OGH 10Os85/78

OGH10Os85/7814.6.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Juni 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Klumair als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 3.März 1978, GZ. 8 Vr 1882/77-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Haszler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 17.Februar 1951 geborene Malergehilfe Manfred A des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 (zweiter Fall) StGB und des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 3 StGB schuldig erkannt.

Als schwerer Raub liegt ihm zur Last, daß er am 15. August 1977 Johanna B mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, und zwar 600,- S Bargeld sowie eine Pendeluhr im Wert von etwa 3.000,- S, mit dem Vorsatz abnötigte und wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er von ihr mit einer zum Schlag erhobenen Hacke die Herausgabe von Geld verlangte, sie durch Zuhalten des Mundes am Schreien hinderte, ihr unter Zücken eines Küchenmessers für den Fall der Verweigerung der Herausgabe von Geld mit dem Umbringen drohte, sie mit den Füßen trat und sie schließlich bis zur Bewußtlosigkeit würgte (Punkt I des Urteilssatzes).

Die Geschwornen hatten insoweit einhellig die anklagekonforme Hauptfrage (1) bejaht und eine Zusatzfrage (2) nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) verneint.

Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen schweren Raubes ficht der Angeklagte mit einer auf den § 345 Abs. 1 Z 6

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß die relevierte Hauptfrage auch auf das Zücken eines Küchenmessers durch ihn gerichtet war, genügt es, ihn auf den § 312 Abs. 1 StPO zu verweisen, wonach sich die Hauptfrage darauf zu erstrecken hat, ob der Angeklagte schuldig ist, die der Anklage zugrundeliegende strafbare Handlung begangen zu haben. Ausschließlich der Anklagevorwurf ist mithin für die Gestaltung der Hauptfrage maßgeblich und nicht ein sonstiges Ergebnis der Hauptverhandlung; letzteres beim Wahrspruch zu berücksichtigen, ist Sache der Geschwornen, denen es auch gestattet ist, eine Frage nur teilweise - also etwa mit der Beschränkung 'Ja, aber nicht unter Zücken eines Küchenmessers' - zu bejahen (§ 330 Abs. 2 StPO). Die anklagekonforme Fassung der ersten Hauptfrage entsprach also durchaus der vorerwähnten Verfahrensbestimmung. Ebenso verfehlt ist die weitere Beschwerdeauffassung, der Schwurgerichtshof hätte den Geschwornen eine Eventualfrage nach 'einfachem' Raub im Sinn des § 142 Abs. 1 StGB, begangen ohne die Verwendung einer Hacke und eines Küchenmessers als Waffen, vorlegen müssen. Gemäß dem § 317 Abs. 2 StPO bleibt es nämlich der Beurteilung des Schwurgerichtshofs im einzelnen Fall überlassen, welche Tatsachen in einer Frage zusammenzufassen sind, sofern nur die Geschwornen durch den Inhalt der an sie gerichteten Fragen in die Lage versetzt sind, den unter Anklage stehenden Sachverhalt unter allen nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens in Betracht kommenden Gesichtspunkten in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht einer vollständigen Prüfung und Beurteilung zu unterziehen (RZ 1973/26 u.a.). In diesem Sinn war aber die vom Angeklagten vermißte Eventualfrage vollkommen überflüssig, weil die Geschwornen - worauf sie sowohl in der allgemeinen Rechtsbelehrung nach dem § 325 Abs. 2 StPO, als auch in dem in der Spalte 'Antwort' darauf Bezug nehmenden Vordruck für die an sie zu richtenden Fragen (StPO.Form.Nr.139, S 275 ff.) ausdrücklich hingewiesen wurden - ohnedies die (bereits oben angedeutete) Möglichkeit hatten, die Hauptfrage nach schwerem Raub mit der Einschränkung zu bejahen, daß die Tat ohne Verwendung einer Waffe begangen worden sei (§ 330 Abs. 2 StPO).

Nicht zielführend schließlich ist der abschließende Einwand des Beschwerdeführers, den Geschwornen hätte neben der in Rede stehenden Hauptfrage und neben der Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit zudem eine Eventualfrage nach Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung gemäß dem § 287 StGB gestellt werden müssen. Denn der Angeklagte selbst hat in der Hauptverandlung seine ursprüngliche Verantwortung insoweit, als er damit eine - zum Teil pathologisch bedingte - Volltrunkenheit seinerseits zur Tatzeit angedeutet hatte (S 72, 73, 12, 12 a vso, 12 c vso, 220), nicht aufrechterhalten, sondern sich der Anklage entsprechend als schuldig bekannt und, ohne weiterhin Erinnerungslücken in bezug auf wesentliche Aspekte der Tat zu behaupten, in Ansehung des Tathergangs ausdrücklich auf die Anzeige sowie auf die Anklageschrift verwiesen (S 267-269);

auch sonst sind in diesem Verfahrensstadium keine Tatsachen vorgebracht worden, nach denen er sich, wenn sie als erwiesen angenommen worden wären, zumindest fahrlässig in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt hätte: eine bloße Unvernünftigkeit seines Verhaltens, wie er sie in der Beschwerde durch einen Vergleich mit 'normalen' Tätern hervorzuheben versucht, vermochte keineswegs schon einen Zustand der Diskretions- oder Dispositionsunfähigkeit im Sinn des § 287 StGB zu indizieren. Bereits die Stellung einer Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß dem § 11 StGB war daher - wodurch der Angeklagte jedoch nicht beschwert wurde - nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung gar nicht gerechtfertigt (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 E.Nr. 23, 23 a zu § 314 StPO); jedenfalls aber bewirkte die Unterlassung einer Eventualfrage in Richtung des § 287 StGB nach dem Obengesagten keinen Verstoß gegen den § 314 StPO.

Dementsprechend war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten wegen des erörterten schweren Raubes und wegen des in zwei Fällen, davon einmal zum Nachteil seines Arbeitgebers, verübten Vergehens des Diebstahls mit einem Wert der gestohlenen Sachen von rund 4.400,- S nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedacht auf den § 28 StGB und unter Anwendung des § 41 StGB zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die im Ausland erlittenen, zum Teil einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, die Wiederholung des Diebstahls und die Deliktsmehrheit als erschwerend, das volle und reumütige Geständnis des Angeklagten, dessen erheblich herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit, seine harte Jugend und die schweren Mängel in seiner Erziehung sowie das überwiegende Zustandebringen der Diebsbeute hingegen als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber im Ausland zwei Vorstrafen erlitten hat, davon eine wegen Notzucht in Tatmehrheit mit Hausfriedensbruch und Diebstahl, also wegen Eigentums- und (auch) Gewaltdelikten, wirkt seine bisherige Straflosigkeit in Österreich nicht als mildernd.

Auch kann bei der ihm nunmehr zur Last liegenden Straftat von einem Grenzfall zwischen schwerem und einfachem Raub keine Rede sein. Dem Umstand aber, daß der durch dieses Delikt entstandene Vermögensschaden nicht allzu hoch war, ist als zusätzlicher Erschwerungsgrund entgegenzuhalten, daß das 82-jährige Raubopfer bei der Tat leichte Verletzungen erlitt.

Berücksichtigt man dazu noch die besondere Brutalität des Angeklagten, der die Greisin bis zur Bewußtlosigkeit würgte, dann zeigt sich, daß die vom Erstgericht verhängte vierjährige Freiheitsstrafe keineswegs zu hoch ausgemessen wurde, sondern der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Berufungswerbers (§ 32 StGB) durchaus gerecht wird.

Der Berufung mußte daher gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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