Spruch:
'Das Urteil des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 28. November 1977, GZ. U 341/77-13, mit dem Theobald A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer - gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen -
Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 50 S, im Uneinbringlichkeitsfall 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt wurde, sowie das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 11. April 1978, AZ. 4 Bl 57/78, mit welchem die Berufung des Angeklagten als unbegründet zurückgewiesen wurde, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 141 Abs. 4 StGB.
Diese Urteile werden aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Theobald A wird von der Anklage, er habe am 10. Juni 1977 in Gradenegg eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich ca. 70 kg Heu im Werte von ungefähr 105 S, dem Emil A sen. mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und hiedurch das Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1
StGB begangen, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO freigesprochen. Gemäß dem § 366 Abs. 1 StPO wird der Privatbeteiligte Emil A sen. auf den Zivilrechtsweg verwiesen.'
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 28. November 1977, GZ. U 341/77-13, wurde der am 6. Mai 1928 geborene Landwirt Theobald A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer - gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 50 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen verurteilt. Es liegt ihm zur Last, am 10. Juni 1977 in Gradenegg ca. 70 kg Heu im Wert von ca. 105 S dem Gast- und Landwirt Emil A sen. mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Gegen dieses - von der Staatsanwaltschaft nicht angefochtene - Urteil erhob Theobald A Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, wobei er, der Sache nach unter dem Nichtigkeitsgrund des § 468 Abs. 1 Z. 4 (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b) StPO, auch das Vorliegen der Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit nach dem § 42 StGB reklamierte.
Diese Berufung wies das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht mit dem Urteil vom 11. April 1978, AZ. 4 Bl 57/78, als unbegründet zurück. Es bejahte dabei die Tatbestandsmäßigkeit des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB und lehnte die Beurteilung des Sachverhaltes als gerichtlich nicht strafbare rechtswirdrige Aneignung von Bodenerzeugnissen nach dem § 141 Abs. 4 StGB wegen des für den Bestohlenen nicht geringen Wertes des Diebsgutes ab.
Im wesentlichen die gleichen Erwägungen über den für den Bestohlenen empfindlichen Verlust der Heumenge von 70 kg führten das Berufungsgericht bei Prüfung der (kumulativen) Voraussetzungen des § 42 StGB zur Verneinung der Frage, ob die Schuld des Täters gering gewesen sei.
Die Akten wurden bisher noch nicht an das Erstgericht rückgemittelt (vgl. die Note des Landesgerichtes Klagenfurt an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 19. April 1978).
Somit sind weitere, auf den beiden Urteilen beruhende Verfügungen noch nicht erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Die zitierten Urteile des Bezirksgerichtes St. Veit/ Glan und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Gemäß dem § 141 Abs. 4 StGB ist die rechtswidrige Aneignung von Bodenerzeugnissen oder Bodenbestandteilen (wie Feld- und Baumfrüchte, Waldprodukte u.dgl.) geringen Wertes gerPchtlich nicht strafbar. Zu diesen Bodenerzeugnissen zählt auch Heu (vgl. EvBl. 1958/359
u. a.). Bei der Beantwortung der Frage der Geringwertigkeit des Bodenerzeugnisses kann nicht von einer absoluten Grenze ausgegangen werden. Lediglich als Maximalgrenze (in Wahrung eines deutlichen Abstandes zur Wertgrenze von 5.000 S) gilt ein Wert von 500 S. Unterhalb dieser Höchstgrenze hat, abgestellt auf die konkreten Umstände des Falles, im Vordergrund der Beurteilung die Empfindlichkeit des Schadens für den Betroffenen zu stehen (ÖJZ-LSK 1976/28 = EvBl. 1976/28).
Im vorliegenden Fall wurde der Wert der vom Angeklagten an sich gebrachten Heumenge von ca. 70 kg (etwa die Hälfte einer ca. 1 m hohen Ladung auf einem Anhänger von einer Länge von 2,80 m und einer Breite von 1,33 m /S. 62 /, mit ca. 105 S festgestellt. Aus den Akten ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, daß dieser nach allgemeinen Maßstäben zweifellos als gering bezeichnende Wert von dem Bestohlenen, einem Gast- und Landwirt, als drückend empfunden werden mußte.
Da die rechtswidrige Aneignung des Heus zufolge Zutreffens der Voraussetzungen des § 141 Abs. 4 StGB gerichtlich nicht strafbar war (vgl. ÖJZ-LSK 1978/64), wurde daher durch die dennoch erfolgte Verurteilung des Theobald A das Gesetz in der Bestimmung des § 141 Abs. 4 StGB zum Nachteil des Genannten verletzt.
Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Spruche zu erkennen.
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