Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.
Die Berufung des Privatbeteiligten Finanzamt Linz wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. März 1948 geborene, nunmehrige kfm. Angestellte Josef A des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach den § 33 Abs. 2 lit. a und 13 FinStrG. schuldig erkannt und gemäß dem § 33 Abs. 5
FinStrG. unter Anwendung des § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 70.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Nach den wesentlichen Urteilsannahmen hat der Angeklagte als Geschäftsführer der B Ges.m.b.H. in Linz in folgender Weise vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt, wobei er diese nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt:
Zunächst unterließ es der Angeklagte, für die Monate Oktober und November 1975 Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstatten. Das Finanzamt hat daher durch Schätzung mit Bescheid vom 15. Jänner 1976 die Zahllast für Oktober 1975
mit 80.000 S und mit Bescheid vom 12. Februar 1976 die Zahllast für November 1975 mit 96.000 S rechtskräftig ermittelt (Punkt 1.) des Schuldspruches).
Nachdem die B Ges.m.b.H. in den Jahren 1973-1975 keine Bilanzen mehr errichtet hatte, setzte das Finanzamt Linz die Steuerschulden des Unternehmens rechtskräftig mit 3,3 Millionen Schilling fest. Um diese Steuerschuld zu egalisieren, verfaßte der Angeklagte am 28. Februar 1976 eine (schon verspätete) Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Dezember 1975, trug darin wahrheitswidrig eine abziehbare Vorsteuer von 3,466.112,32 S ein und machte unter Abzug einer auf die Umsätze des Monates Dezember 1975 entfallenden Zahllast von 30.951,88 S eine Gutschrift von 3,435.160 S (zu Unrecht) geltend (Punkt 2) des Schuldspruches; vgl. auch S. 9).
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer (irrig als 'Berufung wegen Nichtigkeit' bezeichneten) auf die Z. 9 lit. a) und 11 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO. macht der Beschwerdeführer geltend, daß das von ihm begangene Finanzvergehen keine gerichtlich strafbare Handlung darstelle, weil der 500.000 S übersteigende strafbestimmende Wertbetrag (§ 53 Abs. 1 lit. b) FinStrG.) nur durch 'offensichtlich irrtümliche' Schätzung des Umsatzsteuerbetrages für den Monat Dezember (1975) mit 3,4 Millionen Schilling durch das Finanzamt erreicht worden sei. An 'offensichtlich irrtümliche und falsche Steuerbescheide, die durch Versäumen der Rechtsmittelfrist rechtskräftig wurden', sei das Gericht im Strafverfahren nicht gebunden.
Rechtliche Beurteilung
Diese Rechtsrüge versagt.
Gemäß dem Abs. 3 lit. d) des § 33 FinStrG.
wurde die Abgabenverkürzung laut dem Punkt 2) des Schuldspruches durch die, zu Unrecht erfolgte Geltendmachung einer, nicht bescheidmäßig festzusetzenden (vgl. S. 5), Umsatzsteuergutschrift auf Grund unrichtiger Vorsteuerabzüge bewirkt. Die diesfalls vom Gesetz pönalisierte Begehungsform der Abgabenverkürzung steht also begrifflich gar nicht im Konnex mit dem Inhalt eines bestimmten Abgabenbescheides. Diese Abgabenverkürzung (Punkt 2) des Schuldspruches) ist (entgegen der vom Erstgericht irrig angenommenen, sich jedoch nicht zum Nachteil des Angeklagten auswirkenden Versuchsqualifikation) bereits mit der Geltendmachung der Gutschrift durch den Abgabepflichtigen vollendet (Fellner FinStrG. 1975 Anm. 60 zu § 33); der strafbestimmende Wertbetrag (§ 53 Abs. 1 lit. b) FinStrG.) richtet sich somit nur nach der Höhe der zu Unrecht oder zu hoch geltend gemachten Gutschrift. Demnach liegt gegenständlich der Versuch des Angeklagten, durch die Gutschrift bescheidmäßig rechtskräftig festgesetzte Steuerschulden von ca. 3,3 Millionen Schilling zu egalisieren, bereits außerhalb des tatbildlichen Verhaltens und es könnte deshalb im Fall des Schuldspruches Puntkt 2) der Frage der Bindung des Strafgerichtes an die erwähnte rechtskräftige Abgabenfestsetzung durch die Finanzbehörde gar keine Relevanz zukommen. Demgemäß gehen aber alle Ausführungen der Beschwerde hinsichtlich einer nichtbestehenden Bindung der Strafgerichte an offensichtlich irrtümliche oder falsche Steuerbescheide ins Leere. Das Erstgericht hat vielmehr das Bestehen der gerichtlichen Zuständigkeit zu Recht angenommen. Der Vollständigkeit halber sei zum Beschwerdevorbringen noch bemerkt, daß der Schätzungsbetrag von ca. 3,3 Millionen Schilling den Feststellungen (wie auch der Verantwortung des Angeklagten / siehe die in der Hauptverhandlung verlesene, S. 95, Niederschrift vom 18. März 1976 im Finanzstrafakt sowie S. 19 der Strafakten /) nach nicht bloß, wie in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet wird, den Monat Dezember 1975, sondern die Jahre 1973-1975
betraf (S. 101). Insoweit finden die Beschwerdeausführungen weder in den Urteilsannahmen, noch in der Aktenlage eine Deckung. Schließlich schlägt die Rechtsrüge auch insofern nicht durch, als sie aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. dem Ersturteil eine überschreitung seiner Strafbefugnis deshalb vorwirft, weil es nicht auf das (nach den gegenständlichen Tatzeiten ergangene) rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. Mai 1977, 28 E Vr 1325/76-14, mit welchem über den Angeklagten wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1
und 2 StGB. eine, für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene, Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt worden war (gemeint offenbar: nach den § 31, 40 StGB.), Bedacht genommen habe. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer aber keine Nichtigkeit nach der angerufenen Gesetzesstelle auf. Denn diese wäre
- bei Zutreffen der Voraussetzungen nach den § 31, 40 StGB. bzw. dem § 21 Abs. 3 oder 4 FinStrG.
- nur dann gegeben, wenn die ausgesprochene ('Zusatz'-) Strafe, das Höchstmaß jener Strafe übersteigt, die für die nunmehr abgeurteilten Taten im Gesetz angedroht ist, oder wenn die Summe der insgesamt in zwei oder mehreren Verfahren verhängten Strafen die im Gesetz für die schwerste strafbare Handlung bestimmte Höchststrafe überschreitet (ÖJZ-LSK 1976/117, 9 0s 137/76, 9 0s 98/77 u.a.), was der Beschwerdeführer gegenständlich schon auf Grund der Strafdrohungen des § 159 Abs. 1 StGB. (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) und des § 33 Abs. 5 FinStrG. (Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages oder der ungerechtfertigten Abgabengutschrift, daneben nach Maßgabe des § 15 FinStrG. Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) nicht behaupten kann. Die Verhängung einer Zusatzstrafe war aber vorliegend auf Grund der vom Beschwerdeführer übersehenen, auf dem Kumulationsprinzip beruhenden Sonderregelung des § 22 Abs. 1 FinStrG. nicht zulässig. Danach sind beim Zusammentreffen zwischen Finanzvergehen und strafbaren Handlungen anderer Art die Strafen für die Finanzvergehen gesondert zu verhängen. Nach den (analogen) Bestimmungen des § 21 Abs. 3 und 4 FinStrG. ist die Verhängung einer Zusatzstrafe nur bei ausschließlichem Vorliegen von Finanzvergehen vorgesehen. Bei Verurteilung wegen eines Finanzvergehens kommt daher die Bedachtnahme auf eine Vorverurteilung, welcher eine andere strafbare Handlung zugrundeliegt (weder nach den § 31, 40 StGB. noch nach dem § 21 Abs. 3 oder 4 FinStrG.) in Betracht (vgl. auch 9 0s 137/76). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 33 Abs. 5 FinStrG. (unter Anwendung des § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG.) zu einer Geldstrafe von S 70.000, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Wiederholung der strafbaren Handlungen, als mildernd das Geständnis, die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit und den bloßen Versuch des gravierenderen Finanzdeliktes.
Die Berufung des Angeklagten strebt eine Minderung der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht, jene der Staatsanwaltschaft eine schuldangemessene Erhöhung der Geldstrafe an. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz als Privatbehörde hat zwar rechtzeitig Strafberufung angemeldet, in der Folge aber keine Ausführung derselben überreicht. Weder die Berufung des Angeklagten noch die der Anklagebehörde ist begründet.
Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig und richtig angeführt und diese bei der Bemessung der Höhe der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe zutreffend und unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten abgewogen und gewürdigt. Keine der beiden Berufungen vermag ins Gewicht fallende Argumente für ihre wechselseitigen Standpunkte vorzubringen. Einerseits ist die Geldstrafe im Hinblick auf den strafbestimmenden Wertbetrag nicht so hoch bemessen, anderseits trägt sie aber auch dem Umstand Rechnung, daß die unter Punkt 2 des Urteilssatzes umschriebene strafbare Handlung, mag sie auch rechtsirrtümlich als Versuch gewertet worden sein, von keinem entscheidenden Einfluß auf das Steueraufkommen als solches war. Die verhängte Geldstrafe entspricht vielmehr auf Grund der besonderen Lage des Falles durchaus dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wie auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten. Ihre bedingte Nachsicht kam nicht in Betracht, da sonst ihre Effektivität und ihre Warnfunktion für den Angeklagten und allfällige potentielle Täter nicht gewahrt werden könnte.
Da die Finanzstrafbehörde erster Instanz weder bei der Anmeldung der Berufung noch in einer Ausführung derselben die Punkte des Erkenntnisses, durch die sie sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen (§ 294 Abs. 3 StPO.).
Es war somit spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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