OGH 12Os44/79

OGH12Os44/7929.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 25. Jänner 1979, GZ 25 Vr 2692/78-33, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. März 1957 geborene Peter A des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB, des Vergehens der Begehung einer strafbaren Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§ 201 Abs 1) StGB, des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Er wurde hiefür nach § 28, 205 Abs 1 StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt; gleichzeitig wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB die Unterbringung des Genannten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und (hinsichtlich des Strafmaßes) mit Berufung.

In Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S. 160 d. A) gestellten Antrags auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie 'zur Frage, ob die Einweisung des Angeklagten in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ausreichend wäre, und ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gegeben sind' (vgl. abermals S. 160 d. A). Die Aufnahme dieses Beweises wäre - nach Meinung des Beschwerdeführers -

deshalb erforderlich gewesen, weil der beigezogene Sachverständige nicht bzw. nur unzureichend darauf eingegangen sei, ob eine Behandlung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher zur Heilung des Alkoholmißbrauchs des Angeklagten ausreichend ist und (nicht schon) dadurch die Gefährlichkeit des Angeklagten hinsichtlich seiner sexuellen Abnormität beseitigt bzw. entscheidend vermindert werde; auch habe der beigezogene Sachverständige noch unmittelbar vor der Verhandlung erklärt, daß seines Erachtens eine Anstaltsunterbringung gemäß § 22 StGB genüge, und seine Meinung lediglich auf Grund der Beobachtung des Angeklagten in der Hauptverhandlung geändert, was keine verläßliche Grundlage darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Das Erstgericht hat den in Rede stehenden, eingangs wiedergegebenen Beweisantrag abgewiesen (S. 161 d. A) und in der in den Urteilsgründen nachgetragenen Begründung des Zwischenerkenntnisses ausgeführt, daß das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Dr. Prokop in sich widerspruchsfrei, schlüssig und überzeugend sei, weshalb es keiner weiteren Befundung und Begutachtung bedürfe (S. 177 d. A).

Dem ist im wesentlichen beizupflichten.

Auch in Ansehung der Anordnung der Unterbringung eines Angeklagten in einer Anstalt gemäß § 21 Abs 2 StGB gelten - mangels einer abweichenden Regelung in den § 429 Abs 2 Z 2, 439 Abs 2 StPO - hinsichtlich der Frage, ob der Hauptverhandlung ein weiterer Sachverständiger beizuziehen ist, die allgemein für die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen geltenden Grundsätze (so schon 9 Os 91/77). Darnach ist ein zweiter Sachverständiger nur beizuziehen, wenn dies die Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung erfordert (§ 118 Abs 2 StPO) oder Befund und Gutachten Widersprüche oder Mängel der in § 125, 126 StPO bezeichneten Art aufweisen, die sich nicht durch eine nochmalige Befragung des (beigezogenen) Sachverständigen beheben lassen.

Keine der angeführten Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Sie werden weder in dem in Rede stehenden Beweisantrag behauptet noch liegen sie nach der Aktenlage vor. Der Sachverständige Dr. Prokop hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten (ON 23) auf die beim Angeklagten bestehende Psychopathie und abnorme Triebstruktur hingewiesen (S. 127 d. A), wobei er - in Entsprechung des ihm erteilten diesbezüglichen Auftrags (S. 3 b d. A) - zur Frage der Voraussetzungen für eine Einweisung des Angeklagten in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher Stellung genommen und diese aus psychiatrischer Sicht als gegeben erachtet hat. In seinem in der Hauptverhandlung erstatteten mündlichen Gutachten hat er zunächst sein schriftliches Gutachten grundsätzlich aufrecht erhalten (S. 158 d. A), abermals auf den beim Angeklagten bestehenden abnormen Hang in sexueller Hinsicht verwiesen, der in Verbindung mit dem chronischen Alkoholismus den Grad einer Psychopathie erreicht, und zusammenfassend ausgeführt, daß beim Angeklagten eine geistige Abartigkeit leichten Grades und eine seelische Abartigkeit höheren Grades vorliegt, weshalb der Angeklagte sowohl hinsichtlich seines chronischen Alkoholismus als auch sonst einer langandauernden psychiatrischen Behandlung bedarf. Nach Meinung des Sachverständigen sei eine Behandlung auch des ersteren in einer Anstalt gemäß § 21 StGB möglich (S. 159 d. A). Von unaufgeklärt gebliebenen Widersprüchen oder sonstigen Mängeln des Gutachtens kann mithin nicht gesprochen werden. In welche Anstalt aber ein Rechtsbrecher letztlich eingewiesen wird, ist eine vom Gericht zu entscheidende Rechtsfrage, für deren Beurteilung der psychiatrische Sachverständige lediglich die Grundlagen aus psychiatrischer Sicht zu schaffen hat.

Somit erfolgte die Abweisung des Beweisantrags zu Recht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentichen Beratung sofort zurückzuweisen.

über die Berufung wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

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