OGH 12Os185/78

OGH12Os185/781.2.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Februar 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schnattinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen Vergehens des schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Oktober 1978, GZ. 22 Vr 511/76-57, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Hoffmann, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23. März 1977, AZ 8 U 2359/76, auf 11 (elf) Monate und 2 (zwei) Wochen als Zusatzstrafe herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Rudolf A des Vergehens des schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung verfälschter Urkunden zu Handlungen verleitete, die die nachgenannten Bankinstitute an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schade 5.000 S übersteigt, und zwar 1.) am 30. Oktober 1975 Angestellte der Creditanstalt-Bankverein, Filiale Reichenauerstraße, indem er einen durch Anbringen der Stampiglie der Firma B als Aussteller und durch Nachmachen der Unterschrift der für diese Firma zeichnungsberechtigten Prokuristen gefälschten Scheck, lautend auf eine Geldsumme von 25.800 S, von Brigitte C (die dabei gutgläubig war) einlösen ließ, zur Auszahlung eines Betrags von 25.800 S;

2.) am 31. Oktober 1975 Angestellte der Bank für Tirol und Vorarlberg durch Vorlage eines durch Anbringen der Stampiglie der Firma B als Aussteller und durch Nachmachen der Unterschriften der für diese Firma zeichnungsberechtigten Prokuristen verfälschten Schecks, lautend auf eine Geldsumme von 53.000 S, zur Auszahlung eines Betrags in eben dieser Höhe.

Daß der Angeklagte selbst die beiden Scheck(formulare) aus dem Büro des Lohnbuchhalters der Firma B 'gestohlen' hat, erachtete das Erstgericht nicht als erwiesen; es ließ vielmehr diese Frage offen, ging aber in tatsachenmäßiger Beziehung davon aus, daß der Angeklagte jedenfalls die beiden Schecks entweder selbst fälschte oder zumindest in Kenntnis ihrer Fälschung am 30. Oktober 1975 zur Zahlung vorlegen ließ bzw. am 31. Oktober 1975 selbst vorlegte, wobei die auf den Schecks in Worten angeführten Schecksummenangaben von (abgerundet) 'Fünfundzwanzigtausend' bzw. 'Dreiundfünfzigtausend' Schilling von der Hand des Angeklagten stammen (vgl. S. 307, 309 d. A).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit seiner Mängelrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilsannahme seines aktiven deliktischen Handelns bei der Einlösung der beiden Schecks, wobei er dem Erstgericht außerdem vorwirft, die Frage der Herkunft der Schecks nicht ausreichend geklärt zu haben. In Ausführung der auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die ihm zur Last liegende Einlösung 'gestohlener' Schecks erfülle nicht den Tatbestand des Betrugs, wohl aber jenen eines Diebstahls im Sinne der § 127 ff StGB, weshalb er wegen Diebstahls zu verurteilen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Keinem dieser Beschwerdeeinwände kommt Berechtigung zu:

Die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten, und zwar in Form seines vorerwähnten aktiven Tatbeitrags (zumindest) in der Ausführungsphase des in zwei Fällen erfolgten (und gelungenen) Scheckbetrugs stützte das Schöffengericht durchaus denkrichtig und in übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine Reihe von Beweisumständen. So vor allem auf die - auch namensmäßig signifikante - Identifizierung des Angeklagten durch die Zeugin Brigitte C (S. 57/58 und 300 d. A) als jenen Mann, der ihr am 30. Oktober 1975 in Innsbruck den erstbezeichneten, auf 25.800 S lautenden Scheck zur Einlösung bei der CA-BVZweigstelle Reichenauerstraße ausgefolgt und dann von ihr den ihr ausbezahlten Geldbetrag übernommen hat. Die (angenommene) Verläßlichkeit der Identitätszeugin Brigitte C wurde durch deren (in der Beschwerde hervorgehobene) Angabe, der Täter habe 'glaublich' Tiroler Dialekt gesprochen, schon in Anbetracht dessen, daß der Beschwerdeführer zwar in Haus im Ennstal geboren ist, aber - wie er selbst vorbringt - zuletzt schon jahrelang in Tirol bzw. Innsbruck lebte, keinesfalls in einer Weise tangiert, daß es hiezu näherer Urteilserörterungen bedurfte. Dies gilt auch für den in der Mängelrüge relevierten Umstand, daß die von Brigitte C bei der Polizei gegebene Personsbeschreibung des Angeklagten nicht voll zutrifft. Ferner konnte sich das Erstgericht für die nach Lage des Falles entscheidungswesentliche Feststellung, daß der Angeklagte jedenfalls beide Schecks in Händen hatte (S. 307 d. A), auf die in diesem Punkte - entgegen dem Beschwerdevorbringen - übereinstimmenden Gutachten der beiden Schriftsachverständigen Edith D (S. 179 und 271 d. A) und Dr. Gerth E (S. 251 und 253 d. A) stützen, wonach als (Schrift-)Urheber der in Worten angegebenen Schecksummen der Angeklagte anzusehen ist. Hingegen liegt der von der Schriftsachverständigen Edith D angenommene Ausschluß des Angeklagten als Urheber der Unterschriften auf der Rückseite des am 31. Oktober 1975 bei der Bank für Tirol und Vorarlberg präsentierten Schecks nach dem Zweitgutachten Dris. E nicht vor (S. 249 ff. d. A). Mithin ist die - ersichtlich diesem Gutachten folgende und damit auch das Vorgutachten nicht unberücksichtigt lassende - Feststellung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte es war, der diesen Scheck einlöste - der in der Mängelrüge vertretenen Auffassung zuwider -

weder unschlüssig, noch aktenwidrig, noch unvollständig, zumal sich diese Feststellung auch auf andere Verfahrensergebnisse stützt. So insbesondere auf die Angaben von drei Bankangestellten, welchen der Angeklagte, zusammen mit vier anderen Personen, gegenübergestellt worden war (s. S. 101 d. A) und die den Angeklagten zwar nicht mit Sicherheit als den Präsentanten des am 31. Oktober 1975

zur Einlösung vorgelegten Schecks über 53.000 S identifizieren konnten, ihn aber immerhin unabhängig voneinander und übereinstimmend als jenen Mann (aus dem Kreis der Konfrontanten) bezeichneten, der staturmäßig hiefür in Betracht komme (s. S. 101, 271 d.A).

Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer das Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, wenn er - wie seinen Ausführungen zu entnehmen ist -

vermeint, es stelle schon einen Begründungsmangel im Sinne dieser Gesetzesstelle dar, daß im Urteil nicht sämtliche Angaben der vernommenen Zeugen und Sachverständigen vollständig wiedergegeben und auch nicht alle Details aus den Verfahrensergebnissen erörtert wurden, die (isoliert betrachtet) unter Umständen zu seinen Gunsten ausgelegt werden könnten, und daß sich schließlich das Gericht in den Urteilsgründen nicht schon im voraus mit allen vom Beschwerdeführer nachträglich ins Treffen geführten Einwendungen befaßt hat. Nach der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO hat nämlich das Gericht - auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse - in 'gedrängter Darstellung' anzugeben, welche (entscheidenden) Tatsachen es aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen hat. Dieser Verpflichtung ist aber das Erstgericht nach dem oben Gesagten in hinreichendem Maße nachgekommen. Daß es dabei zu Schlußfolgerungen gelangte, die den Beschwerdeführer nicht überzeugen, vermag daran nichts zu ändern. So gesehen erweist sich das Vorbringen der Mängelrüge, welches sich gegen die die (Betrugs-)Täterschaft des Beschwerdeführers betreffenden erstgerichtlichen Feststellungen wendet, im Ergebnis als eine im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässige (und demnach unbeachtliche) Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Soweit der Beschwerdeführer schließlich dem Ersturteil eine offenbar unzureichende Begründung bezüglich der - wie die Beschwerde meint 'diebischen' - Herkunft der beiden Schecks zum Vorwurf macht und in Ausführung der Rechtsrüge eine Tatbeurteilung als Diebstahl (statt als Betrug) anstrebt, ist er auch damit nicht im Recht:

Unausgefüllte Scheckformulare - und um solche handelte es sich vorliegend nach den dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt bei den beiden aus dem Lohnbüro der Firma B im Oktober 1975 entzogenen, erst in der Folge durch Aufdruck der Firmenstampiglie und Beisetzen der (nachgemachten) Unterschriften der zeichnungsberechtigten Prokuristen dieser Firma sowie durch Einsetzen der Schecksummen komplettierten 'Schecks' (vgl. S. 6, 299 d. A) - sind mangels Tauschwerts im wirtschaftlichen Sinne sowie in Anbetracht der Nichterfüllung der Scheckvoraussetzungen gemäß den Art. 1,2 und13 ScheckG auch wegen der fehlenden Wertträgereigenschaft kein taugliches Diebstahlsobjekt (vgl. 9 Os 3/77 = ÖJZ-LSK 1977/98). Die widerrechtliche Wegnahme solcher Scheckformulare, auf welchen insbesondere die für ein Wertpapier essentielle Unterschrift des Ausstellers fehlte, diente vielmehr ersichtlich nur der Vorbereitung des nachfolgenden Scheckbetrugs, und in Ansehung dieser Tat, die zu einer (tätergewollten) Vermögensschädigung der Bankinstitute führte und die daher das Erstgericht ohne Rechtsirrtum als Betrug im Sinne der § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB beurteilte (s. 13 Os 11/77; vgl. auch SSt. 46/45), wurde die (aktive) Beteiligung des Angeklagten daran vom Erstgericht unbeschadet dessen, daß die Frage, auf welche Weise der Angeklagte in den Besitz der beiden Schecks gelangt war, offen blieb, konstatiert.

Die in diesem Zusammenhang in der Mängelrüge relevierte Frage der ('diebischen') Herkunft der Schecks betrifft mithin keinen entscheidungswesentlichen Umstand.

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Erwägungen kommt daher die vom Beschwerdeführer angestrebte Beurteilung des festgestellten Tatverhaltens des Angeklagten als Diebstahl von vornherein nicht in Betracht, ganz abgesehen davon, daß ja eine (für Diebstahl essentielle) Beteiligung des Angeklagten an der Wegnahme der Scheckformulare, wie dargetan, vom Gericht nicht als erwiesen angenommen worden ist.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 147 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Jahr, wobei es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen keinen Umstand wertete.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an. Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Wie aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten neuen Strafregisterauskunft hervorgeht, wurde der Angeklagte jedoch nach Begehung der vorliegend abgeurteilten Straftaten (30. bzw. 31. Oktober 1975), und zwar mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23. März 1977, AZ 8 U 2359/76, wegen Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Wochen verurteilt. Auf diese Verurteilung ist gemäß § 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen. Da anzunehmen ist, daß bei gemeinsamer Aburteilung ebenfalls nur eine einjährige Freiheitsstrafe verhängt worden wäre, war in (teilweiser) Stattgebung der Berufung des Angeklagten die über ihn wegen Betrugs verhängte Strafe als Zusatzstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß zu verhängen.

Soweit der Angeklagte hingegen die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, mußte seiner Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Die einschlägigen Vorstrafen - mögen sie auch einige Zeit zurückliegen - sprechen nämlich gegen die Annahme, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe genügt, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten; sie gebieten vielmehr den unbedingten Vollzug der Strafe.

Es war mithin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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