OGH 12Os152/78 (12Os153/78)

OGH12Os152/78 (12Os153/78)12.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 28. Juli 1977, GZ. U 82/76-32, und des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. November 1977, GZ. Bl 623/77-37, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, und der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Bacher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Friedrich A wegen § 88 Abs. 1 StGB und Eduard B wegen § 88 Abs. 1 und 4 StGB, AZ U 82/76 des Bezirksgerichtes Kitzbühel wurde das Gesetz verletzt, und zwar A/ durch das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 28. Juli 1977, GZ U 82/76-32, insoweit damit Friedrich A des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu einer (bedingt nachgesehenen Geld-)Strafe verurteilt wurde, durch die laut Hauptverhandlungsprotokoll ohne Begründung erfolgte Abweisung der vom Verteidiger dieses Angeklagten in der Hauptverhandlung gestellten Anträge in der Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO und, soweit wegen deren Erheblichkeit für die Sachentscheidung Friedrich A durch dieses (abweisende) Zwischenerkenntnis in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt wurde, auch in dem u.a. in den Bestimmungen der § 3, 199 Abs. 2 letzter SatzStPO in Verbindung mit § 248 Abs. 1, 458 Abs. 5 StPO verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsatz der materiellen Wahrheit; B/ durch das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 11. November 1977, AZ Bl 623/77, soweit damit der Berufung des Angeklagten Friedrich A wegen Nichtigkeit trotz Vorliegens des von ihm geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nach § 468 Abs. 1 Z 3 StPO in Verbindung mit § 281 Abs. 1 Z 4 StPO nicht Folge gegeben wurde, in der Bestimmung des § 475 Abs. 1 StPO. Diese beiden unter Punkt A/ und B/ bezeichneten Urteile und alle darauf beruhenden Beschlüsse, Anordnungen und Verfügungen, insbesondere die Endverfügung vom 30. November 1977, ON 38 d. A, werden aufgehoben und es wird die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 28. Juli 1977, GZ U 82/76-32, wurde der am 27. September 1937 geborene Sparkassenangestellte Friedrich A des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, am 17. (im Urteilsspruch unrichtig: 27.) Dezember 1975 in Kirchdorf in Tirol als Lenker eines PKWs dadurch, daß er infolge unvorsichtigen überholens und falscher Einschätzung der Verkehrslage mit seinem Fahrzeug auf den (vor ihm fahrenden) nach rechts einbiegenden, von Eduard B gelenkten LKW auffuhr, (fahrlässig) die in seinem Fahrzeug mitfahrende Renate C (am Körper) leicht verletzt zu haben.

Nach dem eingeholten und in der Hauptverhandlung auch zur Verlesung gebrachten Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen Med.Rat Dr. Walther D, ONr. 17

d. A, erlitt Renate C eine Schädelprellung mit Hautabschürfungen an der Wange und im Bereich des linken Knies. Diese dem Grad nach leichten Verletzungen waren mit einer Gesundheitsstörung und Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger, aber unter 24 Tagen liegenden Dauer verbunden.

Den wesentlichen Urteilsfeststellungen zufolge überholte der auf der Bundesstraße 312 (Freilandstraße) von St. Johann in Tirol in Richtung Kirchdorf i.T. fahrende Friedrich A zunächst den sich in dieselbe Richtung bewegenden, von Franz E gelenkten LKW (im Urteil unrichtig als LKW-Zug bezeichnet) und hatte zunächst die Absicht, auch einen etwa 60 bis 70 m vor diesem LKW fahrenden zweiten LKW zu überholen, den der mit dem eingangs erwähnten Urteil gemäß dem § 259 Z 3 StPO von dem im Zusammenhang mit demselben Verkehrsunfall erhobenen Anklagevorwurf des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und 4

StGB rechtskräftig freigesprochene Eduard B lenkte. Da dieser damals mit seinem Fahrzeug von der Bundesstraße 312 nach rechts in eine zu einem Sägewerk führende Zufahrt einbiegen wollte und deshalb etwa 40 bis 50 m vorher den rechten Blinker des LKWs betätigt hatte, nahm nach den weiteren Urteilsfeststellungen Friedrich A, als er das Abbiegevorhaben des vor ihm befindlichen LKW-Lenkers B wahrgenommen hatte, von seinem ursprünglichen Vorhaben, auch diesen LKW zu überholen, Abstand und lenkte seinen PKW wieder auf die rechte Fahrbahnhälfte. Er konnte aber infolge seiner hohen Geschwindigkeit trotz Abbremsens ein Auffahren gegen den bereits nach rechts einbiegenden LKW nicht mehr vermeiden. Unter Hinweis auf die Aussage des Zeugen Franz E und das in der Hauptverhandlung zur Verlesung gebrachte Gutachten des Verkehrssachverständigen Ing. Walter F, ON 13 und 23, ging das Erstgericht von der Annahme aus, daß Eduard B mit seinem LKW vor seinem Abbiegemanöver nach rechts die Fahrbahnmitte nicht überfahren hatte, und bezeichnete die Angaben der im PKW des Friedrich A mitfahrenden Zeugen Karl G, ON 10

d. A, Margit H, ON 11 d. A, und Renate C, ON 12 d. A, wonach Eduard

B vor dem Einbiegen nach rechts mit dem LKW nach links ausgeschwenkt sei und hiebei die (von Friedrich A beim überholen befahrene) linke Fahrbahnhälfte blockiert habe, als vollkommen unglaubwürdig, obschon es die vorgenannten Zeugen in der Hauptverhandlung nicht gehört, sondern ihre im Rechtshilfeweg vor dem Strafbezirksgericht Wien abgelegten Aussagen (allerdings mit Zustimmung des Verteidigers des Angeklagten A), verlesen hatte (S. 118 d. A). Friedrich A, der bei diesem Unfall schwer verletzt wurde und unter anderem eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, war infolge einer unfallsbedingten retrograden Amnesie nicht in der Lage, über den Unfallshergang Angaben zu machen.

In der vom Angeklagten A gegen dieses verurteilende Erkenntnis des Bezirksgerichtes Kitzbühel eingebrachten Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe rügte er unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe des § 468 Abs. 1 Z 3 StPO (§ 281 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO) u.a. die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf fotogrammetrische Auswertung der (von der Gendarmerie angefertigten) Lichtbilder von der Unfallstelle, insbesondere der darauf sichtbaren Brems-, Rutsch- und Fahrspuren zum Beweis dafür, daß Eduard B mit seinem LKW bei seinem Abbiegemanöver (zunächst) auf die linke Fahrbahnhälfte geraten sei (S. 89 und 118 d. A) sowie auf ergänzende mündliche Einvernahme des Verkehrssachverständigen Ing. Walter F (dessen schriftlich erstattetes Gutachten in der Hauptverhandlung nur zur Verlesung gebracht worden war) zum Beweis eines überhanges des LKWs (mit einer dadurch beim Einbiegen bedingten Mitbenützung der linken Fahrbahnhälfte, S. 118 d. A). Unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit im Sinne § 468 Abs. 1 Z 3 StPO (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) bewirkenden Unvollständigkeit machte er dem Erstgericht zum Vorwurf, das Eingeständnis des Mitangeklagten Eduard B, den LKW vorher - ohne allerdings die Fahrbahnmitte zu überfahren - nach links gelenkt zu haben, um dann besser nach rechts einbiegen zu können (S. 86 d. A) ebenso wie die diesen Umstand bestätigende (in der Hauptverhandlung gleichfalls zur Verlesung gebrachte, S. 118 d. A) gerichtliche Aussage des Zeugen Franz E (ON 16 d. A) mit Stillschweigen übergangen zu haben. Ferner verwies er im Rahmen seiner Schuldberufung auf die von seinem PKW auf der Fahrbahn hinterlassene, bereits auf der linken Fahrbahnseite beginnende Bremsspur und auf die sich daraus ergebende Tatsache, daß er seinen Bremsentschluß schon gefaßt haben mußte, als er sich mit seinem Fahrzeug noch auf der linken Fahrbahnseite befunden hatte, wozu mangels Gegenverkehrs außer dem erwähnten Ausschwenken des LKWs des Mitangeklagten B nach links kein ersichtlicher Anlaß bestanden haben konnte.

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. November 1977, AZ Bl 623/77, wurde der Berufung des Angeklagten Friedrich A nicht Folge gegeben und das erstgerichtliche Urteil im vollen Umfang bestätigt.

Rechtliche Beurteilung

Das eingangs angeführte Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Dies trifft auch auf das vorerwähnte Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht zu, soweit damit die auf die Nichtigkeitsgründe des § 468 Abs. 1 Z 3 StPO in Verbindung mit dem § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gestützte Berufung des Angeklagten A wegen Nichtigkeit verworfen wurde:

Schon das vom Erstgericht in der Hauptverhandlung vom 28.7.1977 über die vom Verteidiger des Angeklagten A gestellten Anträge gefällte (abweisende) Zwischenerkenntnis verstößt gegen die Bestimmung des § 238 Abs. 2

StPO, derzufolge die Entscheidungsgründe (hiefür) jederzeit verkündet und im Protokoll ersichtlich gemacht werden müssen. Dem Hauptverhandlungsprotokoll ist jedoch eine Begründung für die Abweisung dieser Beweisanträge nicht zu entnehmen (vgl. S. 118 d. A), eine solche wurde vom Erstgericht auch in den Urteilsgründen nicht nachgetragen. Es ist demnach nicht erkennbar und folglich auch vom Berufungsgericht nicht überprüfbar gewesen, von welchen Erwägungen sich das Erstgericht bei seinem abweisenden Zwischenerkenntnis leiten ließ.

Nach der Aktenlage kann derzeit vor allem im Zusammenhang mit der Abweisung des in der Hauptverhandlung vom Verteidiger des Angeklagten A gestellten Antrages auf Einvernahme des Verkehrssachverständigen eine auf die Entscheidung für diesen Angeklagten nachteilige Auswirkung, wie im folgenden dargelegt werden wird, keineswegs ausgeschlossen werden, wurde doch dem Genannten dadurch unter anderem die Möglichkeit genommen, durch ergänzende Befragung des Sachverständigen eine weitere Klärung des Sachverhaltes in entscheidungswichtigen Belangen herbeizuführen, sodaß er in seinen Verteidigungsrechten entscheidend verkürzt wurde. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich im konkreten Falle insbesonders daraus, daß der in der Hauptverhandlung verlesenen Gendarmerieanzeige (S. 118 d. A) und damit auch den darin enthaltenen Lichtbildern von der Unfallstelle und der Unfallsskizze ganz deutlich zu entnehmen ist, daß die dem linken Räderpaar des PKWs des Angeklagten A zugeordnete Bremsspur schon auf der linken Fahrbahnhälfte beginnt (vgl. S. 37, 39 und 41 d. A). Daraus folgt aber zwingend, daß Friedrich A seinen Bremsentschluß bereits gefaßt hatte, als er sich mit seinem Fahrzeug noch auf der linken Fahrbahnseite befand.

Da nach den übereinstimmenden Beweisergebnissen aber zu dieser Zeit kein Gegenverkehr herrschte (vgl. Angeklagter B, S. 86 d. A, Zeuge I, S. 87 d. A, und Zeugin C, S. 61 d. A), deutet der Verlauf dieser Bremsspur in übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen Karl G, Margit H und Renate C doch darauf hin, daß das vom Mitangeklagten Eduard B auch eingestandene unerwartete Ausschwenken des LKWs zunächst nach links für Friedrich A der Anlaß zu seiner bereits auf der linken Fahrbahnhälfte beginnenden Vollbremsung unter gleichzeitigem Auslenken nach rechts gewesen sein könnte, zumal auch der Sachverständige vom technischen Standpunkt aus gesehen, eine überschreitung der Fahrbahnmitte durch den rückwärtigen Teil des LKWs um ca. 50 cm jedenfalls nicht auszuschließen vermag (siehe auch S. 97 d. A).

Gemäß dem im § 199 Abs. 2 StPO aufgestellten, nach § 248 Abs. 1, 458 Abs. 5 StPO auch in der Hauptverhandlung geltenden Grundsatz müssen Tatsachen oder Beweismittel, die ein Beschuldigter zu seiner Entlastung angibt, erhoben werden, sofern sie nicht offenbar nur zur Verzögerung vorgebracht wurden (vgl. EvBl. 1971/173). überdies sind schon auf Grund der allgemeinen Bestimmung des § 3 StPO alle im Strafverfahren tätigen Behörden, somit auch die Gerichte verpflichtet, die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstände ebenso wie die ihn belastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen.

Wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt, hat das Bezirksgericht Kitzbühel bei Abweisung des Beweisantrages zunächst die Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO verletzt; darüberhinaus - und vor allem - hat es nach Lage des Falles durch sein abweisliches Zwischenerkenntnis, gerade in bezug auf den Antrag, den Verkehrssachverständigen in der Hauptverhandlung zu hören, um auch eine Fragestellung seitens der Verteidigung zu ermöglichen, Verteidigungsrechte des Beschuldigten verletzt und damit auch gegen das Prinzip der materiellen Wahrheit (vgl. § 3, 199 Abs. 2 letzter Satz, 248 Abs. 1, 458 Abs. 5 StPO) verstoßen (vgl. zur Wahrnehmung von Verstößen gegen Prinzipien des Strafverfahrens im Wege einer Beschwerde gemäß § 33 Abs. 2 StPO insbesondere SSt. 6/67), während das Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht das Gesetz in der Bestimmung des § 475 Abs. 1 StPO verletzt hat, weil es den vom Beschuldigten in seiner Berufung in diesem Zusammenhang geltendgemachten Nichtigkeitsgrund nach § 468 Abs. 2 Z 3 StPO in Verbindung mit § 281 Abs. 1 Z 4 StPO nicht wahrgenommen hat.

Zur Erledigung des Beweisantrages auf fotogrammetrische Auswertung der aus den Lichtbildern von der Unfallstelle ersichtlichen Brems- und Fahrspuren, wäre noch zu bemerken, daß die Ablehnung einer Beweisaufnahme - sofern der Beweisantrag einen für die Entscheidung bedeutsamen Umstand betrifft - allein aus Gründen der mit der Durchführung dieses Beweises verbundenen Kosten im Gesetz keine Deckung findet, zumal die voraussichtlichen Kosten der vorliegend beantragten fotogrammetrischen Auswertung der Lichtbilder nicht als übermäßig hoch und keineswegs als völlig untragbar bezeichnet werden können (vgl. S. 91 d. A).

Was die weiters geltend gemachte Gesetzesverletzung betrifft, die darin gelegen sei, daß das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel mit einem Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO (iVm § 468 Abs. 1 Z 3 StPO) behaftet ist, den das Berufungsgericht gleichfalls gesetzwidrig nicht wahrgenommen habe, so wird damit sinngemäß nur die Relevanz des zu Unrecht abgewiesenen Beweisantrages hervorgehoben. Diese ergibt sich u.a. daraus, daß sowohl das Bezirksgericht Kitzbühel als auch das Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ersichtlich davon ausgegangen sind, dem Beschuldigten A könne nur dann kein Verschulden angelastet werden, wenn sich der LKW zur Gänze auf seiner linken Fahrbahnhälfte befunden hätte, während umgekehrt dem LKW-Lenker B ein Verschulden nur dann zur Last fiele, wenn er mit seinem Fahrzeug zur Gänze die linke Fahrbahnhälfte blockiert hätte (S. 124, 125 d. A bzw. 143/144 d. A).

Diese Rechtsansicht wäre aber, sieht man von den im erneuerten Rechtsgang sich herausstellenden Verfahrensergebnissen ab, nicht zutreffend.

Denn ein Verschulden des PKW-Lenkers könnte rechtlich schon dann ausgeschlossen (und umgekehrt ein Verschulden des LKW-Lenkers schon dann gegeben) sein, wenn der LKW-Lenker trotz Wahrnehmung des überholmanövers des PKW-Lenkers unvermittelt sein Fahrzeug nach links zu ziehen begann, ohne zur Gänze auf die linke Seite zu kommen. Entstand doch schon dadurch, nämlich durch das beginnende Linksziehen, für den zulässigerweise überholenden PKW-Lenker unvorhergesehen eine Gefahr, nämlich die des weiteren Linksziehens des LKWs, auf die er durch abruptes Bremsen (verbunden mit Rechtsziehen) reagieren mußte, sodaß sich sein Verhalten lediglich als (zulässige) Reaktion auf ein Fehlverhalten des LKW-Lenkers (Linksziehen trotz eines im Gange befindlichen, zulässigen überholmanövers) darstellen würde, weshalb dem PKW-Lenker kein Verschulden anzulasten wäre. Umso wesentlicher erscheint es daher, diese für die Beurteilung eines Verschuldens des Angeklagten A erheblichen Umstände durch ergänzende Befragung des Sachverständigen zu klären.

Aus dem Gesagten ergibt sich somit, daß die im Spruche geschilderten Gesetzesverletzungen durch das Bezirksgericht Kitzbühel und durch das Landesgericht Innsbruck nicht nur zu deren Feststellung, sondern auch zur Aufhebung der beiden Urteile führen mußten, ohne daß es erforderlich gewesen ist, auf die weiteren Ausführungen der Generalprokuratur, welche sinngemäß nur die Bedeutung des Beweisantrages unterstreichen, näher einzugehen.

Es war daher der gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.

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