OGH 13Os85/78

OGH13Os85/7819.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich A u.a. wegen des Verbrechens der Untreue (als Beteiligter) nach § 12, 153 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten Erich A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 23. September 1977, GZ. 30 Vr 7.400/

76-78, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandnung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Grois und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten

verhängte Freiheitsstrafe auf 3 1/2

(dreieinhalb) Jahre herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Kaufmann Erich A des (als Beteiligter begangenen) Verbrechens der Untreue nach den § 12, 153 Abs. 1 und 2 StGB, des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2

StGB, des Vergehens des Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und des Vergehens des Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hatte dieser Angeklagte in Wien I./ die gleichzeitig abgeurteilte Elfriede B, welche die ihr durch Rechtsgeschäft, und zwar durch ihre Bestellung zur Geschäftsführerin der B & Co Ges.

m. b.H. & Co KG eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbrauchte und dadurch der B & Co Ges.m.b.H. & Co KG einen Vermögensnachteil zufügte, wobei der durch die Tat herbeigeführte (insgesamt 1,167.119,60 S betragende) Schaden 100.000 S überstieg, durch Aufforderungen und Anweisungen zur Ausführung folgender (Untreue-)Handlungen bestimmt, und zwar:

1./ in der Zeit von April 1975 bis 23.9.1976

zur (wiederholten) Einlösung von durch ihn ausgestellten 'Bons', sowie - teils auf Grund gefälschter Darlehensverträge - zur Auszahlung von Barbeträgen (Schaden insgesamt 907.407,20 S), wobei Erich A diesfalls durch unrichtige Sachangaben in den fingierten Kreditakten und durch die Veranlassung der Verbuchung der Entnahmen auf seinem Privatkonto auch sonst zur Tatausführung beitrug; 2./ am 10.11.1976 zur Bezahlung einer Verbindlichkeit der B & Co Ges.m.b.H. an Notar Dr. Heinrich C in der Höhe von 17.171 S mit Geldern der B & Co Ges.

m. b.H. & Co KG;

3./ am 9.12.1976 zur Ausstellung einer inhaltlich unrichtigen Rechnung der B & Co Ges.m.b.H. an die B & Co Ges.m.b.H. & Co KG in der Höhe von 19.000 S und zur Bezahlung dieser Rechnung;

4./ am 23.12.1976 zum Anerkenntnis des von ihm am 20.12.1976 eigenmächtig vorgenommenen 'Verkaufs' (richtig: Tausches) der PKW Rover 2000 TC und Peugeot 204

an Helge D (Schaden zumindest 55.000 S);

5./ am 11.1.1977 zur Ausstellung eines Bons über 98.541,40 S und zur Entnahme dieses Betrages aus der Kassa der B & Co Ges.m.b.H. & Co

KG;

6./ am 25.1. und am 1.2.1977 zur Bezahlung eines Betrages in der Höhe von je 35.000 S an Rechtsanwalt Dr. Wilhelm E als Akonto für die von Dr. E übernommene Verteidigung der Elfriede B und seiner eigenen Person im Verfahren AZ. 23 Vr 7.400/76 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien aus der Kassa der B & Co Ges.m.b.H. & Co KG (Punkte I./ B./ 1./ und 2./ des Urteilssatzes);

II./ am 20.12.1976 ein Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert, das ihm anvertraut worden war, nämlich den im Vorbehaltseigentum der G Bank-AG stehenden PKW Marke Jaguar XJ, 6, 4, Fahrgestellnr. lL55410BW, Motornr. 7L17217-8, im Werte von zumindest 40.000 S Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (Punkt III./ A./ des Urteilssatzes);

III./ am 25.11.1976 eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich 31.146 S Bargeld, der B & Co Ges.m.b.H. & Co KG mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern (Punkt III./ B./ des Urteilssatzes); IV./ am 9.11.1976 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Elfriede B durch Ausstellen eines inhaltlich unrichtigen, mit einer gefälschten Unterschrift versehenen Kassenausgangsbelegs ('Provision für Autoverkauf') über 2.800 S, sohin durch Täuschung über Tatsachen und Benützung einer falschen Urkunde, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung dieses Betrages aus der Kassa der B & Co Ges.m.b.H. & Co KG verleitet, die diese Firma in der Höhe des genannten Betrages am Vermögen schädigte (Punkt III./ C./ des Urteilssatzes). Erich A bekämpft dieses Urteil im Schuldspruch mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Unter Anrufung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer, daß seinen in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen auf Einvernahme der Zeugin Helga H und auf Beiziehung eines Buchsachverständigen nicht entsprochen wurde. Er vermag jedoch nicht aufzuzeigen, daß die besagte Abweisung geeignet gewesen wäre, auf die Entscheidung einen für ihn nachteiligen Einfluß zu üben. Die Zeugin H sollte inhaltlich der vom Beschwerdeführer und seinem Verteidiger anläßlich der bezüglichen Antragstellung genannten Beweisthemen über die fingierten (von der Staatsanwaltschaft als fingiert behaupteten) Pfanddarlehen Bescheid wissen (S. 83/V), weiters (zum Punkt III./ B./ des Urteilsspruchs) darüber Angaben machen, ob ihr der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den 127.000 S (von denen er nach den Urteilsannahmen 31.146 S wegnahm) jemals eine Provision gegeben habe, bestätigen, daß der Beschwerdeführer diesen Geldbetrag angeblich nie bekommen und in der Firma überhaupt nie Geld genommen habe, und schließlich darüber befragt werden, ob 'Fr. I mit den PKW-Verkäufen einverstanden war' (vgl. S. 84/V). Soweit der Beschwerdeführer nun in Ausführung der Verfahrensrüge die Auffassung vertritt, die Einvernahme der erwähnten Zeugin wäre deshalb notwendig gewesen, weil durch die Aussagen der Zeugen J und D die Höhe des ihm übergebenen Geldbetrages angeblich nicht eindeutig objektiviert werden konnte, ist ihm entgegenzuhalten, daß weder den Aussagen der Zeugen D (vgl. S. 472 ff, insbes. S. 476 oben/IV) und J (vgl. S. 1 ff, insbes. S. 16-19/V) noch seiner eigenen (leugnenden) Verantwortung (vgl. S. 332 ff/IV, 24/V) eine Anwesenheit der Zeugin H bei der übergabe der in Rede stehenden 127.000 S entnommen werden kann.

Da unter diesen Umständen nicht damit zu rechnen war, daß die Zeugin Helga H im Zusammenhang mit dieser Geldübergabe irgendwelche brauchbaren Angaben machen konnte, hätte der Beschwerdeführer bei Stellung des Beweisantrages auch jene besonderen Umstände angeben müssen, kraft deren eine Einvernahme der Zeugin (wider alle Erwartung) allenfalls doch für die Sache Bedeutung haben konnte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Das Erstgericht konnte daher sein abweisliches Zwischenerkenntnis zunächst zutreffend damit begründen, daß mit Rücksicht auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens von einer Einvernahme der Zeugin H in dieser Beziehung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war (vgl. S. 87 in Verbindung mit S. 165/V).

Im übrigen ist dem Erstgericht auch darin beizupflichten, daß eine neuerliche Einvernahme dieser - zur Zeit der Hauptverhandlung erkrankten (vgl. S. 79/V) -

Zeugin vor dem erkennenden Gericht auch nach dem (für die Entscheidung der Strafsache erkennbar nicht bedeutsamen) Inhalt ihrer - wenngleich unter unrichtiger Bezugnahme auf die Bestimmung des § 252 vorletzter Absatz StPO, aber von den Parteien unwidersprochen - verlesenen (vgl. S. 87/V) Aussage vor dem Untersuchungsrichter (ON 10) nicht notwendig schien. Bei der in weiterer Ausführung der Verfahrensrüge aufgestellten Behauptung aber, die Aussage der Zeugin H (vor dem erkennenden Gericht) wäre auch im Zusammenhang mit den im Punkt I./ A./ 4./ des Urteilsspruchs genannten PKW-Geschäften (Rover und Peugeot) von wesentlicher Bedeutung gewesen, läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß sich der bezügliche Beweisantrag auf dieses Faktum erkennbar nicht erstreckte, weswegen es mangels eines ausdrücklichen in der Hauptverhandlung vorgebrachten Begehrens, die Zeugin auch in dieser Richtung zu vernehmen, diesfalls schon an den formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung des angezogenen Nichtigkeitsgrundes mangelt.

Ebensowenig wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines Antrages auf Beiziehung eines Buchsachverständigen in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Das Gutachten dieses Buchsachverständigen sollte zufolge des vom Beschwerdeführer bei der Antragstellung genannten Beweisthemas lediglich zum Beweis dafür dienen, 'daß die Buchhaltung nicht richtig ist' (vgl. S. 84/V), doch kommt diesem Umstand - wie das Erstgericht zutreffend erkannte (vgl. S. 88 in Verbindung mit S. 149, 150/V) - schon deshalb keine Bedeutung zu, weil sich für den Angeklagten auch im Fall einer tatsächlichen Unrichtigkeit der Buchhaltung nichts gewinnen ließe.

Denn einerseits spielten sich die inkriminierten Vorgänge zum Teil überhaupt außerhalb der Buchhaltung ab und anderseits konnte das Erstgericht die Höhe der vom Angeklagten weitgehend gar nicht bestrittenen Auszahlungen und Entnahmen auch ohne Sachverständigen an Hand unbedenklicher Urkunden einwandfrei klären. Da es an der Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens auch nichts ändern könnte, wenn - wie er mit seinem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO schließlich behauptet - die B & Co Ges.m.b.H. & Co KG wirklich einen (durch unrichtige Bilanzierung verschleierten) Gewinn gehabt haben sollte, und wenn berücksichtigt wird, daß der Zeuge Ing. Alfred I im Jahr 1976 Entnahmen in der Höhe von 200.000 S tätigte, hält die Verfahrensrüge somit nach keiner Richtung hin stand. In Ausführung des weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO wirft der Beschwerdeführer dem angefochtenen Urteil vor, unvollständig, teilweise auch undeutlich, aktenwidrig und mit sich selbst im Widerspruch zu sein. Hiebei unternimmt er jedoch nach Inhalt und Zielsetzung seiner Ausführungen - ohne Begründungsmängel formaler Natur aufzeigen zu können, wie sie zur Herstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlich wären - im wesentlichen nur den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die auf § 258 Abs. 2 StPO beruhende und gemäß dem § 270 Abs. 2 Z 5 StPO auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse hinreichend begründete freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes zu bekämpfen. Insbesondere trifft es nicht zu, daß im angefochtenen Urteil die Aussage des Zeugen Ing. Alfred I übergangen worden wäre. Dessen Angaben (vgl. S. 433 ff/IV) wurden vom Erstgericht ohnedies berücksichtigt, allerdings nicht in dem vom Beschwerdeführer gewünschten (entlastenden) Sinn, sondern im Gegenteil bei Begründung der (bemängelten) Feststellung, daß der Angeklagte vereinbarungsgemäß lediglich berechtigt war, aus der B & Co Ges.m.b.H. & Co KG in der Zeit von Juli 1975 bis Juni 1976 monatlich 30.000 S und im Jahr 1975 zusätzlich weitere 150.000 S zu entnehmen (vgl. S. 137/V), wofür diese Angaben - ebenso wie die Aussagen der Zeugen Erika I (vgl. S. 390 ff/IV) und Dr. Franz K (S. 57 ff/V) - Deckung boten. Daß Ing. Alfred I im Zug seiner Vernehmung auch aussagte, er habe 1976 'insgesamt glaublich vier Monate hindurch, alles in allem ca. 200.000 S oder über 200.000 S' entnommen (vgl. S. 446/IV), bedurfte keiner besonderen Erörterung und wirft keineswegs

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