OGH 12Os2/79

OGH12Os2/798.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Richard A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls nach den § 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Oktober 1978, GZ 3 c Vr 2528/78-85, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Margarethe Scheed-Wiesenwasser und der Ausführungen des Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem der am 1. November 1945 geborene Fernsehtechniker Richard A 1.) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1

StGB und 2.) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien zu 1.) in der Nacht zum 31. März 1978 in Gesellschaft des deshalb bereits rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten Heinz B als Beteiligten (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Bargeld und Wertgegenstände, der Franziska C und der Henriette D durch Einbruch mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hatte, sich durch diese Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er gemeinsam mit B als Mittäter mit einem Schraubenzieher jeweils die Eingangstür zu den Geschäften der Vorgenannten aufgebrochen bzw aufzubrechen versucht hatte, und zu 2.) am 31. März 1978 den Kriminalbeamten Johann E durch die Äußerung 'wenn ich rauskomme, dann kommst Du dran, dann wirst Du schon sehen; jetzt seid Ihr stark, weil Ihr mehr seid,' und 'wie ist Dein Name, Du kommst noch dran, Dich zerleg' ich noch', und durch Erheben der linken Hand zum Schlag gegen diesen Beamten zumindest mit einer Verletzung am Körper bedroht hatte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Richard A mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt:

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund gestützt wird, wurde sie im Gerichtstag zurückgezogen.

Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf eines Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bewirkenden Begründungsmangels trifft das Erstgericht zu Unrecht:

Die Feststellungen, der Beschwerdeführer und sein Mittäter B hätten zunächst die Tür des Frisiersalons der Franziska C mittels eines Schraubenziehers, den sie zwischen der Metalltür und dem Türrahmen ansetzten, aufzubrechen versucht, jedoch dann von diesem Vorhaben abgelassen, nachdem es ihnen nicht gelungen war, auf diese Weise das Sicherheitsschloß der Tür zu überwinden, und anschließend mit dem Schraubenzieher die Tür des (im selben Haus) neben dem vorerwähnten Friesiersalon befindlichen Kindermodengeschäftes der Henriette D aufgesprengt, finden im angefochtenen Urteil mit dem Hinweis auf den engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Vorgangsweise und die Benützung des gleichen Tatwerkzeuges (Schraubenzieher) dem Beschwerdevorbringen zuwider eine ausreichende, mit den Verfahrensergebnissen sowie mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Lebenserfahrungen im Einklang stehende Begründung (vgl Bd II, S 15 dA).

Auch die Urteilsannahme, daß der Angeklagte A und der Mitangeklagte B nach dem Aufbrechen der Eingangstür des Kindermodengeschäftes der Henriette D in dieses Geschäft eindrangen und das Geschäftslokal sowie das anschließende Büro ergebnislos nach Bargeld und Wertgegenständen durchsuchten, stützt das Erstgericht, abgesehen davon, daß beide Angeklagten in diesem Geschäftslokal auf frischer Tat von der Polizei betreten wurden, vor allem auf das - wenn auch später widerrufene - Eingeständnis des Mitangeklagten B, der unter dem unmittelbaren Eindruck seiner Festnahme noch an Ort und Stelle gegenüber den beiden Polizeibeamten Gerhard F und Herbert G zugab, unter Verwendung eines Schraubenziehers (der dann auch von der Polizei am Tatort gefunden und sichergestellt werden konnte, vgl Bd I, S 271

dA), in dieses Geschäft eingedrungen zu sein, um dort Bargeld zu stehlen (Bd I, S 21/22 dA). Dieses in der Hauptverhandlung verlesene (Bd I, S 498 dA) und vor allem durch den nach überzeugung des Erstgerichtes glaubwürdigen Zeugen G in der Hauptverhandlung bestätigte Geständnis des Mitangeklagten B, diente, wie aus den Gründen des angefochtenen Urteils deutlich hervorgeht (Bd II, S 13 dA), als wesentliche Feststellungsgrundlage, sodaß auch insoweit entgegen dem Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge von einem Begründungsmangel keine Rede sein kann. Im Hinblick auf dieses vom Erstgericht bei der Sachverhaltsfeststellung berücksichtigte ursprüngliche Geständnis des Mitangeklagten B erübrigt sich aber eine weitere Erörterung der (leugnenden) mit diesem Geständnis unvereinbaren Verantwortung des Beschwerdeführers in den Urteilsgründen, daß bei seinem Eintreffen am Tatort die Tür zu diesem Kindermodengeschäft bereits (von anderen Tätern) aufgebrochen und das Geschäftslokal durchwühlt war.

Schließlich macht der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge dem Erstgericht noch zum Vorwurf, im Urteil die Darstellung der Polizeibeamten (F und G), wonach zwischen der Verständigung der Polizei (durch einen privaten Anruf) von dem Einbruch in das Kindermodengeschäft D und deren Eintreffen am Tatort nur zwei bis drei Minuten verstrichen seien, unerörtert gelassen zu haben; denn, so meint der Beschwerdeführer, diese kurze Zeitspanne hätte zu einem Einbruchsversuch in das Friseurgeschäft C sowie zum Aufbrechen der Eingangstür des Kindermodengeschäftes D und zum Durchsuchen dieser Geschäftsräume nicht ausgereicht.

Auch diese Rüge versagt.

Die beiden Polizeibeamten F und G bekundeten zwar als Zeugen in der Hauptverhandlung, daß sie über Funk vom Wachzimmer Hetzendorf den Einsatzbefehl erhielten und (mit dem Streifenwagen) schon nach einigen Minuten - der Zeuge F spricht von höchstens fünf Minuten (Bd I, S 494 dA), der Zeuge G von etwa zwei bis drei Minuten (Bd I, S 496 dA) - am Tatort eintrafen, doch ergibt sich aus der (gleichfalls in der Hauptverhandlung verlesenen) Aussage des Zeugen Herbert G vor dem Untersuchungsrichter (Bd I, S 327 und 328 dA), daß ein allein im Wachzimmer Hetzendorf den Dienst versehender Polizeibeamte (Gottfried H) den Anruf einer Frau entgegengenommen hatte, die mitteilte, daß im Kindermodengeschäft D ein Einbruch verübt werde, dieser Polizeibeamte daraufhin den Gruppeninspektor I davon telefonisch in Kenntnis gesetzt hatte, worauf erst der Letztgenannte der Funkstreifenbesatzung den Einsatzbefehl erteilt hatte. Daraus erhellt aber, daß in der Zeitspanne zwischen der Verständigung der Polizei von dem Einbruch in das Kindermodengeschäft D und dem Eintreffen des Streifenwagens am Tatort den Tätern jedenfalls ausreichend Zeit zur Durchsuchung dieses Geschäftes verblieb. Die vom Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge herausgestrichenen Angaben der Funkstreifenbeamten über den zwischen ihrer Verständigung und dem Eintreffen am Tatort verstrichenen Zeitraum betreffen somit keine entscheidenden Tatsachen, sodaß deren Nichterörterung im Ersturteil Nichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht zu bewirken vermag.

Aber auch die vom Zeugen Johann E bestätigte (Bd I, S 331, 491 dA) Darstellung des Beschwerdeführers, daß er diesen Kriminalbeamten vorher (persönlich) nicht kannte, und der von diesem Zeugen bekundete Umstand, der Beschwerdeführer habe ihm bei seiner Einvernahme an Ort und Stelle einen Zweikampf angetragen, sind entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für seinen Schuldspruch im Urteilsfaktum 2) wegen Vergehens der gefährlichen Drohung ohne Bedeutung, weil sie die Beurteilung der vom Erstgericht diesem Schuldspruch zugrundegelegten öußerungen des Beschwerdeführers gegenüber diesem Polizeibeamten als gefährliche Drohung im Sinne des § 107 Abs 1

StGB keinesfalls ausschließen. Es bestand daher auch zu einer näheren Erörterung dieser weiteren, vom Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge relevierten, aber nach dem Vorgesagten keine entscheidenden Tatsachen betreffenden Umstände im Ersturteil kein Anlaß.

Schließlich erweist sich aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers als nicht haltbar, mit der er seinen Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung deshalb als rechtlich verfehlt bezeichnet, weil sich der Kriminalbeamte E auf Grund der auf ihn gemünzten, im Urteilsspruch unter Punkt 2) wiedergegebenen Äußerungen subjektiv gar nicht gefürchtet habe.

Abgesehen davon, daß der Zeuge E in der Hauptverhandlung ausdrücklich betonte (Bd I, S 492 dA), er habe zwar eine sofortige Verwirklichung der in Anwesenheit mehrerer anderer Polizeibeamter durch den Beschwerdeführer ausgestoßenen Drohungen an Ort und Stelle im Polizeidienstzimmer nicht befürchtet, jedoch damit gerechnet, der Beschwerdeführer könnte sie später wahrmachen, und sie deshalb auch ernst genommen, erfordert der Vergehenstatbestand der gefährlichen Drohung insoweit bloß die objektive Eignung der Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen. Es ist aber nicht erforderlich, daß sie beim Bedrohten auch wirklich Besorgnis auslöst.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kommt es daher nicht darauf an, ob sich der Bedrohte tatsächlich gefürchtet hat oder nicht (vgl ÖJZ-LSK 1977/124), genug daran, daß der Bedrohte, wie auch im Ersturteil sinngemäß zum Ausdruck kommt (vgl Bd II, S 11, 17 und 19 dA), angesichts des Wortlautes der Äußerungen des Beschwerdeführers und des ihnen beigelegten Sinns sowie unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen sie fielen, bei Anlegung eines objektiven Maßstabes und bei unbefangener Betrachtung der Situation ernstlich die Verwirklichung des angedrohten übels erwarten und den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei willens und in der Lage, die zumindest nach dem Sinn der Drohungen in Aussicht gestellten Verletzungsfolgen, wenn schon nicht sofort, so doch später auch tatsächlich herbeizuführen. Da der Beschwerdeführer nach den weiteren Urteilsannahmen bei diesen Äußerungen von der Absicht geleitet war, dadurch den Kriminalbeamten E in Furcht und Unruhe zu versetzen, wurde von ihm auch die innere Tatseite des ihm angelasteten Vergehenstatbestandes nach dem § 107 Abs 1 StGB verwirklicht, sodaß dem Erstgericht bei dem Schuldspruch des Beschwerdeführers nach dieser Gesetzesstelle kein Rechtsirrtum unterlaufen ist.

Die weiteren Beschwerdeausführungen im Rahmen der Rechtsrüge, mit denen der Beschwerdeführer im wesentlichen darzutun sucht, daß die Verfahrensergebnisse zu einem Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls durch Einbruch in den beiden unter Punkt 1) des Urteilssatzes angeführten Fakten nicht ausreichen, stellen ihrem Sinn und ihrer Zielsetzung nach eine im Gesetz für das schöffengerichtliche Verfahren nicht vorgesehene Schuldberufung dar, mit der in unzulässiger und demnach unbeachtlicher Weise ausschließlich die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft wird.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht veruteilte den Angeklagten nach § 129, 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten. Es wertete als erschwerend die Tatwiederholung, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und die einschlägigen acht Vorstrafen; als mildernd die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist bzw das Tatsachengeständnis zum Faktum Drohung.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Angeklagte hat die gegenständliche Tat bereits fünf Monate nach der Entlassung aus dreieinhalbjähriger Strafhaft begangen. Ein Resozialisierungseffekt wurde also durch die knapp zuvor verbüßte Haft nicht erreicht.

Ausgehend von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig erfaßten und zutreffend gewürdigten Strafzumessungsgründen und der Persönlichkeit des oftmals vorbestraften Angeklagten ist die verhängte Strafe keineswegs zu hoch bemessen.

Die vom Berufungswerber zusätzlich geltend gemachten Milderungsgründe liegen nicht vor. Eine allfällige Erregung und eine unüberlegte Handlungsweise bei seiner selbstverschuldeten Verhaftung, können ihm nicht als mildernde Umstände zugute gehalten werden.

Aus general- und spezialpräventiven Gründen war daher eine Herabsetzung der Strafe nicht gerechtfertigt.

Somit war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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