OGH 10Os142/78

OGH10Os142/7811.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1978 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB. und anderer strafbaren Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 20.April 1978, GZ. 10 Vr 70/78-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bilowitzki und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.September 1956 geborene, beschäftigungslose Walter A u.a. unter Punkt A/1 - 5 des Urteilssatzes folgender in der Zeit vom 14. Dezember 1977 bis zum 16.Jänner 1978

verübter Straftaten schuldig erkannt:

1. des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 StGB.;

2. des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB.; - beide Delikte verübt an der am 7.September 1967 geborenen Schülerin Monika B;

3. des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB.;

4. des Vergehens der (leichten) Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB.;

5. des Vergehens der versuchten Nötigung nach den § 15, 105 Abs. 1 StGB.; - gerichtet jeweils gegen Sophie C (nunmehr verehelichte D und Mutter der Monika B);

Die zu A 1, 3 und 5 bezeichneten Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Z. 5 und 9 (richtig: Z. 10) des § 281 Abs. 1 StPO.

stützt.

Die Beschwerde ist unbegründet.

In Bekämpfung des erstbezeichneten Schuldspruches, demzufolge er während des eingangs genannten Zeitraumes zweimal mit Monika B, der unmündigen Tochter seiner damaligen Quartiergeberin Sophie C, den außerehelichen Beischlaf unternommen hat, verweist der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge darauf, daß Sophie C als Zeugin in der Hauptverhandlung angegeben hat, sie habe nicht gesehen, daß er versuchte, mit ihrer unmündigen Tochter einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, sowie daß sich Monika B selbst bei der Schilderung des von ihr bekundeten zweimaligen Unterfangens des Beschwerdeführers, mit ihr geschlechtlich zu verkehren, in Widersprüche verwickelt habe. Wegen deren Nichterörterung im Urteil, sowie angesichts der übergehung der angeführten Bekundung der Zeugin C sei der dem Schuldspruch zu A 1 zugrundeliegende Ausspruch, der Beschwerdeführer habe zweimal dazu angesetzt, mit der unmündigen Monika B geschlechtlich zu verkehren, mangelhaft begründet.

Die Rüge versagt:

Die bekämpfte Urteilskonstatierung stützte das Erstgericht ersichtlich auf die Zeugenaussage der Monika B, die es aus den im Urteil dargelegten - durchaus schlüssigen Erwägungen - für glaubwürdig erachtete. In der Hauptverhandlung schilderte Monika B (ebenso wie schon beim Untersuchungsrichter; vgl. S. 75 und 77) insgesamt zwei Unternehmungen des Angeklagten, sein Glied in ihre Scheide einzuführen, wobei im zweiten Fall - als sich das Kind auf den Geschlechtsteil A setzen mußte - Sophie C (die Mutter des Kindes) nicht anwesend war. Bei einem weiteren Vorfall hat der Angeklagte nach der Aussage der Monika B, welche sich (wieder) auf sein erigiertes Glied setzen mußte, 'nur so zum Spaß geschupft' (S. 230).

Ein im Urteil unerörtert gebliebener, den Beweiswert der Zeugenaussage der Monika B mindernder 'Widerspruch' in den Bekundungen des Kindes über insgesamt drei Vorfälle, wobei der Beschwerdeführer aber nur in zwei Fällen zum Geschlechtsverkehr ansetzte, besteht daher nicht. Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, es liege 'auf der Hand', daß das Mädchen Beischlaf und andere unzüchtige Akte nicht abgrenzen könne, entbehrt angesichts der von Monika B unmißverständlich vorgenommenen Differenzierung der einzelnen Vorfälle der Berechtigung. Die Zeugin C wiederum hat schon beim Untersuchungsrichter (s. S. 61) und dann auch in der Hauptverhandlung (s. S. 237 f.) darauf hingewiesen, daß der Angeklagte (wenn er sich zu Monika B ins Bett legte) das Licht abgedreht (und die Tuchent über sich und das Mädchen gelegt) habe, sodaß ihr (Sophie C) - von einem Unzuchtsvorfall in Richtung des § 207 Abs. 1 StGB. abgesehen - verborgen geblieben sei, was er mit dem Kind gemacht habe; sie habe angenommen, er spiele sich nur mit den Fingern .... Unter diesen Umständen stellte die in der Mängelrüge aufgegriffene Bemerkung der Zeugin C, sie habe nicht gesehen, daß der Angeklagte es unternommen habe, mit Monika B einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, kein Indiz dafür dar, daß die vorerwähnten Bekundungen der Zeugin B unrichtig sein könnten.

Es bedurfte mithin auch keiner Erörterung dieses Details aus der Zeugenaussage der Sophie C im Urteil, zumal das Gericht die Urteilsgründe in 'gedrängter Darstellung' abzufassen hatte (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.).

Bezüglich der Schuldsprüche laut A 3 und 5 des Urteilssatzes verweist der jede Bedrohung der Sophie C (erneut) in Abrede stellende Beschwerdeführer in der Mängelrüge darauf, daß ihn die Genannte schließlich doch angezeigt und andererseits nach seiner Verhaftung aufgefordert habe, doch wieder zu ihr zurückzukommen. Dies spreche deutlich gegen die Richtigkeit der Urteilsannahme, er habe C in Furcht und Unruhe versetzt, doch seien die genannten Umstände im Urteil unberücksichtigt geblieben.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel nicht aufzuzeigen.

Die Tatsache der schließlichen Anzeigeerstattung der Sophie C hat das Erstgericht im Urteil ausdrücklich festgestellt, aber auch darin dargelegt, weshalb die vom Angeklagten durch schwere Mißhandlungen und Drohungen eingeschüchterte Sophie C die Anzeige nicht schon früher, entsprechend ihren Intentionen, erstattet hat (s. S. 256 und 261). Um die Eignung der als erwiesen angenommenen, von Tätlichkeiten begleitenden drohenden öußerungen des Angeklagten als furchterregende gefährliche Drohungen im Sinne der § 74 Z. 5, 107 Abs. 1 und 2 und 105 Abs. 1 StGB.

darzutun, verwies das Erstgericht auf die Wiederholung der Drohungen, weiters darauf, daß der Angeklagte ein 'Mordgerät' (aus zwei Hölzern und einer Kette, von ihm als 'Mutschatos' bezeichnet:

S. 14) angefertigt und dieses Sophie C mit der Ankündigung, er werde sie erwürgen, wenn sie nicht mache, was er wolle, um den Hals gelegt hat, wobei es ihm darauf ankam, die Frau in Furcht und Unruhe zu versetzen und solcherart gefügig zu machen, was ihm auch gelang (s. Urteil, S. 254, 255). Dies stellt eine - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - überzeugende Begründung der angenommenen objektiven Eignung der Drohungen im Sinn des § 107 Abs. 1 und 2 StGB. vor.

Die von Sophie C brieflich (s. ON. 16, 17; verlesen in der Hauptverhandlung lt. S. 242) geäußerte Bereitschaft, den inzwischen inhaftierten Angeklagten wieder bei sich aufzunehmen - worauf die Nichtigkeitsbeschwerde verweist - fiel demgegenüber nicht ins Gewicht, zumal C dies nur unter der Voraussetzung einer grundlegenden Persönlichkeitsänderung des Angeklagten tat (s. S. 93);

Rückschlüsse darauf, daß sich Sophie C 'im Tatzeitpunkt' gar nicht gefürchtet habe - worauf es übrigens für die Annahme einer gefährlichen Drohung gar nicht entscheidend ankommt (LSK. 1977/124) - ließ diese Bereitschaft der C jedenfalls nicht zu. Die Nichterörterung ihrer vorgenannten Briefe in den Entscheidungsgründen bewirkte daher gleichfalls keine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.

Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer schließlich auch, soweit er - sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. - die Beurteilung der ihm angelasteten, gegen Sophie C gerichteten Todesdrohung (A 3) nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB. und der versuchten Nötigung der Genannten zur Abstandnahme von einer Strafanzeige (A 5) nach den § 15, 105 Abs. 1 StGB. neben dem Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. (A 4) als rechtlich verfehlt rügt.

Der Beschwerdeführer beruft sich hiebei auf die Urteilsfeststellung, daß die ihm zur Last gelegten drohenden öußerungen auch mit Tätlichkeiten verbunden waren (S. 255), und auf den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, daß die Ankündigung einer Körperverletzung, die der Täter unmittelbar darauf dem Opfer tatsächlich zufügt, ersterem nicht gesondert als gefährliche Drohung zuzurechnen ist (SSt. 38/54 u.a.).

Dem ist, bezogen auf den vorliegenden Fall, folgendes zu erwidern:

Dem Schuldspruch des Angeklagten nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB. liegt zugrunde, daß er Sophie C wiederholt mit dem Umbringen (Erwürgen, Erschlagen) bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er ihr, wie schon erwähnt, auch ein selbstgebasteltes 'Mordgerät' um den Hals legte (S. 254). Wegen versuchter Nötigung wurde der Angeklagte schuldig erkannt, weil er versuchte, C durch die öußerung, wenn er aus dem Gefängnis herauskomme, dann solle 'sie sich anschauen', zur Unterlassung der Anzeige gegen ihn wegen der gegen Sophie C bzw. an Monika B verübten strafbaren Handlungen zu zwingen, wobei das Erstgericht diese öußerung als Ankündigung wertete, C im Gesicht zu verunstalten (S. 261).

Mit dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch wegen Körperverletzung hingegen wurden auf ganz anderer Ebene liegende Aggressionsakte des Angeklagten gegen Sophie C erfaßt, und zwar a) Schläge gegen

Gesicht und Gesäß am 10.Jänner 1978, b) Schläge ins Gesicht und

gegen den Körper am 12.Jänner l978, c) Fußtritte und ein Kinnhaken

in der Nacht zum 17.Jänner 1978, und d) zu einem nicht mehr genau

feststellbaren Zeitpunkt, Zustechen mit einer Schere gegen die Schamlippen der C (S. 247/248).

Es fehlt daher an der erforderlichen Kongruenz zwischen dem jeweils angedrohten übel (Erwürgen, Erschlagen, Verunstalten) und den dem Opfer tatsächlich zugefügten Körperverletzungen, weshalb bereits aus diesem Grund, ohne weitere Prüfung eines außerdem vorausgesetzen engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Körperverletzung und vorheriger Drohung, die dem Beschwerdeführer vorschwebende Verdrängung der Delikte nach den § 15, 105 Abs. 1 StGB. und nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB. durch die § 83 ff. StGB. nicht in Betracht kommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 206 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf den § 28

StGB. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend die Deliktskonkurrenz, die Fortsetzung der strafbaren Handlungen eine längere Zeit hindurch, die Begehung der Taten unmittelbar nach der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe und eine einschlägige Vorstrafe wegen Körperverletzung; als mildernd hingegen das Teilgeständnis und den Umstand, daß zwei Taten beim Versuch geblieben sind. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Strafermäßigung. Bei der Entscheidung über die Berufung war davon auszugehen, daß das Gesamtverhalten des Rechtsmittelwerbers von außergewöhnlichen Roheitsexzessen gekennzeichnet ist.

Hieraus wie auch aus den Vorstrafen ergibt sich eine ausgeprägte kriminelle Persönlichkeitsartung. Nicht zuletzt zeigt der überfall auf den Justizwachebeamten im Gefangenenhaus Krems, daß es sich bei Walter A um einen sehr gefährlichen Tätertyp handelt. Hält man dazu die schon im angefochtenen Urteil hervorgehobenen Umstände, nämlich die Verübung der Taten unmittelbar nach der bedingten Entlassung aus einer Strafhaft und das Zusammentreffen von insgesamt fünf verschiedenen Delikten, darunter zwei Verbrechen, so besteht für eine Strafermäßigung nicht der geringste Anlaß.

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