Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3. Juli 1943 geborene Schlossergeselle Josef A des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach den §§ 83 Abs 1, 86 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB, des Vergehens der Störung der Totenruhe nach dem § 190 Abs 1 StGB und des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er 1.) am 3. April 1978 vorsätzlich seine Ehefrau Dorothea A dadurch, daß er ihr mehrere Faustschläge gegen den Bauch versetzte, wodurch sie Blutungen im Bereich des Gekröses und der Bauchspeicheldrüse erlitt, am Körper verletzt hat, wobei die Tat den Tod der Geschädigten zur Folge hatte;
2.) am 4. März 1978 in Salzburg vorsätzlich die Ilse B durch mehrere Faustschläge in das Gesicht am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt hat, wodurch die Genannte ein Brillenhaematom am linken Auge, eine blau verfärbte fingerbreite Schwellung des Nasenrückens, Kratzwunden und blutende Wunden erlitt;
3.) am 6. April 1978 bei Grein den Leichnam seiner Ehefrau Dorothea
A verunehrt hat, indem er ihn in die Donau warf;
4.) im März 1978 in Salzburg dadurch, daß er zu Ilse B äußerte, sie bekäme Schläge, wenn er wieder herauskäme (aus der Haft entlassen würde), die Genannte durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich vor der Polizei anzugeben, daß er sie am 4. März 1978 durch mehrere Faustschläge ins Gesicht am Körper verletzt hatte, genötigt hat.
Mit seiner auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten, der Sache nach aber auch in Richtung der Z 5 dieser Gesetzesstelle ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Josef A nur den Schuldspruch wegen Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Punkt 1 des Urteilssatzes); den Schuldspruch wegen der Vergehen der Körperverletzung (begangen an Ilse B), der Störung der Totenruhe und der Nötigung (Punkte 2 bis 4 des Urteilssatzes) läßt er unangefochten.
In Beziehung auf den Schuldspruch wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilsannahmen, daß er mit bösem Vorsatz gehandelt habe und für ihn voraussehbar gewesen sei, daß seine Handlungsweise den Tod der Dorothea A zur Folge haben könnte.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Angeklagte darzutun sucht, daß es sich bei der Tat lediglich um eine Kurzschlußhandlung, um ein ungezieltes Herumschlagen in einem einem Strafausschließungsgrund äußerst nahen Zustand gehandelt habe und ihm bei richtiger Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens höchstens eine gewisse Fahrlässigkeit angelastet werden könne, stellt dieses Vorbringen nur einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung dar. In den Gründen des angefochtenen Urteils wird nämlich ohnehin auf die Verantwortung des Angeklagten eingegangen und diese, sowohl was die Vorgeschichte der Tat als auch was den objektiven Tathergang anlangt, der Sachverhaltsfeststellung zugrunde gelegt (S. 203/II. Band). Wenn das Erstgericht in subjektiver Beziehung einen Verletzungsvorsatz des Angeklagten als erwiesen angenommen hat (Seite 207/ II. Band), so ist darin ein logischer Fehler (vgl. EvBl. 1972/17) nicht zu erkennen, hat der Angeklagte doch mit den Fäusten so lange gegen den Bauch seiner halbnackten Gattin eingeschlagen, bis diese an der Wohnzimmerwand zu Boden glitt, und ihr sogar noch beim Verlassen der Wohnung, obwohl sie ersichtlich starke Schmerzen litt und sich nur zusammengekrümmt in Richtung zur Eingangstür bewegte, von hinten einen Fußtritt zwischen die Oberschenkel versetzt (S. 203/II. Band).
Ebensowenig trifft es zu, daß das Erstgericht sich nicht in ausreichendem Maße mit den Gutachten der Sachverständigen Primarius Dr. Ernst C und Oberarzt Dozent Dr. Werner D beschäftigt habe (s. hiezu Seiten 208 bis 211/II. Band).
Vielmehr ist es der Beschwerdeführer, der sich darüber hinwegsetzt, daß die beiden Sachverständigen den Angeklagten übereinstimmend als für seine Handlungen verantwortlich bezeichnet und Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit verneint haben (Seiten 21-22, 117 und 178 ff/II. Band).
Doch auch die in der Nichtigkeitsbeschwerde - aus dem Zusammenhang gelöst - zitierten Sätze aus den Gutachten besagen nur, daß es sich bei Josef A um eine ausgeprägte psychopathische bzw. psychopathologische Persönlichkeit mit stark affektiven Aggressionstendenzen vor allem gegen seine jeweilige Partnerin mit deutlich verminderten Hemmfähigkeit handelt, welche Eigenschaften aber einen Gewalttäter in der Regel kennzeichnen.
Die Annahme einer schweren seelischen Störung im Sinne des § 11 StGB vermögen bloße asoziale Veranlagung, Charakteranomalie, Haltlosigkeit und ein auf einem Charaktermangel beruhender hemmungsloser Affekt nicht zu begründen (ÖJZ-LSK 1975/132 = EvBl. 1976/72 und ÖJZ-LSK 1976/104).
Demgemäß haben die Sachverständigen Oberarzt Dozent Dr. Werner D und Primarius Dr. Ernst C eine Bewußtseinsstörung bzw. einen pathologischen Ausnahmezustand beim Angeklagten ausgeschlossen (Seiten 180 und 182/II. Band).
Auch in Ansehung der Zurechnung der Todesfolge kommt der Beschwerde Berechtigung nicht zu.
Wie schon in den Gründen des angefochtenen Urteils unter Anführung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend dargelegt wird, stellt der auf (vorsätzliche) Mißhandlung zurückzuführende Eintritt des Todes eine besondere Folge der Tat dar, an die eine schwerere Strafe geknüpft ist, weshalb in solchen Fällen die Regelung des § 7 Abs 2 StGB zum Tragen kommt. Die strafrechtliche Zurechnung der Todesfolge setzt demnach voraus, daß diese Folge (wenigstens) fahrlässig herbeigeführt wurde. Bei solchen Delikten, für die eine Kombination von Vorsatz und Fahrlässigkeit kennzeichnend ist, besteht die nach § 6 StGB zu prüfende Fahrlässigkeit bezüglich der besonderen Tatfolge im allgemeinen allein in deren Vorhersehbarkeit (ÖJZ-LSK 1976/2); denn die weitere zum Fahrlässigkeitsbegriff gehörige Komponente der Sorgfaltsverletzung ist in solchen Fällen schon wegen der Begehung des Grunddeliktes zu bejahen (vgl. Leukauf-Steininger, 87, und ÖJZ-LSK 1976/70 = EvBl. 1976/203). Die durch (vorsätzliche) Mißhandlung herbeigeführte Todesfolge kann somit dem Täter strafrechtlich zugerechnet werden, wenn dieser von ihm bewirkte Erfolg für ihn vorhersehbar und er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt zumindest in der Lage war, den Eintritt eines solchen Erfolges als mögliche Folge seines Verhaltens zu erkennen, wobei eine Erkennbarkeit eines derartigen Verlaufes im allgemeinen genügt und es nicht erforderlich ist, daß alle Einzelheiten des Erfolgseintritts im konkreten Fall voraussehbar sind. Grundsätzlich wird die Vorhersehbarkeit eines qualifizierten Erfolges für den Täter dann zu bejahen und der Erfolg ihm (auch) subjektiv zuzurechnen sein, wenn dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eintreten konnte (Leukauf-Steininger, 408; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 187), der Erfolg also im Verhältnis zur Tathandlung nicht atypisch und sohin im Rahmen des vom Täter eingegangenen Gefahrenrisikos gelegen ist (RZ 1979/4). Von einer Vorhersehbarkeit des Erfolges kann auch noch gesprochen werden, wenn zur Tathandlung eine weitere Ursache für den Schaden hinzugekommen ist, deren Hinzutreten zwar nicht schon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten gewesen, aber doch nicht ganz außergewöhnlich und deswegen außerhalb der menschlichen Erwartung gelegen war (EvBl. 1976/201; ÖJZ-LSK 1976/71). Für die Beurteilung der subjektiven Zurechenbarkeit des Erfolges zur Schuld kommt es auf die Voraussehbarkeit nach den persönlichen Verhältnissen des Täters an (§ 6 Abs 1 StGB). Bei dieser Frage ist aber nach dem Gesetz nur auf die dem Täter im allgemeinen nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen mögliche Einsichtsfähigkeit abzustellen und nicht auf jene Einsicht, die er unter den besonderen Umständen des konkreten Falles aufbringt; deren Beurteilung hat vielmehr unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eines rechtmäßigen Verhaltens zu erfolgen (siehe Dokumentation zum Strafgesetzbuch, 61 f; Rittler2 I 221;
EvBl. 1976/203).
Diese von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Kriterien für eine Zurechenbarkeit der Todesfolge zur Schuld des Angeklagten konnte das Erstgericht auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ohne Rechtsirrtum als gegeben ansehen.
Die bezügliche Schuldannahme wird im Urteil mängelfrei damit begründet, daß es sich beim Angeklagten um einen Menschen von überdurchschnittlicher Intelligenz handelt, der jedoch infolge seiner stark abnormen Persönlichkeitsstruktur dazu neigt, sein Handeln ganz von augenblicklichen Affekten, Bedürfnissen und Einfällen lenken zu lassen, und hochgradig reizbar und jähzornig ist. Schon auf Grund seiner überdurchschnittlichen Intelligenz war der Angeklagte in der Lage vorauszusehen, daß eine Unzahl von Faustschlägen gegen eine im Bereich der getroffenen Körperpartien nackte Frau schwere innere Verletzungen nach sich ziehen kann und innere Verletzungen der Bauchorgane ohne entsprechende ärztliche Behandlung den Tod des Opfers herbeiführen können, wobei es eine allgemein bekannte Erfahrungstatsache ist, daß Faustschläge in die Bauchgegend Milzrisse zur Folge haben und bei stumpfen Bauchverletzungen unvorhergesehene Komplikationen eintreten und zum Tod führen können. Weiters wird in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, daß Josef A, der schon in einem früheren Verfahren angegeben hat, daß er Stemmer gewesen sei und eine Ohrfeige von ihm die Wirkung eines Faustschlages habe, ganz offensichtlich um die Wirkung seiner Schläge weiß (Seiten 196, 198, 207-208 und 216- 217/II. Band).
Nach dem Sinngehalt der Urteilsfeststellungen wäre der Angeklagte intelligenzmäßig durchaus imstande gewesen zu erkennen, daß seine Faustschläge unter Umständen den Tod seiner Ehegattin zur Folge haben konnten. Wenn der Angeklagte die zu dieser Einsicht erforderliche Sorgfalt, deren sich ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch in seiner Lage befleißigt haben würde (vgl. RZ 1976/52), infolge charakterlicher Mängel nicht aufgebracht hat, ändert dies an seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit für den Tod seiner Ehegattin ebensowenig wie der Umstand, daß die Schläge des Angeklagten allenfalls nur geringere Folgen hätten auslösen und der Tod der Dorothea A im Falle rechtzeitiger ärztlicher Versorgung möglicherweise hätte verhindert werden können (vgl. RZ 1976/10). Ob der Angeklagte auch die Einzelheiten des Geschehnisablaufs und des Erfolgseintritts im konkreten Fall voraussehen konnte, kann nach dem oben Gesagten außer Betracht bleiben.
Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe am Tag der Tat nichts anderes getan als sonst üblich, weshalb ihm 'aus seiner Erfahrung heraus' die Überzeugung zugebilligt werden müsse, daß keine anderen Folgen als sonst zu erwarten gewesen seien, zumal es in anderen Fällen noch weit ärger zugegangen sei, und er habe sich aus diesem Grunde auch nicht veranlaßt gesehen, einen Arzt zu holen, schlägt nicht durch, weil eine solche 'Überzeugung' an der vom Erstgericht nach objektiven Kriterien festgestellten Fahrlässigkeit des Angeklagten in bezug auf die Herbeiführung der Todesfolge nichts ändern würde. Im übrigen war es dem Schöffensenat unbenommen, seine Schuldannahme auch auf allgemein bekannte Erfahrungstatsachen zu stützen, die vom Beschwerdeführer als solche gar nicht in Zweifel gezogen werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef A war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 86 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung, die Begehung der Tat während der Zeit eines Strafaufschubes sowie das Zusammentreffen mehrerer Delikte und die besonders brutale Vorgangsweise, als mildernd das abgelegte Teilgeständnis, die heftige Gemütsbewegung, die Begehung der Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes sowie die nicht auszuschließende Provokation durch das Opfer an.
Die Berufung, die Strafminderung unter Anwendung des § 41 StGB begehrt, ist unbegründet.
Die von der Berufung geübte Kritik an den Strafzumessungsgründen des Erstgerichtes hält einer Überprüfung nicht stand. Die abnorme Täterpersönlichkeit und den bestehenden Aggressionsstau (von der Berufung als heftige Gemütsbewegung und Unbesonnenheit bezeichnet) wurde vom Erstgericht ohndies als mildernd berücksichtigt. Ein volles Geständnis im Sinn des § 34 Abs 1 Z 17 StGB kommt dem bloß formalen Schuldbekenntnis hinsichtlich des Tötungsdeliktes (Bd. II S. 129 d. A) nicht gleich.
Unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Lage des Falles kann daher von einem Überwiegen der Milderungsgründe weder der Zahl noch dem Gewichte nach die Rede sein, selbst wenn man die Begehung von Straftaten während eines Strafaufschubes außer Acht läßt. Abgesehen davon hat aber das Erstgericht das Strafausmaß unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe zutreffend erkannt. Die Vielzahl der Vorstrafen in Verbindung mit der psychopathisch gestörten Persönlichkeit lassen keine günstige Prognose zu und dies umsoweniger, als der Berufungswerber bereits in der Vergangenheit in Verbindung mit weiblichen Partnern zu Aggressionsakten geneigt hat, daher solche auch in Zukunft nicht auszuschließen sind. Wenn das Erstgericht daher in Kenntnis des Vorlebens eine die Hälfte des gesetzlichen Strafausmaßes nicht wesentlich übersteigende Freiheitsstrafe verhängt hat, kann diese zwar als streng, aber durchaus tat- und schuldangemessen angesehen werden. Sie entspricht auch den allgemeinen Voraussetzungen für die Strafbemessung nach § 32 StGB
So gesehen war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 390 a StPO
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