OGH 11Os11/78

OGH11Os11/7821.3.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1978 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fahrensteiner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A u.a. wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 (Abs 1 Z 4,) Abs 2 und 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Gerhard B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Oktober 1977, GZ. 5 b Vr 778/73-112, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Traude Groh und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B wird verworfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1 StPO der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft in Ansehung des Angeklagten Gerhard B dahin abgeändert, daß ihm diese auf die verhängte Geldstrafe angerechnet wird.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und gemäß dem § 43 Abs 1 StGB die über den Angeklagten Gerhard B verhängte Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Gerhard B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 9.April 1945 geborene Taxilenker Gerhard B des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er den Urteilsannahmen zufolge in Wien nachts zum 1.April 1969 den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich Josef A, der zusammen mit Josef C und Kurt D in Gesellschaft als Beteiligter zum Nachteil des Erhard E mehrere Radioapparate und Tonbandgeräte in unbekanntem Wert durch Einbruch gestohlen hatte, dadurch, daß er ihm beim Transport der Diebsbeute half, nach der Tat dabei unterstützte, Sachen, die dieser durch die Tat erlangt hatte, zu verheimlichen (Punkt B 1. des Urteilssatzes), und nachts zum 13. März 1969

Sachen, die Josef A durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, nämlich einen Feldstecher und einen Fotoapparat unbekannten Wertes, die A zum Nachteil der Firma F durch Einbruch gestohlen hatte, zum Pfand nahm und sohin an sich brachte (Punkt B 2. des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B. Mit seiner Mängelrüge behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe die Feststellung, ihm sei vom Cafe G her bekannt gewesen (oder er habe es doch zumindest ernstlich für möglich gehalten), daß der Mitangeklagte A strafbare Handlungen begeht, nicht ausreichend begründet.

Dem ist zu erwidern, daß das Erstgericht diese Feststellung unter begründeter Ablehnung des späteren, leugnenden Vorbringens des Beschwerdeführers ausdrücklich auf dessen eigene Verantwortung vor der Polizei (Band I, S. 389) gründete (Band II, S. 131), welche als Bestandteil der ON 58 d. A in der Hauptverhandlung verlesen wurde (Band II, S. 111) und daher als Urteilsgrundlage herangezogen werden konnte. Im übrigen ist dazu festzuhalten, daß das Schöffengericht seine entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite primär gar nicht hierauf, sondern auf die äußeren Tatumstände stützte, unter denen der Beschwerdeführer die gestohlenen Sachen zur Nachtzeit in sein Fahrzeug aufnahm, sie transportierte und zum Teil auch als Pfand entgegennahm. Das Schöffengericht brauchte sich daher auch nicht weiter mit der in der Beschwerde zitierten Aussage des Mitangeklagten A in der Hauptverhandlung (Band II, S. 93) auseinanderzusetzen, wonach der Beschwerdeführer als Nachtfahrer 'meistens' am Tag, als 'praktisch' die (gestohlenen) Gegenstände weiterverkauft wurden, im Cafe G nicht anwesend gewesen sei, und die im übrigen insoweit in sich widerspruchsvoll ist, als dieser Mitangeklagte im Anschluß daran sogleich bekundete, es sei 'nur bei Nacht umgeschlagen' worden, bei Tag hingegen nicht.

Insofern aber der Beschwerdeführer eine Auseinandersetzung mit der Aussage des Josef A vermißt, der Angeklage B habe nicht gewußt, daß er, A, etwas stehlen werde, gibt er dessen Aussage 'er muß es nicht gewußt haben' (II/92) unrichtig wieder und läßt überdies außer Acht, daß A weiter ausführte, er glaubte, B habe angenommen, daß er (A) von Einbrüchen lebe (II/92).

Alle weiteren Ausführungen der Mängelrüge, mit denen der Beschwerdeführer auf jene Teile seiner Verantwortung verweist, in denen er ein (auch nur bedingt) vorsätzliches Handeln bestreitet, erschöpfen sich aber in dem Versuch, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen und solcherart die ausführlich begründeten, den Denkgesetzen und auch der allgemeinen Lebenserfahrung vollkommen entsprechenden entscheidungswesentlichen Feststellungen des Schöffengerichtes zur inneren Tatseite zu bekämpfen. Dem angefochtenen Urteil haftet mithin kein den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO verwirklichender Umstand an. Die Rechtsrüge des Angeklagten B ist aber insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt, als sie zunächst unter ziffernmäßiger Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO die Beurteilung des Tatverhaltens des Beschwerdeführers als Hehlerei mit der Begründung als richtsirrig bezeichnet, ein 'passives Verhalten', daß er nämlich 'nichts unternommen habe', könne ihm strafrechtlich nicht zum Vorwurf gemacht werden, und es ferner die innere Tatseite dieses Deliktes erfordere, daß der Täter die diebische Herkunft der Sachen gekannt oder mit dieser Möglichkeit ernstlich gerechnet und sich mit ihr abgefunden habe, das Urteil aber derartige Feststellungen nicht getroffen habe. Denn damit geht der Beschwerdeführer weder hinsichtlich der äußeren noch in bezug auf die innere Tatseite von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, welches insoweit ein aktives Tun des Beschwerdeführers annimmt, als dieser dem Haupttäter A beim Transport der Diebsbeute half und zum Teil auch Diebsbeute als Pfand an sich brachte, und ausdrücklich feststellte, daß der Beschwerdeführer in beiden Fällen der ihm zur Last gelegten Verhehlungshandlungen es ernstlich für möglich hielt, daß der Angeklagte A diese Gegenstände auf Grund eines vorausgegangenen Einbruchsdiebstahles erlangt hat und sich damit abfand s (Band II, S. 129, 137, 139 und 140). Er vergleicht sohin nicht die Urteilsfeststellungen mit dem Gesetz, das auf sie angewendet wurde, sondern einen urteilsfremden Sachverhalt.

Dem übrigen, auf die Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten, der Sache nach jedoch nur unter dem letztangeführten Nichtigkeitsgrund zu beurteilenden Vorbringen des Beschwerdeführers, das ihm angelastete Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs 3 StGB verlange auf der inneren Tatseite Wissentlichkeit in bezug auf die Qualifikation der Haupttat als Einbruchsdiebstahl, ist zu entgegnen:

Die Strafdrohung des § 164 Abs 3 (Satz 2) StGB erfordert, daß - wie der Beschwerdeführer zutreffend hinweist -

dem Hehler die dort umschriebenen strafsatzerhöhenden Umstände 'bekannt' sind. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung genügt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. 13 Os 134/76, 10 Os 18/77, 13 Os 121/77) bedingter Vorsatz. Denn das Gesetz verwendet im § 164 Abs 3 erwende StGB nicht die Worte 'absichtlich' oder 'wissentlich' (§ 5 Abs 2 und 3 StGB), sodaß - auch - hier von der Bestimmung des § 5 Abs 1 StGB auszugehen ist. (In diesem Sinne auch Foregger-Serini, Erl. III. (1. Auflage) bzw. V. (2. Auflage) zu § 164 StGB; Mayerhofer-Rieder, Anm. 11 zu § 164 StGB).

Da das Erstgericht die das Vorliegen dieser Vorsatzform indizierenden Feststellungen ausdrücklich traf, unterlief ihm weder der vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsirrtum noch ein auf einem solchen beruhender Feststellungsmangel.

Demnach erweist sich auch die Rechtsrüge als nicht zielführend. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B war sohin teilweise als unbegründet und teilweise als nicht dem Gesetze entsprechend ausgeführt zu verwerfen.

Aus Anlaß der erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Erstgericht (auch) dem Beschwerdeführer, der (im Gegensatz zu den anderen Angeklagten) zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, entgegen der Vorschrift des § 38 StGB die Vorhaft auf die 'verhängte Freiheitsstrafe' anstatt schlechthin auf die verhängte Strafe anrechnete, so daß eine Anrechnung auf die primäre Gelstrafe nicht möglich wäre. Das Urteil ist daher insoweit mit dem vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1

StPO behaftet, der auf die aus dem Spruche ersichtliche Weise zu beseitigen war.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Gerhard B nach dem § 164 Abs 3 StGB 'unter Anwendung der §§ 41

und 37 StGB' eine Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen zu je 170 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 60 Tagen. Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, hingegen die 'Unbescholtenheit' als mildernd; es ging bei der Festsetzung des Tagessatzes von einem monatlichen Nettoeinkommen des Angeklagten B im Betrage von ca. 8.000 S aus. Mit seiner Berufung strebt der genannte Angeklagte die Herabsetzung sowohl der Anzahl der Tagessätze (als 'wesentlich zu hoch') als auch deren Höhe (als das Existenszminimum beeinträchtigend) sowie die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß dem § 43 Abs 1 StGB an.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Die Anzahl der vom Erstgericht verhängten Tagessätze entspricht der Schuld des Täters und dem Unrecht der von ihm zu verantwortenden Tat. Geht man nämlich von den tatsächlich vorliegenden Strafzumessungsgründen, und zwar dem ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten (§ 34 Z 2 StGB), dem längeren Zurückliegen der Taten in Verbindung mit Wohlverhalten (Z 18 leg cit) und dem bei der Polizei abgelegten, der Wahrheitsfindung förderlich gewesenen Geständnis (Z 17 leg cit) als mildernd, hingegen der (einmaligen) Wiederholung der Tat (§ 33 Z 1 StGB) als erschwerend aus und berücksichtigt man die (primäre) Strafdrohung des § 164 Abs 3 StGB - Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren - erscheint die Anzahl der Tagessätze keinesfalls überhöht. Die Höhe des Tagessatzes wurde - ohne Existenzgefährdung des Angeklagten - den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Genannten entsprechend bemessen. Insoweit mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Hingegen erschien dem Obersten Gerichtshof - vor allem mit Rücksicht auf das lange Zurückliegen der Taten und das Wohlverhalten des Berufungswerbers (vor und nach den Taten) -

die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß dem § 43 Abs 1 StGB vertretbar. Denn im vorliegenden Fall sprechen weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen diese Maßnahme, weshalb der Beufung (teilweise) Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

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