen Elektrokocher gestoßen, auf dem sich ein Gefäß mit siedendem Wasser befand, sodaß sich die Frau an der Hand verbrühte, und hat auch noch, als Charlotte B sich auf eine Schaumgummimatratze legte, gegen sie getreten und mit einem Schuh gegen ihren Körper geschlagen. Dabei fügte er Charlotte B die im Urteilsspruch angeführten an sich schweren Verletzungen zu, die - nachdem die Frau erst am 2. März einen Arzt aufgesucht hatte - am 6. März den Tod der Genannten zur Folge hatten.
Mit Rücksicht auf die vom Erstgericht ohne Verletzung der Denkgesetze aus den oben angeführten Tatsachen gezogene Schlußfolgerung, für den Angeklagten sei vorhersehbar gewesen, daß seine Handlungsweise unter Umständen zum Tode seines Opfers führen könnte, hat daher das Gericht die Tathandlung ohne Rechtsirrtum auch der Bestimmung des § 86 StGB. unterzogen, zumal von einem atypischen Verlauf des Geschehens keine Rede sein kann, wenn man insbesonders Ausmaß und Schwere der vom Angeklagten der Charlotte B zugefügten Verletzungen in Betracht zieht, die dem der Sachverhaltsfeststellung zugrunde gelegten Gutachtens des medizinischen Sachverständigen Dr.Oskar Skala zufolge schon ihrer allgemeinen Natur nach den Tod der Frau hätten zur Folge haben können (Seite 290 d.A.). Hingegen erweist sich die vom Angeklagten auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a bzw. Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO., sachlich nur auf letzteren Nichtigkeitsgrund gestützte Rechtsrüge wegen der Beurteilung der Tat auch nach dem § 84 Abs. 1
StGB. als berechtigt.
Dem Beschwerdeführer ist nämlich darin beizupflichten, daß für die strafrechtliche Beurteilung nicht der Zwischenerfolg, sondern allein der Enderfolg maßgebend ist. Hat der Täter zunächst sein Opfer schwer verletzt und ist daraus sodann dessen Tod erfolgt, so ist die Tat nicht auch dem § 84 Abs. 1 StGB., sondern lediglich den §§ 83 (Abs. 1 oder 2), 86 StGB. zu unterstellen (ÖJZ-LSK. 1975/230). In diesem Punkte war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil in der Unterstellung der im Punkt I des Schuldspruches bezeichneten Tat auch unter die Bestimmung des § 84 Abs. 1 StGB. sowie im Ausspruch über die Strafe aufzuheben und im Umfang dieser Aufhebung wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen.
Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Bei der infolge der Aufhebung auch des Strafausspruchs erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als mildernd das der Wahrheitsfindung dienliche Tatsachengeständnis des Angeklagten sowie dessen psychische Abartigkeit, als erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen sowie das Vorliegen mehrerer strafbarer Handlungen.
Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe und der besonders brutalen Form der Tat des Angeklagten, die zum Tode eines Menschen geführt hat, erscheint die ausgemessene Strafe sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat als auch der Täterpersönlichkeit entsprechend. So gesehen bestand kein Anlaß, trotz Streichung der Qualifikation des § 84 Abs. 1 StGB. aus dem Punkt I des Urteilssatzes die Strafe niedriger zu bemessen als dies das Erstgericht getan hat.
Der Kostenausspruch beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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