OGH 13Os153/78

OGH13Os153/7827.11.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.November 1978 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Michael A und andere wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B und die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Michael A und Paul B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 26. Juli 1978, GZ. 20 d Vr 1.512/78-33, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Feichtenberger und Dr. Schmautzer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten Michael A verhängte Zusatz-Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre und 2 (zwei) Monate und die über den Angeklagten Paul B verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate erhöht werden. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

I./

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde der am 8.Mai 1959 geborene Michael A u.a. unter Punkt II/1 und 2 des Urteilssatzes des Verbrechens des verbrecherischen (Raub-) Komplottes nach § 277 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er und der gesondert verfolgte Manfred C die gemeinsame Ausführung eines Raubes verabredeten, indem sie in Wien vereinbarten, und zwar 1.) Ende 1977, einen Taxilenker zu überfallen, um sich in den Besitz des Fahrzeuges und seines Bargeldes zu setzen, wobei Michael A und Manfred C den Mann niederschlagen sollten und Paul B die Lenkung des Fahrzeuges übernehmen sollte, und 2.) anfangs 1978, am Abend des 8.Februar 1978 den Tankwart einer Tankstelle in Wien 16., Pfenninggeldgasse, zu überfallen, wobei Manfred C den Tankwart mit einer Pistole bedrohen sollte, während Michael A das vorhandene Bargeld an sich bringen wollte.

Die Geschwornen hatten die im Sinn dieses Schuldspruchs gestellte (entsprechend der Verabredung zweier Raubüberfälle in A und B untergeteilte) Hauptfrage 2) bejaht.

II./

Mit demselben Urteil wurde der am 19.September 1959 geborene Paul B u.a. unter Punkt I/1 des Urteilssatzes des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1 und 143 StGB schuldig erkannt, weil er Ende 1977 in Wien gemeinsam mit dem Mitangeklagten Michael A und dem gesondert verfolgten Manfred C versuchte, mit Gewalt gegen eine Person bzw. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe einem anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen bzw. abzunötigen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Manfred C an Michael A über dessen Ersuchen einen Hammer übergab, sie gemeinsam zunächst die Passage Getreidemarkt/

Mariahilferstraße und sodann die Passage bei der Bellaria aufsuchten, sich dort jeweils zur Damentoilette begaben, wo Michael A nach Frauen Ausschau hielt, die er mit dem Hammer niederschlagen und welchen er Bargeld und andere Wertgegenstände hätte wegnehmen können, während Paul B und Manfred C Aufpasserdienste leisteten. Die Geschwornen hatten die im Sinn dieses Schuldspruches gestellte, den Angeklagten Paul B betreffende 5.) Hauptfrage bejaht und die zugehörige Zusatzfrage 12.) - ob Paul B die Ausführung der in dieser Hauptfrage angeführten Straftat freiwillig aufgab, verhinderte oder (freiwillig) den Erfolg abwendete - verneint.

III./

Diese Schuldsprüche wurden von den beiden Angeklagten mit

Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Der Angeklagte Michael A zog seine Nichtigkeitsbeschwerde im Lauf des Gerichtstages vor dem Obersten Gerichtshof zurück. Der Angeklagte Paul B stützt seine Beschwerde allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO und wendet ein, die den Geschwornen zur Hauptfrage 5) erteilte (schriftliche) Rechtsbelehrung über die Rücktrittsvoraussetzungen des § 16 StGB erweise sich als unrichtig, weil die Laienrichter nicht darüber informiert worden seien, daß der Rücktritt vom Versuch 'auch dann freiwillig ist, wenn sich der Täter sagt, er könnte die Tat vollenden, aber er wolle es überhaupt nicht oder wenigstens nicht jetzt'.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt:

In der vom Beschwerdeführer bekämpften Rechtsbelehrung werden nämlich nach Erörterung der Merkmale des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1 und 143 StGB - wenn auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die im Sinn des § 16 Abs. 1 StGB gestellte Zusatzfrage 12) - die Rücktrittsvoraussetzungen im Sinn dieser Gesetzesstelle unter besonderer Berücksichtigung des Straflosigkeitserfordernisses der freiwilligen Aufgabe der Tatausführung (bzw., bei Beteiligung mehrerer, der Verhinderung der Ausführung oder der freiwilligen Erfolgsabwendung) dargelegt. Die Rechtsbelehrung führt hiezu u.a. aus, daß der Rücktritt nur dann freiwillig sei, 'wenn der Täter zwar die Tat vollenden könnte, dies aber aus irgendwelchen Gründen nicht mehr will'.

Diese - zutreffenden - Ausführungen entsprechen aber der Sache nach inhaltlich der vom Beschwerdeführer vermißten Belehrung; eine dem Beschwerdeführer offensichtlich außerdem vorschwebende Bezugnahme der Rechtsbelehrung auf den konkreten Sachverhalt des Anlaßfalls und auf einzelne Verfahrensergebnisse mußte, da nur rechtliche Umstände den Gegenstand der Rechtsbelehrung im Sinn des § 321 Abs. 1 StPO bilden, vorliegend mit Recht unterbleiben (SSt. 45/9). Die (unberechtigte) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B war daher zu verwerfen.

IV./

Das Erstgericht verurteilte nach dem § 143 StGB unter Anwendung der § 28 und 41 StGB den Angeklagten Michael A - gemäß den § 31 und 40 StGB mit Bedachtnahme auf das (zehn Monate Freiheitsstrafe zuerkennende) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. März 1978, AZ. 3 d E Vr 9.457/77 - zu einer (Zusatz-) Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und den Angeklagten Paul B zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Bei der Strafbemessung waren im Fall des Angeklagten A erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, ferner die Verleitung des Zweitangeklagten sowie der Umstand, daß er nach Entlassung aus der Vorhaft seine Verfehlungen gegen fremdes Vermögen fortsetzte, mildernd das reumütige Geständnis des Angeklagten, sein Alter unter einundzwanzig Jahren, der Umstand, daß es meist beim Versuch blieb, ferner die Tatsache, daß er zur Wahrheitsfindung beitrug;

im Fall des Angeklagten B erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, mildernd hingegen das reumütige Geständnis, das Alter unter einundzwanzig Jahren und der Umstand, daß es meist beim Versuch blieb und daß der Angeklagte zur Wahrheitsfindung beitrug, dann der bisherige ordentliche Lebenswandel, die teils untergeordnete Beteiligung, schließlich die Verleitung durch andere.

Die Staatsanwaltschaft strebt mit ihrer Berufung eine Erhöhung der über die Angeklagten A und B verhängten Freiheitsstrafen an. Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist im Recht.

Zunächst blieben nur die den Angeklagten zur Last fallenden Raubtaten und einzelne diebische Angriffe, nicht aber die übrigen hier zur Beurteilung stehenden Delikte beim Versuch. Auch fällt als erschwerend ins Gewicht, daß die Voraussetzungen der Strafnorm des § 143 StGB in zweifacher Hinsicht vorliegen (Gesellschaftsverhältnis, Verwendung einer Waffe). Im übrigen wurden die Strafzumessungsgründe in erster Instanz zwar im wesentlichen richtig und vollzählig festgestellt, aber nicht zutreffend gewürdigt, denn das Erstgericht maß den Strafschärfungsgründen zu geringe Bedeutung bei. Wohl läßt sich noch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung rechtfertigen, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsumstände trotz allem noch beträchtlich überwiegen und begründete Aussicht besteht, daß die Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werden, doch sind die in erster Instanz zuerkannten Freiheitsstrafen auch in Anwendung des § 41 StGB zu gering bemessen. Die Strafen waren darum auf das im Spruch ersichtliche, dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen und dem Verschuldensgrad der Angeklagten entsprechende Ausmaß zu erhöhen, wobei sich im Fall A eine Gesamtstrafe von drei Jahren ergibt. In diesem Sinn mußte deshalb der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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