Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagten Karl A und Helmut C verhängten Freiheitsstrafen je auf 5 (fünf) Jahre und die über den Angeklagten Richard B verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt werden. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Ein Geschwornengericht erkannte mit dem angefochtenen Urteil 1.) den Vertreter Karl A, 2.) den Werkzeugmacher Richard B und 3.) den Kraftfahrer Helmut C I./ des Verbrechens des (schweren) Raubes nach den § 142 Abs. 1 und 143 StGB. und II./ des verbrecherischen Komplottes nach dem § 277 Abs. 1 StGB. schuldig.
Dem zu I./ bezeichneten Schuldspruch zugrundeliegenden Wahrspruch der Geschwornen in seinem die (einhellig bejahten) Hauptfragen I bis III betreffenden Teil zufolge haben die drei Angeklagten am 15.Juli 1977 gegen 11 Uhr 40 in Sieghartskirchen (NÖ.) in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) durch Inanschlagbringen eines geladenen Vorderladerrevolvers (Richard B) und eines (mit Platzpatronen) geladenen Gastrommelrevolvers (Helmut C) gegen den Leiter der Volksbankfiliale Sieghartskirchen Peter D und durch die Aufforderung, das gesamte Geld, das sich in der Filiale befindet, herauszugeben, während Karl A das Tatauto lenkte, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, der Volksbank Tulln Bargeld im Betrage von 34.140 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt wurde.
Nach dem - auf dem Wahrspruch der Geschwornen in seinem die (ebenfalls einstimmig bejahten) Hauptfragen IV bis VI und die (in der Richtung der Voraussetzungen des § 277 Abs. 2 StGB. gestellte, von den Geschwornen einhellig verneinte) Zusatzfrage VII betreffenden Teil beruhenden - Schuldspruch laut Punkt II./ haben die Angeklagten schon vor ihrem Raubüberfall in Sieghartskirchen in Wien die gemeinsame Ausführung von (dann nicht zur Ausführung gelangten) Raubüberfällen verabredet, und zwar 1.) am 13.Juli 1977 hinsichtlich der Zweigstelle der Ersten Österreichischen Sparcasse in Wien 15., 2.) am 14.Juli 1977
hinsichtlich einer Bankfiliale in Bruck a.d. Leitha und 3.) am selben Tag einen überfall auf den Tankwart der Tankstelle E in Wien
17.
Die drei Angeklagten bekämpfen dieses Urteil je mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl A:
Dieser Angeklagte bekämpft mit seiner Beschwerde lediglich den Schuldspruch wegen des verbrecherischen Raubkomplottes. Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. rügt er die den Geschwornen zu den Hauptfragen IV bis VI und zur Zusatzfrage VII erteilte schriftliche Rechtsbelehrung deshalb als unrichtig, weil jene nicht darüber belehrt worden seien, daß sie im Falle des - nach Ansicht des Beschwerdeführers hier bereits vorliegenden (ausführungsnahen) - Versuches der zunächst von den drei Angeklagten verabredeten Raubverbrechen auch die Voraussetzungen eines strafaufhebenden freiwilligen Rücktrittes vom Versuch gemäß dem § 16 StGB. prüfen müßten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rüge kommt keine Berechtigung zu:
Zunächst unterliegt die Rechtsbelehrung nur insoweit zulässiger Anfechtung, als sie sich auf Fragen bezieht, die den Geschwornen auch tatsächlich gestellt wurden (Gebert-Pallin-Pfeiffer Bd. III/3, Nr. 10 ff. zu § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO.; RZ. 1977/138 u.a.).
Da vorliegend den Geschwornen (ungerügt und vom Beschwerdeführer auch in der Hauptverhandlung nicht beantragt /vgl. S. 361 unten d.A. /) weder eine Schuldfrage nach einem versuchten Komplott nach den § 15, 277 Abs. 1
StGB. (s. SSt. 46/61) noch nach einem Versuch der verabredeten Raubüberfälle in Wien und Bruck a.d. Leitha nach den § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. (welches Delikt den nur subsidiären Tatbestand des Raubkomplottes allerdings verdrängen würde, worauf die Rechtsbelehrung zutreffend hinweist) zur Beantwortung vorlag, bestand entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch kein hinreichender Anlaß, in der Rechtsbelehrung im Zusammenhang mit den Hauptfragen IV bis VI die Voraussetzungen strafaufhebenden Rücktrittes vom Versuch (§ 16 Abs. 1 und 2 StGB. zu erörtern und den Geschwornen hiezu eine Prüfung aufzutragen.
Durch die Stellung der Zusatzfrage VII (zur Hauptfrage IV/2) in der Richtung des § 277 Abs. 2 StGB., ob nämlich Karl A freiwillig (in der Modalität konkret eingeschränkt:) durch die unrichtige Mitteilung, in der Raiffeisenkasse in Bruck a.d. Leitha befänden sich zwei Gendarmen, die beabsichtigte strafbare Handlung verhinderte, war außerdem dem bezüglichen Antrag des Beschwerdeführers auf Fragestellung Rechnung getragen worden und es waren dadurch die Geschwornen auch in der zugehörigen Rechtsbelehrung über die - dem Strafaufhebungsgrund des freiwilligen Rücktritts vom Versuch im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 StGB. weitgehend gleichenden - Straffreiheitsvoraussetzungen tätiger Reue im Sinne des § 277 Abs. 2 StGB. beim Raubkomplott ausreichend informiert worden. Die Stellung einer (nach der Modalität uneingeschränkten) Zusatzfrage nach tätiger Reue im Sinne des § 277 Abs. 2 StGB. schlechthin aber war weder beantragt worden, noch in den Verfahrensergebnissen indiziert. Eine hiezu denkbare Anfechtung aus dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO. ist nicht erfolgt.
Eine dem Beschwerdeführer allenfalls vorschwebende - bei Stellung einer Zusatzfrage nach dem § 277 Abs. 2
StGB. allerdings entbehrliche, weil auch diese Alternative umfassende - (weitere) Zusatzfrage nach den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 und 2 StGB. wegen (freiwilligen) Rücktrittes vom (nach Ansicht des Beschwerdeführers bereits ausführungsnah unternommenen) Raubversuch in den durch die Hauptfrage IV erfaßten drei Fällen wäre im übrigen vorliegend in den Verfahrensergebnissen ebensowenig indiziert gewesen, sodaß für den Beschwerdeführer (auch) durch das Unterbleiben entsprechender, mit einer solchen Zusatzfrage gekoppelter Eventualfragen (zur Hauptfrage IV) im Sinne des § 314 Abs. 2 StPO. in der Richtung des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. - als strengere Alternative zu der auf verbrecherisches Raubkomplott lautenden Hauptfrage IV/1) bis 3) - kein Nachteil entstehen konnte. Soweit der Angeklagte Karl A schließlich mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der 'Z. 11 des § 345 Abs. 1 StPO.' - wiederum nur in Ansehung der durch die Hauptfrage IV/1) bis 3) erfaßten Verabredung von drei verschiedenen Raubüberfällen - für sich den Strafaufhebungsgrund tätiger Reue nach dem § 277 Abs. 2 StGB. reklamiert, entbehrt diese Rüge, die vor allem übersieht, daß ein geschwornengerichtliches Urteil wegen (Annahme oder) Nichtannahme dieses Strafaufhebungsgrundes gar nicht aus dem genannten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund angefochten werden kann (vgl. SSt. 34/8; EvBl. 1971/
116 u.a.), auch deshalb einer beachtlichen gesetzmäßigen Ausführung, weil sie nicht vom Inhalt des Wahrspruchs ausgeht. Der Beschwerdeführer läßt nämlich unberücksichtigt, daß von den Geschwornen die in der Richtung des § 277 Abs. 2 StGB. (bezüglich der Verabredung eines überfalles auf die Bankfiliale in Bruck a.d. Leitha) gestellte Zusatzfrage VII verneint und die auf Raubkomplott in den Fällen der Zweigstelle der Ersten Österreichischen Sparcasse in Wien 15. sowie der Tankstelle E in Wien 17., - insoweit ohne Zusatzfrage - gestellte Hauptfrage IV/1) und 3) uneingeschränkt bejaht worden ist.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl A war daher zu verwerfen.
Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Richard B und Helmut
C:
Der Angeklagte B bekämpft zunächst das Urteil im Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes (Punkt I) des Urteilssatzes) aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 7 des § 345 Abs. 1 StPO. In der Anklageschrift sei das Inanschlagbringen eines 'geladenen Gastrommelrevolvers' gegen den Filialleiter der Volksbank Sieghartskirchen als Tathandlung des am 15.Juli 1977 von den Angeklagten verübten bewaffneten Raubes inkriminiert worden, wobei in der Anklagebegründung als weitere Tatwaffe auch noch eine 'mit Platzpatronen geladene Schreckschußpistole' genannt werde. Hingegen ergebe sich aus der Anklageschrift kein Hinweis auf ein Inanschlagbringen eines 'geladenen Vorderladerrevolvers', wie es dem Beschwerdeführer aber inhaltlich des dem angefochtenen Schuldspruch zugrundeliegenden Wahrspruchs der Geschwornen (Bejahung der Hauptfrage II) und im angefochtenen Schuldspruch selbst zum Vorwurf gemacht werde. Insoweit liege daher eine überschreitung der Anklage vor, die Urteilsnichtigkeit bewirke.
Die Rüge ist unbegründet.
Eine Anklageüberschreitung läge nur vor, wenn den Geschwornen eine (von ihnen bejahte) Frage gestellt worden wäre, die sich auf ein anderes als das (ersichtlich) unter Anklage gestellte Tatgeschehen bezieht. Maßgeblich für die Nämlichkeit der inkriminierten und der von der Fragestellung erfaßten Tat ist hiebei der gesamte Anklagesachverhalt mit allen erfolgskausalen Umständen des inkriminierten Verhaltens.
Dies war vorliegend die Ausführung eines bewaffneten Raubüberfalles auf die Volksbankfiliale Sieghartskirchen durch die drei Angeklagten am 15.Juli 1977 unter Verwendung von (geladenen) Schußwaffen. Die Frage, welche Schußwaffen hiebei im einzelnen Verwendung fanden, berührt nicht die Frage der Identität des Anklagefaktums mit der von der Fragestellung und vom korrespondierenden Schuldspruch erfaßten Tat. Durch in den Verfahrensergebnissen gedeckte (vgl. S. 340 f. d. A.) Abweichungen (Modifikationen) bei der genauen Waffenbezeichnung in der Fragestellung an die Geschwornen gegenüber der Anklage wurde deren Umfang in Ansehung der von der Staatsanwaltschaft inkriminierten Tat (§ 267 StPO.) nicht überschritten (s. SSt. 23/66, 32/77 u.a.).
Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 11 lit. a des § 345 Abs. 1 StPO. bekämpfen sowohl der Angeklagte Richard B als auch der Angeklagte Helmut C den Schuldspruch wegen verbrecherischen Raubkomplottes (Punkt II) des Urteilssatzes), weil er neben dem Schuldspruch wegen (vollendeten) Raubes laut Punkt I) des Urteilsspruches zu Unrecht erfolgt sei. Der Täterwille der Angeklagten sei insgesamt auf die Begehung bloß eines einzigen Raubüberfalles gerichtet gewesen, weshalb die als Komplott im Sinne des § 277 Abs. 1 StGB. beurteilte Verabredung und Planung dreier überfälle lediglich als straflose Vorbereitungshandlung (Vorstufe) zu dem dann tatsächlich (am 15.Juli 1977 in Sieghartskirchen) ausgeführten Raubüberfall zu werten sei.
Auch dieser Einwand versagt:
Die beiden Beschwerdeführer übersehen nämlich, daß inhaltlich des Wahrspruches der Geschwornen die von den Angeklagten zunächst geplanten und dem Schuldspruch wegen verbrecherischen Raubkomplottes zugrundeliegenden mehreren Angriffe wie auch der dann am 15.Juli 1977 tatsächlich zur Ausführung gelangte Raubüberfall jeweils (auch wirtschaftlich) verschiedene Tatobjekte und Geschädigte betrafen, weshalb unbeschadet eines allfälligen (wahrspruchsmäßig allerdings nicht festgestellten) einheitlichen Tatentschlusses der Angeklagten nicht von einer (natürlichen oder rechtlichen) Handlungseinheit ausgegangen werden kann, die unter dem Gesichtspunkt der - gegenüber dem Versuch oder der Vollendung der verabredeten Straftat - subsidiären Natur des Komplottes die Straflosigkeit des gegenständlichen Raubkomplottes (laut Punkt II) des Urteilssatzes) gegenüber dem zur Ausführung gekommenen bewaffneten Raub (laut Punkt I) des Urteilssatzes) bewirken könnte (s. Leukauf-Steininger, 1117 und die dort zitierte Judikatur, ferner EvBl. 1977/7 und 260; vgl. auch Mayerhofer-Rieder, Nr. 34 ff. zu § 28 StGB.). Zutreffend wurde vielmehr den Angeklagten neben dem (vollendeten) Raubverbrechen auch verbrecherisches Raubkomplott angelastet.
Auch den unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Richard B und Helmut C war daher der Erfolg zu versagen.
Zu den Berufungen:
Das Geschwornengericht verhängte nach dem 1. Strafsatz des § 143 StGB. unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB.
über die Angeklagten A und C je eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren, über den Angeklagten B eine solche von sieben Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei allen drei Angeklagten das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die zweifache Qualifikation des Raubes nach dem § 143 StGB. und die Wiederholung des Komplottes, beim Angeklagten B überdies die einschlägige Vorstrafe wegen Diebstahls und den Umstand, daß er die scharf geladene Waffe führte; als mildernd sah es hingegen bei allen drei Angeklagten das umfassende reumütige Geständnis und die vollkommene Rückstellung des geraubten Gutes, bei den Angeklagten A und C überdies deren bisher ordentlichen Lebenswandel an. Mit ihren Berufungen streben die drei Angeklagten eine Herabsetzung des Strafmaßes (der Angeklagte A in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach dem § 41 StGB.) an.
Den Berufungen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Wenn auch die Begehung des Raubes unter Benützung einer scharf geladenen Schußwaffe schon nach dem Gewicht des Tatunrechtes und des auch von diesem her mitbestimmten Verschuldens der Täter keine Bagatellisierung des verübten Raubes und der vorangegangenen Komplotte zuläßt, so kann doch vorliegend nicht übersehen werden, daß es sich bei den Angeklagten, wie dies aus den zu ihrer unverzüglichen Ergreifung und Festnahme führenden Umständen deutlich wird, um (vergleichbar noch) mindergefährliche Rechtsbrecher handelt. Es kann daher bei den beiden unbescholtenen Angeklagten A und C mit der Mindeststrafe des anzuwendenden Strafsatzes noch das Auslangen gefunden werden.
Aber auch beim Angeklagten B konnte die Freiheitsheitsstrafe um ein Jahr herabgesetzt werden, weil seine Vorstrafen an sich nicht besonders gravierend sind; immerhin aber verhindert die fehlende Unbescholtenheit dieses Angeklagten, vor allem aber seine intensivere Tatbeteiligung durch das Führen einer (von ihm besorgten) geladenen Waffe die Strafbemessung (wie bei seinen Mittätern) an der Untergrenze des heranzuziehenden Strafsatzes. Eine weitergehende Minderung des Strafausmaßes (die bei den Angeklagten A und C nur unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach dem § 41 StGB.
möglich gewesen wäre) war insbesondere aus spezialpräventiven Gründen - zutreffend weist das Erstgericht auf die labile Persönlichkeit der Täter hin - nicht vertretbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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