Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, nämlich dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eduard A des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB sowie der Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1
StGB und der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er (inhaltlich des Urteilsspruchs) 1.) am 12.Juni 1978 im Gemeindegebiet St. Georgen i.A.
dadurch, daß er Agnes B von rückwärts am Körper umfaßte, einen Stoß versetzte und ihr die mit einem Tragriemen auf der linken Schulter getragene Handtasche samt 1.120 S Bargeld entriß, der Agnes B mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich 1.120 S Bargeld mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; 2.) am 2.Juni 1978 in Au, Gemeinde Unterach am Attersee, der Gertraud C eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Sturzhelm im Werte von 620 S, mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; 3.) am 2.Juni 1978
in Vöcklabruck ein von ihm gefundenes fremdes Gut, nämlich einen von Berta D verlorenen Geldbetrag von 4.600 S dadurch, daß er ihn für sich verwendete, sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechmäßig zu bereichern.
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde (der Sache nach) lediglich im Umfang der Verurteilung wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB (Punkt 1./ des Urteilssatzes); sie ist nicht berechtigt.
Nach den - das bekämpfte (Raub-) Faktum betreffenden, kurz zusammengefaßt wiedergegebenen - wesentlichen Urteilsfeststellungen war der Angeklagte am 12.Juni 1978 gegen 9 Uhr 15 in Richtung St. Georgen im Attergau unterwegs.
Als er vor sich in gleicher Richtung eine Frau (Agnes B) gehen sah, kam er auf den Gedanken, ihr mit Gewalt die Handtasche, in der er Bargeld vermutete, wegzunehmen.
Er folgte ihr deshalb raschen Schrittes, umfaßte sie mit beiden Armen in Brusthöhe von hinten, riß ihr die Handtasche, die sie an einem Tragriemen auf der linken Schulter trug, ab, und versetzte ihr einen Stoß, so daß sie in einen angrenzenden Graben fiel. Dies alles geschah uno actu in so rascher Folge, daß Agnes B gar nicht mehr dazukam, sich zu wehren. Sie konnte das Geschehen erst registrieren, als sie bereits im Graben lag, wo sie auch feststellte, daß ihr die Handtasche (in der sich neben anderen Sachen ein Bargeldbetrag von 1.120 S befunden hatte) fehlte. Der Angeklagte war mit derselben geflohen, hatte ihr das Bargeld entnommen und die Tasche selbst weggeworfen.
Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO behauptet der Beschwerdeführer zunächst, diese Feststellungen seien undeutlich und widerspruchsvoll, weil er Agnes B nach seinen davon abweichenden Angaben in der Hauptverhandlung lediglich mit einer Hand erfaßt und ihr mit der anderen Hand die Handtasche entrissen habe, wogegen ein Umfassen mit beiden Händen und ein gleichzeitiges Wegnehmen der Tasche als unmöglich bezeichnet werden müsse.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß sich das Erstgericht im angefochtenen Urteil ohnedies ausführlich mit der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt hat, jedoch (in freier Beweiswürdigung) seinem umfassenderen - mit den Zeugenangaben der Agnes B (vgl. S. 81) übereinstimmenden - Geständnis vor der Gendarmerie (vgl. S. 51 in ON. 8) gefolgt ist (vgl. S. 92, 93). Da es im übrigen auch nicht den Tatsachen entspricht, daß das Urteil die Feststellung enthalte, der Angeklagte hätte Agnes B gleichzeitig mit beiden Händen umfaßt und ihr die Handtasche entrissen - das Erstgericht betont vielmehr ausdrücklich, daß dies (inhaltlich der vom Angeklagten der Gendarmerie gegebenen Darstellung) in 'rascher Folge' geschah -, kann im gegebenen Zusammenhang von einem (formalen) Begründungsmangel keine Rede sein. Soweit der Beschwerdeführer einen solchen auch deshalb geltend zu machen sucht, weil im Urteil erwähnt wird, daß er zur Zeit der Verübung des Raubes schon 14 Tage arbeitslos gewesen sei und weit über seine Verhältnisse gelebt habe, insbesondere auch durch Anmieten von Autos, und zwar letzteres ungeachtet dessen, daß er das zuletzt gemietete Auto angeblich bereits Anfang Mai 1978 zurückgestellt habe, genügt es, ihn darauf zu verweisen, daß die bemängelte Feststellung keine aus dem Grunde der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO (allein) rügbare entscheidungswesentliche Tatsache betrifft, als welche nur eine solche in Betracht kommt, die auf die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz (also letztlich auf die Schuldfrage) oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß hat.
Die Mängelrüge muß daher versagen.
Es geht aber auch die Rechtsrüge fehl.
Da der Oberste Gerichtshof bei der überprüfung des Urteils unter dem Gesichtspunkt eines geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes an alle darin getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden ist, die nicht beanstandet wurden oder deren Beanstandung aus formellen Nichtigkeitsgründen erfolglos blieb, sind zunächst jene Ausführungen des Beschwerdeführers zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO unbeachtlich, mit denen er - unter übergehung der bezüglichen Sachverhaltskonstatierungen - darzutun versucht, er habe gar nicht gegen eine Person, sondern nur gegen eine Sache Gewalt geübt und nicht (auch) Agnes B, sondern nur deren Tasche angegriffen. Insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Soweit aber der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, das ihm zum Punkt 1./ des Urteilssatzes angelastete Tatverhalten sei deshalb nur als Diebstahl (und nicht als Raub) zu beurteilen, weil es sich um einen überraschungsangriff handelte, bei dem das Opfer gar keinen Behauptungswillen entwickeln und keinen Widerstandsentschluß mehr fassen konnte, ist ihm folgendes zu erwidern:
Diebstahl käme nur bei gewaltloser Sachwegnahme in Frage. Für den Begriff der Gewalt gegen eine Person im Sinne des § 142 StGB aber genügt die Anwendung jeder überlegenen und zur Beugung oder Ausschaltung eines vorausgesetzten - tatsächlichen oder auch erst zu erwartenden -
Widerstandswillens des Angegriffenen geeigneten physischen Kraft (vgl. 13 Os 109/75 = ÖJZ-LSK. 1976/29 u.a.).
Solche Gewalt hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nach den Urteilsannahmen gegen Agnes B, die er zunächst mit beiden Armen von hinten umfaßte, der er dann die Handtasche (so, daß deren Tragriemen abriß) entriß und die er schließlich in einen angrenzenden Graben stieß, jedoch geübt. Nicht entscheidend ist hiebei, daß das zu einer Willensbildung an sich fähige Opfer wegen der überraschenden Angriffsart keinen Behauptungswillen zu entwickeln bzw. einen Abwehrentschluß nicht zu fassen vermochte. Genug daran, daß Agnes B kein von vorneherein willenloses und widerstandsunfähiges Opfer war und der Täter zwecks präventiver Brechung des zu erwartenden Widerstandswillens des Opfers unmittelbar auf dessen Körper gewaltsam eingewirkt und sich nicht bloß auf eine Sachwegnahme durch unvermutetes Entreißen der Handtasche beschränkt hat, in welchem Falle eine Beurteilung als Diebstahl in Frage gekommen wäre (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/77, 210 u.a.).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war mithin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 28 Abs. 1, 142 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die zwar geringfügige aber doch einschlägige Vorstrafe wegen § 83 Abs. 1 StGB, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen dreier Delikte sowie die leichte Verletzung des Raubopfers, als mildernd hingegen das Geständnis und die mindere, an das Tatbild des § 142 Abs. 2 StGB herangrenzende Begehungsform des Raubes.
Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 StGB anstrebt, ist teilweise begründet:
Wiewohl nämlich das Erstgericht die vorhandenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig erfaßte, hat es bei deren Bewertung den Erschwerungsgründen etwas zu große und den Milderungsumständen zu geringe Bedeutung beigelegt. In teilweiser Stattgebung der Berufung des Angeklagten wurde daher die Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche, dem Obersten Gerichtshof tatschuldangemessen erscheinende Ausmaß reduziert. Da angesichts des raschen Rückfalls und des Umstandes, daß der Angeklagte, der vor der Tat keiner Beschäftigung nachging, einen seine finanzielle Leistungskraft weit übersteigenden Lebensaufwand an den Tag legte, keine Gewähr dafür geboten erscheint, daß er in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, kam eine bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 2 StGB nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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