Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Punkt
A) 2) des Schuldspruches, demgemäß auch in der rechtlichen
Beurteilung der dem Angeklagten zur Last fallenden (Betrugs-)Taten und im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfange zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die (bisherigen) Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.April 1942 geborene Vertreter Norbert A des Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er den Urteilsannahmen zufolge (Punkt A des Urteilssatzes) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, folgende Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, welche die Genannten am Vermögen in einem 5.000 S übersteigenden Betrag schädigten, und zwar 1) am 6.Juli 1976 in Linz Fabian B durch die fälschliche Behauptung, er würde Spenden für jugoslawische Kinder, die auf der (sogenannten) Gastarbeiterroute verunglücken, sammeln, zur übergabe eines Bargeldbetrages von 100 S;
2) im Februar 1977 in Steyr den Gastwirt Hermann C durch Verschweigen seines Mangels an Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, sowie überhaupt durch Auftreten als seriöser Hotelgast zur Gewährung von Unterkunft und Kost, Schaden 7.238,50 S. Von einem weiteren Betrugsfaktum (Punkt B des Urteilssatzes) wurde der Angeklagte gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.
Der Angeklagte ficht den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde, den Ausspruch über die Strafe mit Berufung an.
I) Zum Schuldspruch wegen Betruges zum Nachteil des Fabian B
(Faktum A 1):
Unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO rügt der Beschwerdeführer den Ausspruch des Erstgerichtes als 'undeutlich, mangelhaft und offenbar unzureichend begründet', weil sich das Schöffengericht mit seiner Verantwortung nicht auseinandergesetzt bzw. nicht hinreichend begründet habe, auf welche Beweismittel es seine Feststellungen gründete.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Rüge kommt Berechtigung nicht zu.
Das Erstgericht kam nämlich seiner im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten Begründungspflicht insofern nach, als es die Aussage des Zeugen B und die Verantwortung des Beschwerdeführers einer Würdigung unterzog (siehe S 299) und solcherart zu dem denkrichtigen Ergebnis gelangte, B hätte den Betrag von 100 S nicht ausgefolgt, wenn der Angeklagte nicht fälschlich vorgegeben hätte, das Geld für eine (Unterstützungs-)Aktion für jugoslawische Kinder zu verwenden (S 295). Wenn das Schöffengericht hiebei den Angaben des genannten Zeugen gegenüber jenen des Beschwerdeführers den Vorzug gab, setzte es einen Akt der freien Beweiswürdigung. Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber andere, ihm günstiger scheinende Möglichkeiten der Würdigung der Angaben des genannten Zeugen und seiner Verantwortung aufzeigt, bringt er die Mängelrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern bekämpft lediglich in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung.
Dem Schuldspruchfaktum A) 1) haftet mithin ein den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklichender Umstand nicht an, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Umfange schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als unbegründet zurückzuweisen war.
II) Zum Schuldspruch wegen Betruges zum Nachteil des Hermann C (Faktum A 2):
Die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 a des § 281 Abs. 1 StPO relevierend, zeigt der Beschwerdeführer - zutreffend - Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite und zur Höhe des ihm (als betrügerisch) angelasteten Schadens auf.
Nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen (S 297 bis 299) mietete sich der für den Werbekaufmann Walter D als Kolonnenführer tätige Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau und seinen Subvertretern im Jänner 1977 (eine datumsmäßige Feststellung fehlt, obwohl eine solche nach den Beweisergebnissen möglich und überdies - wie im folgenden auszuführen sein wird - zur rechtlichen Beurteilung notwendig gewesen wäre) in der Pension des Hermann C ein. Da die Subvertreter erst eingeschult werden mußten, erbrachten sie wenig Aufträge, 'ca. Ende Jänner 1977' wurden auch (ersichtlich: ohne /- Mit-/-Verschulden des Beschwerdeführers) fingierte Aufträge vorgelegt, sodaß sich finanzielle Schwierigkeiten einstellten. So gewährte Walter D auf Ersuchen des Angeklagten einen Vorschuß für die Bezahlung der Pensionskosten für die erste Woche. Da sich die Eingänge aus der Vertretertätigkeit nicht besserten, konnte der Beschwerdeführer am 5.Februar 1977 und an den folgenden Tagen die 'bisher aufgelaufenen Quartier- und Konsumationskosten' nicht zahlen, sodaß er mit seiner Ehefrau und den Subvertretern schließlich in der Nacht zum 9.Februar 1977
unter Hinterlassung einer Schuld von 7.238,50 S heimlich die Pension verließ. Auch in der Folgezeit setzte sich der Beschwerdeführer mit dem Pensionsinhaber wegen Bezahlung der Schuld nicht in Verbindung. In rechtlicher Hinsicht stellte das Erstgericht fest, (siehe S 300/301), der Beschwerdeführer habe angesichts der schlechten Auftragslage, seiner (auch durch hohen Lebensaufwand bedingten) schlechten finanziellen Verhältnisse und des Umstandes, daß einer der Subvertreter zahlreiche fingierte Aufträge vorgelegt hatte, 'zumindest ab dem Zeitpunkt, als Walter D dem Angeklagten die fingierten Aufträge nicht annahm, zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, die entstehenden Pensionskosten für seine Person, seine Gattin und seine Subvertreter nicht mehr begleichen zu können. Der Umstand, daß der Angeklagte in der Nacht heimlich mit seinen Leuten die Pension verließ und sich seither mit dem Pensionsinhaber nicht mehr in Verbindung setzte, sowie am letzten Abend Zahlung am nächsten Tag in der Früh versprach, offenbart sehr deutlich die Betrugsabsicht des Angeklagten'. Wie nun der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel zutreffend rügt, fehlen die zur Beurteilung des Vorsatzes und zur Berechnung der Schadenshöhe im Sinne der § 146, 147
Abs. 2 StGB erforderlichen Feststellungen. Denn obwohl das Erstgericht das Einsetzen des (im folgenden noch erörterten) betrügerischen Vorsatzes ausdrücklich erst mit 'ca. Ende Jänner 1977' bzw. 'Februar 1977' annahm (vgl. dazu S 298 /-Vorlage der fingierten Rechnungen/- in Verbindung mit S 300 /-Abfinden mit der Zahlungsunfähigkeit ab Nichtannahme dieser fingierten Rechnungen/- bzw. den Urteilsspruch S 292), rechnete es dem Beschwerdeführer offenbar auch jene Miet- und Konsumationskosten als Schaden im Sinne der § 146, 147 Abs. 2 StGB zu, welche (schon) vor Einsetzen dieses Vorsatzes aufgelaufen waren. Mangels genauer Feststellungen über den Zeitpunkt des Beginnes des Mietverhältnisses, über die Höhe der dadurch entstandenen Schuld unter Berücksichtigung von (allenfalls) erbrachten Teilzahlungen, deren Zeitpunkt gleichfalls festzustellen wäre, kann nicht beurteilt werden, welche Schulden der Beschwerdeführer gegenüber dem Pensionsinhaber C mit Verwirklichung des Betrugstatbestandes einging (und auch nicht beglich) und welche allenfalls schon vorher aufgelaufen waren.
Obwohl die Verfahrensergebnisse, insbesondere die Angaben der Zeugen C und D, aber auch die Verantwortung des Beschwerdeführers, derartige entscheidungswesentliche Feststellungen zuließen, wurden solche nicht getroffen.
Der Hermann C zugefügte Vermögensschaden durch Nichtbezahlung der Pensionsrechnung (oder eines Teiles davon) ist strafrechtlich (vorliegendenfalls unter dem Gesichtspunkt des Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB) erst ab jenem Zeitpunkt relevant, ab welchem der Tatbestand (in objektiver und subjektiver Hinsicht) erfüllt ist. Dabei hat auf der inneren (subjektiven) Tatseite der (zumindest bedingte) Vorsatz des Täters zu umfassen:
1. das Bewußtsein, durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum hervorzurufen oder zu bestärken;
2. das Bewußtsein, gerade durch die Erregung oder Bestärkung des Irrtums eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Verögensschädigung hervorzurufen;
3. das Bewußtsein, durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten sich (oder einen Dritten) unrechtmäßig zu bereichern. Bereichert ist der Täter dann, wenn sein faktisches Vermögen, das ist der Inbegriff der geldwerten Güter einer Person, vermehrt wird. Ob dies durch effektive Vermehrung der Aktiven, durch Verminderung der Passiven oder durch eine Ersparung von Auslagen geschieht, ist irrelevent. (Vgl. dazu Leukauf-Steininger, Kommentar, 740/741; Foregger-Serini StPO2, 267/268 und die dort zitierte Judikatur). Der erforderliche Vorsatz muß - wie schon erwähnt - im Augenblick des tatbildlichen Verhaltens vorhanden sein. Die nachträgliche Billigung eines (allenfalls) ohne Vorsatz herbeigeführten Erfolges (sogenannter dolus superveniens) belastet den Täter nicht.
Da sohin das Erstgericht die zur rechtlichen Beurteilung des in Rede stehenden Sachverhaltes erforderlichen, vorstehend aufgezeigten Feststellungen nicht traf, war der Schuldspruch zu Punkt A) 2) als mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet aufzuheben und insoweit der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten - mit Zustimmung der Generalprokuratur - gemäß dem § 285 e StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben. Die Aufhebung des Ausspruches über die rechtliche Beurteilung auch hinsichtlich des von der Aufhebung nicht betroffenen Betrugsfaktums (A 1) ergibt sich aus dem Wesen der Zusammenrechnungsregel des § 29 StGB.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)