OGH 13Os175/78

OGH13Os175/7822.1.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengerichtes vom 22.September 1978, GZ. 19 Vr 1.443/78-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rösch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Rudolf A des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, weil er am 8.März 1978 in Golling den Herbert B durch die vor Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Golling erhobene Behauptung, Herbert B habe dadurch, daß er ihm Faustschläge und Fußtritte versetzte und ihm in der Folge seine Brieftasche mit einem Bargeldbetrag von 990 S wegnahm, sohin mit Gewalt gegen eine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die (Sach-) Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Gewaltanwendung eine schwere Körperverletzung zur Folge hatte, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Rudolf A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 sowie 9 lit. a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund wirft die Beschwerde dem Urteil Aktenwidrigkeit vor, weil das Erstgericht feststelle, die gerichtliche Verantwortung des Angeklagten laufe darauf hinaus, daß er in seiner ersten Aussage vor der Gendarmerie, in der er den Zeugen Herbert B nicht nur der - tatsächlich begangenen - schweren Körperverletzung, sondern auch des - erdichteten - Verbrechens des Raubes, begangen am Beschwerdeführer, beschuldigte, im wesentlichen richtige Angaben gemacht und die den Raub betreffenden Angaben am nächsten Tag nur aus Mitleid widerrufen habe. Diese Feststellung stehe aber nicht im Einklang mit der Verantwortung des Beschwerdeführers vor Gericht, in der er behaupte, er sei auf Grund der äußeren Umstände der Meinung gewesen, B habe ihm das Geld weggenommen, und habe in seiner zweiten Aussage vor den Sicherheitsorganen Herbert B aus Mitleid entlastet. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß das Erstgericht die bemängelte Feststellung im gegebenen Zusammenhang gar nicht traf, sondern an der in der Beschwerdeschrift zitierten Stelle (S. 5 der Urteilsbegründung, letzter Absatz = S. 63 d.A.) eine im Akteninhalt im wesentlichen gedeckte (vgl. S. 45 und 55 d.A.) gedrängte Zusammenfassung der wechselnden Verantwortung des Beschwerdeführers gab, wobei lediglich darauf verwiesen sei, daß sich der Beschwerdeführer entgegen der Urteilsausführung, er habe sich nicht schuldig bekannt (S. 63 d.A.), inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls eingangs der Verhandlung ausdrücklich im Sinn der Anklage schuldig bekannte (S. 45 d.A.).

Daß der Beschwerdeführer seine Darstellung der Ereignisse auch noch vor Gericht wechselte, konnte das Gericht mängelfrei aus der Aussage S. 46 d.A. feststellen, wonach der Angeklagte zunächst behauptete, noch immer der Meinung zu sein, daß sich der Vorfall so wie ursprünglich geschildert abspielte, auf Befragen aber einräumte, es bestehe zwar die Möglichkeit, daß ihm B die Brieftasche mit dem Geldbetrag wegnahm, er es aber nicht sicher wisse.

Wenn das Erstgericht zur Dartuung der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ferner ausspricht, er habe keine plausible Erklärung dafür geben können, warum er in seiner zweiten Vernehmung vor der Gendarmerie erklärte, genau zu wissen, daß ihm B die Brieftasche nicht weggenommen habe, so geschah dies in freier Beweiswürdigung, die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden kann. Ein formaler Begründungsmangel ist hierin nicht zu erblicken, zumal das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch noch darauf hinwies, der Beschwerdeführer habe keine Erklärung für den Umstand finden können, daß er die angebliche Beraubung ursprünglich detailliert schilderte (S. 20 d.A.), nunmehr aber vor Gericht erklärte, eine Beraubung (durch B) bloß nicht ausschließen zu können (S. 46, 55 d.A.); die vom Erstgericht aus dieser Divergenz in den Aussagen des Beschwerdeführers gezogenen Schlußfolgerungen (S. 64 d. A.) stehen jedenfalls - entgegen der Ansicht der Beschwerde - mit den Denkgesetzen in Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Ein Begründungsmangel im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO haftet dem Urteil demnach im geltend gemachten Umfang

nicht an.

Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO führt die Beschwerde aus, es fehle an einer wissentlichen Beschuldigung, sodaß eine Verleumdung nicht vorliege. Hierauf ist zu erwidern, daß sie mit diesem Vorbringen von den bindenden - gegenteiligen - erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen abweicht und demnach den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig ausführt. Der Vollständigkeit halber kann noch darauf verwiesen werden, daß der Beschwerdeführer mit seinem ihm als Verleumdung angelasteten Vorbringen im Zug der seinerzeitigen Anzeigeerstattung nicht etwa bloß ein - tatsächlich stattgefundenes - Delikt 'aufbauschte', sondern den Zeugen B eines von ihm nicht begangenen - gesonderten - (Raub-) Verbrechens beschuldigte, sodaß dem Schuldspruch wegen Verbrechens der Verleumdung ein Rechtsirrtum nicht anhaftet. Schließlich bringt der Beschwerdeführer, sich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO stützend, vor, er habe, noch ehe für B Schaden eintreten konnte, seine Aussage vor der Gendarmerie in einer Weise korrigiert, daß eine Verfolgung unterblieben sei;

der einzelne Gedarmeriebeamte, dem er seine Anzeige vorgetragen habe, könne nicht als Behörde im Sinn des § 297 Abs. 2 StGB bezeichnet werden, sodaß dem Beschwerdeführer Straflosigkeit nach dieser Gesetzesstelle zuzubilligen sei. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Gendarmeriebeamte sind als zur Strafverfolgung berufene öffentliche Sicherheitorgane gemäß dem § 151 Abs. 3 StGB ungeachtet des Umstandes, daß ihren Dienststellen Behördencharakter mangelt, den Strafverfolgungsbehörden gleichzuhalten. Dieser erweiterte Behördenbegriff des § 151 Abs. 3 StGB findet auch auf § 297 StGB Anwendung (sh. dazu: RZ. 1976/105). Daß § 151 Abs. 3 StGB in § 297 StGB nicht ausdrücklich - verweisend - zitiert wird, ist zwanglos damit zu erklären, daß dieser Tatbestand nicht nur von Strafverfolgungs-, sondern auch von Disziplinarbehörden handelt.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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