OGH 13Os189/78

OGH13Os189/7818.12.1978

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kral, Dr. Müller und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang Walter A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2,

1. Deliktsfall, StGB und anderer strafbarer Handlungen in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 17.Oktober 1978, GZ. 6 Vr 406/78-56, nach Anhörung der Generalprokuratur

 

Spruch:

1.) den Beschluß

gefaßt:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu Punkt II/1) des Urteilssatzes richtet, zurückgewiesen;

2.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Nichtigkeitsbeschwerde Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten zu den Punkten II/2) bis 6) des Urteilssatzes, ferner in dem auch dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch des Angeklagten zu Punkt II/1) des Urteilssatzes zugrunde liegenden Ausspruch, der Angeklagte habe die Betrügereien gewerbsmäßig begangen, und in der rechtlichen Beurteilung dieser Tat als Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betruges auch nach den § 147 Abs. 3

und 148, 1.Deliktsfall, StGB, sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, soweit sie den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffen, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Kaufmann Wolfgang Walter A des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2,

1. Deliktsfall, StGB, des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3, 148, 1.Deliktsfall, StGB und des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt; überdies wurde er von einem Anklagepunkt gemäß § 259 Z. 2 StPO rechtskräftig freigesprochen.

Unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 5 und 'Z. 9' StPO wendet sich die Nichtigkeitskeitsbeschwerde des Angeklagten inhaltlich lediglich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Betruges.

Nach diesem Schuldspruch liegt dem Angeklagten zur Last, am 21.Mai 1974 in Wien eine elektrische Heftmaschine im Wert von 4.843 S (Punkt II/1) der Schuldspruchsfakten) und in der Zeit vom 3. September 1976 bis 31.Jänner 1977 in Baden und Wien verschiedene Waren im - teils restlichen -

Werte von insgesamt 133.470,39 S (Punkte II/2) bis 6) der Schuldspruchsfakten) betrügerisch herausgelockt zu haben. Einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO erblickt die Beschwerde darin, daß die Beweismittel für die Feststellungen (zur subjektiven Tatseite) in den Urteilsgründen nicht im Zusammenhang mit diesen Feststellungen angeführt werden, sodaß sie nicht überprüft werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Indes: eine zusammenfassende Anführung der Beweismittel ist dem Gericht vom Gesetz nicht untersagt, wenn diese - was selbst von der Beschwerde nicht behauptet wird - einander nicht widersprechen (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, § 270 StPO Nr. 75, 76). Die gerüge Mangelhaftigkeit liegt demnach insoweit nicht vor. Mit seiner (sachlich richtig den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltend machenden) Rechtsrüge strebt der Beschwerdeführer die strafrechtliche Beurteilung des ihm als das Verbrechen des Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3, 148,

1. Deliktsfall, StGB angelasteten Verhaltens als das Vergehen der fahrlässigen Krida nach dem § 159 StGB an; er bringt hiezu vor, das Erstgericht habe zur inneren Tatseite eine schon im Tatzeitpunkt auf die Herbeiführung des Betrugserfolges gerichtete Absicht des Angeklagten nicht festgestellt.

Der Beschwerde kommt hierin teilweise Berechtigung zu. Der Tatbestand des Betruges nach dem § 146 StGB verlangt auf der subjektiven Tatseite ein Handeln mit (zumindest bedingtem) Vorsatz, der sich sowohl auf die Täuschung als auch auf die Vermögensschädigung und (als Korrelat hiezu) die unrechtmäßige Bereicherung erstrecken muß.

Das Erstgericht hat nun in den Gründen des angefochtenen Urteils dargelegt, daß der Angeklagte trotz Verschuldung und Fehlens ausreichender Barmittel im Juli 1976 in Baden unter Anmietung eines Geschäftslokales die Firma 'B-Studio Handels-Ges.m.b.H. Silber- und Geschenkboutique Interieur' gründete und in der Zeit vom September bis Dezember 1976 bei fünf verschiedenen Firmen Waren im Wert von rund 133.000 S bestellte (und bezog), den Kaufpreis hiefür trotz Gewährung eines längeren Zahlungszieles aber bis auf eine einmalige Teilzahlung in Höhe von 18.847,70 S ausnahmslos schuldig blieb. Nach den weiteren Urteilsannahmen hat er dabei von Anfang an gewußt, daß er die vereinbarten Zahlungsziele nicht werde einhalten können, die hohe Wahrscheinlichkeit, wieder in Zahlungsstockung und schließlich in überschuldung zu geraten, in Rechnung gestellt und sich - trotz seiner einschlägigen gerichtlichen Erfahrungen - in dem offenkundigen Bestreben, um jeden Preis Kaufmann sein zu wollen, von seinen Geschäften dennoch nicht abhalten lassen, bei welchen er seine Geschäftspartner über seine wahre finanzielle Lage täuschte, um sich zu bereichern und seinen Lebensstandard halten zu können, wobei er durchaus in Kauf nahm, daß seine Lieferanten an ihrem Vermögen geschädigt werden (Seiten 369, 370, 372).

In diesen Urteilsannahmen kommt allerdings die - für den vom Erstgericht erkennbar herangezogenen bedingten Vorsatz notwendige - Komponente des 'Sichabfindens' (§ 5 Abs. 1., zweiter Halbsatz, StGB) in der (dazu in Beziehung zu setzenden) Urteilsannahme ' ... in Kauf genommen, daß seine Lieferanten an ihrem Vermögen geschädigt werden ...' (S. 373) nicht zweifelsfrei zum Ausdruck. Einer solchen Formulierung ist nämlich Aussagekraft nur dahin zuzubilligen, daß sich der Betreffende der (nahen) Möglichkeit eines Schadenseintrittes bewußt war. Dies reicht aber zur Bejahung vorsätzlichen Handelns nicht aus. Denn der Umstand, daß der Täter die Möglichkeit der Verwirklichung des Tatbildes ernst nimmt (= als naheliegend ansieht), kann gleichermaßen Ausgangspunkt für (bedingt) vorsätzliches wie für (bewußt) fahrlässiges Handeln sein. Diese beiden Schuldformen unterscheiden sich erst in der Fortsetzung des Willensbildungsprozesses dadurch, daß der Täter im einen Fall sich dennoch zur Tat entschließt, weil er einen das Tatbild verwirklichenden Ablauf der Ereignisse hinzunehmen gewillt ist, im anderen Fall aber im - wenn auch leichtfertigen -

Vertrauen darauf handelt, den verpönten Erfolg nicht herbeizuführen (vgl. EvBl. 1975/192 = SSt. 46/8 u.a.). Zu einer eindeutigen Aussage über diesen Umstand war das Gericht umsomehr gehalten, als es dem Angeklagten das Bestreben zubilligte, Kaufmann zu sein, d.h. als solcher zu arbeiten.

Somit hat das Erstgericht zu den Schuldspruchsfakten II/2) bis 6) in subjektiver Hinsicht nur unzureichende Feststellungen getroffen, die die Subsumtion der dem Angeklagten angelasteten Tat unter den Tatbestand des § 146

StGB nicht zu decken vermögen. Dieser Feststellungsmangel macht das Urteil im betroffenen Umfang nichtig im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO Anders hingegen die - gesonderte - Urteilsbegründung zu dem von den übrigen Betrugsfakten II/2) bis 6) des Urteilssatzes zeitlich getrennten Schuldspruchsfaktum II/1), wozu das Erstgericht ausdrücklich feststellt, der Angeklagte habe (schon) zur Zeit der Bestellung der elektrischen Heftmaschine (S. 366) den tatbildmäßigen Erfolg, das heißt die Schädigung der Lieferfirma, in seiner damaligen (finanziellen) Lage ernstlich für möglich gehalten und sich damit (auch) abgefunden (S. 367 unten). Mit ihrem Vorbringen, der Angeklagte habe auch in diesem Fall im Tatzeitpunkt nicht mit 'Betrugsabsicht' (gemeint: Schädigungsvorsatz) gehandelt, geht die Beschwerde nicht von den gegenteiligen Urteilsannahmen aus und ist demnach nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt.

Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne des § 285 d Z. 1 in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Mit der Aufhebung des Schuldspruches zu den Punkten II/2) bis 6) des Urteilsspruches ist dem (auch dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch zu Punkt II/1) des Urteilssatzes zugrundeliegenden - jedoch ersichtlich nicht auf diesen allein gestützten) Ausspruch, daß der Angeklagte die Betrügereien gewerbsmäßig begangen habe, sowie der rechtlichen Beurteilung dieser Tat als das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betruges auch nach den § 147 Abs. 3 und 148, 1.Deliktsfall, StGB die Grundlage entzogen, sodaß das Ersturteil auch in diesen Aussprüchen aufzuheben war. Da sich zeigt, daß in dem von der Aufhebung betroffenen Teil des angefochtenen Urteils die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und diesbezüglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO - mit Zustimmung der Generalprokuratur -

bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung hiezu wie im Spruche zu erkennen. Damit brauchte auch auf das weitere Beschwerdevorbringen, der Ausspruch des Gerichtes über die gewerbsmäßige Begehung der Betrügereien sei mangelhaft begründet, nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Aufhebung des Strafausspruches ist eine zwangsläufige Folge der Teilaufhebung des Schuldspruches.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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