Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, der im übrigen unberührt bleibende Wahrspruch der Geschwornen in seinem die Hauptfrage III./ betreffenden Teil und demgemäß auch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 (Abs. 1 und) Abs. 2 StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. März 1955 geborene Installateur Wolfgang A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, 128 (Abs. 1 Z 4 und) Abs. 2, 129 Z 1 und 15 StGB (Punkt A/ des Urteilssatzes), des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 15, 87 Abs. 1 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 (Abs. 1 und) Abs. 2 StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StB (Punkt D/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt; von einem weiteren Diebstahlsfaktum wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft war ihm u.a. das Verbrechen des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB zur Last gelegt worden, weil er am 10. November 1977 in Wien dem Peter B dadurch, daß er ihn durch einen wuchtigen Schlag gegen den Hinterkopf mit einer ca. 50 cm langen kantigen Holzlatte zu Boden schlug und sodann dessen Herrenhandtasche mit einem Bargeldbetrag von S 104.200,-- an sich nahm, mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Tat unter Verwendung einer Waffe verübt habe. Die bezügliche, im Sinne der Anklage gestellte Hauptfrage II./ wurde von den Geschwornen jedoch (mit 6 : 2 Stimmen) verneint. Hingegen bejahten die Geschwornen (jeweils einstimmig) die Eventualfrage V/l.) in Richtung des Verbrechens der versuchten (absichtlichen) schweren Körperverletzung nach § 15, 87 Abs. 1 StGB und die Eventualfrage V/2.) in Richtung eines Diebstahls. Die Zusatzfrage zur letztgenannten Eventualfrage in Richtung tätiger Reue wurde (gleichfalls stimmeneinhellig) verneint; eine Beantwortung der für den Fall der Verneinung der Eventualfrage V/l.) gestellten, auf das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB gerichteten Eventualfrage VII/ entfiel.
Ferner wird dem Angeklagten, wie bereits erwähnt, das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 (Abs. 1 und) Abs. 2 StGB angelastet, begangen dadurch, daß er Peter B durch die Äußerung 'Wenn sie mich erwischen, bekomme ich sechs Jahre, und wenn ich wieder heraußen bin, besorge ich mir einen Puffer und knall dich ab' mit dem Tod gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen. Die bezügliche Hauptfrage III./ wurde von den Geschwornen (stimmeneinhellig) bejaht.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte lediglich in den Schuldsprüchen wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung (Schuldspruchfaktum B/) und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (Schuldspruchfaktum C/) mit einer auf die Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als unrichtig bezeichnet der Beschwerdeführer zunächst die Rechtsbelehrung zu den Eventualfragen V/l.) und VII/, weil daraus für einen Laien der Unterschied zwischen den Tatbeständen der (versuchten) absichtlichen schweren Körperverletzung und der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB nicht klar erkennbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeeinwand versagt. In der schriftlichen Rechtsbelehrung wird ausgeführt, daß zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 87 Abs. 1 StGB die Absicht des Täters auf Zufügung einer schweren Verletzungsfolge gerichtet sein, es diesem also direkt darauf ankommen und seine Zielsetzung sein müsse, die schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung herbeizuführen, bedingter Vorsatz - wenn der Täter den schweren Erfolg bloß für möglich halte und sich damit abfinde - hingegen (jedenfalls) nicht genüge, wogegen das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB nur den Vorsatz des Täters voraussetze, einen anderen zu verletzen (vgl. S. 7 und 9 der Rechtsbelehrung, Beilage C/ zum Hauptverhandlungsprotokoll, ON 56 d. A). Damit wurde den Geschwornen der Begriff der Absichtlichkeit (§ 5 Abs. 2 StGB) und der Unterschied zwischen den beiden in Betracht kommenden Tatbeständen in einer für Laien durchaus verständlichen Weise dargelegt. Durch die knappe Formulierung der bezüglichen Rechtsbelehrung konnten die Geschwornen aber auch über das Verhältnis der beiden betreffenden Eventualfragen zueinander - ungeachtet dessen, daß Ausführungen hierüber in der Rechtsbelehrung fehlen (§ 32l StPO) - nicht beirrt werden, weil schon im Fragenschema selbst der unmißverständliche (und von den Geschwornen ersichtlich auch richtig verstandene) Hinweis enthalten ist, wonach die Eventualfrage VII/
nur für den Fall der Verneinung der Eventualfrage V/l.) zu beantworten sei. Eines Eingehens auf die - bei der Besprechung gemäß dem § 323 Abs. 2 StPO zu erörternden - Umstände des Einzelfalles - dahingehend, daß das Verpassen eines 'Denkzettels' und der Wille, jemanden 'spitalsreif' zu schlagen, nicht zwangsläufig auf eine auf Zufügung einer schweren Verletzung gerichteten Absicht des Täters schließen lasse - bedurfte es den Beschwerdeausführungen zuwider in der schriftlichen Rechtsbelehrung nicht (vgl. SSt. 23/8l u.a.). Zum Schuldspruchfaktum C/ macht der Beschwerdeführer geltend, die den Geschwornen zur Hauptfrage III./
erteilte Rechtsbelehrung sei insofern unrichtig und mangelhaft, als sie den Begriff der Absichtlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB nicht klarlege und nicht eindeutig erkennen lasse, welche Umstände bei einer gefährlichen Drohung mit dem Tod von der Absicht des Täters umfaßt sein müssen.
In diesem Umfang erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als begründet.
In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand der gefährlichen Drohung (einfachen) Vorsatz des Täters schlechthin (§ 5 Abs. 1 StGB) in bezug auf die sich als gefährliche Drohung (§ 74 Z 5 StGB) darstellende Tathandlung und (qualifizierten) Vorsatz in Form der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) in bezug auf den mit der Tathandlung verfolgten Zweck, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen (vgl. LSK 1975/203 = EvBl. 1976/120
u. a.).
Im vorliegenden Fall wird in den Erläuterungen zur Hauptfrage III./ zwar dargelegt, daß der Täter bei der gefährlichen Drohung in der Absicht handeln muß, einen anderen in Furcht und Unruhe zu versetzen, im Widerspruch dazu jedoch im unmittelbaren Anschluß daran ausgeführt, daß 'insoweit' Vorsatz (direkter oder bedingter Vorsatz) erforderlich sei (vgl. S. 5 der Rechtsbelehrung), womit im gegebenen Zusammenhang der Oberbegriff 'Vorsatz' mit dem Begriff 'Absicht' gleichgesetzt wird. Im Hinblick auf diese Begriffsverwirrung in der Rechtsbelehrung konnte die Nichterörterung des Verhältnisses der Begriffe (einfacher) Vorsatz und Absicht zueinander und der Frage, bei welchen Tatbestandsmerkmalen der gefährlichen Drohung Absichtlichkeit erforderlich ist bzw. Vorsatz genügt, hier zu Mißverständnissen über die subjektive Tatseite führen. Die Rechtsbelehrung ist daher in wesentlichen Teilen unrichtig, in sich widersprechend und unklar (vgl. SSt. 28/65; EvBl. 1976/242).
In Ansehung der Anwedung des § 107 Abs. 2 StGB beschränkt sich die Rechtsbelehrung des Schwurgerichtshofes auf die Wiedergabe der verba legalia und läßt jeden Hinweis darauf vermissen, daß die in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Qualifikationsgründe gleichfalls vom Tätervorsatz umfaßt sein müssen. Eine gefährliche Drohung mit dem Tode liegt nämlich nur dann vor, wenn der Täter in dem Bedrohten wirklich Furcht vor einem Anschlag auf sein Leben hervorrufen wollte; eine bloß verbale Todesdrohung, die inhaltlich nur eine Drohung mit einer Verletzung oder körperlichen Mißhandlung ausdrückt, genügt nicht (vgl. LSK 1977/97 und 345). In bezug auf diesen strafsatzändernden Umstand reicht allerdings - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - einfacher Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) hin.
Die Rechtsbelehrung läßt demnach auch insoweit die Geschwornen im unklaren und gibt zu Mißdeutungen über die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 StGB in subjektiver Richtung Anlaß. Diese Unvollständigkeit kommt daher einer Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung im Sinne des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO gleich.
Da sich sohin zeigt, daß eine Aufhebung des die Hauptfrage III./ betreffenden Teiles des Wahrspruches und des darauf beruhenden Teils des Urteils, sowie die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidlich ist, wäre in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten spruchgemäß zu erkennen, zumal vorliegend für das weitere Verfahren die Zuständigkeit eines Geschwornengerichtes nicht mehr in Frage kommt (vgl. EvBl. 1976/242 am Ende).
Im erneuerten Verfahren wird auch zu beachten sein, daß eine gefährliche Drohung im Sinne des § 74 Z 5 StGB deren objektive Eignung voraussetzt, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen, und die Beurteilung der Tat nach dem Abs. 2 des § 107 StGB überdies erfordert, daß der Bedrohte - objektiv betrachtet - den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei willens und in der Lage, eine in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Folgen - hier den Tod des Bedrohten -
herbeizuführen (vgl. abermals LSK 1977/97 sowie LSK 1975/218).
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