Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. April 1932 geborene Fleischhauergeselle Walter A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2, 15 StGB
schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Hingegen wurde er vom Anklagevorwurf des Diebstahls eines weiteren Gegenstandes (Freispruchsfaktum 1), sowie von der gegen ihn wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB erhobenen Anklage (Freispruchsfaktum 2) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Nur im letztgenannten Freispruch ficht die Staatsanwaltschaft das im übrigen in Rechtskraft erwachsene Urteil mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, der Berechtigung zukommt. Dem Angeklagten wird das Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB angelastet, weil er am 3. November 1978 dadurch, daß er in einem Zimmer des ersten Stockwerkes des Hauses Gmunden, Traunleiten Nr. 24, des Dipl.Ing.Fritz B mit einem Streichholz das Matratzenlager anzündete, versuchte, vorsätzlich an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen rechnete der Angeklagte damit, daß an dem zum Abbruch bestimmt gewesenen Haus - einem massiven, aber dem Verfall preisgegebenen zweigeschoßigen Gebäude mit einer Grundfläche von ca. 150 m2 (vgl. S. 4, 9 und 13 in ON. 3 d.A.) - ein großes Feuer entstehen und das (im Umkreis von ca. 200 Meter alleinstehende) Gebäude niederbrennen werde. Er wollte damit erreichen, daß rauschgiftsüchtige Personen, die seiner Überzeugung nach das von ihm häufig benützte Zimmer in diesem Abbruchobjekt verwüstet hatten, nicht mehr dort nächtigen könnten; darüber hinaus dauerte ihm der Abbruch zu lange (vgl. S. 80 f. d.A.). Durch das Ausbreiten des Feuers wäre, wie der Angeklagte wollte, auch tatsächlich ein ausgedehnter, mit gewöhnlichen Mitteln nicht oder nur mühsam zügelbarer Brand entstanden, wenn nicht rechtzeitig von dritter Seite die Feuerwehr alarmiert worden wäre (vgl. S. 83 d.A.), welche auch den im Parterre des Hauses schlafenden Roland C in Sicherheit brachte (vgl. S. 80 d. A.). Dennoch verneinte das Erstgericht das Vorliegen einer versuchten Brandstiftung, weil der Eigentümer das Haus ohnedies abreißen wollte, was der Angeklagte auch wußte, und der objektive (wirtschaftliche) Wert des Gebäudes (als Abbruchsobjekt) im wesentlichen nur mehr im Brennholzwert des Dachstuhles bestand. Diese Argumentation läßt außer Acht, daß bei Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB die ziffernmäßige Höhe des durch die Tat herbeigeführten Schadens oder des Wertes des hiedurch betroffenen Objektes nicht ausschlaggebend ist.
Dieser Tatbestand setzt nur voraus, daß der Täter an einer fremden Sache vorsätzlich und ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, worunter nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. LSK 1976/32;
JBl. 1978, 386 u.a.) ein - in räumlicher Hinsicht - ausgedehnter, also nicht bloß auf einzelne Gegenstände beschränkter, sondern sich weiter ausbreitender Brand zu verstehen ist, der mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist. Anders als beim Tatbestand des § 169 Abs 2 StGB
spielt bei diesem Delikt, bei dem das Gesetz keine rechtlichen Konsequenzen an die Höhe des Schadens oder des Wertes knüpft und primärer Schutzzweck nicht das fremde Eigentum, sondern die Hintanhaltung einer Gemeingefahr ist, das Ausmaß des drohenden Schadens für fremdes Eigentum keine entscheidende Rolle. Die Entfesselung eines ausgedehnten, in seinem Ausmaß nicht mehr beherrschbaren Feuers muß daher, um als Feuersbrunst gewertet zu werden, nicht unabdingbar mit einem größeren - etwa den Betrag von 100.000 S übersteigenden - (tätergewollten) Schaden für den Eigentümer verbunden sein (vgl. EvBl. 1977/234
= LSK 1977/214; JBl. 1964, 273), zumal dann nicht, wenn - wie hier - der Ausbruch der Feuersbrunst auch Gefahr für Leib und Leben bedeutet hätte.
So gesehen ist, wie die Staatsanwaltschaft richtig erkannte, im gegenständlichen Fall in objektiver Hinsicht nicht ausschlaggebend, daß das vom Angeklagten in Brand gesteckte Gebäude für den Eigentümer nur Abbruchsobjekt und als solches - im Hinblick darauf, daß lediglich das Dachstuhlholz als Brennholz wirtschaftlich verwertet werden sollte - geringwertig war.
Da das Erstgericht zwar alle für die Beurteilung der äußeren Tatseite des Tatbestandes der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB erforderlichen Feststellungen getroffen, über die innere Tatseite in tatsachenmäßiger Hinsicht jedoch insoweit (noch) nicht abgesprochen hat, als sich der Angeklagte der Sache nach (faktisch) mit einem Rechtsirrtum (§ 9 StGB) verantwortende (vgl. insbes. S. 59, 81 d.A.: 'Ich dachte, wenn der Besitzer es abreißen will, ist es ganz gleich, wenn ich es anzünde'), zeigt sich, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht eintreten kann.
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher spruchgemäß zu erkennen.
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