Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 6 1/2 (sechseinhalb) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen der am 15. März 1953 geborene beschäftigungslose Franz A und der am 3. Juli 1936
geborene beschäftigungslose Herbert B des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB, B außerdem des Vergehens der sittlichen Gefährdung Unmündiger oder Jugendlicher nach dem § 208 StGB schuldig erkannt. Von einem weiteren Anklagepunkt wegen Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB wurde Franz A rechtskräftig freigesprochen.
Der - von Franz A allein angefochtenen - Verurteilung der beiden Angeklagten wegen Verbrechens des schweren Raubes liegt nach dem Wahrspruch der Geschwornen zugrunde, daß Franz A und Herbert B in Wien am 30. Jänner 1979 in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) dadurch, daß sie Waltraud C zu Boden warfen, sie würgten, ihr Faustschläge versetzten, sie fesselten und knebelten, um sie am Schreien zu hindern, sie in die Badewanne legten und an den Armaturen festbanden, ihr einen Gummiknüppel in die Scheide einführten und ihr drohten, sie umzubringen, falls sie schreien oder die Polizei verständigen würde, der Genannten mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich unrechtmäßig zu bereichern, und zwar ca. 8.000 S Bargeld, einen vollständig ausgefüllten Scheck über 600 S, einen Fotoapparat im Wert von 500 S, eine Gaspistole im Wert von 700 S, eine Handtasche, Wohnungsschlüssel und eine Zahnprothese.
Den Geschwornen wurden insgesamt sechs Fragen gestellt. Die beiden Hauptfragen 1 und 2 bezogen sich - für beide Angeklagte getrennt - anklagegemäß auf das Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1 und 143
StGB und wurden von den Geschwornen hinsichtlich beider Angeklagten mit 7 gegen 1 Stimme bejaht. Die Hauptfrage 3
hatte das von Franz A bei einer früheren Gelegenheit im September 1976, gleichfalls an Waltraud C, angeblich begangene Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB zum Gegenstand und wurde von den Geschwornen mit 4 Jagegen 4 Neinstimmen beantwortet. Die Hauptfrage 4
schließlich bezog sich auf das von Herbert B allein begangene Vergehen nach dem § 208 StGB und wurde von den Geschwornen einstimmig bejaht. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung wurden auch noch zwei (entgegen der Vorschrift des § 342 StPO nicht in die Urteilsausfertigung aufgenommenen) Eventualfragen (laufende Nummern 5 und 6 des Fragenschemas) an die Geschwornen gestellt, durch die ihnen - wieder getrennt für beide Angeklagten - die Möglichkeit geboten wurde, die von den Angeklagten am 30. Jänner 1979 begangene Tat als das Verbrechen des in Gesellschaft als Beteiligte und während einer Bedrängnis ausgeführten schweren Diebstahles nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 1 und 4 StGB zu beurteilen; die Beantwortung der nur für den Fall der Verneinung der Hauptfragen 1 und 2 gestellten Eventualfragen unterließen die Geschwornen folgerichtig gemäß der ihnen erteilten Belehrung.
Der Herbert B betreffende Teil des Urteils erwuchs in Rechtskraft. Franz A bekämpft das Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer unter Beziehung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund, sich gegen die Fragestellung wendend, ausführt, es hätte auch eine Eventualfrage nach dem Vergehen der an Waltraud C begangenen leichten Körperverletzung nach dem § 83 StGB, deren sich der Beschwerdeführer eingangs der Hauptverhandlung schuldig bekannt habe, gestellt werden müssen, weil sich dann die Geschwornen wegen der Einbeziehung der bei der Tat vorgefallenen Verletzungen allenfalls leichter für die Beurteilung der Tat als gemeinschaftlich begangenen schweren Bedrängnisdiebstahl, entschieden hätten, ist ihm zu erwidern, daß trotz des - nicht näher substantiierten - Geständnisses des Beschwerdeführers in Richtung des Vergehens der (leichten) Körperverletzung nach dem § 83 StGB (siehe S. 221, 236 d. A.) die Stellung einer solchen Frage unterbleiben konnte. Soweit sich sein Geständnis nämlich auf Körperverletzungen (der Waltraud C) beziehen sollte, die nicht im Zusammenhang mit der Sachwegnahme standen, also etwa darnach dem Opfer zugefügt wurden, war eine Fragestellung in der Richtung des § 3 Abs 1 StGB schon wegen der Erklärung der Staatsanwaltschaft vom 21. Februar 1979 (siehe Seite 3 d.A.), daß zu einer weiteren gerichtlichen Verfolgung des Franz A wegen (u.a.) § 83 Abs 1 StGB, begangen an Waltraud C im Jänner 1978 (ersichtlich gemeint: 'im Jänner 1979) und im September 1976 kein Grund gefunden wurde (§ 109 StPO aus dem Grund des § 34 Abs 2 StPO), ausgeschlossen. Diese Erklärung hat sich erkenntlich nach Lage des Falles auf Verletzungshandlungen des Beschwerdeführers bezogen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der angeklagten Raubtat vom 30. Jänner 1979 stehen, weil im Zuge des Raubes dem Opfer zugefügte leichte Körperverletzungen vom Raub konsumiert sind (vgl. Foregger-Serini, StGB2, S. 263).
Sofern der Beschwerdeführer aber mit seinem Geständnis Tätlichkeiten gegen Waltraud C zugeben wollte, die im Zusammenhang mit der Herbeiführung des Zustandes ihrer Hilflosigkeit (am 30. Jänner 1979) standen, wurde den Geschwornen mit der Stellung der Eventualfrage 5) nach Bedrängnisdiebstahl im Sinne der §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 1 StGB eine dieser Verantwortung des Angeklagten Franz A hinreichend Rechnung tragende Ausweichmöglichkeit und nach Lage des Falles zureichende Alternative zur korrespondierenden Hauptfrage 1) geboten. Denn unter Berücksichtigung des Inhaltes der den Geschwornen zur Eventualfrage 5) schriftlich erteilten Rechtsbelehrung, in der u.a. darauf hingewiesen wird, daß Bedrängnisdiebstahl auch dann vorliege, wenn die Hilflosigkeit des Bestohlenen durch gewaltsames Handeln vom Täter selbst, allerdings ohne vorgefaßten Vorsatz auf Sachwegnahme, herbeigeführt wurde, waren die Geschwornen durchaus in die Lage versetzt, auch die in Richtung der Zufügung einer für die eingetretene Hilflosigkeit des Opfers mitursächliche Körperverletzung der Waltraud C durch den Angeklagten Franz A gehende Verantwortung des Genannten entsprechend zu würdigen.
Der Fragestellung haftet daher insoweit ein den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO verwirklichender Mangel nicht an (vgl. SSt. 41/48).
Mit Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO bemängelt der Beschwerdeführer die den Geschwornen zu den Eventualfragen 5) und 6) erteilte Rechtsbelehrung zum Begriff des Bedrängnisdiebstahls als ungenügend und unklar, ist mit seinen Einwendungen indes nicht im Recht:
Zum Bedrängnisdiebstahl wird in der Rechtsbelehrung ausgeführt, daß es sich hiebei um einen Diebstahl handle, der bei einer Feuersbrunst, einer Überschwemmung oder einer allgemeinen oder zumindest dem Bestohlenen zugestoßenen Bedrängnis oder unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen (zu ergänzen: der ihn hilflos macht) begangen wird. Die Begriffe der Feuersbrunst oder der Überschwemmung bedurften keiner weiteren Erklärung durch den Schwurgerichtshof, weil sie dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen und verständlich sind, übrigens vorliegend auch gar nicht in Frage kommen;
ihre Anführung diente erkennbar nur dazu, den Geschwornen einerseits den gesamten Gesetzestext des § 128 Abs 1 Z 1
StGB vorzuführen, ihnen aber andererseits auch einen Maßstab für den Umfang der Bedrängnis oder des Hilflosigkeitszustandes an die Hand zu geben. Die Bedrängnis hat der Schwurgerichtshof in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung als ein unvorhergesehenes, plötzliches Ereignis umschrieben (Leukauf-Steininger2, StGB, S. 867, Mayerhofer-Rieder, StGB, Nr. 1 und 3 zu § 128). Aber auch die Erklärung des Zustandes der Hilflosigkeit des Opfers, der auch selbstverschuldet sein könne und weder plötzlich eintreten noch unvorhersehbar sein müsse, entspricht dem Gesetz (vgl. Foregger-Serini, StGB2, S. 238). Im Grundsätzlichen zutreffend ist schließlich die Ansicht des Schwurgerichtshofs, daß die Bedrängnis oder Hilflosigkeit auch vom Täter selbst herbeigeführt worden sein kann, daß aber diesfalls im Augenblick der Herbeiführung des Zustandes der Hilflosigkeit auf Seiten des Täters weder Zueignungs- noch Bereicherungsvorsatz bestehen dürfe, weil sonst Raub in Betracht komme.
Die Rechtsbelehrung bringt den Geschwornen somit nicht nur den Gesetzestext zur Kenntnis, sondern sie enthält in leicht verständlicher Form die erforderlichen Auslegungen der darin enthaltenen Ausdrücke und Rechtsbegriffe, die nicht allgemein verständlich sind, und entsprach damit den im § 321 Abs 2 StPO normierten Voraussetzungen.
Eine Befassung mit dem Grundsatz 'in dubio pro reo', wie dies der Beschwerdeführer verlangt, erübrigt sich schon deshalb, weil es sich hiebei um Fragen der Beweiswürdigung handelt, auf die in der schriftlichen Rechtsbelehrung grundsätzlich nicht einzugehen ist (Gebert-Pallin-Pfeiffer, Nr. 16 aa zu § 345 Z 8 StPO). Eine unzulässige und damit auch unbeachtliche Bekämpfung der allein den Geschwornen zukommenden Beweiswürdigung bedeutet es aber, wenn der Beschwerdeführer ausführt, es hätten sich im Verfahren keine eindeutigen Hinweise dafür ergeben, daß die beiden Angeklagten schon mit Raubabsicht zu Waltraud C gegangen seien.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich, den Nichtigkeitsgrund nach dem § 345 Abs 1 Z 8 StPO weiter ausführend, noch vorbringt, in der Rechtsbelehrung seien die Geschwornen unrichtig über die Folgen der Beantwortung einzelner Fragen deshalb informiert worden, weil die Strafe des Verbrechens des schweren Diebstahls 'durch Einbruch' (statt des Vergehens des gemeinschaftlich begangenen schweren Bedrängnisdiebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2, 128 Abs 1 Z 1
und 4 StGB) drei Jahre betrage, so ist er mit diesem an sich zutreffenden Vorbringen darauf zu verweisen, daß nicht der Strafsatz unrichtig angegeben war - dieser beträgt für das genannte Vergehen nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128
Abs 1 Z 1 und 4 StGB tatsächlich drei Jahre - , sondern daß die strafbare Handlung, auf die sich die Eventualfrage 5 bezog, deren Beantwortung übrigens unterblieben ist - und zwar nur im Zusammenhang mit der Angabe der Strafdrohung -
falsch bekannt worden ist. Dieses ersichtliche Vergreifen in der Benennung der strafbaren Handlung konnte aber auf die Entscheidung der Geschwornen keinerlei Einfluß ausüben, weil vorliegend aus dem Zusammenhang völlig klar war, für welche, in der Rechtsbelehrung einleitend zu den Eventualfragen 5) und 6) richtig bezeichneten Delikte der vom Erstgericht zutreffend angeführte Strafsatz vorgesehen ist.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten Franz A nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, die Verführung des ihm intellektuell unterlegenen Mitangeklagten Herbert B sowie die Begehung der Tat in eine für das Opfer qualvollen Weise, als mildernd hingegen keinen Umstand an. Die Berufung des Angeklagten, welche Strafminderung begehrt, ist berechtigt, Zusätzlich zu den vom Erstgericht sonst zutreffend und richtig angeführten Strafzumessungsgründen muß dem Berufungswerber noch als mildernd ein Teilgeständnis hinsichtlich der ausgeübten Gewalttätigkeit, immerhin ein essentieller Bestandteil des Raubdeliktes, dem Sinne auch die auf Sachentziehung lautende Verantwortung, zugebilligt werden.Aber auch der sonst vom Geschwornengericht nach der Aktenlage zu Recht angenommenen Beeinflussung des Mitangeklagten B kann kein so großes Gewicht beigemessen werden, um die gegenüber diesem wesentlich höhere Strafe zu rechtfertigen.
Die wie im Spruche herabgesetzte Freiheitsstrafe erscheint im Hinblick auf den zusätzlichen Milderungsgrund und unter Abwägung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Straftat auch in Beziehung auf die über den Mittäter verhängten Strafe angemessen und vertretbar und wird im übrigen auch den allgemeinen Grundsätzen für die Strafzumessung nach § 32
StGB gerecht.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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