Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird das angefochtene Urteil zur Gänze aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Peter A und Franz B sind schuldig, sie haben am 16.Jänner 1979 in Graz in Gesellschaft als Beteiligte versucht (§ 15 Abs. 2 StGB.), fremde bewegliche Sachen, nämlich 4 Schlüsselanhänger im Wert von 173 S und zwei Messer im Wert von 79,60 S Berechtigten des Kaufhauses C & D mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Sie haben hiedurch das Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. begangen.
Gemäß § 13 Abs. 1 JGG. wird der Ausspruch und die Vollstreckung der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren vorläufig aufgeschoben.
Gemäß § 389 StPO. haben beide Angeklagte die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.
Der Angeklagte Peter A wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen diesem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 2.November 1963 geborene Schüler Peter A und der am 15.März 1963 geborene Lehrling Franz B des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Vom Ausspruch einer Strafe wurde gemäß § 13 JGG. 1961 bei beiden Angeklagten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig abgesehen.
Den Angeklagten liegt zur Last, am 16.Jänner 1979
in Graz in Gesellschaft als Beteiligte vier Schlüsselanhänger im Wert von 173 S und zwei Messer im Wert von 79,60 S den Verfügungsberechtigten des Kaufhauses C &
D mit Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben.
Während die Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten unausgeführt blieb und rechtskräftig zurückgewiesen wurde (ON. 24), bekämpft der Erstangeklagte den Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 5, Z. 9 lit. b und Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Erstangeklagte wendet sich ferner mit Berufung gegen den Strafausspruch. Die - nicht ausgeführte - Berufung des Zweitangeklagten wurde zurückgezogen.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Der Beschwerdeführer rügt die Urteilsfeststellungen hinsichtlich seines einverständlichen Zusammenwirkens mit Franz B als Diebsgenosse als unzureichend begründet. Dem ist entgegenzuhalten, daß die diesbezüglichen Feststellungen des angefochtenen Urteils über das Vorgehen der Angeklagten fast wörtlich den Angaben des Hausdetektives Franz E als Anzeiger vor der Polizei (S. 7 f.) - eine gerichtliche Einvernahme dieses Zeugen unterblieb im Einverständnis der Verfahrensparteien - entsprechen. Daß das Gericht aus diesem äußeren Verhalten der Angeklagten, die sich im übrigen eingangs der Hauptverhandlung im Sinne der Anklage schuldig bekannt hatten, ungeachtet ihrer Verantwortung, sie hätten nicht 'beschlossen', etwas zu stehlen, sie hätten keine entsprechende Verabredung getroffen und sich auch nicht gegenseitig durch Aufpasserdienste unterstützt, einverständliches Zusammenwirken feststellte, geschah in freier Beweiswürdigung und wurde durchaus zureichend in einer der Lebenserfahrung und den Denkgesetzen entsprechenden Weise begründet. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Urteils ist daher nicht gegeben. Unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. macht der Beschwerdeführer sodann geltend, es seien alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 42 StGB. gegeben.
Dem Beschwerdeführer ist dabei zuzubilligen, daß die Tat - es ist beim Versuch geblieben - keine Folgen nach sich gezogen hat. Es kann aber nicht gesagt werden, daß die Schuld des Angeklagten gering im Sinne der bezeichneten Gesetzesstelle gewesen wäre. 'Geringe Schuld' verlangt ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der entsprechenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (LSK. 1976/379, Leukauf-Steininger2 S. 374 f.). Auch unter Würdigung des jugendlichen Alters des Beschwerdeführers, das bereits in den auf seine Tat gesetzten milderen Sanktionen des Jugendgerichtsgesetzes Berücksichtigung findet, unterschreitet der Schuldgehalt der Tat in keiner Weise den anderer Ladendiebstähle. Der Angeklagte hat vielmehr - ebenso wie sein Komplize - durch die wiederholten Tathandlungen eine erhebliche Intensität seines deliktischen Verhaltens bewiesen, sodaß nicht mehr von einer geringen Schuld gesprochen werden kann.
Aus diesem Grund ist ein Schuldspruch auch aus spezialpräventiven Gründen geboten, um ihm das Verbotene seines Tuns nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn von weiteren gleichartigen strafbaren Handlungen abzuhalten. Die im § 42 StGB. bezeichneten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen; da es hier an einzelnen von ihnen fehlt, unterblieb die Heranziehung dieses sachlichen Strafausschließungsgrundes durch das Erstgericht zu Recht. Auch die Subsumtionsirrtum behauptende, auf Z. 10
des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge schlägt nicht durch. Wenn auch nur Sachen geringen Wertes gestohlen wurden, so erfolgte die Tat doch weder zur Befriedigung eines Gelüstes, da Messer und Schlüsselanhänger schon ihrer Natur nach nicht zur sofortigen Befriedigung eines solchen geeignet sind, noch aus Not und auch nicht aus Unbesonnenheit. Unbesonnen handelt, wer spontan einem plötzlichen Willensimpuls folgt, der aus besonderen Gründen der Steuerung durch überlegtes Denken entzogen ist und den er ansonsten auf Grund seiner Charakterbeschaffenheit in der Regel unterdrückt hätte. Davon kann aber auf Grund der erstgerichtlichen Feststellungen nicht gesprochen werden, weil die Angeklagten nicht etwa einen einmaligen Zugriff zu verantworten hatten, sondern ihre Diebstähle in einer offensichtlich wohlüberlegten Weise unter Ausnützung ihnen günstig scheinender Möglichkeiten in fortgesetzten Angriffen verübt haben, wobei sie insbesondere die Parfümerie-Abteilung des Warenhauses nach Verübung des ersten Diebstahls neuerlich betraten, um sich noch in den Besitz des zweiten Messers setzen zu können.
Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, kann bei dieser Sachlage die Bestimmung über das privilegierte Tatbild der Entwendung keine Anwendung finden, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze zu verwerfen war.
Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich aber der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Strafgesetz zum Nachteil beider Angeklagten in einer den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. verwirklichenden Weise unrichtig angewendet worden ist. Das Erstgericht nimmt nämlich vollendeten Diebstahl an, wiewohl seinen Feststellungen nach die Angeklagten schon bei der Wegnahme des zuerst gestohlenen Messers durch Peter A, ebenso wie bei den folgenden Angriffen vom Hausdetektiv beobachtet wurden. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Diebstahl an verhältnismäßig kleinen Sachen, wie sie vorliegend gestohlen wurden, die leicht in der Kleidung oder am Körper verborgen werden können, zwar schon mit dem Einstecken dieser Sachen durch den Dieb am Tatort vollendet, dies aber nur, wenn es vom Bestohlenen oder seinem Vertreter unbemerkt geschehen konnte. Wird der Täter in einem Warenhaus von einem Verkäufer oder Kontrollorgan bei der Tat beobachtet und noch am Tatort zur Herausgabe des Diebsguts veranlaßt, so liegt nur Versuch vor (SSt. 46/9). Die Angeklagten sind auch nicht vom Versuch zurückgetreten (§ 16 Abs. 1 StGB.), da sie nach den Feststellungen des Erstgerichtes keineswegs freiwillig die Ausführung aufgegeben bzw. verhindert oder den Erfolg abgewendet haben. Vielmehr hat der Hausdetektiv Franz E bei der Beanstandung der Angeklagten die von A in der Handtasche und die von B in den Pelzhandschuhen versteckten Gegenstände vorgefunden und sichergestellt (siehe Leukauf-Steininger2 Anm. 2 zu § 16
StGB.).
Die Tat der Angeklagten ist daher bei richtiger Gesetzesanwendung nur als Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 StGB. zu qualifizieren. Es war daher gemäß § 290 Abs. 1 StPO.
von Amts wegen so vorzugehen als wäre der in Frage kommende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.
geltend gemacht worden. Im Sinne der zitierten Gesetzesstelle war auch zugunsten des Mitangeklagten, der keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu erkennen. Erschwerend war bei beiden Angeklagten die Wiederholung der Tat, mildernd ihre Unbescholtenheit, das Geständnis und daß es beim Versuch geblieben ist. Der Schuldgehalt der Tat spricht gegen die bloße Erteilung einer Ermahnung gemäß § 12 Abs. 2 JGG. Wohl aber ist anzunehmen, daß der Schuldspruch allein genügen werde, um die Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Da auch aus generalpräventiven Gründen der Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe nicht erforderlich ist, wurde gemäß § 13 Abs. 1 JGG. eine bedingte Verurteilung ausgesprochen und die Probezeit mit drei Jahren bestimmt.
Der Angeklagte Peter A war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den angeführten Gesetzesstellen.
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