OGH 11Os50/79 (11Os51/79, 11Os52/79)

OGH11Os50/79 (11Os51/79, 11Os52/79)29.5.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in den Strafsachen gegen Johann A wegen a) des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung nach den §§ 152 ff StG und anderer Delikte, b) des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch gefährliche Drohung nach dem § 99 StG und anderer Delikte, c) der Übertretung der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 1 Abs 1 USchG, über die von der Generalprokuratur gegen die Urteile des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Juni 1972, GZ 18 E Vr 2382/71-57, und vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, sowie des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U 71/74-55, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In den nachbezeichneten Strafsachen ist das Gesetz verletzt:

1.) durch das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Juni 1972, GZ 18 E Vr 2382/71-57, insoweit Johann A die in der Zeit vom 18. Juli 1971, 4 Uhr 05, bis zum 22. Juli 1971, 15 Uhr 50, erlittene Verwahrungshaft nicht gemäß dem § 55 a StG 1945 auf die Strafe angerechnet wurde, in der genannten Bestimmung;

2.) durch das Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U 71/74-55, insoweit Johann A ohne dahin zielende Anklageausdehnung der Übertretung nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960 auch für den Tatzeitraum vom 23. November 1973 bis zum Tage der Hauptverhandlung schuldig erkannt wurde, in den Bestimmungen der §§ 267, 447 Abs 1 StPO;

3.) durch das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, insoweit Johann A im nachangeführten Umfang der Übertretung nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960 schuldig erkannt wurde, und zwar a) gegenüber dem Holger B hinsichtlich der Tatzeit 'von 1972' (= 1. Jänner 1972) bis zum 7. Februar 1972, vom 7. Juli 1973 bis zum 28. November 1973 und vom 14. Dezember 1973 bis zum 25. März 1974 in den Bestimmungen des XX. Hauptstückes der Strafprozeßordnung sowie hinsichtlich der Tatzeit 8. Februar 1972 bis 6. Juli 1973, 29. November 1973 bis 13. Dezember 1973 und 11. November 1974 bis 15. November 1974 in der Bestimmung des § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960, b) gegenüber der Carmen C in der Zeit 'von 1972' bis zum 9. Oktober 1973, vom 29. November 1973 bis zum 13. Dezember 1973 und vom 11. November 1974 bis zum 15. November 1974 in der Bestimmung des § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960. Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Juni 1972, GZ 18 E Vr 2382/71-57, wird im Ausspruch über die dem Johann A angerechnete Vorhaft durch Einfügung des Zeitraumes vom 18. Juli 1971, 4 Uhr 05, bis zum 22. Juli 1971, 15 Uhr 50, ergänzt.

Das Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U 71/74-55, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch, und zwar im Umfang der zu Punkt 2.) (oben) festgestellten Gesetzesverletzung, sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfange der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Johann A wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last fallende (in der Zeit vom 2. Juli 1970 bis zum 22. Novmber 1973 - Haft- u. sonstige Behinderungszeiten ausgenommen - begangene) Übertretung nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960 nach dieser Gesetzesstelle unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40

StGB auf die Urteile des Landesgerichtes Salzburg vom 12.5.1975, AZ 18 E Vr 379/75 und des Bezirksgerichtes Schärding vom 28.6.1976, AZ U 418/75, zur Strafe des strengen Arrestes in der Dauer von 3 Wochen verurteilt.

Diese Strafe ist durch die in dieser Sache erlittene Haft bereits verbüßt.' Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, das im übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Schuldspruch wegen der Übertretung nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960, und zwar im Umfange der zu Punkt 3.) a) und b) (oben) festgestellten Gesetzesverletzung, jedoch mit Ausnahme des Deliktszeitraumes vom 14. Dezember 1973 bis 25. März 1974 hinsichtlich des Holger B, und demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

'Johann A wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches zur Last fallenden Verbrechen der öffentlichen Gewaltätigkeit durch gefährliche Drohung nach dem § 99 StG und durch gewaltsame Handanlegung oder gefährliche Drohung gegen obrigkeitliche Personen in Amtssachen nach dem § 81 StG, das Vergehen der selbstverschuldeten vollen Berauschung nach den §§ 523 (99, 468) StG und die Übertretungen der vorsätzlichen körperlichen Beschädigung nach dem § 411 StG und der hinsichtlich der Carmen C in der Zeit vom 10. Oktober 1973 bis zum 28. November 1973, vom 14. Dezember 1973 bis zum 10. November 1974 und vom 16. November 1974 bis zum 10. Dezember 1974 sowie hinsichtlich des Holger B in der Zeit vom 14. Dezember 1973 bis zum 10. November 1974 und vom 16. November 1974 bis zum 10. Dezember 1974 begangenen Übertretung der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 1 Abs 1 UnterhaltsschutzG 1960 nach der zweiten Strafstufe des § 100 StG 1945 unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB und gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Landesgerichtes Salzburg vom 12. Mai 1975, AZ 18 E Vr 379/75, und des Bezirksgerichtes Schärding vom 17. März 1976, AZ U 418/75, zu 18 Monaten schwerem Kerker verurteilt. Diese Strafe ist durch die in dieser Sache erlittene Haft bereits verbüßt.

Hingegen wird Johann A von der (weiteren) Anklage, er habe in verschiedenen Orten der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs durch gröbliche Verletzung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht bewirkt, daß der Unterhalt der nachstehend angeführten Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, und zwar a) hinsichtlich des mj. Holger B, geboren am 8. April 1970, in der Zeit von 1972 (= 1. Jänner 1972) bis 13. Dezember 1973 und vom 11. November 1974 bis 15. November 1974, b) hinsichtlich der mj. Carmen C, geboren am 2. Mai 1972, in der Zeit von 1972 (= 1. Jänner 1972) bis 9. Oktober 1973, vom 29. November 1973 bis 13. Dezember 1973 und vom 11. November 1974 bis 15. November 1974, er habe hiedurch die Übertretung der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz 1960 begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.'

Text

Gründe:

In das Verfahren AZ 18 E Vr 2382/71 des Landesgerichtes Salzburg betreffend die Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung nach den §§ 152 ff StG (1945) und einer anderen strafbaren Handlung wurde u.a. am 27. Juli 1971 der Strafakt 25 Vr 1327/71 des Landesgerichtes Salzburg (früher U 215/71 des Bezirksgerichtes Radstadt) einbezogen. Wegen des dem einbezogenen Verfahren zugrunde liegenden Vorfalles war der am 30. Jänner 1950 geborene Johann A am 18. Juli 1971

um 4 Uhr 05 festgenommen und in der Folge dem Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau eingeliefert worden, wo er bis zum 22. Juli 1971, 15 Uhr 50, in Verwahrungshaft verblieb.

In dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Juni 1972, GZ 18 E Vr 2382/71-57, mit dem der Genannte wegen des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung nach den §§ 152, 155 lit. b, 156 lit. a StG 1945 und wegen der Übertretung der vorsätzlichen körperlichen Beschädigung nach dem § 411 StG nach dem § 156

StG zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, wurde die vorerwähnte Haftzeit nicht nach dem damals in Geltung stehenden § 55 a StG auf die Strafe angerechnet, sondern lediglich eine weitere Vorhaft vom 8. Februar 1972, 17 Uhr, bis zum 21. Februar 1972, 12 Uhr. Diese Strafe hat Johann A mit 8. Juli 1973, 17 Uhr, verbüßt.

Mit dem gemäß dem § 459 StPO in Abwesenheit des Beschuldigten Johann A ergangenen Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U 71/74-55, wurde der Genannte der Übertretung nach dem § 1 (Abs 1) UnterhaltsschutzG schuldig erkannt, begangen in der Zeit vom 2. Juli 1970 bis 'heute', also dem Tag der Urteilsfällung, zum Nachteil seines außerehelichen Sohnes Holger B, geboren am 8. April 1970. Der diesem Schuldspruch zugrunde liegende Strafantrag war von der Staatsanwaltschaft am 12. Juli 1972 gestellt und in der Hauptverhandlung am 25. März 1974 durch die Erklärung des staatsanwaltschaftlichen Funktionärs, die Anwendung des Gesetzes zu beantragen, ergänzt worden. Nach den Urteilsgründen wurden hinsichtlich der dem Angeklagten angelasteten Tatzeit die Zeiten, in denen er durch Haft oder durch Ableisten des Präsenzdienstes an der Unterhaltsleistung verhindert war, ausgeklammert und es wurde ihm sohin nur eine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung während eines Zeitraumes von eineinhalb bis eindreiviertel Jahren angelastet. Seine gegen das Urteil ergriffene Berufung wurde, weil verspätet, vom Landesgericht Salzburg mit Beschluß vom 22. Oktober 1974, AZ 30 Bl 8/74, als unzulässig zurückgewiesen. Diese Strafe (einen Monat strengen Arrest) hat Johann A gleichfalls verbüßt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, wurde Johann A neben anderer Straftaten auch der Übertretung nach dem § 1 Abs 1 Unterhaltsschutzgesetz schuldig erkannt, begangen 'in der Zeit seit 1972' in verschiedenen Orten der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs zum Nachteil seiner außerehelichen Tochter Carmen C, geboren am 2. Mai 1972, und des Vorgenannten, am 8. April 1970 geborenen Holger B. Die Anklage wegen dieses Deliktes war erst in der Hauptverhandlung erhoben worden.

Eine Berücksichtigung der Behinderung bei der Erfüllung der Unterhaltspflicht durch Haftzeiten erfolgte nicht.

Der (allein gegen das Strafausmaß erhobenen) Berufung des Angeklagten gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 17. März 1975, AZ 6 Bs 58/75, nicht Folge. Auch die über ihn in diesem Verfahren verhängte schwere Kerkerstrafe in der Dauer von 18 Monaten hat Johann A verbüßt.

Rechtliche Beurteilung

Die vorerwähnten Urteile verletzen das Gesetz in mehrfacher Weise zum Nachteil des Johann A.

Nach dem am 7. Juni 1972 im Zeitpunkt der Fällung des Urteiles GZ 18 E Vr 2382/71-57 des Landesgerichtes Salzburg geltenden § 55 a StG 1945 war eine Verwahrungsund Untersuchungshaft, soweit sie der Verurteilte nicht verschuldet hat, auf die Strafe anzurechnen. Aus den Akten ergibt sich kein Anhaltspunkt, und es läßt sich auch der Urteilsbegründung nicht entnehmen, daß die Anrechnung deshalb unterblieb, weil das Gericht annahm, Johann A hätte im Sinne der vorerwähnten Gesetzesstelle die Verwahrungshaft vom 18. Juli 1971 4 Uhr 05 bis zum 22. Juli 1971, 15 Uhr 50, verschuldet. Durch die Nichtanrechnung dieser Vorhaftzeit wurde sohin das Gesetz in der Bestimmung des § 55 1945

verletzt.

Der dem Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U

71/74-55, zugrundeliegende Strafantrag wurde, wie vorstehend

dargelegt, am 12. Juli 1972

gestellt und nicht ausdrücklich ausgedehnt.

Wenn die Generalprokuratur daraus ableitet, daß der gesamte diesem Datum nachfolgende urteilsmäßige Deliktszeitraum von einem Verfolgungsantrag nicht erfaßt sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn es muß angenommen werden, daß sich der in der Hauptverhandlung am 25. März 1974

vom staatsanwaltschaftlichen Funktionär gestellte und - allgemein - auf 'Anwendung des Gesetzes' gerichtete Antrag (§ 451 Abs 1 zweiter Satz StPO) auch auf tatverdächtiges Verhalten des Beschuldigten aus der Zeit nach dem 12. Juli 1972 bezog, doch jedenfalls nur so weit, als nach den sonstigen Verfahrensvorschriften ein Erkenntnis in der Sache selbst zulässig war. Diese Voraussetzung trifft aber bloß für die (im Urteil angenommene) Deliktszeit bis 23. November 1973 zu (an welchem Tage der Beschuldigte letztmalig zum Verdacht einer bis dahin begangenen Verletzung der Unterhaltspflicht gerichtlich vernommen worden ist). Denn daß gegen ihn auch der Vorwurf eines (gleichartigen) strafbaren Verhaltens über diesen Zeitpunkt hinaus erhoben würde, war ihm noch nicht zur Kenntnis gebracht worden. Insoweit war er daher zur Hauptverhandlung vom 25. März 1974 nicht gehörig geladen (§ 459 StPO) und demnach eine urteilsmäßige Absprache gegen ihn als Abwesenden nicht zulässig, weswegen dem bezüglichen Antrag des öffentlichen Anklägers ein Verfolgungsbegehren für diesen Zeitraum nicht unterstellt werden kann.

Soweit Johann A mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, unter anderem der Übertretung nach dem § 1 Abs 1 UnterhaltsschutzG schuldig erkannt wurde, begangen durch Verletzung seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem Sohn Holger B 'in der Zeit seit 1972', gemeint bis zur Urteilsfällung am 11. Dezember 1974, weil die bezügliche Anklage erst an diesem Tage erhoben wurde und dieses Tatzeitende sich aus den Urteilsgründen ergibt, verletzte das Urteil, insofern der Schuldspruch auch den Zeitraum von 1972 bis zum 25. März 1974 umfaßt, das Gesetz in dem sich aus den Bestimmungen des XX. Hauptstückes der Strafprozeßordnung ergebenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft. Denn dieser Zeitraum war bereits von dem damals rechtskräftigen, wie vorstehend erwähnt, allerdings (was die Tatzeit vom 23. November 1973 bis zum 25. März 1974 betrifft) unter Anklageüberschreitung ergangenen Schuldspruch im Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 25. März 1974, GZ U 71/74- 55, erfaßt worden. Nach der die Doppelbestrafung für den Zeitraum vom 23. November 1973

bis 25. März 1974 beseitigenden Teilaufhebung dieses Urteils könnte demnach der Schuldspruch gegen Johann A wegen einer zum Nachteil des Holger B begangenen Unterhaltspflichtverletzung im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, jedenfalls nur hinsichtlich der Tatzeit vom 23. November 1973 bis zum 11. Dezember 1974 aufrecht erhalten werden.

Es haben jedoch, wie nachstehend ausgeführt werden wird, noch weitere Zeiträume zu entfallen.

Zu dem im letztgenannten Urteil enthaltenen Schuldspruch wegen Unterhaltspflichtverletzung gegenüber Carmen C ist vor allem darauf zu verweisen, daß der Beschuldigte Johann A erst mit dem seit 9. Oktober 1973

rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichtes Freiburg im Breisgau vom 27. Juni 1973, AZ 3 C 414/72, als Vater der minderjährigen Carmen C festgestellt und zur Unterhaltsleistung verpflichtet wurde (siehe die als Uurteilsgrundlage dienende /S 113, 119 d. A/ Anzeige ON 16 in 18 Vr 2685/73

des Landesgerichtes Salzburg), die Straftat zum Nachteil der minderjährigen Carmen C daher erst ab 10. Oktober 1973 begangen worden sein kann.

Dazu kommt noch, daß sich Johann A vom 8. Februar 1972 bis zum 6. Juli 1973 in den Verfahren AZ 16 E Vr 1954/70 und 18 Vr 2382/71 des Landesgerichtes Salzburg sowie vom 29. November 1973 bis zum 13. Dezember 1973 im Verfahren AZ U 243/73 des Bezirksgerichtes Radstadt und schließlich vom 11. November 1974 bis zum 15. November 1974 zum Verfahren AZ 18 Vr 2685/73 des Landesgerichtes Salzburg in Haft befand und dadurch vorübergehend nicht in der Lage war, seine Unterhaltspflicht zu erfüllen.

Insoweit Johann A sohin auch eine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung für Zeiträume angelastet wurde, in denen er entweder zu einer Unterhaltsleistung noch nicht verpflichtet, oder durch Haft an einer solchen verhindert war, verletzt der mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Dezember 1974, GZ 18 Vr 2685/73-21, wegen Übertretung nach dem § 1 Abs 1 UnterhaltsschutzG 1960

ergangene Schuldspruch des Johann A das Gesetz in eben dieser Bestimmung.

Der Johann A aus den vorstehend dargelegten Gesetzesverletzungen erwachsene Nachteil war daher gemäß dem § 292 letzter Satz StPO durch Urteilsaufhebung und Freispruch zu beseitigen. Ein solcher hatte jedoch in Ansehung des von der Anklage nicht erfaßten Deliktszeitraumes im Verfahren U 71/74 des Bezirksgerichtes Radstadt nicht zu erfolgen, weil es insoweit einerseits für eine Anwendung des § 259 StPO schon an der im ersten Satz dieser Gesetzesvorschrift normierten Grundvoraussetzung, nämlich einer - von wem immer - erhobenen Anklage fehlt und weil die Strafprozeßordnung andererseits für einen solchen Fall einen Freispruch eigener Art nur für das geschwornengerichtliche Rechtsmittelverfahren kennt (§ 349 Abs 1 StPO), ihn aber nicht auch im Rechtsmittelverfahren gegen das Urteil eines Schöffengerichtes oder eines Einzelrichters vorsieht (vgl. 10 Os 192/76, 11 Os 14,15/78).

Im übrigen ist aus der Vorschrift des § 288 Abs 2 Z 3 StPO ein Gebot, im Falle einer Anklageüberschreitung über die Urteilsaufhebung hinaus einen Freispruch (eigener Art) zu fällen, nicht abzuleiten. Denn vor allem die dort enthaltene Forderung, eine Sachentscheidung auf Grund der vom Gerichtshof erster Instanz ohne Anklageüberschreitung festgestellten Tatsachen zu treffen, läßt erkennen, daß diese Norm - ungeachtet ihrer Einleitungsworte, die einen umfassenderen Anwendungsbereich erwarten ließen - doch nur auf die Erledigung der (materiellen) Urteilsnichtigkeiten nach den Z 9 bis 11 des § 281 Abs 1 StPO abzielt.

Zudem ist in den Fällen einer Anklageüberschreitung (zumindest für das Schöffen- und Einzelrichterverfahren) eine über die Urteilsaufhebung hinausgehende Formalentscheidung prozeßtechnisch durchaus entbehrlich, sodaß für eine analoge Anwendung des § 349 Abs 1 StPO (vgl. 13 Os 41/79) keine Notwendigkeit besteht.

Der Freispruch hinsichtlich des von einer Gesetzesverletzung (primär) nicht betroffenen Deliktszeitraumes 23. bis 28. November 1973 in Ansehung des minderjährigen Holger B gründet sich auf die ihm wegen seiner Kürze mangelnde Relevanz für den dazu in Beziehung zu setzenden Tatbestand.

Bei der erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafen zu den Schuldsprüchen a) des Bezirksgerichtes Radstadt, AZ U 71/74 und b) des Landesgerichtes Salzburg, AZ 18 Vr 2685/73, waren als erschwerend zu a) und b) der lange Zeitraum der Unterhaltspflichtverletzung, zu b) überdies die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, dessen rascher Rückfall, die Wiederholung des Körperverletzungsdeliktes, das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen und einer Übertretung, die Verwirklichung zweier Tatbestände im Zustande voller Berauschung und die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber zwei Unterhaltsberechtigten, als mildernd zu a) und b) das Teilgeständnis des Angeklagten, zu b) überdies die wenn auch bloß in sehr geringem Umfang erfolgte Schadensgutmachung zu werten.

Unter Bedachtnahme auf die in diesem Zusammenhang im Spruche zitierten Urteile gemäß den §§ 31, 40 StGB erschienen Freiheitsstrafen im Ausmaß von drei Wochen strengem Arrest (zu a) bzw. 18 Monaten schwerem Kerker (zu b) dem Unrechtsgehalt der damit zu ahndenden Taten und der Schwere der Schuld des Täters angemessen. Mithin war insgesamt wie im Spruche zu erkennen.

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