OGH 11Os36/79

OGH11Os36/7929.5.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2

StGB und eines anderen Deliktes über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.Dezember 1978, GZ 3 b Vr 4811/78-34, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Gstettner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben, die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt und der Ausspruch gemäß dem § 23 StGB aus dem Urteil ausgeschaltet. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Dezember 1950 geborene beschäftigungslose Thomas A des Verbrechens des (schweren) Diebstahls (durch Einbruch) nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB sowie des Vergehens nach dem § 36 Abs 1 lit a WaffenG schuldig erkannt.

Nur gegen den Schuldspruch wegen des letztgenannten Vergehens wendet sich der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er geltend macht, daß die in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen für einen Schuldspruch wegen dieses Vergehens nicht ausreichen; es mangle nämlich an Konstatierungen, ob er die am 12.Juni 1978 zum Nachteil des Gustav B gestohlene (Punkt I des Schuldspruches) Pistole, Marke Walther, deren Besitz in der Zeit vom 12.Juni 1978

bis zum 14.Juni 1978 ihm unter Punkt II des Schuldspruches angelastet wird, an seine (wegen dieses Diebstahls im vorliegenden Verfahren bereits am 5.September 1978 abgeurteilte, vgl. ON. 20) Mittäterin Dragica C oder sonst an eine dritte Person unter Aufgabe seines (unrechtmäßig erworbenen) Gewahrsams weitergegeben habe. Das bloße Ansichbringen der Waffe begründe keinen Besitz im Sinne des § 36 Abs 1 lit a WaffenG.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zu erwidern, daß nach den - vom Beschwerdeführer selbst zitierten - ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichtes der Angeklagte die in Rede stehende Pistole zusammen mit anderen Sachen (Bargeld und Wertsachen) am 12.Juni 1978 dem Gustav B aus dessen Wohnung nach §ffnen eines Safes mit einem dem Letztgenannten vorher entwendeten Schlüssel gestohlen hat, wobei der Abtransport der Beute aus der Wohnung so erfolgte, daß der Beschwerdeführer einen Teil derselben in seiner Kleidung mit sich trug, den anderen Teil aber in eine Handtasche gab, welche ihm seine ebenfalls ortsanwesende Bekannte Dragica C hiezu zur Verfügung stellte, worauf beide gemeinsam die Wohnung verließen und der Beschwerdeführer das Diebsgut (außer dem Bargeldbetrag) noch am selben Tag in einem Schließfach verwahrte, wo die Gegenstände zwei Tage später sichergestellt werden konnten (vgl. S. 139/ 140 d.A.).

Beim Diebstahl ist die äußere Tatseite durch die 'Wegnahme' einer fremden beweglichen Sache gekennzeichnet, wobei das Wesen der Wegnahme darin besteht, daß der Gewahrsam des bisherigen Gewahrsamsinhabers gegen seinen Willen gebrochen wird und der Dieb seinen eigenen - wenngleich unrechtmäßigen - Gewahrsam an der gestohlenen Sache begründet. Gewahrsam im strafrechtlichen Sinn bedeutet aber nichts anderes, als die Möglichkeit, über eine Sache tatsächlich zu verfügen, verbunden mit dem Willen, diese Möglichkeit aufrechtzuerhalten. Eben diesem Begriff des Gewahrsams gleichzuhalten ist jener des 'Besitzes' im Sinne des § 36 Abs 1 lit. a WaffenG., der sowohl den Besitz im Sinne des § 309 ABGB., als auch - gemäß dem § 8 WaffenG. - die (bloße) Innehabung umfaßt. Eine Waffe besitzt folglich, wer die tatsächliche, unmittelbare, nicht durch das Medium einer anderen Person vermittelte Herrschaft über dieselbe hat, was vorliegend für den Beschwerdeführer in Ansehung der von ihm gestohlenen und damit in seinen Gewahrsam gebrachte Pistole nach dem oben Gesagten zutrifft (vgl. Leukauf-Steininger, Strafr. Nebengesetze, S. 654). Weiterer Erfordernisse bedarf es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - dessen Ausführungen hiezu im übrigen nicht klar verständlich sind - nicht. Unerfindlich bleibt schließlich, worauf der Angeklagte seine weitere Rechtsauffassung gründet, der Besitz einer Waffe im Sinne der im Urteilsspruch angezogenen Gesetzesstelle setze voraus, daß der Täter später seinen Gewahrsam daran wieder aufgegeben und an eine andere Person weitergegeben habe. Es bedarf keiner näheren Erörterung, daß die Frage einer solchen Weitergabe für die Entscheidung der Rechtsfrage, ob der Angeklagte durch den Diebstahl der Pistole deren Besitzer im Sinne des Waffengesetzes wurde, völlig bedeutungslos ist, weshalb das Erstgericht - das im übrigen das weitere Schicksal des Diebsgutes und damit auch der Pistole ohnehin im eingangs dargelegten Sinne festgestellt hatte - sich damit auch in keiner Weise auseinanderzusetzen brauchte.

Das Schöffengericht hat demnach den Beschwerdeführer zu Recht auch des Vergehens nach dem § 36 Abs 1 lit. a WaffenG. schuldig erkannt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren. Überdies wurde gemäß dem § 23 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.

Bei der Strafbemessung wertete es den raschen Rückfall und die Begehung zweier strafbarer Handlungen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das reumütige Geständnis und den Umstand als mildernd, daß ein Großteil der Diebsbeute sichergestellt werden konnte.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafmaßes und die Aufhebung der angeordneten Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.

Die Berufung ist berechtigt.

Zutreffend weist der Angeklagte insbesonders darauf hin, daß sein Tatverhalten erst durch Hinweise des Geschädigten initiiert wurde. Hält man ihm die damit gegebene besonders verlockende Gelegenheit bzw. ein gewisses Mitverschulden des Opfers als weiteren Milderungsgrund zugute, dann erweist sich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten als durchaus tatschuldangemessen. Die Strafe war daher auf dieses Ausmaß herabzusetzen. Dies hatte zur Folge, daß die angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter aus dem Urteil auszuscheiden war. Diese Maßnahme setzt nämlich die Verhängung einer mindestens zweijährigen Freiheitsstrafe voraus, welche Voraussetzung nunmehr durch die erfolgte Herabsetzung des Strafausmaßes weggefallen ist.

Es war daher in Stattgebung der Berufung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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