OGH 13Os155/78

OGH13Os155/782.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Harald A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung von Rechtsmitteln sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 1.Februar 1978, GZ. 29 Vr 3877/77-29, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht erteilt. Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Harald A wurde von einem Schöffensenat des Landesgerichtes Innsbruck zu AZ 29 Vr 388/77 am 1.Februar 1978 wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB verurteilt. In einem mit 2.Februar 1978 datierten und am 3. Februar 1978 bei Gericht eingelangten Schriftsatz meldete der gemäß dem § 41 Abs. 2 StPO bestellte Verteidiger des Angeklagten (ON 26 und 27) Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 31). überdies meldete der in Haft befindliche Angeklagte in einer an das Oberlandesgericht Innsbruck gerichteten, gleichfalls am 2.Februar 1978 bei Gericht eingelangten Eingabe Berufung an und stellte die Anträge, 'das erstinstanzliche Urteil aufzuheben, einen neuen Termin vor dem Oberlandesgericht (Innsbruck) festzusetzen und seine Einweisung in eine Sonderanstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher' zu verfügen (ON 30). Eine Ausfertigung des Urteils wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 24.Februar 1978 zugestellt (Rückschein auf S 170). Mit einem mit 29.März 1978

datierten und am 30.März 1978 bei Gericht eingelangten Schriftsatz zog der Verteidiger des Angeklagten die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zurück (ON 36). Zugleich mit der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Ersturteil beantragte der Verteidiger in einem am 6. September 1978 beim Gericht eingelangten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der genannten Rechtsmittel. Als Wiedereinsetzungsgrund wird geltend gemacht, daß der Verteidiger sofort nach Zustellung des Urteils an ihn an den Angeklagten ein Schreiben abgesandt habe, wonach er annehmen werde, daß der Angeklagte das Urteil nicht bekämpfen wolle, wenn dieser innerhalb der bis längstens 10.März 1978 laufenden Rechtsmittelfrist nicht antworten werde. Da sich der Angeklagte nach Absendung dieses Schreibens nicht geäußert habe, habe der Verteidiger die Zurückziehung der angemeldeten Rechtsmittel erklärt. Nunmehr habe sich herausgestellt, daß der Angeklagte nach seiner Behauptung das erwähnte Schreiben seines Verteidigers nicht erhalten habe, sohin die Zurückziehung der Rechtsmittel irrtümlich gegen den Willen des Angeklagten erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

In diesem Sachverhalt kann nicht ein unabwendbarer Umstand erblickt werden, der die Einhaltung der Ausführungsfrist ohne Verschulden des Angeklagten oder seines Vertreters unmöglich machte (§ 364 StPO). Es liegt vielmehr nur ein Irrtum des Verteidigers über die Absicht des Angeklagten vor, die Rechtsmittel aufrechtzuerhalten. Im Hinblick auf die schweren Folgen der Unterlassung der Rechtsmittelausführung durfte sich der Verteidiger nicht damit begnügen, daß auf sein (nicht eingeschrieben aufgegebenes) Schreiben eine Antwort nicht erfolgte. Vielmehr wäre er in Wahrung der ihm anvertrauten Interessen gehalten gewesen, vorsorglich die angemeldeten Rechtsmittel auszuführen, wenn ihm dies nicht von vornherein von dem von ihm vertretenen Angeklagten untersagt worden war. Liegt eine solche ausdrückliche Untersagung nicht vor und hat der Vertreter die fristgerechte Rechtsmittelausführung dennoch unterlassen, dann war er nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Ausführung der Rechtsmittel einzuhalten. Er hat vielmehr bei Zurückziehung der angemeldeten Rechtsmittel auf eigene Gefahr gehandelt. Der Umstand, das der Angeklagte das erwähnte Schreiben angeblich nicht erhalten hat, kann daher einen Wiedereinsetzungsgrund nicht darstellen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/3, § 364, Nr. 27; ÖJZ 1978, 501, Nr. 284). Die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war darum zu verweigern.

Sonach waren beide Rechtsmittel von dem gemäß § 285 Abs. 2, 296 Abs. 1 StPO für die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung zuständigen Obersten Gerichtshof (§ 364 Abs. 2 StPO) als verspätet zurückzuweisen (EvBl. 1961, Nr. 285).

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