Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz A wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, dahin ergänzt, daß diesem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs 1 Z 2 StGB auch die im Verfahren 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in der Zeit vom 5.Dezember 1976, 5 Uhr, bis zum 26. Mai 1977, 15 Uhr 45, erlittene Vorhaft auf die im vorliegenden Verfahren verhängte Strafe angerechnet wird.
Den Berufungen der Angeklagten Heinz A und Werner B wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Heinz A und Werner B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 5.November 1941 geborene Gelegenheitsarbeiter Heinz A des Verbrechens des zum Teil als Beteiligter teils versuchten, teils vollendeten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 12 und 15 StGB, des gleichfalls zum Teil als Beteiligter begangenen Vergehens nach dem § 48 Kreditwesengesetz und dem § 12 StGB und des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt und gemäß dem § 147 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten verurteilt. Gemäß dem § 38 StGB wurde ihm die Vorhaft vom 23.August 1977, 14 Uhr 25, bis zum 27.Oktober 1978, 11 Uhr 05, auf die verhängte Strafe angerechnet.
Gegen dieses Urteil wendet sich der genannte Angeklagte mit einer allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher er geltend macht, daß ihm entgegen der Vorschrift des § 38 StGB eine im gegen ihn durchgeführten und rechtskräftig beendeten Strafverfahren 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erlittene 'Überhaft', die sich als gemäß der zitierten Gesetzesstelle im gegenständlichen Verfahren anzurechnende Vorhaft darstelle, nicht ebenfalls angerechnet worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Der Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Verfahren einer Mehrzahl von Straftaten schuldig erkannt, die er am 17.Juli 1975 (Punkt C 1 des Schuldspruches), am 17.Dezember 1975 (C 3 und G), im Februar 1976 (D 2), vor dem 11.August 1977 (D 1 in Verbindung mit A 2) und am 23.August 1977 (B) begangen hat.
Im Verfahren AZ 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wurde Heinz A mit Urteil vom 25.Juni 1976, ON. 246, des Verbrechens des Betruges nach den §§ 197, 200, 201 lit. a und d, 203 StG., des Vergehens nach dem § 48 KWG. und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 StGB schuldig erkannt und nach dem § 203 StG. unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verurteilt. Hiebei wurde ihm die Vorhaft vom 9.April 1974, 8 Uhr, bis zum 31.Jänner 1975, 14 Uhr 20, und vom 28.März 1976, 11 Uhr 30, bis zum 25.Juni 1976, 13 Uhr, auf die Strafe angerechnet.
Gegen dieses Urteil erhob Heinz A - weiterhin in Haft (nunmehr 'Zwischenhaft' im Sinne des § 400 StPO) verbleibend - die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Mit Urteil vom 26. Mai 1977, GZ 13 Os 44/77-11
(ON. 287), verwarf der Oberste Gerichtshof die Nichtigkeitsbeschwerde und gab der Berufung dahin Folge, daß die Freiheitsstrafe auf 18 Monate herabgesetzt wurde. Heinz A wurde am 26. Mai 1977 - also dem Tag der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes - um 15 Uhr 45 enthaftet (ON. 289).
Er hat demnach die Zeit vom 25.Juni 1976, 13 Uhr, (Urteil erster Instanz) bis zum 26.Mai 1977, 15 Uhr 45, (Urteil des Obersten Gerichtshofes) in 'Zwischenhaft' im Sinne des § 400 StPO verbracht. Geht man davon aus, daß sich der Beschwerdeführer sohin im Zusammenhang mit der erfolgten Strafherabsetzung durch den Obersten Gerichtshof schließlich länger in Haft befand, als der rechtskräftig verhängten Strafe entsprach, und daß ihm in diesem Verfahren jener Teil der 'Zwischenhaft' gemäß dem § 400 StPO angerechnet wurde, welcher zur Komplettierung der angerechneten Untersuchungshaftzeiten auf das Strafausmaß von 18 Monaten erforderlich war (was sich schon aus der Tatsache der nicht weiter begründeten Enthaftung am 25.Mai 1977 ergibt), sohin ausgehend von einer gemäß dem § 38 StGB im Urteil vom 25.Juni 1976 angerechneten Gesamtuntersuchungshaft in der Dauer von 12 Monaten, 20 Tagen und (rund) 8 Stunden ein solcher im Ausmaß von 5 Monaten, 9 Tagen und 16 Stunden, dann hatte der Angeklagte im Verfahren 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien seine Strafe am 5.Dezember 1976, 5 Uhr, verbüßt. Nicht auf diese Strafe gemäß dem § 38
StGB oder dem § 400 StPO angerechnet erscheint hingegen die weitere, vom Angeklagten nach diesem Tag, sohin in der Zeit vom 5. Dezember 1976, 5 Uhr, bis zum 26.Mai 1977, 15 Uhr 45, erlittene restliche 'Zwischenhaft' im Ausmaß von 5 Monaten, 21 Tagen und (rund) 11 Stunden.
Daß diese Vorhaft, wie der Beschwerdeführer begehrt, im gegenständlichen Verfahren gemäß dem § 38 Abs 1 Z 2 StGB auf die verhängte Strafe anzurechnen ist, ist aus nachstehenden Erwägungen zu bejahen:
Vorweg ist festzuhalten, daß auch die 'Zwischenhaft' nach der Bestimmung des § 400 StPO als 'Vorhaft' im Sinne des § 38 StGB anzusehen ist und die letztgenannte Gesetzesbestimmung daher auch auf solche Haften uneingeschränkt Anwendung zu finden hat (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar, S. 262). Wie nun der Oberste Gerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt - auch schon zum § 55 a StG. 1945 - zum Ausdruck gebracht hat, liegt der Anrechnung der Vorhaft aus einem getrennt geführten Verfahren, nunmehr geregelt im § 38 Abs 1 Z 2 StGB, der Gedanke zugrunde, daß die prozessuale Tatsache der getrennten Führung zweier Verfahren (§ 56 StPO) gegen dieselbe Person diese nicht benachteiligen soll. Nach der Bestimmung des § 38 Abs 1 Z 2 StGB anzurechnen sind einem Angeklagten daher bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen des § 38 Abs 1 StGB
schlechthin alle Vorhaften, die ihm in einem anderen, noch nach der nunmehr gestraften Tat in der Weise, daß die Voraussetzungen des § 56 StPO gegeben waren, anhängig gewesenen Verfahren widerrufen ( vgl. ÖJZ-LSK. 1978/42). Hiebei hat diese Anrechnung auch dann zu erfolgen, wenn nur bezüglich eines Teiles der Tathandlungen, die nunmehr Gegenstand der Verurteilung sind, eine Einbeziehung in jenes Verfahren, in welchem die Vorhaft vergängt wurde, möglich gewesen wäre (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/43), wobei entgegen der Meinung des Erstgerichtes der Umstand, daß ein anderer Teil der Straftaten erst nach der Verurteilung im anderen Verfahren und damit auch nach dem Ende der Möglichkeit einer Verbindung gemäß dem § 56 StPO begangen wurde, daran nichts zu ändern vermag.
Gerade Letzteres trifft aber hier zu, da nach dem eingangs über die Tatzeiten im vorliegenden Verfahren, AZ 6 d Vr 6464/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, Gesagten das Verfahren bezüglich aller vor dem 25. Juni 1976, dem Tag der Fällung des Urteils erster Instanz im Verfahren AZ 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, vom Beschwerdeführer begangener Straftaten (Punkte C 1, C 3 und G sowie D 2 des Urteilsspruches) noch mit dem Verfahren AZ 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gemäß § 56 StPO hätte verbunden werden können. In diesem Falle wäre über den Beschwerdeführer im letztgenannten Verfahren voraussichtlich eine höhere Strafe verhängt worden und es hätte dann die nunmehr in Rede stehende, dort erlittene restliche, nämlich nicht mehr auf die erhaltene Strafe anrechenbare, weil deren Ausmaß übersteigende, Vorhaft (Zwischenhaft) auch sogleich (zumindest teilweise) ebenfalls in diesem Verfahren zu Gunsten des Beschwerdeführers zur Anrechnung gelangen können. Die nicht auf Verbüßung der Strafe im Verfahren AZ 6 d Vr 3874/74 angerechnete Vorhaft ist daher im gegenständlichen Verfahren AZ 6 d Vr 6464/78 anzurechnen.
Das Unterbleiben dieser Anrechnung verwirklichte den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO
Es war daher der berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und dem Angeklagten Heinz A auch die im Verfahren AZ 6 d Vr 3874/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erlittene Vorhaft im nicht auf die im genannten Verfahren erlittene Strafe angerechneten, vorstehend näher umschriebenen Ausmaß auf die nunmehr verhängte Strafe anzurechnen.
Heinz A wurde nach den §§ 147 Abs 3, 28 StGB
zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von dreißig Monaten, Werner B nach dem § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht bei A als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstraftaten und den raschen Rückfall, als mildernd das Geständnis, daß es im Faktum B beim Versuch geblieben ist und die teilweise Begehung in untergeordneter Weise, bei Werner B als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, als mildernd das Geständnis, zum Faktum F die Begehung in untergeordneter Weise, sowie, daß es zum Faktum F/1 beim Versuch geblieben ist.
Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten A und B eine Herabsetzung der Strafen, B ferner die Anwendung des § 41 StGB und bedingten Strafnachlaß.
Die Berufungen sind nicht berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafbemessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und gewürdigt. Da A trotz Verbüßung einer empfindlichen Freiheitsstrafe rasch rückfällig geworden ist, entspricht die verhängte Strafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt seiner Taten. Die von ihm angeführten Umstände, die eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigen sollen, liegen nicht vor, denn er war nicht nur am Rand an der Betrugshandlung beteiligt und hatte nach der Aktenlage keineswegs bei Begehung des Faktums B den Vorsatz, daß der Betrug aufgedeckt werde, auch von einem absolut untauglichen Versuch bzw. von einer Verleitung durch andere, kann keine Rede sein.
Die vom Angeklagten B behaupteten zusätzlichen Milderungsgründe liegen nur teilweise vor. Der Angeklagte ist einschlägig wegen einer auf Gewinnsucht beruhenden Tat, wenn auch nur geringfügig, vorbestraft. Von einer Unbesonnenheit kann bei dem planmäßigen Vorgehen des Angeklagten keineswegs gesprochen werden. Als weiterer, allerdings nicht ins Gewicht fallender Milderungsgrund kommt die teilweise Schadensgutmachung zu den vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen hinzu.
Dennoch kann bei dem hohen Schaden - der verursachte und beabsichtigte Schaden übersteigt 200.000 S - und dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Taten und seinem Vorleben nicht davon gesprochen werden, daß die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen, und daß begründete Aussicht bestehe, er werde bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen. Aus diesen Erwägungen ist auch die Annahme nicht gerechtfertigt, daß die bloße Androhung der Vollziehung genügen werde, um ihn vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Auch die Beschwerde des Angeklagten B erweist sich somit als nicht berechtigt, sodaß ihr der Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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