Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Juli 1912 geborene Heinrich A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch, begangen als Beteiligter, nach § 12, 127 Abs. 1, 128 (Abs. 1 Z. 4 und) Abs. 2, 129 Z. 2 StGB schuldig erkannt. Nach den Urteilsannahmen hatte er den deutschen Staatsbürger Horst B unter der Vorgabe, er könne 18 bis 20 Tonnen Gold, das aus Beständen des ehemaligen Dritten Reiches stamme, zum Verkauf vermitteln, dazu veranlaßt, am 9.Februar 1972
einen Betrag von zumindest 1,960.000,-- DM in einem Schließfach des Hauptbahnhofes München zu hinterlegen und sodann mit ihm nach Saalfelden zu fahren, wo das Treffen mit dem Verkäufer des Goldes stattfinden sollte.
Dort teilte er dem B und seinen Begleitern Günther C und Ursula D am folgenden Tag nach dem Erhalt von zwei Telegrammen mit, daß der Verkäufer nicht erscheinen könne, weil er erkrankt bzw. verstorben sei.
Deswegen fuhren B, C und D nach München zurück, um das in der Zwischenzeit von Georg E bewachte Geld zu beheben. Beim Öffnen des Schließfaches stellten sie fest, daß dieses während ihrer Abwesenheit (von einem unbekannt gebliebenen Komplizen des Angeklagten mit einem hiezu verschafften Nachschlüssel aufgesperrt und) geleert worden war. Dies konnte - nach den Annahmen des Erstgerichtes - dem Unbekannten am 9.Februar 1972 in der Zeit zwischen dem Erlag des Betrages (um etwa 11 Uhr; Bd. II S. 131) und 14,15 Uhr (ohne Betätigung des zum Schließfach gehörigen Schaubildes; Bd. II S. 19 und 29) trotz der vom Erleger veranlaßten überwachung des Schließfaches durch Georg E gelingen, weil der Letztgenannte, wie das Erstgericht weiters annahm (Bd. III S. 575, 588, 589), auf Veranlassung des Angeklagten oder seines Komplizen von einer Polizeistreife zeitweilig zwecks überprüfung seiner Personalien zur Wache gebracht worden war.
Nachdem B, C und D den Diebstahl des Geldes bemerkt hatten, begaben sie sich zu Walter F, einem Bankier in Bad Homburg, der als Geldgeber des B aufgetreten war. F wieder, der der Commerzbank in Bad Homburg einen Betrag von 2,200.000,-- DM veruntreut und davon dem B für das gegenständliche Geschäft insgesamt 2 Millionen DM zur Verfügung gestellt hatte (Bd. II S. 89 und 91, Bd. III S. 571, 573 und 575), suchte den Angeklagten in Innsbruck auf und verlangte von ihm mit der Behauptung, er habe das Geld gestohlen oder doch seine Hände dabei im Spiel gehabt, die Gutmachung des Schadens (Bd. III S. 575, 576). Er kam mit dem Beschwerdeführer, der den gegen ihn erhobenen Vorwurf den Urteilsannahmen zufolge nicht bestritt, letztlich dahingehend überein, daß der Schade von einer zu gründenden Immobilienfirma ersetzt werde, an der sich der Angeklagte mit einer Einlage von 2 Millionen DM mit Anspruch auf einen entsprechenden Anteil am Gewinn beteiligen wollte.
Tatsächlich ließ der Beschwerdeführer dann auch dem Walter F am 27. Februar 1972 1,000.000,-- sfr. und am 6.März 1972 400.000,-- DM durch Mittelsmänner übergeben.
Weitere Zahlungen leistete er nicht. F versuchte in der Folge den von ihm in der Commerzbank Bad Homburg verursachten Schaden abzudecken, indem er die oben angeführten Beträge vereinbarungswidrig nicht an die Immobilienfirma weiterleitete, sondern direkt an die Commerzbank Bad Homburg bezahlte und ihr weiters auf seine Liegenschaft lautende Grundschuldbriefe ausfolgte. Da aber die solcherart aufgebrachten Beträge nicht reichten und auch verschiedene vom Angeklagten entrierte Bankgeschäfte, darunter der Verkauf von (gestohlenen) US-Schatzscheinen im Wert von 30,000.000 Dollar fehlschlugen, deren Erlös vereinbarungsgemäß zur Abdeckung des restlichen Schadens hätten verwendet werden sollen, kamen die Verfehlungen F auf, worauf dieser Selbstmord verübte (Bd. III S. 576, 577, 590 f.).
Zu diesen Feststellungen war das Erstgericht in Widerlegung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten gelangt, der eine Beteiligung an dem gegenständlichen Diebstahl bestritt und seinerseits behauptete, die Tat sei von E begangen worden, dem C den in seinem Besitz befindlichen Schließfachschlüssel hinter dem Rücken des B zugespielt habe (Bd. I S. 377, Bd. III S. 533, 545). Das habe er auch F gesagt (Bd. III S. 547), als dieser mit ihm wegen einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft verhandelte, die den von ihm (F) zur Deckung des der Commerzbank Bad Homburg verursachten Schadens benötigten Betrag von 2 Millionen DM erwirtschaften sollte (Bd. III S. 545).
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch und den unterbliebenen Ausspruch über die Anrechnung einer Vorhaft bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 3, 4, 5, 9
lit. b und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der schon wegen der vom Beschwerdeführer behaupteten Begründungsmängel Berechtigung zukommt. Zutreffend ist zunächst schon einmal der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, das Urteil sei mangelhaft begründet, weil es sich nur ganz allgemein auf 'Erhebungen der Polizei' und 'Vorakte' als Beweismittel bezieht, ohne im einzelnen anzuführen, welche Vorakte und (konkreten) Polizeierhebungen es dabei meint. Denn es steht, wiewohl das Gesetz eine kumulative Anführung von Beweismitteln nicht verbietet, außer Frage, daß dort, wo die richterliche überzeugung, wie hier, nur aus einer Kombination von Indizien schöpft, die sich aus dem Inhalt mehrerer umfangreicher Akten, den Erhebungen verschiedener Sicherheitsbehörden (von denen sich noch dazu einzelne im Inland und andere im Auland befinden) und den Angaben einiger Zeugen ergeben, der undifferenzierte Hinweis auf den Akteninhalt, das nicht konkretisierte Ergebnis von Erhebungen und die inhaltlich nicht umschriebenen Angaben nicht einmal namentlich bezeichneter 'Interessenten' (Bd. III S. 573) den Erfordernissen einer mängelfreien Begründung (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) nicht entspricht.
Mit Recht wendet die Beschwerde aber auch dem Sinne nach ein, das Gericht habe den entscheidungswesentlichen Ausspruch, der Angeklagte bzw. sein Komplize haben den von Horst B heimlich (also ohne den Beschwerdeführer hievon in Kenntnis zu setzen) als Aufpasser zum Schließfach postierten Georg E durch die Polizei vom Schließfach 'weggelotst' (Bd. III S. 588), dieses dann mit einem Nachschlüssel geöffnet (und daraus das Geld entnommen), nur auf Vermutungen bzw. Möglichkeiten gestützt und sich mit den seinen Feststellungen entgegenstehenden Verfahrensergebnissen nicht auseinandergesetzt. Denn es hat das Gericht in den Entscheidungsgründen tatsächlich nicht erwähnt, auf welche Beweisergebnisse es diese Annahmen gründet und wie es darüber hinwegkommt, daß nach dem Bericht der Fahndungsstelle der Deutschen Bundesbahn vom 8.Juli 1974 (Bd. II S. 111) den mit der überwachung des Bahnhofes München zuständigen Polizeibehörden von einer Perlustrierung des Georg E (G) nichts bekannt ist und daß weiters nach dem Bericht der Fahndungsstelle vom 17. Februar 1972 an dem von Horst B belegten Schließfach Nr. 1987 keine Spuren eines Nachschlüsseldiebstahls feststellbar waren (Bd. II S. 19). Im übrigen aber gehen zumindest zwei der vom Erstgericht in diesem Zusammenhang im Urteil alternativ aufgezeigten und als ungeklärt betrachteten drei Möglichkeiten, wie sich der Angeklagte oder sein Komplize in den Besitz des zu diesem Schließfach passenden Nachschlüssels gesetzt haben könnte, von der im Verfahren gleichfalls ungeklärt gebliebenen Annahme aus, daß er den Horst B zur Benützung eines (bestimmten) Schließfaches veranlaßte, von dem er bereits einen Nachschlüssel hatte.
Bezüglich dieser Annahme könnte sich nämlich das Gericht keineswegs auf den Inhalt der im Akt erliegenden Schreiben der Fahndungsstelle der Bundesbahndirektion Frankfurt/Main vom 2.Dezember 1975 und des Polizeipräsidiums München vom 2.Jänner 1976 (Bd. II S. 151 und 157) stützen, da in diesen - näher betrachtet - bezüglich des Hergangs der Tat nur Vermutungen geäußert werden und der Diebstahl letztlich als ungeklärt bezeichnet wird.
Da sohin der im § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO angeführte Nichtigkeitsgrund in Ansehung entscheidungswesentlicher Urteilsannahmen vorliegt und sohin die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285 e StPO) konnte der Oberste Gerichtshof der zum Vorteil des Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, ohne daß es eines Eingehens auf die übrigen Beschwerdepunkte bedurfte, mit Zustimmung der Generalprokuratur sofort bei der nichtöffentlichen Beratung Folge geben und - auch hinsichtlich der vom Angeklagten erhobenen Berufung - spruchgemäß erkennen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)