OGH 9Os6/79

OGH9Os6/7926.2.1979

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schmelcher als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans A wegen des Verbrechens nach § 15, 201 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems als Schöffengericht vom 2.August 1978, GZ. 10 Vr 897/77-37, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 13.Oktober 1978, GZ. 9 Os l56/78-3, womit die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems vom 2.August 1978, GZ. 10 Vr 897/77-37, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen und die Akten dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die Berufung(en) des Angeklagten (und der Staatsanwaltschaft) übermittelt wurden, wird aufgehoben.

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Berufung übermittelt.

Text

Gründe:

Mit den Beschlüssen des Obersten Gerichtshofes vom 13.Oktober 1978, GZ. 9 Os 156/78-3, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 16.November 1978, AZ. 26 Bs 2028/78, wurden die vom Angeklagten gegen das im Spruch genannte, seinem Verteidiger am 21.August 1978 zugestellte Urteil erhobenen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gemäß § 285 a Z. 1, 285 d Z. 1 StPO gemäß § 294 Abs. 4 StPO in nichtöffentlicher Sitzung als verspätet zurückgewiesen. Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes wurde dem Verteidiger erstmals am 27.Oktober 1978

und sodann nochmals mit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien am 28.November 1978 zugestellt.

In seiner am 6.Dezember 1978 beim Erstgericht eingelangten Eingabe vom 1.Dezember 1978 begehrt der Angeklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung mit der Behauptung, daß der von einer beim Kreisgericht Krems tätigen Gerichtsbeamtin auf seinem am 4.September 1978, sohin fristgerecht zur Post gegebenen Rechtsmittel handschriftlich gesetzte Vermerk, er habe das Schriftstück am Einlaufstag (dem 5.September 1978) persönlich überreicht, unzutreffend sei. Daraus folge, daß die von ihm in Wahrheit rechtzeitig erhobenen Rechtsmittel infolge eines von ihm nicht verschuldeten Irrtums der Rechtsmittelgerichte über den Zeitpunkt der Postaufgabe zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Das Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist verfehlt, da sich der Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf von Fristen (§ 364 StPO) gegen die Folgen unverschuldeter prozessualer Versäumnisse des Beschuldigten oder seines Vertreters richtet. Solche werden aber vorliegend gar nicht behauptet, sondern Fehler von Beamten des Erstgerichtes eingewendet. Im übrigen aber wäre der am 6.Dezember 1978 eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Ansehung des Rechtsmittels der Nichtigkeitsbeschwerde auch verspätet, da der zum Anlaß der Einbringung des Antrages genommene Sachverhalt dem Verteidiger des Angeklagten schon durch den Inhalt des am 27.Oktober 1978 zugestellten Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 13.Oktober 1978, GZ. 9 Os 156/78-3, bekanntgeworden war und gemäß § 364 Abs. 1 Z. 2 StPO innerhalb von 14 Tagen nach Aufhören des Hindernisses um die Wiedereinsetzung anzusuchen ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes kann jedoch vorliegend in Ermangelung ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften, die regeln, was Rechtens ist, wenn ein (an sich rechtzeitig ausgeführtes) Rechtsmittel infolge eines Versehens einer Gerichtsperson als verspätet zu behandeln ist, nach Analogie der § 352 ff. StPO zugunsten des Verurteilten vorgegangen werden (so schon 10 Os 194/71).

Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 13.Oktober 1978 entsprach der Aktenlage zur Zeit der Beschlußfassung. Neu hervorgekommen ist die vom Angeklagten nachgewiesene Tatsache, daß die Nichtigkeitsbeschwerde von der Kanzleikraft seines Verteidigers am 4.September 1978

zur Post gebracht und der beim Erstgericht auf der Eingabe angebrachte Vermerk einer persönlichen Abgabe des Rechtsmittels am 5. September 1978 infolge eines Irrtums der mit der Bearbeitung des Einlaufs befaßten Beamten zustandegekommen ist. In Kenntnis dieser Tatsache hätte der Oberste Gerichtshof die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten nicht als verspätet zurückgewiesen, sondern sie (und die Berufung) einer Sachentscheidung zugeführt. Es war daher in entsprechender Anwendung des § 358 StPO der Ausspruch über die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde und die übermittlung der Akten an das Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über die (damals) vorliegenden Berufungen aufzuheben und der Akt dem Oberlandesgericht Wien zur zuständigen Entscheidung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Berufung zu übermitteln.

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