OGH 13Os150/78

OGH13Os150/7818.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Georg A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127, 129 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 2. August 1978, GZ. 22 Vr 1.561/78-21, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes wurde der Angeklagte Georg A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 1. Mai 1978 in Hall in Tirol fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 S nicht übersteigenden Werte, nämlich einen Bargeldbetrag unbekannter Höhe, der Firma B durch Einsteigen in Büroräumlichkeiten mit dem Vorsatz wegzunehmen versuchte, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er über eine Feuerleiter auf die überdachung der an der Südseite des Firmengebäudes befindlichen Rampe kletterte und anschließend durch ein offenstehendes Fenster in die Büroräumlichkeiten gelangte, welche er nach Bargeld durchsuchte. Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, die ziffernmäßig lediglich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gestützt wird.

In Ausführung der Verfahrensrüge wendet sich die Beschwerde gegen die Abweisung des von der Verteidigung in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß der Angeklagte an (endogenen) Depressionen leide und in diesem Zustand zu äußerster innerer Unruhe und zu paradoxen Handlungen neige. In der Beschwerdeschrift wird eingewendet, daß der Zustand des Angeklagten zur Tatzeit als schwere (seelische) Störung in der Bedeutung des § 11 StGB anzusehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge versagt.

Das Erstgericht stützte das angefochtene (abweisliche) Zwischenerkenntnis darauf, daß 'das Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt für eine Zurechnungsunfähigkeit (des Angeklagten) erbracht' habe (s.S. 99 d. A). Diese Begründung trifft zu: Eine Psychiatrierung des Angeklagten ist im Sinne der Norm des § 134 Abs. 1 StPO (arg. 'entstehen Zweifel') nur dann zu veranlassen, wenn objektive Momente, welche die Zurechnungsfähigkeit in Frage stellen, gegeben sind (siehe Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Entscheidungen unter Nr. 21 e zu § 281 Abs. 1 Z 4 StPO).

Im gegebenen Fall sind, wie das Erstgericht richtig erkannte, hinlängliche objektive Symptome für das Vorhandensein eines im § 11 StGB bezeichneten Geistesdefektes des Beschwerdeführers zur Tatzeit aus der Aktenlage, auch unter Berücksichtigung des Inhaltes des in der Hauptverhandlung verlesenen Vorstrafaktes AZ 22 Vr 933/78 des Landesgerichtes Innsbruck, nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang war im übrigen zu bedenken, daß die vom Angelagten in der Beschwerdeschrift bezogene schwere seelische Störung in der Bedeutung des § 11 StGB ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach einer Geisteskrankheit, einem Schwachsinn oder einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung vollkommen (nicht bloß annähernd) gleichwertig sein muß; der Ausnahmezustand muß so intensiv und ausgeprägt sein, daß das Persönlichkeitsbild des Betroffenen völlig zerstört ist. Bloß asoziale Veranlagung, Charakterschwäche oder Charakteranomalie, Haltlosigkeit, hemmungsloser Affekt oder aber auch - wie hier - Neigung zu Depressionen und dergleichen genügen nicht (siehe dazu: ÖJZ-LSK 1975/132).

Selbst wenn daher die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte neige zu Depressionen, zuträfe, hätte dieser Umstand für eine Psychiatrierung gemäß § 134 Abs. 1 StPO nicht ausgereicht, weil damit das Vorliegen eines Zustandes nach § 11

StGB noch keinesfalls indiziert gewesen wäre.

Unter diesen Umständen durfte das Erstgericht den von der Verteidigung gestellten Beweisantrag auf Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten zulässigerweise ablehnen; der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO haftet darum dem Ersturteil im geltend gemachten Umfang nicht an.

Aus diesen Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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