OGH 11Os98/79

OGH11Os98/7931.7.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst Josef A und andere wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 23. Februar 1977, GZ 7 EVr 716/77- 22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 23. Februar 1977, GZ 7 EVr 716/77-22, womit die Verurteilten Horst Josef A, Ernst B und Reinhold C verpflichtet wurden, der Republik Österreich, Sicherheitsdirektion für das Land Burgenland, die mit S 51.255,20 bestimmten Kosten zu ersetzen, wurde das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 381 und 390 Abs 4 StPO verletzt. Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem rechtskräftigen Urteil eines Einzelrichters des Landesgerichtes Eisenstadt vom 9. Dezember 1976, GZ 7 EVr 716/76- 14, wurden der am 4. Dezember 1944 geborene kaufmännische Angestellte Horst Josef A und der am 5. August 1952 geborene Maler und Anstreicher Ernst B unter anderem wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen sowie gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Im selben Verfahren wurde der am 25. Mai 1957 geborene Koch Reinhold C mit dem Urteil vom 20. Jänner 1977, ON 19 d. A, u. a. wegen des Versuches eben dieses Vergehens (§§ 15, 298 Abs 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe und zum Kostenersatz (§ 389 StPO) verurteilt. Alle Freiheitsstrafen wurden gemäß dem § 43 Abs 1

StGB bedingt nachgesehen. Der Pauschalkostenbeitrag wurde bezüglich Horst Josef A und Ernst B mit je S 1.000,-- (S 209 d. A) und bezüglich Reinhold C mit S 600,-- (S 245 d. A) bestimmt. Dem Schuldspruch lag zugrunde, daß die Genannten im Zusammenwirken am 18. August 1976 in Neusiedl/See zum Zwecke eines Versicherungsbetruges einen Raubüberfall auf die Tankstelle des Horst Josef A vortäuschten und bei der Gendarmerie die Anzeige erstatteten, wobei es bei Reinhold C lediglich beim Versuch der Tat blieb, weil der Gendarmerieposten, bei dem er die Anzeige erstatten wollte, an diesem Tage nicht besetzt war. Noch während der Erhebungen durch das Landesgendarmeriekommando für das Burgenland wurde jedoch der wahre Sachverhalt aufgeklärt und die Genannten - neben anderen strafbaren Handlungen - wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung angezeigt. Hingegen wurde ein gerichtliches Strafverfahren (gegen unbekannte Täter) wegen des vorgetäuschten Verbrechens des Raubes nicht eingeleitet. Mit Schreiben vom 27. November 1976 (ON 12 d. A) gab die Sicherheitsdirektion für das Burgenland eine detaillierte Aufstellung der 51.255,20 S betragenden Kosten, die der Gendarmerie aus Anlaß der Erhebungen zur Aufklärung des vorgetäuschten Raubüberfalls infolge des notwendigen Personaleinsatzes entstanden waren, bekannt. Im einzelnen setzt sich dieser Betrag aus Reisegebühren, Kraftfahrzeug-Kilometergeld, Überstunden, Gefahrenzulagen und Nachtdienstgeld zusammen.

Mit Beschluß vom 23. Februar 1977 (ON 22 d. A) trug das Landesgericht Eisenstadt den Verurteilten Horst Josef A, Ernst B und Reinhold C auf, der Republik Österreich, Sicherheitsdirektion für das Land Burgenland, die aus Anlaß der wissentlich falschen Anzeige der Gendarmerie erwachsenen Kosten im Gesamtbetrag von S 51.255,20 gemäß dem § 390 Abs 4 StPO zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Dieser - in Rechtskraft erwachsene - Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die Bestimmung des § 390 Abs 4 StPO legt fest, daß dann, wenn das Strafverfahren durch eine wissentlich falsche Anzeige veranlaßt wurde, der Anzeiger dem Bund die 'Kosten des Strafverfahrens' zu ersetzen hat. Die Kostenersatzpflicht des Anzeigers setzt neben der in einem rechtskräftigen Strafurteil erfolgten Feststellung, daß seine Anzeige wissentlich falsch war, insbesondere voraus, daß ein gerichtliches Strafverfahren wegen der fälschlich angezeigten strafbaren Handlung gegen den Angezeigten oder gegen unbekannte Täter überhaupt stattgefunden hat (vgl. Foregger-Serini StPO2 Erl. II und III zu § 390).

Was unter dem Begriff der 'Kosten des Strafverfahrens', die von dem zum Kostenersatz Verpflichteten zu ersetzen sind, zu verstehen ist, wird im § 381 Abs 1 Z 1 bis 8

StPO erschöpfend aufgezählt. Ist daher der Anzeiger kostenersatzpflichtig, so hat er dem Bund nach Maßgabe dieser Bestimmungen die Kosten zu ersetzen. Daraus folgt, daß die den Sicherheitsorganen auf Grund der Erhebungen im Zusammenhang mit einer falschen Anzeige entstandenen Kosten, soferne es sich nicht um gesondert in Rechnung zu stellende Gebühren und Auslagen nach der Z 2 bis 8 der obzitierten Bestimmung handelt, durch den gemäß dem § 381 Abs 1 Z 1 StPO zu bestimmenden Pauschalbetrag als Anteil an den nicht besonders angeführten Kosten der Strafrechtspflege, wozu auch die Kosten von Amtshandlungen der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe im Dienste der Strafjustiz gehören, abgegolten sind und sohin nicht zusätzlich dem Kostenersatzpflichtigen zur Vergütung aufgetragen werden dürfen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß ein (gesondertes) gerichtliches Strafverfahren wegen des von Horst Josef A, Ernst B und Reinhold C vorgetäuschten Raubüberfalls (gegen unbekannte Täter) gar nicht anhängig war. Soweit die in Rede stehenden, von der Sicherheitsdirektion für das Burgenland bekanntgegebenen Kosten als solche des vorliegenden Verfahrens anzusehen sind, dürfen sie, da es sich lediglich um Aufwendungen für den schon beschriebenen Personaleinsatz und nicht um gemäß dem § 381 Abs 1 Z 2 bis 8 StPO gesondert in Rechnung zu stellende Gebühren und Auslagen handelt, den Verurteilten nicht zusätzlich zum Ersatz auferlegt werden. Diese Aufwendungen erscheinen vielmehr durch die bereits im Sinne des § 381 Abs 1 Z 1, Abs 3 StPO (rechtskräftig) bestimmten Pauschalkosten (S 209 und 245 d. A) erfaßt.

Durch den vom Landesgericht Eisenstadt hier eingehaltenen Vorgang, den Verurteilten über die bereits auf Grund der im Urteil gemäß dem § 389 StPO ausgesprochenen Kostenersatzpflicht bestimmten Pauschalkosten hinaus zusätzlich gemäß dem § 390 Abs 4 StPO die Erhebungskosten des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland zum Ersatz aufzuerlegen, wurde das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 381 und 390 Abs 4 StPO verletzt.

Diese Gesetzesverletzung gereicht den Verurteilten Horst Josef A, Ernst B und Reinhold C zum Nachteil, weshalb gemäß dem § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen war.

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