Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Walter A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und 2 (zweiter Fall) StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit. a WaffenG schuldig erkannt, weil er in Wien 1.) am 25.April 1978 dem Richard B dadurch, daß er ihm mit seinem Trommelrevolver, Marke Arminius, einen Schlag gegen den Kopf versetzte, eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zufügte, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte und 2.) seit Februar 1978 bis 25.April 1978 den zu 1.) angeführten Trommelrevolver, sohin eine Faustfeuerwaffe, unbefugt besaß und führte.
Nach den - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen waren der Angeklagte und Richard B - beide in Zuhälterkreisen verkehrende Angehörige der Wiener Unterwelt - seit dem Jahr 1972 bekannt und zunächst miteinander befreundet. Nachdem Richard B im Zug einer Unterweltsfehde von einem Freund des Angeklagten, Wilfried C, angeschossen worden und seither querschnittgelähmt an einen Rollstuhl gefesselt war, wandelte sich die ursprüngliche Freundschaft zwischen dem Angeklagten und B in Feindschaft. Der Angeklagte kaufte deshalb und weil ihm die Gewalttätigkeit des B, der normalerweise unter seiner Decke oder unter dem Sitz des Rollstuhls Waffen mit sich zu führen pflegte, im Februar 1978 den im Spruch angeführten Trommelrevolver samt Munition, den er fortan geladen bei sich trug. Am 24. April 1978 (also einen Tag vor der Tat) erfuhr der Angeklagte von einem gemeinsamen Bekannten (Johann D), daß B nach ihm und C gefragt habe. D solle den Angeklagten grüßen lassen; wenn er (B) ihn (und C) sehen würde, dann würden sie 'liegen'. Das Cafe 'L***' (im 12. Wiener Gemeindebezirk) war seit Monaten das Stammlokal des Angeklagten. Seinerzeit hatte es dem Vater des Richard B gehört. Die zur Tatzeit dort beschäftigte Kellnerin (Elfriede B) war die Cousine des B. All dies war dem Angeklagten bekannt. Er wußte auch, daß Richard B dieses Cafe (zuweilen) aufsuchte.
Am 25. April 1978 traf Richard B gegen 12,30 Uhr gemeinsam mit einem Bekannten (Wolfgang E) im Cafe 'L***' ein. Obwohl er bereits alkoholisiert war, konsumierte er mit E weitere alkoholische Getränke, was dazu führte, daß er im Tatzeitpunkt (ca 16,30 Uhr) einen Blutalkoholgehalt von etwa 2 %o aufwies. Gegen 15.00 Uhr kam auch der Angeklagte in das Lokal. Als er den (zweiten) Gastraum betrat, wurde er dort von B mit den Worten 'die Warmen raus' angestänkert. Der Angeklagte reagierte zunächst nicht und begab sich zu einem im selben Raum befindlichen Spielautomaten. B stichelte weiter, lud aber in der Folge den Angeklagten zu einem Cognak ein. Nach dessen Konsumation sollte der Angeklagte auf Wunsch des B gleichfalls eine Runde Cognak bestellen. Nach anfänglichem Widerstreben tat er dies auch, trank aber seinen Cognak nicht aus. B geriet daraufhin derart in Zorn, daß er sein Glas zu Boden schleuderte. Der Angeklagte entfernte sich nunmehr vom Tisch des B und begab sich zur Theke, worauf B zu ihm zornig sagte, er könne es sich aussuchen, wohin er (B) ihn schießen solle: in den Rücken, in den Bauch oder in den Kopf.
Der Angeklagte reagierte darauf nicht und blieb auf seinem Barhocker sitzen. Als ein gewisser Fritz F den Gastraum betrat, wurde nunmehr er von B mit den Worten 'Servus Du Blasbub' angestänkert und in der Folge in einen Wortstreit verwickelt. In dessen Verlauf sagte B zu F, er sei lediglich zum Niederknien da, sie mögen sich zwei Taxis nehmen und zum Donaukanal fahren, um es sich dort 'auszuschießen'. Der Angeklagte hörte sich diesen Streit an und blieb weiterhin sitzen, obwohl er, da B mit F beschäftigt war, das Lokal ohne weiteres hätte verlassen können. Auch nachdem er von der Kellnerin zum Telefon gerufen worden war, welches sich in einem anderen Raum befindet, benützte der Angeklagte diese Gelegenheit nicht, sich zu entfernen, sondern kehrte nach dem Telefonat in den Raum, in dem sich B aufhielt, zurück. Da B infolge seiner Alkoholisierung immer mehr in Zorn geriet, wurde die Pächterin (Kristine G) von der Kellnerin per Telefon in das Lokal gerufen. Nachdem sie und ihr Ehemann (Peter G) in das Cafe gekommen waren, versuchte Wolfgang E den wegen seiner Provokationen für die anwesenden Gäste unerträglichen Richard B aus dem Lokal zu bringen. B weigerte sich jedoch und gebärdete sich bei den Anstalten, ihn aus dem Lokal zu schieben, derart wild, daß er beinahme aus dem Rollstuhl gefallen wäre, wenn E ihn nicht festgehalten hätte. Anschließend und nachdem sich E, der von B geohrfeigt worden war, entfernt hatte, fuhr B mit seinem Rollstuhl wieder in den zweiten Gastraum, wo er sich vorher aufgehalten hatte, zurück. Der Angeklagte hatte während der geschilderten Vorgänge die ihm dadurch gebotene Gelegenheit, sich zu entfernen, abermals nicht genützt, obwohl ihm dies leicht möglich gewesen wäre.
Auch als sich Peter G (der Pächter) vor den Rollstuhl stellte und auf B einredete, um ihn zum Verlassen des Lokals zu bringen, bei welcher Gelegenheit er den Angeklagten (vor B) abschirmte, entfernte sich der Angeklagte nicht. Er unterließ dies aus Prestigegründen, weil er nicht den Eindruck erwecken wollte, er flüchte vor B. Auch fürchtete er sich nicht, obwohl ihm die Gefährlichkeit des B bekannt war und obwohl B die oben wiedergegebenen Drohungen ausgestoßen hatte, weil er die starke Alkoholisierung des B erkannte, B an den Rollstuhl gebunden war und er (der Angeklagte) einen geladenen Revolver bei sich führte.
Vielmehr ließ der Angeklagte die Situation mit dem bereits betrunkenen B bewußt eskalieren. Nachdem es dem Pächter nicht gelungen war, B aus dem Lokal zu bringen, beschäftigte sich dieser wieder mit dem Angeklagten, indem er ihn beschimpfte. Unter anderem fragte er ihn, ob er ein Freund des C sei, was der Angeklagte bejahte. B provozierte nun den Angeklagten weiter, indem er ihm erklärte, er solle zeigen, was er könne und er möge sich nun 'gradmachen', mit welcher Wendung er meinte, der Angeklagte solle sich ihm (dem B) stellen. Bei dieser Äußerung blieb B in seinem Rollwagen sitzen, während sich der Angeklagte in diesem Zeitpunkt, etwa 1 1/2 m vom Fußende des Rollstuhls entfernt, an der Theke befand. Er entgegnete dem B mit den Worten: 'Was willst Du überhaupt, Du tust nur teppert reden, Du mußt sagen was Du willst von mir, soll ich Dich über den Schädel hauen oder was willst'? Unmittelbar darauf erhob er sich von seinem Barhocker, ging auf B zu und zog blitzschnell den im Hosenbund steckenden Revolver, wobei er die Waffe fest am Griff faßte und den Zeigefinger am Züngel hatte. In der Absicht, seinen Gegner schwer und so zu verletzen, daß dieser bewußtlos würde und keinerlei Abwehrbewegungen mehr machen könne, versetzte nun der Angeklagte mit dem Lauf des Revolvers dem B einen derart wuchtigen Schlag ins Gesicht, daß hiedurch ein Nasenbeinbruch sowie ein Kieferbruch links entstand. Durch die nach diesem Schlag auf die Hand und den Arm des Angeklagten erfolgte Gegenbewegung (des B) wurde nun die Hand, die die Waffe immer noch fest umklammerte, wobei der Zeigefinger am Züngel war, nach oben gerissen, wobei der Angeklagte unwillkürlich - ohne Tötungsvorsatz - abdrückte, dh das Züngel betätigte, sodaß der Widerstand von 7 Kilopond in bezug auf den (nicht gespannten) Hammer überwunden wurde und sich ein Schuß löste. Das Projektil traf die rechte Gesichtshälfte des B unterhalb der Oberlippe, zertrümmerte das Jochbein und drang durch die Augenhöhle in das Gehirn ein, wo es oberhalb des rechten Ohres in der Haut stecken blieb. Die Waffenmündung befand sich in diesem Augenblick unterhalb der Oberlippe, wobei der Lauf der Waffe steil nach oben gerichtet war. Während des Schlages löste sich der Schuß sicher nicht. Eine Feststellung des Inhaltes, ob das Verdrehen der Waffe durch eine Abwehrbewegung des B oder eine unwillkürliche Bewegung des Angeklagten selbst herbeigeführt wurde, vermochte das Erstgericht nicht zu treffen. Hingegen schloß es mit Sicherheit aus, daß B den Schuß ausgelöst habe. Es sei einwandfrei ausgeschlossen, daß B selbst in das Züngel hineingriff oder sogar den Hammer mit einem Widerstand von 7 Kilopond bei einer Abwehrbewegung betätigte. Richard B hatte an diesem Tage keine Waffe bei sich. Trotz der oben wiedergegebenen drohenden Äußerungen des B und obwohl er, als er die Drohungen ausstieß, hie und da unter den Sitz des Rollstuhles gegriffen hatte, nahm der Angeklagte nicht an, daß B (entsprechend seiner sonstigen Gepflogenheit) bewaffnet sei. Der Angeklagte ließ als Freund des C die Situation bewußt eskalieren, dh er ließ es eindeutig auf eine Auseinandersetzung mit Richard B ankommen, ja er suchte diese Auseinandersetzung.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 10 StPO stützt. Mit dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund wirft der Angeklagte dem Urteil in bezug auf die Feststellungen, Richard B habe zur Tatzeit keine Waffe bei sich getragen, der Angeklagte habe auch nicht angenommen, daß B bewaffnet gewesen sei, er habe die Auseinandersetzung bewußt herbeigeführt bzw eskalieren lassen und er habe den Schlag gegen B in der Absicht geführt, ihn schwer zu verletzen, unvollständige, unzureichende und aktenwidrige Begründung vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Rüge erweist sich indes als nicht stichhältig:
Was zunächst die erstgerichtliche Konstatierung anlangt, der Angeklagte habe die Konfrontation mit Richard B gesucht und bewußt eskalieren lassen, ist vorweg zu betonen, daß die Frage, von welchem Zeitpunkt an diese Motivation das Verhalten des Angeklagten bestimmte, mangels rechtlicher Relevanz unerörtert bleiben kann und sich damit ein Eingehen auf das bezügliche Beschwerdevorbringen, wonach der Angeklagte den Richard B im Cafe H keineswegs anzutreffen erwartete und er zunächst jegliche Konfrontation mit ihm vermeiden wollte, erübrigt. Daß aber der Angeklagte irgendwann im Verlauf des Nachmittags, spätestens ab der Szene mit dem zerschlagenen Cognakglas, in deren Verlauf B dem Angeklagten gegenüber erklärte, er könne es sich aussuchen, wohin er ihn schießen solle, den Entschluß faßte, es auf eine Auseinandersetzung mit B ankommen zu lassen, ja eine solche zu suchen und die Situation - wie das Erstgericht es ausdrückt - 'eskalieren' zu lassen, dh also offenbar die durch die Provokation des B geschaffene Spannung der Lage bis zur (gewaltsamen) Lösung voranzutreiben, konnte das Erstgericht, ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen, im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung aus der Vorgeschichte der Feindschaft zwischen B und dem Angeklagten, der dem Angeklagten am Vortag der Tat zur Kenntnis gebrachten Morddrohung des B und aus den Modalitäten der Tatbegehung sowie daraus, daß der Angeklagte die sich ihm mehrfach bietenden Gelegenheiten, das Lokal ungefährdet zu verlassen, nicht nützte, zwanglos ableiten, wobei diese Annahme auch dadurch erhärtet wird, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung (vgl S 339) erklärt hatte, er sei, als der Pächter Peter G vor B stand (und diesen zum Verlassen des Lokals aufforderte), deshalb nicht gegangen, weil ihn in diesem Fall B am nächsten Tag wieder gesucht und alles wieder von vorne begonnen hätte.
Auch daß der Angeklagte kurz nach dieser Szene und nachdem ihn B aufgefordert hatte, sich 'grad zu machen' - welcher Ausdruck im übrigen vom Erstgericht, entgegen der Behauptung des Angeklagten, in freier Beweiswürdigung und durchaus schlüssig dahin ausgelegt wurde, B habe damit gemeint, der Angeklagte solle sich ihm stellen, bzw er solle zeigen, was er zu leisten imstande sei - zu B sagte: 'Was willst Du überhaupt, Du tust nur teppert reden, Du mußt sagen was Du willst von mir, soll ich Dich über den Schädel hauen' und sogleich anschließend auf jenen zuging und seine Ankündigung in die Tat umsetzte, stützt die erstgerichtliche Annahme und läßt sie als mängelfrei begründet erscheinen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Unvollständigkeit der Begründung darin erblickt, daß das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten und die damit übereinstimmende Aussage des Zeugen Fritz F mit Stillschweigen übergangen habe, wonach der Angeklagte den F aufforderte, gemeinsam das Lokal zu verlassen (nachdem F von B zum 'Duell' aufgefordert worden war), worauf F erwidert habe: 'Glaubst Du, ich lasse mir nachschießen', kann dem nicht gefolgt werden, weil es angesichts dessen, daß sich dem Angeklagten auch nach diesem angeblichen Gespräch noch gefahrlose Möglichkeiten des Entfernens boten, diesbezüglich keiner speziellen Erörterungen bedurfte. Auch daß der Angeklagte zu B mehrfach sagte, er solle ihn in Ruhe lassen bzw daß nach den Angaben der als Zeugin vernommenen Kellnerin (Elfriede B) der Angeklagte den Richard B habe beruhigen wollen, steht angesichts der Handlungsweise des Angeklagten der bekämpften Konstatierung nicht entgegen und bedurfte daher keiner besonderen Erwähnung, zumal, vom Angeklagten unbekämpft, feststeht (vgl S 382), daß er sich gegenüber B kurz vor der Tat als Freund von dessen Todfeind C bekannte und er nicht annehmen konnte, daß dies zur Beruhigung des B beitragen werde.
Die erstgerichtliche Annahme, der Angeklagte sei der durch Drohungen des B angekündigten (tätlichen) Konfrontation - höchstwahrscheinlich aus Prestigegründen - nicht nur nicht ausgewichen, obwohl ihm dies gefahrlos möglich gewesen wäre, sondern habe im Gegenteil ab einem gewissen Zeitpunkt eine solche Auseinandersetzung gesucht, erweist sich mithin als schlüssig und mängelfrei begründet. Das gleiche gilt auch von der als unzureichend begründet gerügten Konstatierung, der Angeklagte habe den Schlag gegen den Kopf des B in der Absicht geführt, ihn schwer zu verletzen, es sei ihm also auf diesen Erfolg geradezu angekommen. Denn allein schon daraus, daß der Angeklagte mit dem stählernen, 12 cm langen Lauf der nahezu 1 kg wiegenden Waffe gegen das Gesicht des B mit der (von ihm zugestandenen: S 325) Absicht, die Bewußtlosigkeit des Genannten herbeizuführen, einen derart kräftigen Schlag führte, daß daraus ein Bruch sowohl des Nasenbeins als auch des Oberkiefers entstand, konnte das Erstgericht den mit der Lebenserfahrung und den Grundsätzen der Logik übereinstimmenden Schluß ziehen, es sei ihm darauf angekommen, eine derartige, also schwere Verletzung (in Form eines Knochenbruchs) herbeizuführen, ohne daß es diesbezüglich noch einer zusätzlichen Begründung bedurfte.
Erwiesen sich die bisher erörterten Mängelrügen des Angeklagten angesichts der schlüssigen Begründung des Ersturteils als unzutreffend, so mangelt es der Beschwerde in bezug auf die Fragen, ob Richard B im Tatzeitpunkt bewaffnet war, ob der Angeklagte dies auf Grund der Geschehnisse zumindest annehmen konnte und wie es - Detail - zur Lösung des Schusses kam, insoweit an einer notwendigen Voraussetzung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds, als damit nur Begründungsmängel in bezug auf für die Schuldfrage oder für den anzuwendenden Strafsatz relevante Umstände gerügt werden können; dies trifft aber für die angeführten Punkte nicht zu:
Nach der herrschenden (neueren) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach die Notwehrhandlung - was auch aus dem Hinweis des Gesetzes auf die 'notwendige' Verteidigung abzuleiten ist - das letzte Mittel zur Verteidigung, also unvermeidbar sein muß (13 Os 126/78), ist eine - tatsächliche oder auch nur vermeintliche - Notwehrsituation des Täters, die ihn zu einer Notwehrhandlung berechtigt, von vornherein dann nicht gegeben, wenn der Täter es unterließ, der Konfrontation mit seinem Widersacher rechtzeitig auszuweichen, obwohl ihm ein solches Ausweichen nach Lage des Falles möglich und zumutbar war (SSt 43/50; 44/26; ÖJZ-LSK 1976/18, 188; 1978/
37 = EvBl 1978/106; 12 Os 141/77, 9 Os 70/78 ua).
Da nun im vorliegenden Fall nach den als schlüssig befundenen schöffengerichtlichen Feststellungen der Angeklagte der Konfrontation mit seinem - wie er erkannt hatte (S 321) obendrein noch stark alkoholisierten (vgl erneut SSt 43/50) - Widersacher nicht nur nicht ausgewichen war, obwohl er dies hätte gefahrlos bewerkstelligen können, sondern er die Auseinandersetzung (aus Prestigegründen) sogar suchte, könnte ihm nach den obigen Rechtsgrundsätzen der Rechtfertigungsgrund der Notwehr oder der Schuldausschließungsgrund der Putativnotwehr (§ 8 StGB) auch dann nicht zugute gehalten werden, wenn man unterstellte, Richard B sei bewaffnet gewesen bzw der Angeklagte habe auf Grund der drohenden Äußerungen des B und des Umstandes, daß dieser für gewöhnlich eine Waffe zu führen pflege, angenommen, dies sei auch am Tag der Tat der Fall gewesen. Die vom Angeklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Beweisfragen können mithin mangels rechtlicher Erheblichkeit auf sich beruhen. Das gleiche gilt für die vom Beschwerdeführer gerügten Urteilsannahmen in bezug darauf, wodurch es nun letztlich zur Lösung des tödlichen Schusses kam. Geht man nämlich davon aus, daß die Beurteilung der Frage, ob den Täter eines Vorsatzdeliktes der Vorwurf der Fahrlässigkeit in bezug auf den von ihm verursachten strafsatzqualifizierenden (hier: tödlichen) Erfolg trifft, im wesentlichen auf die Beurteilung der Frage der (objektiven und subjektiven) Vorhersehbarkeit und nicht auf die der Sorgfaltsverletzung hinausläuft, weil schon die vorsätzliche Grundtat als selbständig strafbares Vorsatzdelikt stets einen Verstoß gegen die gebotene Sorgfalt im Hinblick auf die Vermeidung des Erfolges enthält (vgl ÖJZ-LSK 1976/70; EvBl 1976/203) und eine Vorhersehbarkeit des Erfolges, dh ein Risikozusammenhang zwischen schuldhafter Handlung und eingetretenem (nicht geradezu atypischem) Erfolg auch dann besteht, wenn sich zwischen Tathandlung und Erfolg ein fahrlässiges Verhalten des Opfers oder eines Dritten (vgl Kienapfel, Grundriß des Österreichischen Strafrechts, RN 387) schiebt, das unter den vom Täter herbeigeführten Umständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht geradezu ungewöhnlich ist (vgl ÖJZ-LSK 1976/71), bleibt es rechtlich unentscheidend, ob im gegenständlichen Fall die Betätigung des Abzughahnes durch eine unwillkürliche und ohne Tötungsvorsatz geschehene Bewegung des Angeklagten oder durch eine Abwehrhandlung des Richard B verursacht wurde, weil ein solcher Geschehensablauf im Verhältnis zur (vorsätzlichen) Tathandlung durchaus vorhersehbar und daher dieser adäquat, dh keineswegs außerhalb der menschlichen Erwartung gelegen war: Wer mit dem Lauf eines geladenen, seiner Bauweise nach nicht zu sichernden Revolvers einen kräftigen Schlag gegen den Schädel eines Menschen führt, für den ist es - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - vorhersehbar, daß sich entweder beim Schlage oder durch eine zu erwartende, zumindest reflexartige Abwehrbewegung des Opfers ein Schuß lösen könne.
Die gesamte Mängelrüge des Angeklagten ist somit nicht begründet. Verfehlt ist aber auch seine Rechtsrüge. Denn soweit er darin mit der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO den Rechtfertigungsgrund der Notwehr bzw den Schuldausschließungsgrund der Putativnotwehr (§ 8 StGB) für sich reklamiert, läßt er - abgesehen davon, daß er auch sonst insoweit mehrfach von den seiner Sachverhaltsdarstellung konträren Urteilsannahmen (vgl S 382, 393 f, 401 ff des Aktes) abweicht, als er behauptet, die von Richard B gebrauchte Äußerung 'Jetzt mußt Du Dich gradmachen!' habe die Bedeutung einer Morddrohung gehabt und er (der Angeklagte) habe nach dieser Äußerung mit einem unmittelbar bevorstehenden Schußwaffenangriff des B gerechnet - die zentrale Konstatierung des Schöffengerichts, von der aus gesehen die übrigen Feststellungen über den Geschehensablauf erst ihre (rechtliche) Bedeutung gewinnen, nämlich daß der Beschwerdeführer der Auseinandersetzung bzw Konfrontation mit Richard B nicht nur nicht auswich, sondern diese geradezu suchte, total unberücksichtigt, womit er den relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.
Als von sachverhaltswidrigen Prämissen ausgehend und damit gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt erweist sich die Rechtsrüge aber auch insoweit, als sie mit der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO die Ansicht vertritt, das Verhalten des Angeklagten wäre richtig als schwere Körperverletzung nach § 84 StGB, allenfalls als Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86 StGB zu qualifizieren gewesen. Denn auch hier verläßt der Beschwerdeführer mit der unter Berufung auf die 'glaubwürdige Verantwortung' des Angeklagten aufgestellten Behauptung, es sei ihm nicht darauf angekommen, Richard B schwer zu verletzen, den Boden der schöffengerichtlichen Annahmen, wonach er bei der Führung des Schlages sehr wohl von dieser Absicht beseelt war (vgl S 383, 387, 399, 400).
Aus all diesen Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
Gemäß § 296 Abs 3 StPO wird über die Berufung des Angeklagten bei einer mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
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