Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Gerhard A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 8.Jänner 1957 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Gerhard A und der am 15.Februar 1953 geborene Glasergehilfe Werner A der Vergehen 1.) des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach den § 15, 269 Abs. 1 StGB,
2.) der schweren Körperverletzung nach den § 83 Abs. 1, 84 Abs. 2, Z 4 StGB und 3.) der Beleidigung nach dem § 115 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie in Gesellschaft als Beteiligte (gemeint: als Mittäter) am 12.Oktober 1977 in Melk die beiden Gendarmeriebeamten Otto B und Andreas C z1.): durch Versetzen mehrerer Stöße bzw. Faustschläge gegen deren Körper mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versuchten, als sie im Begriffe waren, sie festzunehmen und zum Gendarmerieposten Melk zu eskortieren; zu 2.): anläßlich der zu Punkt 1.) angeführten Tathandlung (vorsätzlich) am Körper verletzten, wobei Otto B einen Bluterguß, eine Prellung im Bereich des rechten Jochbeins, Schienbeinprellungen rechts, einen ca. 15 cm großen Bluterguß am rechten Unterschenkel und eine Hodenquetschung und Andreas C eine Prellung und Kratzwunden im Bereich des linken Daumens, eine Prellung im Bereich des linken Handgelenks, einen Bluterguß im Durchmesser von 20 cm im Bereich der achten und neunten Rippe links, eine Brustkorbprellung links, einen Bluterguß im Durchmesser von ca. 5 cm am rechten Unterschenkel und eine Schienbeinprellung rechts erlitten; und zu 3.): öffentlich und vor mehreren Leuten durch die Worte 'Saukiberer, Arschlöcher, Trotteln' u. a. beschimpften. Während Werner A auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtete, bekämpft der Angeklagte Gerhard A den ihn betreffenden Schuldspruch unter Pkt. 1) und 2) mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung. In Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes macht der Beschwerdeführer dem Erstgericht sinngemäß zum Vorwurf, durch die Unterlassung der Einvernahme des Wirtes des betreffenden Gasthauses Josef D als Zeugen gegen die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit bzw. gegen Grundsätze eines die Rechte der Verteidigung sichernden Verfahrens verstoßen zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesem Vorbringen wird aber weder der bezogene, noch sonst einer der in den § 281 1 Z 1 - 11, 281 a StPO erschöpfend aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Die Nichtausschöfpung aller dem Erstgericht zur Verfügung stehenden Beweismittel ist nicht mit Nichtigkeit, insbesonders nicht mit Nichtigkeit im Sinne der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO bedroht, da die in dieser Gesetzesstelle enthaltene Aufzählung jener gesetzlichen Vorschriften, deren Beobachtung die Prozeßordnung bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, eine erschöpfende ist und eine analoge Anwendung auf andere als die daselbst aufgezählten Bestimmungen, etwa auf die des § 3 StPO, nicht stattfindet. Zur erfolgreichen Geltendmachung einer Verfahrensnichtigkeit im Sinne der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO hätte es aber der Abweisung oder des übergehens eines Antrages auf Vernehmung dieses Zeugen durch die Verteidigung bedurft, was vom Beschwerdeführer aber selbst nicht behauptet wird. Soferne im Zusammenhange damit dem Vorbringen der Vorwurf einer Unvollständigkeit der Begründung des Urteils in Beziehung auf die (allerdings rechtlich nicht relevante) Vorgeschichte für das Einschreiten der Gendarmeriebeamten zu entnehmen ist, wird darauf im Rahmen der Mängelrüge einzugehen sein. Mit dem Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO, mit welchem der Angeklagte unter dem allgemeinen, nicht näher präzisierten Hinweis auf angebliche Widersprüche in den Angaben der beiden Gendarmeriebeamten B und C am angefochtenen Urteil bemängelt, die zur tätlichen Auseinandersetzung mit diesen beiden Beamten führende, von einem Mißverständnis geprägte Vorgeschichte unerörtert gelassen zu haben, vermag er weder einen Begründungsmangel im Ausspruch des Erstgerichtes über entscheidende Tatsachen noch einen Feststellungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen. Nach den mit dem Hinweis auf die Aussagen der Zeugen B, C, E und F ausreichend und mängelfrei begründeten Urteilsfeststellungen hat nämlich der Angeklagte Gerhard A sogleich am Beginn der Amtshandlung auf den Gendarmeriebeamten Otto B, der ihn in ruhigem Ton zwecks Klärung des Sachverhaltes vor das Lokal bat, hingeschlagen bzw. wiederholt gegen ihn mit den Füßen getreten und somit grundlos den tätlichen Angriff eröffnet (vgl. Seite 196, 197 und 199 d. A). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kommt bei dieser Sachlage einem dem Zeugen B allenfalls unterlaufenen Mißverständnis über die Person des ihm vom Gastwirt Josef D bezeichneten Ruhestörers bei der Beurteilung des nachfolgenden Tatverhaltens keine rechtliche Bedeutung zu, sodaß nähere Erörterungen durch das Erstgericht oder Feststellungen darüber entbehrlich waren; denn selbst bei einem vorangegangenen einwandfreien Verhalten des Beschwerdeführers im Lokal wäre es dem öffentlichen Sicherheitsorgan keineswegs verwehrt gewesen, ihn zwecks Sachverhaltsaufklärung in Anspruch zu nehmen. Die weiteren Ausführungen zur Mängelrüge, mit denen der Beschwerdeführer aus einer - für die Entscheidung völlig bedeutungslosen - vermeintlich (objektiv) unrichtigen Einschätzung des bei ihm und beim Mitangeklagten Werner A vorgelegenen Alkoholisierungsgrades durch die beiden Gendarmeriebeamten die (objektive, aber auch subjektive) Unrichtigkeit der Aussage dieser beiden Zeugen über andere - entscheidungswichtige - Tatumstände abzuleiten versucht, stellen sich nach Inhalt und Zielsetzung als eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und demnach unbeachtliche Bekämpfung der Beweiswürdigung dar.
Aber auch die ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 (sachlich Z 9 lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge schlägt nicht durch, soweit sich der Beschwerdeführer in Ansehung seines Schuldspruchs wegen Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt auf den im § 269 Abs. 4 StGB umschriebenen Rechtfertigungsgrund beruft. Denn nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt kann weder von einer formell (oder materiell) rechtswidrigen Amtshandlung der beiden Gendarmeriebeamten B und C noch davon die Rede sein, daß sie mit dieser Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstiessen. Wie bereits zur Mängelrüge des Beschwerdeführers dargelegt wurde, waren die beiden öffentlichen Sicherheitsorgane, die vom Gastwirt zur Intervention wegen Ruhestörung herbeigerufen worden waren, zu der zunächst nur auf Klärung des Sachverhalts abzielenden Amtshandlung ihrer Art nach jedenfalls berechtigt. Für die Anwendung der Bestimmung des § 269 Abs. 4
StGB auf den vom Beschwerdeführer dieser Amtshandlung entgegengesetzten tätlichen Widerstand verbleibt somit kein Raum. Die Verfahrensergebnisse erbrachten aber auch keine Anhaltspunkte für die irrtümliche Annahme eines (ersichtlich gemeint: nach dem § 269 Abs. 4 StGB rechtfertigenden) Sachverhalts durch den Beschwerdeführer. Dieser hat vielmehr in der Hauptverhandlung ausdrücklich seine Meinung bekundet, daß er eine Gegenwehr (gegen die Amtshandlung der beiden Gendarmeriebeamten) auch bei eigener Unschuld für unzulässig halte (vgl. S 179 d. A) und sich demnach mit einem Irrtum über die Zulässigkeit seines Tatverhaltens gar nicht verantwortet, sodaß für das Erstgericht kein Anlaß bestand, darüber Feststellungen zu treffen. Der nunmehr vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behauptete Irrtum (sei es in tatsächlicher Beziehung im Sinne des § 8 StGB oder ein Rechtsirrtum in Sinne des § 9 StGB) findet in seiner eigenen Verantwortung in der Hauptverhandlung keine Deckung und muß als neues Vorbringen unbeachtlich bleiben.
Mit dem weiteren Vorbringen im Rahmen der Rechtsrüge, das Erstgericht habe den Tatbestand des (versuchten) Widerstands gegen die Staatsgewalt deshalb bei ihm zu Unrecht bejaht, weil er (zur Tatzeit) keineswegs in der Absicht gehandelt habe, die Amtshandlung der beiden Gendarmeriebeamten zu hindern, sondern sie allenfalls bloß zu behindern (gemeint: bloß zu verzögern oder ihre Durchführung zu erschweren), setzt sich der Beschwerdeführer über die Urteilsfeststellung hinweg, daß die beiden Angeklagten (somit auch der Beschwerdeführer) im weiteren Ereignisablauf gegen die beiden Beamten mit den Füßen traten und gegen sie schlugen, um ihre Festnahme zu verhindern (S 197 d. A). Er vergleicht somit den festgestellten Sachverhalt nicht mit dem darauf angewendeten Gesetz und führt daher insoweit die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß aus.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard A war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Gerhard A nach § 28, 269 Abs. 1 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten; bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von drei strafbaren Handlungen und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, den Umstand, daß es beim Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt beim Versuch geblieben ist und das Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit.
Die Berufung des Angeklagten, welche eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, ist nicht begründet.
Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Der Berufungswerber selbst vermag keine für eine Strafmilderung ins Gewicht fallenden Argumente vorzubringen. Eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung als Anlaß für die strafbaren Handlungen kommt ihm nicht zugute, wenn, wie behauptet, er nicht Urheber des Einscheitens der Gendarmeriebeamten war und daher auch nichts zu befürchten hatte. Das Schadensanerkenntnis erfolgte nur dem Grunde nach und fällt im übrigen bei der gegebenen Sachlage ebensowenig ins Gewicht wie eine bestehende Alkoholisierung minderen Grades, zumal dem Angeklagten bekannt war, daß er im alkoholisierten Zustand zu Gewalttaten neigt (siehe Akten U 1373/77 des Bezirksgerichtes Melk an der Donau).
Bedenkt man die Erfolglosigkeit bisheriger Abstrafungen und die auch durch den schlechten Leumund unterstrichene ablehnende Einstellung gegenüber rechtlich geschützten Werten, erweist sich die vom Erstgericht verhängte Strafe - auch im Verhältnis zu jener des Mitangeklagten Werner A - als nicht zu hoch bemessen. Sie entspricht vielmehr dem Unrechtsgehalt der Straftaten, der Täterpersönlichkeit wie auch den im § 32 StGB festgelegten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung.
Es war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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