OGH 10Os145/78

OGH10Os145/7827.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Keller, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die vom Angeklagten Peter B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 19. Juli 1978, GZ. 11 Vr 220/

78-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hein und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten Peter B verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen diesem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (unter anderem) Peter A, Peter B und Josef C des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie (A.1.) am 6. Mai 1978 in Krems an der Donau in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000,-- S übersteigenden Wert anderen (jeweils) durch Aufdrücken eines Fensters und Einsteigen, also durch Einbruch, mit Bereicherungsvorsatz wegnahmen, und zwar (a) dem Inhaber des 'Für-Sie-Verbrauchermarktes' Waren im Gesamtwert von 10.624,20 S und (b) dem Franz D drei Flaschen Wein im Wert von 100,-

- S.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen drangen die genannten Täter, nachdem ihnen vorher der Versuch, durch ein (von B aufgedrücktes) Fenster in den Verbrauchermarkt einzusteigen, mißlungen war, durch ein Kellerfenster in die Marmeladefabrik D ein; dort stahlen sie aus dem Keller die drei Flaschen Wein (Faktum A.1.b). Anschließend überkletterten sie abermals das Eingangstor zum Verbrauchermarkt; C und A stiegen durch ein (von ersterem zerschlagenes) anderes Fenster in das Gebäude ein, füllten die eingangs bezeichneten Waren in zwei Einkaufswagen, schoben diese durch den Haupteingang, den sie von innen öffneten, zum Zaun und reichten das Diebsgut dem mittlerweile bereits wieder auf die Straße gelangten B hinaus; beim Wegführen der gestohlenen Sachen wurden sie unterwegs betreten (Faktum A.1.a).

Die vom Beschwerdeführer zum Faktum A.1.b behaupteten Begründungs- und Feststellungsmängel des Urteils nach Z 5

und Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO liegen nicht vor. Die Divergenzen zwischen den Darstellungen der Mitangeklagten A und C über die Reihenfolge, in der die Täter in den Keller der Marmeladefabrik einstiegen, hat das Erstgericht ohnedies gewürdigt (S. 236-238). Unmißverständlich nahm es als erwiesen an, daß sie alle den Wein bei gleichzeitiger Anwesenheit am Tatort im bewußten und gewollten Zusammenwirken stahlen (vgl. insbes. S. 235, 237). Einer besonderen Begründung bedurfte die Annahme eines gemeinsamen Diebstahlsvorsatzes im Hinblick auf das - zumal im Zusammenhang mit dem vorher versuchten und nachher vollendeten Diebstahl aus dem Verbrauchermarkt - ganz eindeutig darauf hinweisende Tatgeschehen nicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO). Die vorerwähnte Feststellung deckt die Beurteilung der Tat (auch) als Gesellschaftsdiebstahl im Sinn des § 127 (Abs. 1,) Abs. 2 Z 1

StGB. Vorherige Verabredung war dazu nicht erforderlich (vgl. ÖJZ-LSK 1977/141). Auch Konstatierungen darüber, wer den Wein an sich nahm, waren entbehrlich; zur Annahme einer Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) am Gesellschaftsdiebstahl ist es nicht notwendig, daß jeder einzelne der mehreren am Tatort (oder in dessen unmittelbarer Nähe) zur Ausführung zusammenwirkenden Täter selbst bei der Sachwegnahme direkt Hand anlegt (vgl. ÖJZ-LSK 1977/ 162, 10 Os 15/78 u.a.). Soweit der Beschwerdeführer aber bei seiner (zum Teil schon im Rahmen der Mängelrüge ausgeführten) Rechtsrüge die Feststellung übergeht, daß alle Täter in den Keller eindrangen und einverständlich zum Diebstahl zusammenwirkten, bringt er den geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil er nicht am Urteilssachverhalt festhält.

Ebenso gehen die zum Faktum A.1.a erhobenen Einwände des Beschwerdeführers fehl.

Vor dem Hinausreichen der in zwei Einkaufswagen verstauten Diebsbeute über den Zaun des Marktareals, wo der Angeklagte sie übernahm, war der Diebstahl nicht vollendet, weil sich die (obgleich schon aus dem Gebäude gebrachten) Sachen, seiner Beschwerdeansicht zuwider, bis dahin noch immer im Gewahrsam des Eigentümers befanden (vgl. RZ 1976/24). Das Tatverhalten des Beschwerdeführers wurde daher mit Recht als Mitwirkung am Gewahrsamsbruch im Sinn des § 127 Abs. 1 StGB beurteilt, sodaß seine Subsumtion bloß unter den Tatbestand des § 286 Abs. 1 StGB nicht in Betracht kam. Mit Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO ist das Urteil demnach insoweit nicht behaftet. Von einer Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe über das vorerwähnte Tatverhalten aber kann im Hinblick auf die eingangs wiedergegebenen Konstatierungen (S. 234 f.) keine Rede sein. Den Diebstahlsvorsatz aller Beteiligten hat das Erstgericht (mängelfrei) aus dem Tathergang abgeleitet (S. 238); ein gemeinsamer Willensentschluß im Sinn einer vorherigen Verabredung war, wie schon oben gesagt, zur Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich.

Daß der Vorsatz des Beschwerdeführers zur Zeit seiner Tatbeteiligung auch einen 5.000,-- S weit übersteigenden Wert der gestohlenen Waren umfaßte, ist dem Urteil (S. 238, 241) deutlich genug zu entnehmen und mit dem Hinweis darauf (zureichend) begründet worden, daß er das gesamte Diebsgut bei dessen übernahme am Zaun selbst gesehen hat. Auch die in dieser Hinsicht behaupteten Begründungs- und Feststellungsmängel nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 10 StPO liegen daher nicht vor.

Die auf Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge schließlich, womit der Beschwerdeführer das Fehlen von Feststellungen zum Strafaufhebungsgrund des freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) in bezug auf das erste Einsteigen der Täter in den Verbrauchermarkt bemängelt, geht schon deshalb ins Leere, weil dieses Tatverhalten (infolge der Verdrängung seiner Strafbarkeit durch jene der späteren Tatvollendung) ohnedies nicht Gegenstand des Schuldspruchs ist. In gleicher Weise ist auch die Behauptung einer Undeutlichkeit des Urteils im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO darüber, ob der Beschwerdeführer bei der Tat eine Fensterscheibe zerschlagen hat, nicht aktuell, weil er dafür nur dann (wegen Sachbeschädigung) gesondert verantwortlich wäre, wenn nicht die Strafbarkeit dieses Verhaltens als typischer Begleittat (wie im vorliegenden Fall) schon durch jene des Diebstahls erfaßt (konsumiert) würde.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Peter B nach dem § 129 StGB unter Bedacht auf den § 28 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Dabei wertete es das Alter dieses Angeklagten unter einundzwanzig Jahren, das Geständnis zum Faktum A.1.a und das sehr weitgehende Zustandebringen der Diebsbeute als mildernd, die Vorstrafen des Angeklagten und die Wiederholung des Diebstahls dagegen als erschwerend.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Davon, daß der Berufungswerber an den Diebstählen nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen ist oder daß er sie unter der Einwirkung eines Dritten begangen hat, kann zwar bei der gegebenen Sachlage keine Rede sein, und auch der Umstand, daß er bei seiner Anhaltung nicht zu flüchten versuchte, fällt als mildernd nicht ins Gewicht. Seine beiden einschlägigen Vorstrafen hinwieder wurden ihm infolge der Nichtanwendung des Strafschärfungsrechts nach dem § 39 StGB trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen mit Recht als erschwerend angelastet.

Das Erstgericht hat aber doch zu wenig berücksichtigt, daß der Angeklagte zur Tatzeit erst knapp über achtzehn Jahre alt war und daß der Anstoß zu dem Diebszug von dem wesentlich älteren und vom Vorleben her stärker belasteten Mitangeklagten A kam. Bei sachgerechter Würdigung der vorliegenden Strafzumessungsgründe und unter Bedacht auf die bisherigen Vorabstrafungen des Berufungswerbers entspricht ungeachtet dessen, daß ihm sein rascher Rückfall innerhalb offener Probezeit nach bedingter Begnadigung und trotz Bewährungshilfe sowie die mehrfache Qualifikation der Diebstähle als weitere Erschwerungsumstände zur Last fallen, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB); sie wird auch der Relation zu den anderen Strafen gerecht. Auf dieses Maß war die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Strafe demnach zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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