OGH 10Os118/79

OGH10Os118/7926.9.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Höburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 7. Juni 1979, GZ 17 Vr 1031/79-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Blasbichler, und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das ansonsten unberührt bleibt, 1.) in Stattgebung dieses Rechtsmittels im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (Punkt IV), 2.) ferner gemäß § 290 Abs 1 StPO darüber hinaus im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der in den Punkten I und II bezeichneten Taten, 3.) demgemäß außerdem im Strafausspruch und 4.) ebenfalls gemäß § 290 Abs 1 StPO schließlich im Ausspruch über die Einziehung (einer Vulkanisiseurzange) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO erkannt:

zu 2.) Robert A hat durch die in den Punkten I und II des Ersturteils bezeichneten Handlungen das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128

Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB begangen;

zu 1.) und 3.) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16. Juli 1948 geborene Hilfsarbeiter Robert A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128

Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes), des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB (Punkt II des Urteilssatzes), des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (Punkt III des Urteilssatzes), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach '§ 107 Abs 2

StGB' (richtig: § 107 Abs 1 und 2 StGB; Punkt IV des Urteilssatzes) und des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB (Punkt V des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Der Angeklagte bekämpft mit seiner auf § 281 Abs 1

'Z 9', allenfalls Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich den Schuldspruch zu Punkt IV, laut welchem ihm zur Last liegt, daß er am 24. März 1979 in Salzburg (unmittelbar nach seiner bei Betretung auf frischer Tat erfolgten Festnahme wegen Einbruchsdiebstahl) die Polizeiinspektoren Erich B und Wolfgang C sowie (die hinzugekommenen Privatpersonen) Anton D (in dessen Geschäft er soeben eingebrochen hatte) und Johann E durch die Äußerung: 'Eure Gesichter merke ich mir, ich werde wieder entlassen, dann schieße ich euch nieder, oder ich werde euch erschlagen, ihr Schweine, ihr jüdischen' mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen der äußeren und inneren Tatseite des ihm angelasteten Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und macht geltend, sein bezügliches Verhalten sei straflos oder doch nur - wie andere von ihm im weiteren Verlauf der Amtshandlung gegen die genannten und andere Polizeibeamte gerichtete Äußerungen laut Punkt V des Urteilssatzes - als Beleidigung im Sinne des § 115 Abs 1 StGB zu beurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Das Schöffengericht hat richtig erkannt, daß die (Rechts-) Frage, ob eine Drohung die Eignung aufweist, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB), nach objektiven Kriterien beurteilt werden muß, und ist ferner zutreffend davon ausgegangen, daß eine gefährliche Drohung keine imminente, den sofortigen Vollzug des angekündigten Übels in Aussicht stellende Drohung zu sein braucht (Leukauf-Steininger, Komm.2, S. 507) und es außerdem nicht darauf ankommt, ob die Bedrohten - vorliegend unter ihnen zwei Polizeibeamte - tatsächlich eingeschüchtert, sie in Furcht und Unruhe versetzt wurden (LSK 1977/124 u.a.).

Dennoch ist das Ersturteil mit Feststellungs- wie (der Sache nach relevierten) Begründungsmängeln (i.S. d. § 281 Abs 1 Z 5 StPO) behaftet. Nach den (auf Seite 103) in Ansehung der objektiven Tatseite getroffenen Urteilsfeststellungen wären die Tathandlungen laut den Punkten III bis V in engstem zeitlichen und örtlichen sowie sachlichen Zusammenhang gestanden. Warum das Geschehen trotzdem (zwar der Anklage folgend, aber deshalb - zumindestens ausgehend vom Ablauf der Ereignisse und der im Urteil gegebenen Begründung - insbesondere mit Bezug auf die den Gegenstand des Punktes IV bildende Phase nicht weniger willkürlich erscheinend) in drei getrennte Abschnitte aufgespalten wird, namentlich aber die anläßlich der Amtshandlung, die der Angeklagte laut Punkt III zu hindern suchte, gegen die Polizeibeamten geäußerten, dem Punkt IV unterstellten Drohungen einerseits nicht außer der (nach Punkt III) angewendeten Gewalt als weiteres Mittel im Sinne des § 269 Abs 1 StGB angesehen werden bzw. andererseits in völlig gleichartigen drohenden Äußerungen teils (eben Punkt IV) eine gefährliche Drohung, teils (Punkt V) lediglich eine Beleidigung erblickt wird, kann dem Ersturteil nicht entnommen werden. Schon darauf wird vom Beschwerdeführer sinngemäß - und im Ergebnis zutreffend - hingewiesen.

Berechtigt ist die Rechtsrüge des Beschwerdeführers ferner, wenn sie in Ansehung der subjektiven Tatseite das Fehlen jeglicher Feststellungen hervorhebt.

Der Tatbestand nach § 107 StGB erfordert in Bezug auf die sich als gefährliche Drohung (§ 74 Z 5 StGB) darstellende Tathandlung (einfachen) Vorsatz des Täters (§ 5 Abs 1 StGB) und hinsichtlich des mit der deliktischen Handlungsweise verfolgten Zwecks, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, qualifizierten Vorsatz in Form der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB). Bei der gegebenen Sachlage hätte es somit nicht nur einer klaren Feststellung darüber bedurft, daß es dem Beschwerdeführer darauf ankam (Absicht), durch seine in Rede stehenden Äußerungen bei den Opfern einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden peinlichen Seelenzustand (= Furcht und Unruhe) herbeizuführen, sondern einer darüber hinaus auch entsprechend (mängelfrei) begründeten derartigen Feststellung, die darin allein, daß das Erstgericht zum Ausdruck brachte, es vermöge (angesichts der spezifischen Begleitumstände) der Verantwortung des Angeklagten, die Drohung sei nicht ernst gemeint gewesen, nicht zu folgen und in derselben keineswegs bloße (vom Angeklagten auch nur als solche gedachte) Unmutsäußerungen zu erblicken, nicht gesehen werden kann. Das Urteil enthält somit zum subjektiven Tatbestand entsprechend der sachlich auch in diese Richtung gehende Rüge des Beschwerdeführers keinerlei Feststellungen.

Es war daher in Stattgebung der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Punkt IV des Schuldspruches und demgemäß auch der Strafausspruch aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Sollte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang zur Annahme gelangen, daß die unter Punkt IV der Anklageschrift (= aufgehobener korrespondierender Punkt IV des Urteils) inkriminierten Äußerungen nicht in der von § 107 Abs 1 StGB vorausgesetzten Absicht gemacht wurden, sondern gefährliche Drohungen im Sinne des § 269 Abs 1 StGB oder Beleidigungen im Sinne des § 115

StGB darstellten, bzw. teils als das eine, teils als das andere Delikt zu beurteilen sind, so wird im neuen Urteil (mit Bezug auf die Polizeibeamten) lediglich zum Ausdruck zu bringen sein, daß der Angeklagte (nicht nur durch die im aufrecht gebliebenen Teil des Urteils vom 7. Juli 1979 - ON. 16 - umschriebenen Handlungen, sondern auch) hiedurch das betreffende (bereits in jenem Urteil angeführte) Delikt begangen habe, und bloß insoweit ein (förmlicher) Freispruch nach § 259 Z 1

StPO zu fällen sein, als ihm vom öffentlichen Ankläger gleichzeitig eine Bedrohung der Zivilpersonen Anton D und Johann E vorgeworfen wird.

Soferne jedoch in der neuen Entscheidung (auf dem Boden einwandfrei begründeter Feststellungen) das Vorliegen des Grundtatbestands der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB

wiederum bejaht wird, wäre vom Erstgericht bezüglich der (dem Beschwerdeführer angelasteten) Qualifikation nach dem ersten Anwendungsfall des § 107 Abs 2 StGB zu beachten, daß eine Drohung 'mit dem Tod' nur dann gegeben ist, wenn ihr die (als solche ernst zu nehmende) Ankündigung eines Anschlags auf das Leben zu entnehmen und sie objektiv geeignet ist, beim Bedrohten gerade in dieser Richtung eine Besorgnis zu erwecken; der Vorsatz des Täters muß auf eine derartige (strafsatzerhöhende) Wirkung seiner Drohung gerichtet sein (EvBl. 1977/210; LSK 1977/97). Nach forensischer Erfahrung stellen verbale Todesdrohungen inhaltlich objektiv oft nur in übertriebener Weise ausgedrückte Drohungen mit einer körperlichen Mißhandlung, nicht jedoch mit einem Anschlag auf das Leben der Bedrohten dar und sind in vielen Fällen auch nur so beabsichtigt (vgl. LSK 1977/345 u.a.).

Bei der aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde erfolgten Überprüfung des Urteils erweist sich dieses als mit weiteren nicht gerügten Nichtigkeiten behaftet, die gemäß § 290 Abs 1

StPO von Amts wegen aufzugreifen waren:

Das Erstgericht beurteilte nämlich (ebenfalls konform mit der diesbezüglich bereits verfehlten Anklage) die mehreren diebischen Angriffe, deren es den Angeklagten für schuldig befand, je nachdem, ob sie zur Deliktsvollendung führten oder nicht, getrennt als ein Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1

StGB (Punkt I) und als ein Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB

(Punkt II). Dabei wurde nicht beachtet, daß zufolge § 29 StGB alle in einem Verfahren demselben Täter zur Last liegenden Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschieden geartet sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammenzufassen sind (ÖJZ-LSK 1978/58 u.a.). Dementsprechend sind vorliegend sowohl die vollendeten Diebstähle nach Punkt I als auch die Diebstahlsversuche nach Punkt II des Schuldspruchs einheitlich als ein Verbrechen den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB zu unterstellen. Insoweit der Angeklagte indes zweier (selbständiger) Verbrechen des - in den einen Fällen vollendeten und in den anderen bloß versuchten - Diebstahls schuldig erkannt wurde, liegt zu seinem Nachteil eine unrichtige Anwendung des Strafgesetzes vor (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Es war daher in diesem Belange spruchgemäß in der Sache selbst zu erkennen.

Verfehlt war weiters auch die ausgesprochene Einziehung einer 'Vulkaniseurzange' (Reifenmontierzange), welche der Angeklagte als Einbruchswerkzeug verwendet hatte. Denn die Einziehung eines Tatwerkzeugs gemäß § 26 StGB setzt voraus, daß dieses nach seiner besonderen Beschaffenheit spezifisch in erster Linie zur Verwendung bei der Verübung strafbarer Handlungen bestimmt ist; Gegenstände, die - wie das in Rede stehende Werkzeug zur Reifenmontage - auch (und überwiegend) anderweitigem rechtmäßigem Gebrauch dienen und von jedermann frei erworben (und besessen) werden dürfen, unterliegen demnach nicht der Einziehung (EvBl. 1978/214 u.a.). Das ohne die im Gesetz hiefür normierten strikten Voraussetzungen ergangene Einziehungserkenntnis ist sohin nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO nichtig und war deshalb im Wege der Aufhebung zu beseitigen (RZ 1978/80, 1977/21 u.a.).

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