OGH 1Ob737/77

OGH1Ob737/7712.12.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma E* F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG., *, vertreten durch Dr. Theodor Fruhwirth, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei M* G*, Hausfrau,*, vertreten durch Dr. Siegfried Köhl, Rechtsanwalt in Linz, wegen 8.500,-- S samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16. September 1977, GZ 13 R 541/77‑13, womit der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 15. Juni 1977, GZ 5 C 229/77‑6, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00737.77.1212.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurse wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Gegen die Beklagte erging über Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil, mit dem sie zur Bezahlung des Klagsbetrages von 8.500,-- S samt Anhang verurteilt wurde, wogegen ihr Ehegatte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einbrachte. Diesen Antrag wies das Erstgericht ab. Die Beklagte brachte, wiederum durch ihren Ehegatten, dagegen am letzten Tag der Rekursfrist ein Rechtsmittel ein, das neben der Anführung des Aktenzeichens nur folgenden Inhalt hatte: „Mein Antrag auf Wiedereinsetzung wurde abgelehnt. Ich lege dagegen Berufung ein.“ Das Erstgericht stellte diesen Schriftsatz der Beklagten mit der Aufforderung zurück, ihn mit der richtigen Bezeichnung des Rechtsmittels (Rekurs) zu versehen und ihn von einem Rechtsanwalt, dessen Vollmacht beizulegen habe, unterzeichnen zu lassen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nur zeitgerecht nach, sondern legte darüber hinaus auch einen von ihrem Rechtsanwalt verfaßten, mit Gründen und einem Antrag versehenen Rekurs vor.

Das Rekursgericht wies den Rekurs als unzulässig zurück. Bei der Zulässigkeitsprüfung sei nicht vom verbesserten, sondern vom ursprünglichen Rechtsmittel Schriftsatz auszugehen und zu untersuchen, ob er den inhaltlichen Erfordernissen eines Rechtsmittels entspreche. Dies sei nicht der Fall; an Rekurse seien zwar weniger strenge Anforderungen als an Berufungen und Revision zu stellen, der Rekurswerber müsse bei sonstiger Unzulässigkeit des Rekurses aber jedoch die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung begehren und angeben, inwieweit er sich durch sie beschwert erachte.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrage, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgerichte eine Sachentscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Auch die Rekurswerberin geht davon aus, daß § 84 Abs 1 ZPO nur die Beseitigung von Formgebrechen zuläßt, so daß nach Ablauf der Rekursfrist eine Verbesserung des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß in der Form, daß innerhalb der Verbesserungsfrist nicht nur die Unterschrift eines Rechtsanwaltes nachgeholt und die Bezeichnung des Rechtsmittels richtiggestellt, sondern auch der fehlende Rekursantrag und die fehlende Ausführung der Rekursgründe nachgeholt wurden, nicht zulässig war (EvBl 1974/265 u.v.a.), so daß allein zu beurteilen ist, ob der Rekurs in seiner innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebrachten Fassung den inhaltlichen Erfordernissen eines Rekurses entsprach. Mit Recht verneinte dies das Rekursgericht. Wenn auch der Oberste Gerichtshof an Rekurse weniger strenge Anforderungen stellt als an Berufungen und Revisionen, so verlangt er doch selbst im außerstreitigen Verfahren und damit auch von einem Laien, der sich durch eine gerichtliche Entscheidung benachteiligt fühlt, daß er konkret zum Ausdruck bringt, wodurch er sich beschwert erachtet; nimmt der Rechtsmittelwerber zum Inhalt der angefochtenen Entscheidung überhaupt nicht Stellung und führt er in keiner Weise aus, aus welchen Gründen er die Entscheidung der Vorinstanz bekämpft, entspricht seine Eingabe nicht einmal im außerstreitigen Verfahren den Mindesterfordernissen eines Rechtsmittels und ist daher zurückzuweisen (5 Ob 3/76 u.v.a). Dies gilt um so mehr im Prozeßverfahren, in dem die Parteien grundsätzlich nicht befugt sind, selbst Rekurse zu erheben, sondern sie nur mündlich zu Protokoll geben können oder sie als Schriftsätze durch einen Rechtsanwalt fertigen lassen müssen (§ 520 Abs 1 ZPO). Die Rekursgründe müssen zwar nicht benannt, aber individualisiert und spezialisiert werden (Pollak, System2 614). Entgegen der Meinung des Rekurses ist dies auch die Auffassung Faschings (IV 384), der ausdrücklich hervorhebt, daß der Rekurswerber sehr wohl gehalten sei, im Rekurse auszuführen, durch welche Fehler oder Zweckwidrigkeiten des angefochtenen Beschlusses er sich beschwert erachte; Differenzierungen für die Bekämpfung von Beschlüssen, die über ein Rechtsschutzbegehren entscheiden, und einfachen Verfahrensbeschwerden macht Fasching nur insoweit, als in den letztgenannten Fällen das Rekursgericht an die geltend gemachten Rekursgründe nicht gebunden sein soll. Dem widerspricht auch die von Fasching IV 385 zitierte Entscheidung Rsp 1931/331 nur scheinbar, weil hier das Rechtsmittel ausgeführt gewesen war und nur die Frage zur Entscheidung stand, ob dann, wenn der Rekurs lediglich die Abweisung eines Antrages auf Bewilligung einer einstweiligen Verfügung beantragte, die Sicherheitssumme erhöht werden kann; gewiß führte der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung auch noch aus, daß das Rekursgericht, sobald der erstrichterliche Beschluß seinem ganzen Inhalte nach angefochten sei, an die Stelle der erstrichterlichen Entscheidung die nach seiner Rechtsauffassung der Sachlage entsprechende Entscheidung setzen könne; weder ein unrichtig formulierter Rekursantrag noch ein Mangel des Rekursinhaltes hindere dies. Pollak (Rsp 1931, 217) meinte dazu jedoch, der Satz, zu Ende gedacht, ergebe, daß ein Schreiben an das Gericht „Gegen den Beschluß ... lege ich hiemit seinem ganzen Inhalte nach Rekurs ein“ als zureichender Rekurs angesehen werden müßte, was er entschieden ablehnte. Der Oberste Gerichtshof vertritt demgemäß in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die bloße Anführung der gesetzlichen Anfechtungsgründe nicht genüge (JBl 1969, 505 u.a.); um so weniger kann es genügen, wenn überhaupt keine Gründe angegeben werden. Fehlt es auch an den Mindesterfordernissen, die an ein Rechtsmittel gestellt werden müssen, ist es als unzulässig zurückzuweisen (JBl 1970, 381 u.a.). Dem unberechtigten Rekurse der Beklagten ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung entfällt, da keine Kosten verzeichnet wurden.

 

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