OGH 12Os61/79

OGH12Os61/796.9.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128

Abs 2, 129 Z 1 und 130 zweiter Fall, 15 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 21.Dezember 1979, GZ 6 Vr 619/77-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Walter Hasibeder, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.März 1939 geborene Hilfsarbeiter Adolf A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt.

Ihm liegt nach Inhalt des Schuldspruchs im wesentlichen zur Last, in der Zeit ab Herbst 1971 bis zum 11.Oktober 1977 in verschiedenen Orten Oberösterreichs und in mehreren grenznahen Orten Bayerns 66 (vollendete) Diebstähle mit einem insgesamt weit über 500.000 S liegenden Wert der Diebsbeute verübt und einen weiteren Diebstahl versucht zu haben. Davon sind allein 31 mit der Qualifikation des § 129 Z 1 StGB und einige überdies auch mit jener nach § 127 Abs 2 Z 3 StGB beschwert. Von diesen Diebstählen entfallen 6 auf die Zeit ab Herbst 1971 bis Ende 1974, je 18 auf die Jahre 1975 und 1976 und weitere 25 auf das Jahr 1977 (bis zu seiner Festnahme im Oktober dieses Jahres). Nach den weiteren Urteilsannahmen beging der Angeklagte die durch Einbruch (§ 129 Z 1 StGB) qualifizierten Diebstähle in der Absicht, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

In Ansehung von weiteren 5 Diebstahlsfakten wurde er von der Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO

gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Adolf A richtet sich nur gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der Diebstähle. Sie erweist sich als nicht begründet.

Mit seinen Ausführungen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund vermag der Beschwerdeführer in Wahrheit einen zu dessen Verwirklichung erforderlichen formalen Begründungsmangel nicht aufzuzeigen. So kann von einem inneren Widerspruch des Ersturteils (im Ausspruch über entscheidende Tatsachen) keine Rede sein, der nach Meinung des Beschwerdeführers darin gelegen sein soll, daß er nach den Urteilsannahmen die Diebstähle verübt habe, um einerseits zu Materialien für den Ausbau seines Hauses zu gelangen und andererseits sich (dadurch) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; denn das eine schließt, wie bei der Behandlung der Rechtsrüge noch dargelegt werden wird, das andere keineswegs aus. Die in den Urteilsgründen der Feststellung der einzelnen Diebstahlsfakten vorangestellte, für die rechtliche Beurteilung der gewerbsmäßigen Begehung entscheidende Annahme, daß der Beschwerdeführer die Diebstähle, insbesondere soweit diese mit der Qualifikation nach § 129 Z 1 StGB beschwert sind, in der Absicht verübte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine für längere Zeit wirksame, fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen (vgl. Bd. II, S. 19 d.A.), findet im Ersturteil in der weiteren Folge eine ausreichende und somit mängelfreie Begründung (vgl. insbesondere Bd. II, S. 46

bis 49 d.A.). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war das Erstgericht nicht verhalten, für jedes Diebstahlsfaktum gesondert das Vorliegen der vorerwähnten, zur Annahme der gewerbsmäßigen Begehung erforderlichen Absicht darzulegen, zumal es bei Prüfung dieser Frage auch sein Gesamtverhalten zu berücksichtigen hatte (vgl. 11 Os 83/75).

Unter diesem Gesichtspunkt läßt aber - wie das Ersturteil zutreffend herausstreicht (Bd. II, S. 47 und 48 d.A.) -

die Vielzahl der vom Beschwerdeführer verübten (gleichgelagerten) Einbruchsdiebstähle mit einer umfangreichen und auch wertmäßig sehr hohen Beute einen durchaus denkrichtigen und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Übereinstimmung stehenden Schluß auf deren gewerbsmäßige Begehung im Sinne des § 130 zweiter Fall StGB zu. Im übrigen könnte bei Vorliegen der vorerwähnten Absicht des Täters an sich schon eine einzige Tat die Annahme gewerbsmäßiger Begehung rechtfertigen.

Mit seiner - zum Teil auch in den Beschwerdeausführungen zur Mängelrüge enthaltenen - Rechtsrüge wendet der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO

gegen die vom Erstgericht angenommene Qualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB - kurz zusammengefaßt - ein, daß ihm die gewerbsmäßige Begehung der Diebsbeute (durch Einbruch) deshalb rechtsirrig angelastet werde, weil er nicht Geld, sondern nur Sachwerte gestohlen, diese aber nicht veräußert, sondern behalten, somit die Diebsbeute nicht verwertet und den Großteil davon vielmehr zum Ausbau seines Hauses verwendet habe. Sein Vorhaben sei demnach nicht - wie es seinem Dafürhalten nach für die Annahme gewerbsmäßiger Begehung erforderlich wäre - darauf ausgerichtet gewesen, aus der Diebsbeute oder aus deren Erlös seinen Lebensunterhalt zu fristen. Im Ersturteil werde vielmehr zu Unrecht der zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des Diebstahls erforderliche (auf Vermögensvermehrung abzielende) Bereicherungsvorsatz dem für die Annahme gewerbsmäßiger Begehung essentiellen Merkmal der Erzielung einer fortlaufenden Einnahme gleichgesetzt.

Diese Einwände schlagen nicht durch.

Wie bereits in Erwiderung der Mängelrüge erwähnt wurde, ist für die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung im Sinne des § 70 StGB allein die Tendenz (Absicht) des Täters entscheidend, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat (hier: von mit der Qualifikation nach dem § 129 Z 1 StGB beschwerten Diebstählen) während längerer Zeit eine wirksame Einnahme zu verschaffen. Nicht erforderlich ist hingegen, daß die dadurch erschlossene Einnahmequelle von ihm nur für den (reinen) Lebensunterhalt verwendet wird (ÖJZ-LSK 1977/37), desgleichen ist es aus rechtlicher Sicht bedeutungslos, ob er die jeweils schon wegen ihres Gebrauchswertes eine (bedeutende) Einkommensquelle bildende Diebsbeute veräußern oder für sich (hier: zum Ausbau seines Hauses) verwenden wollte, ganz abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer keineswegs ausschließlich nur solche (zum Ausbau seines Hauses verwendete oder hiefür bestimmte) Materialien, sondern darüber hinaus auch noch eine Vielzahl von Gegenständen des täglichen Bedarfs in einen erheblichen Wert, so unter anderem mehrere Radioapparate (Urteilsfakten 14, 21 und 23), mehrere Fahrräder (Urteilsfakten 27, 29, 50 und 59), zwei Armbanduhren (Urteilsfaktum 61), ferner Geschirr und sonstige Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände (siehe Urteilsfakten 14, 21, 30, 31, 32, 40, 45, 48, 52, 64 und 65), gestohlen hatte. Somit kann entgegen seiner Auffassung nach dem dem Ersturteil zugrundeliegenden Sachverhalt nicht gesagt werden, daß die Zueignung dieser Sachwerte nicht der unmittelbaren Befriedigung von Lebensbedürfnissen, zu denen ja auch eine Wohnung und deren Einrichtung gehören, diente (vgl. hiezu ÖJZ-LSK 1977/8). Auch von einer Gleichsetzung der Begriffe des Handelns mit Bereicherungsvorsatz und einer gewerbsmäßigen Tatbegehung im Sinne des § 70 StGB im Ersturteil kann keine Rede sein, es unterscheidet vielmehr streng zwischen diesen beiden Begriffen (vgl. Bd. II, S. 46, 47, 48, 60, 61 und 62 d.A.). Im übrigen kommt es auf das Verhältnis zwischen den sonstigen (redlichen) Einkünften des Täters und dem aus den Straftaten angestrebten (Neben-) Einkommen nicht an, sofern nur - wie hier - letzteres nicht völlig unbedeutend ist und die Bagatellgrenze übersteigt (ÖJZ-LSK 1975/139), 1976/191, 12 Os 200/77), denn gewerbsmäßig handelt auch derjenige, der zwar zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse über redlich erworbene Mittel verfügt, sich aber aus seinem deliktischen Verhalten ein zusätzliches (fortlaufendes) Einkommen verschaffen will. Im Hinblick auf den längeren, sich über mehrere Jahre erstreckenden Zeitraum des deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers konnte das Erstgericht von einer auf die Erzielung einer während längerer Zeit wirksamen (und somit fortlaufenden) Einnahme gerichteten Absicht des Beschwerdeführers ausgehen; hingegen würde selbst eine vom Täter vorgesehene - hier aber gar nicht gegebene - ausschließliche Zweckbestimmung der Diebsbeute (für den sich über eine längere Zeit erstreckenden Ausbau eines Hauses) der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider der Annahme der vorerwähnten Absicht nicht entgegenstehen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die große Anzahl der strafbaren Handlungen, den langen Tatzeitraum und die hiedurch bewiesene gleichgültige Einstellung gegenüber rechtlich geschützten Werten an, wertete hingegen als mildernd den ordentlichen Lebenswandel, die durch zahlreiche Sorgepflichten und beengten Wohnverhältnisse bestehende schwierige finanzielle Lage, die bei manchen Straftaten vorliegende verlockende Gelegenheit, die teilweise Schadensgutmachung, das Geständnis, das teilweise zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sowie die Umstände, daß es einmal beim Versuch geblieben ist und der Angeklagte sich seit seiner Enthaftung wohlverhalten hat.

Die Berufung des Angeklagten, die Strafminderung jedenfalls aber bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe begehrt, ist nicht begründet. Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig und richtig erkannt.

Diesen vermag die Berufung des Angeklagten zu seinem Vorteil nichts Entscheidendes entgegensetzen. Auch ist dem Erstgericht zuzustimmen, daß nicht die Zahl, sondern die Gewichtung der Erschwerungsgründe die vom Berufungswerber angestrebte Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes entgegensteht, als auch der Unrechtsgehalt der Straftaten und das hiedurch indizierten Ausmaß der Schuld die Anwendung des § 43 Abs 2 StGB nicht ermöglicht, zumal die mit Recht hervorgehobene und längere Zeit hindurch andauernde gezeigte Gleichgültigkeit gegenüber rechtlich geschützten Werten die nach dieser Gesetzesstelle erforderliche Prognose nicht rechtfertigt. Es war daher der Berufung zur Gänze ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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