OGH 12Os20/79

OGH12Os20/7915.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens des Beischlafs

mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der Unzucht

mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. November 1978, GZ. 1 d Vr 8274/

78-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Dellhorn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. Juni 1935 geborene Lagerarbeiter Friedrich A des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1

StGB, des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Inhaltlich des Urteilsspruches hat er in Wien I.) in der Zeit von August 1977 bis Mai 1978 wiederholt mit einer unmündigen Person, nämlich mit der am 28. Oktober 1964 geborenen Gabriele B, außerehelichen Beischlaf unternommen;

II.) nachgenannte unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf, nämlich durch Betasten am Geschlechtsteil, zur Unzucht mißbraucht:

  1. 1.) im August 1977 die zu Punkt I.) angeführte Gabriele B;
  2. 2.) im März oder im April 1978 die am 27. August 1965 geborene Tochter seiner Lebensgefährtin Elisabeth C.

    Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

    Der (ziffernmäßig) auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 (sachlich nur Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich lediglich gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 212 Abs. 1 StGB richtet, kommt keine Berechtigung zu.

    In Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Beschwerdeführer einerseits, das angefochtene Urteil sei mit einem Feststellungsmangel behaftet, weil es keine Tatsachenkonstatierungen darüber enthalte, daß zwischen ihm und der (von ihm zur Unzucht mißbrauchten) Tochter seiner Lebensgefährtin (der am 27. August 1965 geborenen Elisabeth C) ein Autoritätsverhältnis bestanden habe; andererseits vertritt er aber auch die Auffassung, die Annahme eines solchen Autoritätsverhältnisses sei jedenfalls aus rechtlichen Gründen verfehlt, weil die Erziehung der Elisabeth C ihm weder verpflichtend übertragen, noch von ihm faktisch übernommen worden sei.

    Dieses Vorbringen geht zunächst an jenen (ohnedies getroffenen) Urteilsfeststellungen (vgl. S. 99) vorbei, wonach der Beschwerdeführer etwa im Oktober 1977 mit Stefanie C eine Lebensgemeinschaft begründete, in die Wohnung seiner Lebensgefährtin zog und sodann dort mit dieser und deren Tochter Elisabeth C im gemeinsamen Haushalt lebte.

Rechtliche Beurteilung

Da es eine Lebensgemeinschaft regelmäßig - und gerade auch im vorliegenden Fall, in dem Elisabeth C den Beschwerdeführer sogar 'Papa' nannte (vgl. S. 39) -

mit sich bringt, daß die minderjährigen, noch aufsichtsund schutzbedürftigen Kinder des einen Lebensgefährten auch der Aufsicht und Erziehung des anderen Lebensgefährten unterstehen, hat aber das Erstgericht des weiteren aus den getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch in rechtlicher Beziehung durchaus zutreffend das Vorhandensein eines Autoritätsverhältnisses zwischen dem Angeklagten und Elisabeth C abgeleitet. Hiezu bedurfte es keineswegs einer ausdrücklichen - die Aufsicht und Erziehung der Elisabeth C betreffende - Vereinbarung zwischen den Lebensgefährten oder etwa gar einer bezüglichen Verpflichtungserklärung des Beschwerdeführers. Entscheidend ist vielmehr nur, daß zwischen dem jeweiligen Täter und der minderjährigen Person ein Verhältnis besteht, das jenem zwischen dem minderjährigen Kind und seinen Eltern ähnlich ist (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB, 958). Dies traf im vorliegenden Fall, in dem der Angeklagte als Lebensgefährte der Mutter der Elisabeth C in bezug auf diese praktisch die Vaterstelle vertrat, zu (vgl. auch ÖJZ-LSK 1977/133).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 206 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, als mildernd hingegen das Geständnis an. Die Berufung des Angeklagten, welche unter Hinweis auf das Bestehen einer besonders verlockenden Gelegenheit bei der Deliktsbegehung an Gabriele B und im übrigen auf eine Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit eine Strafminderung begehrt, ist nicht begründet. Der Milderungsgrund nach § 34 Z 9 StGB kommt dem Angeklagten nicht zugute, da er selbst die sexuellen Kontakte mit der unmündigen Gabriele B eingeleitet und auch vertieft hat. Nach dem Tatgeschehen kann auch von einer im Sinne des § 35 StGB schuldmildernden Alkoholisierung kaum die Rede sein.

Demgegenüber hat das Erstgericht die Wiederholung des Beischlafes mit Unmündigen (an Gabriele B), die Begehung des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen an zwei Mädchen und das Zusammentreffen dieser Verbrechen mit dem Vergehen nach § 212 StGB weder als erschwerend angeführt, noch gewertet.

Da somit die Erschwerungsgründe, sieht man von der Tatbegehung an der grenzdebilen Elisabeth C ab, die Milderungsgründe bei weitem überwiegen, erweist sich die vom Erstgericht erkannte Strafe in der Mitte des Strafrahmens als tat- und schuldangemessen und keineswegs überhöht.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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