Spruch:
Das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 21.Juni 1978, GZ. 10 Vr 366/78-15, mit dem Alois A des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, verletzt das Gesetz in dieser Bestimmung. Dieses Urteil wird aufgehoben und gemäß § 292, 288
Abs. 2 Z 3 StPO die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 14.Juni 1939 geborene Hilfsarbeiter Alois A wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 21.Juni 1978, GZ. 10 Vr 366/78-15, des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 (Abs. 1) StGB schuldig erkannt und nach dem 2.Strafsatz dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt, weil er 'am 9. 1. 1978 in Leoben Regina B in einer schriftlichen Anzeige an die Bundespolizeidirektion Leoben durch die Behauptung, diese habe bei ihm einen Einbruchsdiebstahl begangen, eine(r) von Amts wegen zu verfolgende(n), mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Einbruchsdiebstahles nach dem § 129 Z 1 StGB(,) falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war.' Gegen dieses Urteil meldete Alois A die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung an (ON 17 und 18 d. A), zog jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde anläßlich der Ausführung der Berufung wieder zurück (ON 19 d. A). über die Berufung wurde noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
Das vorerwähnte Urteil steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Das Erstgericht hat darin zwar die objektive Unrichtigkeit der von Alois A schriftlich vorgebrachten (und später bei Vernehmungen mündlich mehrfach wiederholten) Verdächtigung sowie in Ansehung der subjektiven Tatseite die Wissentlichkeit (§ 5 Abs. 3 StGB) des Angeklagten bezüglich dieser Unrichtigkeit festgestellt (vgl. S 80, 81 und 83 d. A), doch mangelt dem Urteil jegliche Feststellung, ob der Angeklagte durch seine Tat die Verdächtigte der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt hat - wobei dieses Tatbildmerkmal auch nicht in den Urteilsspruch aufgenommen wurde - und ob dieser - da es sich bei der Verleumdung um ein Gefährdungsdelikt handelt - entscheidende Umstand von seinem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) mitumfaßt war. Das in Rede stehende Tatbestandsmerkmal ist nur dann erfüllt, wenn es wenigstens wahrscheinlich ist, daß irgendeine Behörde den Verdächtigten verfolgen werde, wogegen im Falle einer derart unglaubwürdigen falschen Beschuldigung, daß von vornherein nicht einmal die Wahrscheinlichkeit eines behördlichen Einschreitens gegen den Verdächtigten besteht, ein Mangel am Tatbild vorliegt (SSt 46/39; Leukauf-Steininger, Kommentar, S 1170/1171). Nicht nur bezügliche Feststellungen an sich, sondern vor allem auch hinreichend begründete Feststellungen in dieser Richtung waren aber umso mehr erforderlich, als gegenständlichenfalls Umstände vorliegen, aus welchen ein von vornherein gegeben gewesenes hohes Maß an Unwahrscheinlichkeit und Unglaubwürdigkeit der Anschuldigungen des Angeklagten gegen Regina B abgeleitet werden könnte. Die Genannte, welche unbescholten und gut beleumundet ist, den Angeklagten damals lediglich vom Sehen her flüchtig kannte, von ihm daher wohl eine Personsbeschreibung geben konnte, aber jedenfalls nicht wußte, wo er wohnt, war nämlich zur selben Stunde, in der sie den Einbruchsdiebstahl in der Wohung des Angeklagten begangen haben sollte (10.März 1977, 19 Uhr), von diesem im Bereich ihres eigenen Wohnhauses mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie festhielt und zu Boden warf, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand durch mehrmaliges Betasten ihres Geschlechtsteils zur Unzucht mißbraucht worden. Wegen dieser Tat war der damals insoweit voll geständige Angeklagte mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 22. Juni 1977, GZ. 10 Vr 432/77-11, des Verbrechens des Zwanges zur Unzucht nach § 203 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt worden, die er - nachdem das Urteil mangels Erhebung eines Rechtsmittels in Rechtskraft erwachsen war - am 12.Oktober 1977 antrat und bis 12. Oktober 1978 verbüßte.
Dem im Schuldspruch rechtskräftigen Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 21.Juni 1978, GZ. 10 Vr 366/78-15, haftet daher ein entscheidungswesentlicher Feststellungsmangel im Sinne des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO an.
Der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen begründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und im Sinne des letzten Satzes des § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen.
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