OGH 11Os53/78

OGH11Os53/788.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Piska, Dr. Kießwetter und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A und Christa A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z l und Abs. 3 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Herbert A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. September 1977, GZ. 5 b Vr 638l/75-74, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung dieses Angeklagten nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Nesvadba und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruchfaktum I 3 in der rechtlichen Beurteilung der unter I l, 2 und 3 des Urteilssatzes bezeichneten Taten als das Verbrechen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StGB, ferner gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO a) in seinem in den Punkten I 1 und 2 des Urteilssatzes erfolgten Aussprüchen, der Angeklagte Herbert A habe zur Täuschung falsche Beweismittel benützt, und b) in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch der Angeklagten Christa A laut dem Punkt II des Urteilssatzes zugrunde liegenden Betrugstaten (auch) unter die Bestimmung des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB, sowie demgemäß im gesamten Strafausspruch aufgehoben, die Sache in Ansehung des Schuldspruchfaktums I 3 zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen und im übrigen gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3

StPO in der Sache selbst erkannt:

'Für das ihr nach dem unberührt bleibenden Schuldspruch weiterhin zur Last liegende Verbrechen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB als Beteiligte gemäß dem § 12 StGB (Punkt II des Urteilssatzes) und das Vergehen der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB (Punkt IV des Urteilssatzes) wird Christa A nach dem § 147 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB und unter Anwendung des § 41 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten sowie gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird Christa A die über sie verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.' Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Herbert A auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 9. Juni 1946 geborene Angestellte Herbert A und seine Gattin, die am 28. September 1946 geborene Kassierin Christa A, a) des Verbrechens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 StGB (ersterer in den Fällen Punkt I l, 2 und 3 des Spruches, letztere laut Punkt II des Spruches als Beteiligte im Sinne des § 12

StGB in den Fakten I l und 2), b) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB (Punkt IV des Spruches), Herbert A überdies des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (Punkt III des Spruches) schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Als Betrug liegt dem Erstangeklagten Herbert A in den Fällen Punkt I l und 2 des Schuldspruches die Erlangung von Darlehen der Ersten Österreichischen Spar-Casse in der Höhe von insgesamt 134.055 S und der Creditanstalt-Bankverein in der Höhe von zusammen 408.000 S in den Monaten Juni und Juli bzw. März und April 1974

jeweils durch Vorlage von ihm ausgestellter, fingierter (inhaltlich unrichtiger) Arbeits- und Lohnbestätigungen sowie durch Ausweisung mit widerrechtlich erlangten Dokumenten und Verlustbestätigungen über Dokumente, wobei er dem ersteren Bankinstitut einen Schaden in der vollen Darlehenshöhe, dem letzteren einen solchen in der Höhe von 300.601,70 S zufügte, zur Last.

Die Zweitangeklagte Christa A trug zur Ausführung dieser Straftaten dadurch vorsätzlich bei, daß sie im Zeitraum von März bis Juli 1974 bei telefonischen Anfragen seitens der beiden Banken die Richtigkeit des Inhaltes der vorgelegten Arbeits- und Lohnbestätigungen bewußt wahrheitswidrig bejahte (Punkt II des Schuldspruches). Dem zum Schuldspruch Punkt IV wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2

StGB getroffenen Feststellungen zufolge hatten beide Angeklagte - die unter der Rechtsform einer Ges.m.b.H., deren Geschäfte neben der zur Geschäftsführerin bestellten Zweitangeklagten der Erstangeklagte tätigte, zunächst ab Mai 1972 einen Lebensmittelhandel in Wien, im ersten Halbjahr 1974 eine 'Fleischerei und Selchagentur' in Bruck an der Leitha und ab August 1974 einen Gaststättenund Pensionsbetrieb in Neuhaus betrieben - als Schuldner mehrerer Gläubiger in der Zeit vom Mai 1972 bis Ende des Jahres 1972 mangels Ausstattung mit Eigenkapital und durch leichtfertige und unverhältnismäßige Kreditbenützung fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt und ab Ende 1972 bis Ende 1975 in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung der Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, daß sie Schulden zahlten und neue Verbindlichkeiten in der Höhe von mindestens ca. 1,900.000 S eingingen, sodaß Mitte des Jahres 1976

Schulden in der Höhe von 2,007.800 S unbeglichen waren, sowie die Einleitung eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragten. Dem Schuldspruch des Erstangeklagten Herbert A wegen Betruges laut dem Punkt I 3 liegt zu Grunde, daß er im August 1974 Karl Albert C und Frieda D über deren Bevollmächtigten Dr. Günther D durch Vorlage eines falschen (unechten und inhaltlich unrichtigen) Schätzungsgutachtens (somit einer falschen Urkunde im Sinne des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB) des Baumeisters Ing. Manfred E zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 500.000 S verleitete, wobei der (letztlich) im Vermögen Dris. Günther D eingetretene Schade 100.000 S betrug.

Schließlich wird dem Erstangeklagten Herbert A im Punkt III des Schuldspruches die Veruntreuung von Geldbeträgen in der Höhe von 207.793,85 S, die er als Angestellter der Firma Josef F in der Zeit vom 13. Februar 1970 bis 31. Dezember 1970 kassiert hatte, angelastet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A, mit der in Ansehung des Schuldspruches Punkt I 3 die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5 und 10 (der Sache nach Z 9 lit. a, da zufolge der vor dem Inkrafttreten des StGB gelegenen Tatzeit im Sinne der § 1, 61 StGB ein im Rechtsverkehr nur zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache erfolgter Gebrauch des falschen Schätzungsgutachtens nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, unter das Tatbild der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 2 StGB hätte subsumiert werden können, sondern gemäß dem StG straffrei gewesen wäre) des § 281 Abs. 1 StPO sowie in Ansehung der Schuldsprüche Punkt IV l und 2

der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden. Ihr kommt nur zum Teil Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO als nichtig rügt, daß er vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes nach abgesonderter Vernehmung entgegen der Vorschrift des § 250 StPO nicht über die Aussagen seiner mitangeklagten Gattin Christa A (und auch diese nicht von seiner Verantwortung) in Kenntnis gesetzt worden sei, geht er nicht vom Akteninhalt aus. Denn das angefochtene Urteil wurde nach der am 27. September 1977 gemäß dem § 276 a StPO wegen Zeitablaufes und Richterwechsels neu durchgeführten Hauptverhandlung gefällt, in der eine abgesonderte Vernehmung der beiden Angeklagten nicht stattfand (ON 73). Abgesehen davon, hat der Vorsitzende das Protokoll über die (erste) Hauptverhandlung vom 19. April 1977 (ON 61) mit dem - unanfechtbaren (vgl. Foregger-Serini, StPO2 Erl. VII, letzter Satz, S. 274) - Beschluß vom 28. Februar 1978 (ON 90) dahin ergänzt, daß der Beschwerdeführer nach seinem Wiedererscheinen im Verhandlungssaal gemäß dem § 250 StPO vom Vorsitzenden über die während seiner Abwesenheit abgelegten Aussagen informiert wurde (ON 61 S. 358 in Verbindung mit ON 90).

Dies geschah auch neuerdings durch die Verlesung des die Verantwortung beider Angeklagten enthaltenden gesamten Protokolls über die Hauptverhandlung vom 19. April 1977

(ON 61) vor Schluß des Beweisverfahrens (§ 250 Abs. 1 StPO) in der Hauptverhandlung vom 27. September 1977 (S. 429). Schon deshalb kann der behauptete Nichtigkeitsgrund nicht vorliegen, sodaß auf die Frage, ob der behauptete Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht des § 250

StPO überhaupt einen für den Angeklagten Herbert A nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung hätte ausüben können (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 Nr. 9 zu § 250

StPO u.a.), nicht einzugehen ist.

Zur Rechtsrüge zum Schuldspruch Punkt IV:

Des weiteren versagt auch die, Feststellungsmängel in Ansehung der Annahme der Zahlungsunfähigkeit geltend machende, Rechtsrüge des Erstangeklagten zum Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB. Das Erstgericht gründet die Feststellung der von den Angeklagten Ende des Jahres 1972 herbeigeführten Zahlungsunfähigkeit der Ges.m.b.H. auf das Gutachten des Buchsachverständigen DDr. G (S. 449), demzufolge 'mit Bestimmtheit festgestellt werden kann, daß die Angeklagten spätestens im Jahre 1972 nicht mehr in der Lage waren, den von ihnen eingegangenen Verbindlichkeiten zu entsprechen', wobei zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung am 22. Juni 1976 noch Gläubigerforderungen aus dem Jahre 1970 und 1972 in der Höhe von rund 4l.800 S unberichtigt waren (S. 205, 213, 427). Damit sind die Voraussetzungen für die rechtliche Annahme einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Tatbilder des § 159 Abs. 1 StGB, nämlich die Unfähigkeit des Schuldners mehrerer Gläubiger, mangels flüssiger Mittel binnen angemessener Frist und bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung alle seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen (ÖJZ-LSK 1977/316 bis 318 u.a.), und nicht bloß, wie der Beschwerdeführer vermeint, einer vorübergehenden Zahlungsstockung, erfüllt. In Verbindung mit den vom Erstgericht zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen, aus denen fahrlässiges Handeln der Angeklagten abzuleiten ist, rechtfertigt dies die Subsumtion der Tat unter die Bestimmung des § 159 Abs. 1 Z 2 StGB.

Die - ebenfalls auf dem Sachverständigen-Gutachten (S. 207, 427) beruhende - Feststellung, daß die Angeklagten ab dem Jahre 1973 bis Ende 1975 (neue) Verbindlichkeiten von zumindest 1,901.800 S eingingen (S. 448), bezieht sich entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht auf die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit, sondern auf die, im Sinne der Z 2 des § 159 Abs. 1 StGB tatbildliche, Gläubigerbenachteiligung u.a. durch die Begründung neuer Schulden nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, deren sich der Angeklagte übrigens in der Hauptverhandlung sogar ausdrücklich für schuldig bekannte (S. 426). Die für die Beurteilung der Fahrlässigkeit der Gläubigerbenachteiligung, d.i. zumindest die Schmälerung der Befriedigung eines Gläubigers, nicht nur durch Eingehen neuer Schulden, sondern auch durch die Zahlung von Schulden und durch die Unterlassung eines rechtzeitigen Antrages auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens nötigen Feststellungen hat das Erstgericht, der Beschwerde zuwider, ohnedies getroffen. Denn es führt den 'wirtschaftlichen Niedergang der Gesellschaft' auf die Außerachtlassung der im kaufmännischen Bereich erforderlichen Sorgfalt zurück und lastet den Angeklagten an, es verabsäumt zu haben, 'dieser negativen Entwicklung mit geeigneten Maßnahmen entgegenzutreten' (S. 449). Mit diesen tatsächlichen Annahmen hat das Erstgericht zu Recht die Kriterien der objektiven und subjektiven Sorgfaltsverletzung sowie der Zumutbarkeit im Sinne des Fahrlässigkeitsbegriffes des § 6 StGB für gegeben erachtet (S. 452). Der Beschwerdeführer negiert diese Urteilsannahme und führt deshalb die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus, indem er die Begründung neuer Verbindlichkeiten als Verwirklichung seines Planes darzustellen versucht, ein Wirtschaften zu ermöglichen, dessen Ergebnis ihn in die Lage versetzt haben würde, 'diese Verbindlichkeiten und auch die bestehenden rechtzeitig zurückzuzahlen' (S. 480). Er verkennt hiebei aber auch, daß eine Gläubigerbenachteiligung gemäß dem Tatbestand der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 2 StGB nicht nur vorliegt, wenn durch Eingehen neuer und Bezahlung alter Schulden insgesamt eine weitere Verschlechterung der Vermögenslage des Gemeinschuldners eintritt, sondern schon dann, wenn durch willkürliche Zahlungen an einzelne Gläubiger eine Veränderung des allen Gläubigern gemeinsamen Befriedigungsfonds bewirkt wird (ÖJZ-LSK 1976/147 u.a.).

Zur Mängel- und Rechtsrüge gegen den Schuldspruch Punkt I 3:

Zu diesem Schuldspruch traf das Erstgericht des Näheren folgende wesentliche Feststellungen:

Als die Angeklagten Herbert und Christa A im Sommer 1974 sich mit der Absicht trugen, ihren Fleischhauereibetrieb in Bruck a.d.L. aufzulösen und eine Liegenschaft zur Führung eines Gaststätten- und Pensionsbetriebes zu erwerben, erklärten sich die Eltern Christa A, Mathias und Theresia H, bereit, für ihren Schwiegersohn, den Erstangeklagten Herbert A, einen Kredit von 500.000 S aufzunehmen und auf ihrer Liegenschaft EZ. 3409 der KG. Bruck a.d.L. hypothekarisch sicherstellen zu lassen. Hiebei war zwischen dem Erstangeklagten und seinen Schwiegereltern vereinbart, daß, obwohl diese nach außen hin als Kreditnehmer aufscheinen würden, der Erstangeklagte die Kreditbeschaffung regeln und den gesamten Kredit zurückzahlen sollte. Die Ehegatten H sicherten demgegenüber ihrem Schwiegersohn zu, die Hälfte ihrer Liegenschaft zu verkaufen und in weiterer Folge den Erlös in den neu erworbenen Pensionsbetrieb gegen Wohnungsgewährung und 'Anmeldung bei der Krankenkassa' einzubringen. Zwecks Erlangung des Kredites machte Herbert A ein Schätzungsgutachten nach, das er fälschlich mit dem Namen des Baumeisters Ing. Manfred E versah und unterfertigte und in welchem er den Verkehrswert der von seinen Schwiegereltern zu verpfändenden Liegenschaft mit 1,056.080 S auswies, obwohl er wußte, daß der Wert tatsächlich weitaus geringer war.

Im August 1974 bewog Herbert A unter Vorlage des nachgemachten und inhaltlich unrichtigen Schätzungsgutachtens Karl C und Frieda D, die beide von dem Rechtsanwalt Dr. Günther D vertreten waren, zur Gewährung eines Darlehens von 500.000 S an seine Schwiegereltern, als deren Vertreter er auftrat, gegen Einverleibung des Pfandrechtes in dieser Höhe auf der erwähnten Liegenschaft. Bei Kenntnis des wahren Wertes der Liegenschaft hätten sich die Kreditgeber nicht zur Darlehenszuzählung bereitgefunden.

Der Erstangeklagte übernahm den Darlehensbetrag, wobei er es ernstlich für möglich hielt, daß seine Mittel zur Kreditrückzahlung nicht ausreichen, und sich mit der Möglichkeit der Herbeiführung einer Vermögensschädigung abfand. Er verwendete den Darlehensbetrag für den Erwerb der Liegenschaft EZ. 9 der Katastralgemeinde Neuhaus samt einem darauf befindlichen Gaststätten- und Pensionsbetrieb, leistete jedoch in der Folge keinerlei Darlehensrückzahlungen und hielt auch seine Zusage, seinen Schwiegereltern eine Wohnung einzuräumen und sie bei der Krankenkassa anzumelden, nicht ein. Mangels Darlehensrückzahlung wurde von den Darlehensgebern gegen die formellen Darlehensnehmer Mathias und Theresia H Klage eingebracht und im weiteren Verlauf zum AZ E 8/75 des Bezirksgerichtes Bruck a. d.L. das Exekutionsverfahren durch Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaft EZ. 3409 der Katastralgemeinde Bruck a.d. L. eingeleitet. In diesem Exekutionsverfahren ersteigerte Rechtsanwalt Dr. Günther D, welcher Karl Albert C und Frieda D den von ihnen ausbezahlten Darlehensbetrag refundiert hatte, die Liegenschaft um einen Betrag von rund 400.000 S. Erst aus einem einige Zeit später getätigten Weiterverkauf erzielte Dr. D einen Erlös von 500.000 S (S. 444 bis 446).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 10 (sachlich 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer materiellen Urteilsnichtigkeit von seiner Gutgläubigkeit und auch von einem die Darlehenssumme deckenden Wert der verpfändeten Liegenschaft ausgeht, ist die Beschwerde, weil sie von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abweicht, nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Auf unrichtiger Rechtsansicht beruhen die weiteren Beschwerdeausführungen zu diesem Schuldspruchfaktum, die sich gegen die Annahme eines im Sinne des § 146 StGB tatbildlichen, im ursächlichen Zusammenhang mit dem Verhalten des Beschwerdeführers stehenden Schadens wenden.

Betrug nämlich der Wert der Liegenschaft tatsächlich nur 400.000,-- S, dann war angesichts der sonstigen wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit der (formellen und materiellen) Darlehensnehmer mit der Nichterfüllung des Vertrages durch diese nach Erhalt der Darlehensvaluta von 500.000,-- S für die Darlehensgeber ein effektiver Verlust an Vermögenssubstanz in der Höhe der Differenz zwischen dem realisierbaren Sachwert des Pfandes und der erbrachten Leistung eingetreten. Die sodann außerhalb der vertraglichen Verpflichtung erfolgte Schadensgutmachung durch einen Dritten - hier durch Dr. D - ändert daran nichts.

Insoweit konnte daher der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg nicht beschieden sein.

Dagegen erweist sich dieses Rechtsmittel, soweit es auf Begründungsmängel zum Schuldspruchfaktum I/3 des Urteilssatzes gestützt wird, als berechtigt.

Das Erstgericht hat - gleich der Anklagebehörde -

das Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit dem inkriminierten Darlehensgeschäft lediglich in Richtung einer Täuschung und Schädigung der Darlehensgeber auf Tatbestandsgemäßheit untersucht. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten einerseits und seinem Schwiegervater Mathias H andererseits blieb nach dieser Richtung hin bisher ungeprüft.

Für die rechtliche Beurteilung der Vorgangsweise des Angeklagten gegenüber den Darlehensgebern in bezug auf die subjektive Tatseite ist aber von entscheidender Bedeutung, ob der Angeklagte - ungeachtet der bedachten Möglichkeit einer Unzulänglichkeit der eigenen Mittel zur Einhaltung der Darlehensverbindlichkeit - auch zumindest ernstlich erwog, es könnte der realisierbare Wert der zur Besicherung des Darlehens dienenden Liegenschaft unter der Darlehenssumme liegen, und sich mit einer daraus resultierenden Schädigung der Gläubiger abfand.

In dieser Hinsicht hat das Erstgericht entgegen der (als unglaubwürdig abgelehnten) Verantwortung des Angeklagten, der behauptete, er habe angenommen, daß der im gefälschten Schätzungsgutachten aufscheinende Wert der Liegenschaft deren (tatsächlichem) Verkehrswert entspreche (s. S. 341 ff, 397 d. A) festgestellt, daß dem Angeklagten zur Tatzeit der wahre - vom Erstgericht mit 400.000,-- S bezifferte - Wert des Pfandobjektes bekannt war. Zur Begründung dieser Feststellung hat sich das Erstgericht damit begnügt, auf die für glaubwürdig befundenen Aussagen der Zeugen Mathias H und Dr. Günther D zu verweisen (S. 446, 447 d. A).

Damit ist es aber, was der Beschwerdeführer zutreffend bemängelt, seiner Begründungspflicht nur in unzureichender Weise nachgekommen. Denn einerseits hat der Zeuge H in der Hauptverhandlung den Wert des gegenständlichen Hauses samt Garten mit 1,200.000,-- S beziffert (S. 410 des Aktes) - mag er auch im Vorverfahren diesbezüglich nur von 500.000,-- S gesprochen haben (S. 146 des Aktes) - und andererseits hielt auch Dr. Günther D nach Besichtigung des Objektes dessen Wert mit 1,000.000,-- S für plausibel (S. 416 des Aktes). Auf welchen Erwägungen die erstgerichtliche Annahme der Kenntnis des Angeklagten von einem 400.000,-- S entsprechenden Wert der Liegenschaft beruht, ist somit nicht ersichtlich. Zumindest insoweit ist daher das Erstgericht seiner Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nicht nachgekommen.

Dieser Mangel läßt das Urteil in diesem Punkt mit Nichtigkeit gemäß der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet erscheinen.

Ob darüber hinaus - wie der Beschwerdeführer weiter geltend macht - auch die Urteilsfeststellung über den (objektiven) Wert der Pfandliegenschaft mit Begründungsmängeln behaftet ist, braucht daher nicht mehr untersucht zu werden.

Mithin war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil in diesem Punkt des Schuldspruches und - wegen des rechtlichen Zusammenhanges (§ 29 StGB) - auch in der rechtlichen Beurteilung der unter Punkt I/1 und 2 des Urteilssatzes bezeichneten Straftaten sowie demgemäß in dem den Beschwerdeführer betreffenden Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit ihren hiedurch gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zur Maßnahme nach dem § 290 Abs. 1 StPO:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war darüber hinaus gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil in den unbekämpften Schuldsprüchen des Angeklagten Herbert A Punkt I l und 2 und deshalb auch im Schuldspruch der an den bezeichneten Straftaten im Sinne des § 12 StGB beteiligten Angeklagten Christa A, Punkt II, mit einer sich zum Nachteil der beiden Angeklagten auswirkenden Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet ist. Das Erstgericht hat nämlich rechtsirrig die im Schuldspruch Punkt I l und 2 beschriebene Verwendung 'fingierter (falscher) Arbeits- und Lohnbestätigungen' durch den Erstangeklagten, deren Richtigkeit die Zweitangeklagte bei telefonischen Anfragen der Darlehensgeber bewußt wahrheitswidrig bejaht hatte (Punkt II des Schuldspruches), als Benützung falscher Beweismittel im Sinne des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB angesehen. Schweren Betrug nach dieser Gesetzesstelle begeht, wer zur Täuschung eine falsche oder verfälschte Urkunde, ein anderes solches Beweismittel (oder ein unrichtiges Meßgerät) benützt. Da das Gesetz die Urkunden, die an sich auch Beweismittel sind, besonders erwähnt, fallen sie hier nicht unter den Beweismittelbegriff (Foregger-Serini StGB2, S. 272 Erl. II; 11 Os 153/75). Bei den vom Erstgericht verfertigten und in den Fällen der Punkte I l und 2 des Schuldspruches bei Begehung des Betruges benützten inhaltlich falschen Arbeits- und Gehaltsbestätigungen handelt es sich aber um Urkunden im Sinne des § 74 Z 7 StGB, die somit nicht unter den Beweismittelbegriff des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB fallen.

Sie stellen aber auch - anders als das im Punkt I 3 des Schuldspruches bezeichnete falsche, nämlich nicht von dem in ihm genannten Aussteller stammende, Schätzungsgutachten (dessen Benennung als 'Beweismittel' gleichermaßen verfehlt war) - keine falschen, also unechten, Urkunden gemäß dieser Gesetzesstelle dar, weil sie ja vom Erstangeklagten selbst verfaßt waren. Es handelt sich dabei vielmehr um echte Urkunden mit unwahrem Inhalt, deren Verwendung zur Täuschung beim Betrug nicht unter die Qualifikationsnorm des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB subsumiert werden kann (Leukauf-Steininger, 746, 989; SSt. 45/31; 10 Os 46/77 u. a.; vgl. auch 13 Os 169/77).

Somit erweisen sich die bezüglichen Aussprüche in den Schuldsprüchen Punkt I l und 2 und die rechtliche Unterstellung des Verhaltens der Zweitangeklagten im Urteilsfaktum Punkt II (auch) unter die Bestimmung des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB als verfehlt und waren deshalb aus dem Urteil auszuschalten.

Der Wegfall einer rechtlichen Qualifikation der den Gegenstand des Schuldspruches der Christa A bildenden Betrugstaten (II des Urteilssatzes) machte die Aufhebung auch des diese Angeklagte betreffenden Strafausspruches und die Neubemessung der über sie zu verhängenden Strafe erforderlich.

Dabei wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Wiederholung der Verbrechenstaten, die Verwirklichung des Tatbestandes der fahrlässigen Krida in beiden Begehungsformen und den hohen Schaden, als mildernd aber das Teilgeständnis, die bereits in erheblichem Maße erfolgte Schadensgutmachung und den Umstand, daß die Angeklagte die Taten, an denen sie im übrigen nur in untergeordneter Weise beteiligt war, unter der Einwirkung ihres Ehegatten begangen hat.

Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und insbesondere angesichts der Bereitwilligkeit zur Schadensgutmachung und des Fehlens einschlägiger Vorstrafen begründete Aussicht auf künftiges Wohlverhalten besteht, konnte unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung mit einer achtmonatigen Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden. Die Notwendigkeit der Gewährung bedingter Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 1 StGB ergibt sich schon aus dem Verschlimmerungsverbot des § 290 Abs. 2 StPO.

Diese Maßnahme ist im übrigen aber auch aus den bereits vom Erstgericht dafür angeführten Gründen berechtigt.

Mithin war insgesamt wie im Spruch zu erkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte