OGH 13Os123/78

OGH13Os123/7828.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Friedrich, Dr. Walenta und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A und Klaus B wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2, Z. 1, 129 Z. 1 StGB über die von dem Angeklagten Klaus B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengerichtes vom 12.Juni 1978, GZ. 7 b Vr 226/78-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Hackl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Klaus B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Hilfsarbeiter Josef A und der Elektriker Klaus B des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie in der Nacht zum 28.März 1978 in Enns in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich eine Brieftasche im Werte von 100 S, 1.500 S Bargeld sowie einen Führerschein mit Kfz-Steuerkarte, zwei Zulassungsscheine und diverse Papiere im Werte von 450 S, dem Franz C durch Einbruch in dessen PKW mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Klaus B mit seiner auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als die Verurteilung auch wegen Diebstahls eines Führerscheins erfolgte. Der Angeklagte Josef A hat den Schuldspruch nicht angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Zwar können Objekte eines Diebstahls nur (körperliche) Gegenstände sein, die - schon im Hinblick auf den zur Tatbestandsverwirklichung geforderten Bereicherungsvorsatz des Täters - wirtschaftlich nicht wertlos sein dürfen (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 636). Dies trifft auch auf Beweis- und Legitimationsurkunden, wie Führerscheine und Fahrzeugpapiere, bei denen dem durch sie selbst verkörperten - aus Materialwert und Herstellungskosten resultierenden - geringen Sachwert wirtschaftlich keine Bedeutung zukommt und die demzufolge keine Wertobjekte, aber auch - anders als etwa Inhaberpapiere und Sparkassenbücher mit frei behebbarer Einlage - keine Wertträger sind, nicht zu (JBl. 1967, 580 und die dort angeführten Literaturbeispiele). Da mangels eines wirtschaftlichen Tauschwertes weder der in Rede stehende Führerschein noch die anderen im Urteilstenor angeführten Fahrzeugpapiere Gegenstand eines Bereicherungsvorsatzes sein können, erweist sich der Schuldspruch wegen Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB in bezug auf diese Dokumente als rechtsirrig.

Allerdings ist zu bedenken, daß der Eigentümer von Urkunden der genannten Art durch deren dauernde Entziehung in aller Regel insoweit geschädigt sein wird, als die zulässige Wiederbeschaffung solcher Dokumente für ihn mit einem Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand verbunden sein wird.

Wer sohin einen anderen dadurch schädigt, daß er eine derartige Urkunde entzieht, ohne diese Sache - die mangels eines (Tausch-) Wertes nicht in das wirtschaftliche Vermögen des Täters (oder eines Dritten) übergeführt werden und daher nicht Gegenstand einer Zueignung sein kann (vgl. Burgstaller zu ZnStR. 1974/13) - sich oder einem Dritten zuzueignen, hat demnach das Vergehen der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB zu verantworten, für dessen Tatbildlichkeit die Art des Schadens, der weder einem durch die Sache selbst repräsentierten Wirtschaftswert entsprechen, noch überhaupt vermögensrechtlicher Natur sein muß, sondern sich auch aus den persönlichen Verhältnissen des Verletzten zur entzogenen Sache ergeben kann, belanglos ist (Leukauf-Steininger, 686). Da es sich vorliegend - nach den Urteilskonstatierungen - um für Besitz und Führung des Fahrzeuges wichtige und daher ersichtlich um notwendigerweise wiederzubeschaffende Dokumente handelte, deren Ansichnahme und Einbehaltung durch die Angeklagten somit eine Schädigung des Berechtigten nach sich zog, und auch der Vorsatz des Angeklagten sich nicht darüber hinaus auf eine Verhinderung ihres Gebrauches erstreckte (§ 229 StGB, EvBl. 1976/277), hätte hiezu rechtsrichtig ein Schuldspruch wegen Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB ergehen müssen. Eine solche Korrektur des Schuldspruches aber würde nunmehr nicht nur nicht zugunsten des Beschwerdeführers, sondern sogar zu seinen Lasten ausfallen, weil zum Schuldspruch wegen Verbrechens des Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB (wenn auch unter Wegfall eines Beuteanteils im angenommenen Wert von 450 S) noch ein weiterer Schuldspruch wegen Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB hinzuträte, sodaß bei der Strafbemessung der besondere Erschwerungsgrund des § 33 Z. 1 StGB - die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art - zu berücksichtigen wäre.

Da eine rechtsrichtige Anwendung des Gesetzes solcherart nicht entscheidend zum Vorteil des Angeklagten ausschlüge und von diesem in dieser Richtung auch gar nicht reklamiert wurde, war dessen Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten B gemäß dem § 129 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß den § 31 und 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.April 1978, GZ. 19 E Vr 167/78-16, (mit dem der Angeklagte - neben einem Teilfreispruch - wegen Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt wurde, weil er sich im Jänner 1978 einen ihm anvertrauten Mantel im Wert von 500 S mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hatte) eine zusätzliche Freiheitsstrafe von acht Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die gleichartigen Vorstrafen, die die Qualifikation des § 39 StGB erfüllen, und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung eines Teiles der Diebsbeute und ein geringes Teilgeständnis dieses bis zur Hauptverhandlung leugnenden Angeklagten, das allerdings zur Wahrheitsfindung nichts Wesentliches beitrug.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte B eine Herabsetzung des Strafausmaßes auf 6 Monate an, wozu er vorbringt, Initiator sei der Mitangeklagte A gewesen, er selbst habe nur als Aufpasser fungiert, sei demnach am Diebstahl nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen und habe überdies nur im Umfange von etwa 200 S an der Diebsbeute partizipiert.

Die Berufung erweist sich als unberechtigt.

Denn der Angeklagte B hatte nicht nur Aufpasserdienste geleistet, sondern auch probiert, in den verschlossenen PKW. 'hineinzukommen'; ferner steht gar nicht verläßlich fest, wie die beiden Diebsgenossen die Beute letztlich unter sich aufteilten. Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen (abgesehen davon, daß § 39 StGB keine Qualifikation ist) zutreffend und vollständig festgestellt und eine dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des Täters angemessene Freiheitsstrafe verhängt. Auch der Oberste Gerichtshof geht davon aus, daß bei gemeinsamer Aburteilung der Straftaten, die den beiden (zueinander im Verhältnis der § 31 und 40 StGB stehenden) Verurteilungen zugrunde liegen, eine Freiheitsstrafe von neun Monaten zu verhängen gewesen wäre, sodaß sich die nunmehr aktuell festzusetzende Zusatzstrafe in dem vom Erstgericht gefundenen Ausmaß errechnet.

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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