Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Peter A betreffenden Schuldspruch zu Punkt I.3. des Urteilssatzes (zum Zweck der Aufbewahrung erfolgte übergabe von 4.800 Gramm Haschisch an Robert
B) und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden
Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches gemäß dem § 6 Abs. 4 SGG) sowie im Verfallsausspruch gemäß dem § 6 Abs. 3 SGG aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 4. Oktober 1956 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Peter A des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach den § 6 Abs. 1 SGG, 15 StGB und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 SGG schuldig erkannt. Ihm liegt nach dem Inhalt der ihn betreffenden Schuldsprüche zur Last, I./ vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen eingeführt, ausgeführt und in den Verkehr gesetzt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er
1. in der Zeit zwischen Sommer 1976 und dem 9. August 1977 in Wien etwa 750 Gramm Haschisch an den abgesondert verfolgten Franz
C (allein) verkaufte;
2. in der Zeit zwischen Sommer 1976 und dem 9. August 1977 in Wien außerdem etwa 4.930 Gramm Haschisch an die abgesondert
verfolgten Franz C und Karl D verkaufte;
- 3. Anfang August 1977 in Wien dem abgesondert verfolgten Robert B 4.800 Gramm Haschisch zur Aufbewahrung
übergab;
- 4. im Dezember 1976 200 Gramm Cocain aus den Niederlanden ausführte und nach Österreich einführte;
II./ am 14. August 1977 in Wien versucht zu haben, eine Tathandlung der zu Punkt I./ angeführten Art dadurch zu begehen, daß er mit Franz C ein Zusammentreffen zwecks Verkauf von 1.600 Gramm Haschisch vereinbarte und sich unter Mitnahme dieser Suchtgiftmenge zu dem vereinbarten Treffpunkt begab;
III./ in der Zeit zwischen 1974 und August 1977 in Wien und anderen Orten wiederholt unberechtigt Suchtgift erworben und besessen zu haben.
Von zwei weiteren Anklagevorwürfen in der Richtung des § 6 Abs. 1 SGG wurde Peter A unangefochten freigesprochen.
Die Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte A mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen zur Mängelrüge darzutun versucht, das Erstgericht habe die Feststellungen über den Umfang der dem Schuldspruch laut Punkt I./ des Urteilssatzes zugrundegelegten Suchtgiftmengen zu Unrecht nur auf die Angaben des (abgesondert verfolgten) Franz C und des (ebenfalls abgesondert verfolgten) Robert B vor der Sicherheitsbehörde gestützt, wobei er gleichzeitig die Richtigkeit der von den beiden Genannten abgelegten Geständnisse bezweifelt, bekämpft er im wesentlichen nur in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. In Ansehung des Schuldspruchfaktums I./3. stand die Suchtgiftmenge von vornherein fest, weil die 4.800 Gramm Haschisch bei Robert B sichergestellt werden konnten (S. 105 d. A). Im übrigen hat das Erstgericht zu den Urteilsfakten I./ 1., 2. und 4. mit ausführlicher und denkrichtiger Begründung dargelegt (S. 311 bis 315 d. A), weshalb es bei der Feststellung der dort angeführten, vom Beschwerdeführer verkauften bzw. ins Inland eingeführten Suchtgiftmengen den belastenden Angaben des Franz C und des Robert B vor der Sicherheitsbehörde und nicht deren entlastenden Angaben in der Hauptverhandlung folgte, sodaß sich der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang dem Urteil gemachte Vorwurf einer offenbar unzureichenden Begründung im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO als unberechtigt erweist. Der weitere Hinweis in der Mängelrüge auf das gegen Franz C (und Karl D) beim Kreisgericht Wr. Neustadt abgesondert geführte Verfahren 7 Vr 1142/77 geht schon deshalb ins Leere, weil auch diesem Verfahren dieselben (den Beschwerdeführer belastenden) Angaben des Franz C vor der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich vom 11. August 1977 über die von ihm erworbenen Suchtgiftmengen zugrundeliegen, auf die das Erstgericht den vorliegenden Schuldspruch des Beschwerdeführers in den Urteilsfakten I./ 1. und 2. stützt. Eine nähere Erörterung des in der Hauptverhandlung zur Verlesung gebrachten (S. 296 d. A) vorerwähnten Aktes des Kreisgerichtes Wiener Neustadt (betreffend Franz C und Karl D) durch das Erstgericht war mithin schon angesichts des Umstandes entbehrlich, daß die in diesem (damals noch gar nicht rechtskräftig abgeschlossenen) Verfahren vorliegenden Beweisergebnisse mit den Beweisergebnissen im gegenständlichen Verfahren im wesentlichen übereinstimmen. Davon abgesehen ist es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers unerheblich, welche Suchtgiftmengen Franz C letztlich in dem obzitierten Verfahren vor dem Kreisgericht Wiener Neustadt zu verantworten hat. Denn das Erstgericht hatte die Schuldfrage auf Grund der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung selbständig zu lösen, so daß es ihm auch nicht verwehrt war, dem vorliegenden Schuldspruch des Beschwerdeführers eine über den in einem anderen Verfahren ergangenen Schuldspruch des Franz C (nach den § 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 Z 2 SGG) hinausgehende (von A an C verkaufte) Suchtgiftmenge zugrundezulegen.
Es kommt aber auch der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge insoweit keine Berechtigung zu, als der Beschwerdeführer seinem Schuldspruch im Urteilsfaktum II./ entgegenhält, er sei, weil Franz C in diesem Fall als 'agent provocateur' aufgetreten sei, gar nicht in der Lage gewesen, die damals in seinem Besitz befindlichen 1.600 Gramm Haschisch in Verkehr zu setzen, womit er der Sache nach das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs im Sinne des § 15 Abs. 3 StGB behauptet.
Das Erstgericht traf zu diesem Urteilsfaktum die Feststellung, der Angeklagte A habe sich am 14. August 1977 mit etwa 1.600 Gramm Haschisch zu einem mit Franz C vereinbarten Treffpunkt (in Wien) begeben, um ihm das Suchtgift zu verkaufen, sei aber kurz vor der übergabe verhaftet worden (S. 309 d. A). Den bezüglichen Verfahrensergebnissen zufolge hatte sich nämlich der damals bereits in Haft befindliche Franz C bereit erklärt, bei der überführung seines damals nur mit dem Vornamen ('Peter') bekannten Suchtgiftlieferanten mitzuwirken (S. 41/43 d. A), weshalb er mit Wissen und unter Aufsicht der Sicherheitsbehörden telefonisch mit diesem ein Zusammentreffen in Wien zwecks übernahme von Haschisch vereinbarte, bei dem dann der Beschwerdeführer unmittelbar vor übergabe der 1.600 Gramm Haschisch an Franz C von Organen der Sicherheitsbehörde festgenommen wurde (S. 143 und 145 d. A). Aber auch die urteilsmäßige Feststellung dieser näheren Tatumstände wäre nicht geeignet gewesen, eine önderung in der rechtlichen Beurteilung des Urteilsfaktums II./ als das Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SGG in der Erscheinungsform des (strafbaren) Versuchs herbeizuführen. Die Prüfung der Frage der Tauglichkeit eines - wie vorliegend - mißlungenen Versuchs ist unter Anlegung eines abstrahierenden und generalisierenden Maßstabes an dem vom Täter beabsichtigten weiteren Vorhaben vorzunehmen, wobei nicht nur die Besonderheiten des Einzelfalles, wie sie sich zur Tatzeit (zufällig) ergaben, zu beachten sind, sondern auch (und vor allem) alle Modalitäten, die erfahrungsgemäß bei dem beabsichtigten (weiteren) Tun des Täters einzutreten pflegen (ÖJZ-LSK 1978/19 =
EvBl. 1978/58). Absolut untauglich - und daher im Sinne des § 15 Abs. 3 StGB straflos - ist ein Versuch nur dann, wenn die Tatvollendung objektiv unter keinen Umständen möglich war, es also auch bei dieser generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtungsweise geradezu denkunmöglich ist, daß es zur Vollendung der Tat kommt.
Diese Voraussetzungen treffen hier nicht zu, scheiterte doch im vorliegenden Fall der Versuch des Beschwerdeführers, am 14. August 1977 eine Haschischmenge von 1.600 Gramm durch übergabe an Franz C (mit dem im § 6 Abs. 1 SGG umschriebenen Gefährdungsvorsatz) in Verkehr zu setzen, bloß deshalb, weil der schon vorher wiederholt gegenüber dem Beschwerdeführer als Käufer größerer Suchtgiftmengen aufgetretene Franz C diesmal unter Aufsicht der Sicherheitsbehörden (als agent provocateur) handelte. Das Tatverhalten des Beschwerdeführers, der die vorerwähnte Suchtgiftmenge zwecks Weitergabe mit sich führte, war demnach in abstracto zur Herbeiführung des verpönten Erfolgs durch Inverkehrsetzen des Suchtgifts durchaus geeignet, wenn auch aus den bereits angeführten (zufälligen) Umständen die Vollendung der Tat in concreto nicht möglich war. So gesehen ist die rechtliche Beurteilung der Tathandlungen des Beschwerdeführers im Urteilsfaktum II./ als (strafbarer) Versuch des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SGG frei von Rechtsirrtum.
Hingegen kann der gegen den Schuldspruch zu Punkt I./
3. des Urteilssatzes gerichteten - sachlich auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten - Rechtsrüge des Beschwerdeführers, mit der er sich gegen die Auffassung des Erstgerichtes wendet, daß (allein) schon die übergabe von (gleichfalls zum Verkauf bestimmten)
4.800 Gramm Haschisch an Robert B zur Aufbewahrung zur Verwirklichung (Vollendung) des Tatbestandes nach dem § 6 Abs. 1 SGG ausreiche, Berechtigung nicht abgesprochen werden.
In Ansehung dieses Urteilsfaktums kommt von den im § 6 Abs. 1 SGG angeführten Ausführungshandlungen allein das Inverkehrsetzen von Suchtgift in Betracht. Darunter ist die übertragung der Verfügungsgewalt über Suchtgift auf einen anderen mit dem (gewollten) Ergebnis zu verstehen, daß es ohne weiteres Zutun des Täters von Hand zu Hand wandern kann. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen zum Urteilsfaktum I./ 3. hatte jedoch Robert B die ihm vom Beschwerdeführer übergebene Haschischmenge von 4.800 Gramm (bloß) zur Aufbewahrung übernommen und hiefür ein Entgelt von 10.000 S erhalten;
beim Abholen des Suchtgifts sollte er vom Beschwerdeführer vereinbarungsgemäß noch weitere 10.000 S bekommen (vgl. S. 308 und 310 d. A). Angesichts dieser Urteilsannahme kommt mangels einer vom Beschwerdeführer dem Robert B als bloßem Verwahrer eingeräumten Befugnis, über diese Suchtgiftmenge frei zu verfügen, das vollendete Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SGG nicht in Betracht, weil nach dem oben Gesagten in dem festgestellten Tun des Beschwerdeführers ein Inverkehrsetzen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht erblickt werden kann.
Zur verläßlichen Beurteilung der weiteren Frage aber, ob der Beschwerdeführer allenfalls bereits strafbaren Versuch eines Verbrechens nach der vorerwähnten Gesetzesstelle zu verantworten hat, reichen die Feststellungen des erstgerichtlichen Urteils nicht aus. Zur Annahme eines Versuchs ist nämlich gemäß dem § 15 Abs. 2 StGB eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung, somit ein Verhalten des Täters erforderlich, das durch seinen sinnfälligen Zusammenhang mit der angestrebten Deliktsverwirklichung direkt auf diese ausgerichtet ist und nach der zielgewollten Vorstellung des Handelnden in unmittelbarer Folge - ohne jede Zwischenphase - in die Ausführung übergehen soll, wobei der Begriff der Ausführungsnähe auf die dem jeweiligen Deliktstypus entsprechende Ausführungshandlung abzustellen ist. In jenen Fällen, in denen - wie im § 6 Abs. 1 SGG - das Inverkehrsetzen einer Ware unter bestimmten weiteren Voraussetzungen pönalisiert ist, stellen sich Handlungen, die der Vorbereitung der Weitergabe und der Verteilung dienen, dann als ausführungsnah und somit faktisch als Versuchsbeginn dar, wenn dadurch der Verteilungsvorgang bereits real eingeleitet wird und das Inverkehrsetzen der (allenfalls zum Weiterverkauf bereits verkehrsgerecht zugerichteten Ware) in - nach Art und Gepflogenheiten bei Durchführung solcher Geschäfte - relativ naher Zeit erfolgen soll (ÖJZ-LSK 1975/65, EvBl. 1975/71). Darunter fällt zwar eine durch die Eigentümlichkeiten des Verteilungsvorganges technisch bedingte (kurzfristige) Zwischenlagerung, nicht aber eine Bevorratung einer Suchtgiftmenge durch Verstecken in fremden Räumen, wenn der Absatz des Suchtgifts erst zu einem späteren, noch ungewissen Zeitpunkt an einen noch unbestimmten Personenkreis erfolgen soll. Denn diesfalls kann von einem - objektiv gesehen - ausführungsnahen, bereits im unmittelbaren Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung liegenden Tatverhalten, das sich auch - in subjektiver Beziehung - bereits in einem Stadium befindet, in dem die überwindung der entscheidenden Hemmstufe vor der Tatbegehung durch den Täter angenommen werden kann, und somit vom Vorliegen eines bereits strafbaren Versuchs noch nicht gesprochen werden (vgl. SSt 46/22). In bezug auf die genannten Kriterien eines Versuchs des Deliktes nach dem § 6 Abs. 1 SGG läßt aber das angefochtene Urteil in Ansehung des Urteilsfaktums I./ 3. jede Feststellung vermissen, sodaß sich infolge dieses Feststellungsmangels die Aufhebung des Urteils im aufgezeigten Umfang als unvermeidlich erweist.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht die erforderlichen Feststellungen zu den aufgezeigten Versuchskriterien zu treffen und dabei vor allem zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte A durch die übergabe der 4.800 Gramm Haschisch zur Aufbewahrung an Robert B nur ein Vorratslager für einen zwar vorgesehenen, aber hinsichtlich des Zeitpunkts noch ungewissen Absatz dieses Suchtgifts anlegen wollte oder ob es sich um eine bereits zur Einleitung des unmittelbaren Verteilungsvorganges gehörige bloße Zwischenlagerung mit dem Ziel handelte, das - zum Weiterverkauf allenfalls schon entsprechend hergerichtete - Suchtgift in naher Zeit einem bereits in Aussicht genommenen Abnehmerkreis zukommen zu lassen. Im erstgenannten Fall könnte von einem ausführugsnahen, in unmittelbarer Folge ohne jede Zwischenphase in die Tatausführung übergehenden Verhalten im Sinne der § 15 StGB, 6 Abs. 1 SGG nicht gesprochen werden, wohl aber käme eine Tatbeurteilung nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 SGG in Betracht.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
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