OGH 2Ob285/75

OGH2Ob285/7529.1.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piegler, Dr. Fedra, Dr. Reithofer und Dr. Scheiderbauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*, Kammersänger, *, vertreten durch DDr. Peter Stern und Dr. Michael Stern, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A*, Angestellter, *, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schachner, Rechtsanwalt in Melk, wegen S 64.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. Oktober 1975, GZ. 10 R 171/75‑24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 9. Mai 1975, GZ. 1 a Cg 252/74‑15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0020OB00285.75.0129.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.299,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 155,52 Umsatzsteuer und S 1.200,‑‑ Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 10. Juni 1973 gegen 21 Uhr 40 ereignete sich auf der Westautobahn im Gemeindegebiet von M* bei Strassenkilometer 82,2 in Richtung Salzburg ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker seines Personenkraftwagens Mercedes 280 und der Beklagte als Lenker seines Personenkraftwagens Opel Kadett beteiligt waren. Bei diesem Unfall wurde * H* getötet. Der Beklagte wurde deswegen des Vergehens nach § 335 StG rechtskräftig schuldig gesprochen. Das Strafgericht legte ihm zur Last, er habe sein Fahrzeug von der ersten auf die zweite Fahrspur versetzt, ohne den Nachfolgeverkehr zu beachten, wodurch der die zweite Fahrspur benützende Kläger mit seinem Personenkraftwagen nach einem abrupten Bremsmanöver ins Schleudern gekommen sei und den am Abstellstreifen befindlichen * H* niedergestossen habe.

Der Kläger verlangt vom Beklagten Zahlung von S 64.000,‑‑ s.A. mit der Behauptung, er habe bei dem vom Beklagten verschuldeten Unfall einen Schock erlitten und habe daher zwei Auftritte als Opernsänger absagen müssen; für jeden dieser Auftritte hätte er ein Honorar von S 32.000,‑‑ erhalten.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete ein, den Kläger treffe ein Mitverschulden im Ausmass von 50 %, weil er das leichte Auslenken des Beklagten zu. spät erkannt habe und so schnell gefahren sei, dass es für eine zweckmässige Reaktion zu spät gewesen sei. Der Kläger sei mit abgeblendeten Scheinwerfern und nicht auf Sicht gefahren. Er habe daher nicht rechtzeitig bemerken können, dass die Türe des am Abstellstreifen stehenden Volkswagens des * H* geöffnet gewesen, sei. Der Kläger sei nach dem Unfall mit seinem Wagen bis München weitergefahren. Er hätte daher auch imstande sein müssen, in der Oper als Sänger aufzutreten.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

* H* hielt seinen Volkswagen auf dem Abstellstreifen der Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg bei Strassenkilometer 82,2 an, um die Ursache eines wahrgenommenen Knalles festzustellen. Er stieg links aus, um sein Fahrzeug von aussen zu besichtigen. In der Zwischenzeit entdeckte seine Gattin im Wageninneren eine schadhafte Feuerlöschdose. Sie forderte ihren Mann auf, die Feuerlöschdose wegzuwerfen. * H* nahm die Dose aus dem Wagen, schlug die Wagentüre zu und begab sich zum Heck seines Fahrzeuges, wo er die Dose in ein nahe gelegenes Gebüsch warf.

Der Beklagte fuhr mit eingeschaltetem Fernlicht mit einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h auf der Autobahn in Richtung Salzburg, wobei er den ersten Fahrstreifen benützte. Er bemerkte den abgestellten Volkswagen und * H* zu spät und lenkte plötzlich und ohne vorherige Anzeige abrupt nach links, wodurch er mit seinem 1,57 m breiten Personenkraftwagen 1 m weit in die zweite Fahrspur gelangte.

Der Kläger fuhr mit seinem rund 1,80 m breiten Personenkraftwagen auf der zweiten Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von etwa 160 km/h. Er zeigte das beabsichtigte Überholmanöver vorher durch Betätigen der Lichthupe an und blendete im Zuge des Überholmanövers das zunächst eingeschaltete Fernlicht ab. Als sich der Kläger etwa 40 m hinter dem Personenkraftwagen des Beklagten befand, führte dies die oben erwähnte Auslenkbewegung nach links durch. Der Kläger bremste, um einen Auffahrunfall zu vermeiden, versuchte rechts bzw. links an dem Fahrzeug des Beklagten vorbeizukommen, geriet dadurch in eine Schleuderbewegung und stiess an den abgestellten Volkswagen, wobei auch * H* erfasst wurde. Der Wagen des Klägers zeichnete mit dem rechten Räderpaar eine 20 m lange Bremsspur auf der Fahrbahn ab, die knapp links neben der Fahrbahnmitte einsetzte und in schräger Richtung nach rechts verlief. Die Bremsspur zeigte bereits eine Schleuderbewegung, wobei sie am Ende der Leitlinie in eine Schleuderspur überging, die sich auf der rechten Fahrbahnseite schräg zum Standort des Volkswagens fortsetzte. Diese rechte Schleuderspur war 40 m lang und endete im Bereich der Splitterzone auf dem Abstellstreifen. Eine zweite Schleuderspur von 13 m Länge endete links am Beginn des Pflasterstreifens. Der tödlich verunglückte * H* blieb auf dem Abstellstreifen zwischen dem Volkswagen und dem Wagen des Klägers liegen. Der Wagen des Klägers stand – entgegengesetzt zur ursprünglichen Fahrtrichtung – teilweise auf den Abstellstreifen und teilweise auf der rechten Fahrbahn. Als der Kläger aus seinem Wagen stieg, befand er sich unmittelbar bei * H*, den er erstmals in diesem Augenblick bemerkte. Den Anstoss an H* hatte er nicht wahrgenommen.

Die Fahrspuren der Westautobahn sind je 3,75 m breit.

Der Kläger ist Opernsänger. Er war an der Wiener Staatsoper für 42 Abende jährlich verpflichtet und erhielt pro Auftritt ein Honorar von S 32.000,‑‑. Nach dem Unfall fuhr er weiter nach München zu einer Fernsehaufnahme. Er konnte aber auf Grund des Unfalles nicht schlafen. Er spürte ein innerliches Zittern und eine Unruhe, war unkonzentriert und hatte Gallenkoliken. Die Schlaflosigkeit hielt auch in den nächsten Tagen an. Der Kläger begab sich in ärztliche Behandlung und konnte seiner Fernsehverpflichtung nur durch Anwendung des sogenannten Play-back-Verfahrens nachkommen.

Der Kläger sollte am 14., 17. und 21. Juni 1973 an der Wiener Staatsoper auftreten. Am 14. hätte er in Rosenkavalier den Ochs von Lerchenau singen sollen. Der an und für sich sensible Kläger war durch das Unfallsereignis und dessen Folgen, nämlich den Tod eines Menschen, psychisch aussergewöhnlich belastet und befand sich in einer einmaligen spezifischen Stresssituation. Er war am 14. Juni 1973 zufolge dieser körperlichen und seelischen Verfassung nicht in der Lage, diese Partie zu singen. Er sagte daher telephonisch ab. Er wollte auch die weiteren Partien, und zwar den Komtur in Don Giovanni und den König Marke in Tristan und Isolde, absagen. Die Operndirektion ersuchte ihn um Einhaltung der Verpflichtung vom 17. Juni 1973, weil es sich dabei nur um eine kurze Partie handelte. Der Kläger stimmte zu, war jedoch beim Auftritt ausgesprochen indisponiert und konnte die Partie nur auf Grund seiner beruflichen Routine bewältigen. Der Kläger sagte hierauf den König Marke ab, weil er körperlich und seelisch durch das Unfallsereignis zum Singen dieser Partie nicht in der Lage war. Der Verdienstentgang bezüglich der beiden abgesagten Auftritte betrug S 64.000,‑‑.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von folgenden Überlegungen aus:

Ein Mitverschulden könne dem Kläger nicht angelastet werden. Die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit sei im Hinblick auf die Strassen- und Sichtverhältnisse nicht zu beanstanden. In dem Umschalten von Fern- und Abblendlicht im Zuge des Überholmanövers sei ein Fehlverhalten ebenfalls nicht zu erblicken, weil für ihn das beleuchtete Fahrzeug des Beklagten zu erkennen gewesen sei; ausserdem sei dieses Umschalten nicht unfallskausal gewesen. Dem Kläger könne aber auch eine unrichtige Reaktion nicht vorgeworfen werden. Auf einem Tiefenabstand von 40 m sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, seine Geschwindigkeit auf 80 km/h zu vermindern. Dazu hätte es nämlich einer Zeitspanne von 4 1/4 Sekunden bedurft, und es wäre ein Teilanhalteweg von rund 150 m erforderlich gewesen. Im Zuge des Ausschwenkens nach links wären von der Überholspur noch rund 1,75 m (richtig soll es aber heissen: 2,75 m) frei gewesen. Der Kläger habe aber nicht sofort abschätzen können, wie der Beklagte sich weiter verhalten werde, zumal er für das Ausschwenken des Beklagten nach links keine Erklärung habe finden können. Der Versuch des Klägers, einen Auffahrunfall durch eine Vollbremsung und ein Lenkmanöver zu vermeiden, sei fahrtechnisch nicht falsch gewesen.

Das Verschulden des Beklagten stehe auf Grund der strafgerichtlichen Verurteilung fest. Der Mitschuldeinwand sei weder nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches noch nach denen des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes gerechtfertigt. Dem Kläger komme vielmehr die Haftungsbefreiung nach § 9 EKHG zugute.

Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts mit Ausnahme der, dass dem Kläger zum Linksüberholen noch ein Fahrtraum von 1,75 m freigeblieben wäre und dass der Kläger durch den Tod des * H* schockiert worden wäre, als unbedenklich. Es bestätige das Ersturteil im wesentlichen aus den Gründen des Erstgerichtes, wobei es aber zum Ausdruck brachte, dass sich daran im Ergebnis auch nichts ändert, wenn man zugrunde legt, dass die verbleibende Durchfahrtslücke 2,75 m betragen hat und der Kläger vom Tod des * H* erst nach dem 21. Juni 197e erfahren hat. Im übrigen wies es daraufhin, dass es im vorliegenden Fall nicht auf die Erbringung eines Entlastungsbeweises im Sinne des § 9 EKHG, sondern auf die nach § 11 EKHG zu beurteilende gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten ankommt, bei der in erster Linie das Verschulden massgebend ist.

Dagegen richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern, allenfalls dem Kläger nur S 32.000,‑‑ s.A. zuzuerkennen oder es aufzuheben und die Sache an eine der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Der Beklagte bekämpft zunächst die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass dem Kläger ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 20 Abs. 1 StVO 1960 nicht anzulasten sei. Der Beklagte will einen solchen Verstoß des Klägers darin erblicken, dass dieser das vor dem Unfall eingeschaltete Fernlicht abgeblendet habe. Der Ansicht der Revision, dass der Kläger dadurch gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstossen habe, kann nicht gefolgt werden. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger, der zunächst mit Fernlicht gefahren ist, erst im Zuge des Manövers zum Überholen des Beklagten abgeblendet, der seinerseits mit Fernlicht gefahren ist. Es mag sein, dass hiebei die Anhaltestrecke des Klägers vorübergehend nicht durch das Abblendlicht seines Fahrzeuges ausgeleuchtet war. Das besagt aber nicht, dass der Kläger nicht auf Sicht gefahren wäre, denn für die Wahl der Geschwindigkeit ist nicht nur das eigene Abblendlicht, sondern auch das Licht aus anderen Lichtquellen von Bedeutung (vgl. 11 Os 76/67), also auch das Licht eines nicht abgeblendeten Scheinwerfers eines vorausfahrenden, zu überholenden Fahrzeuges. Der Grundsatz des Fahrens auf Sicht wird auch nicht dadurch verletzt, dass ein Überholender im Zuge eines Überholvorganges einen stets wechselnden Teil des rechten Fahrbahnrandes nicht zu beobachten und auch, solange das zu überholende Fahrzeug vor ihm fährt, in den dadurch bewirkten kurzen toten Winkel nicht einzusehen vermag (ZVR 1974/46). Abgesehen davon, dass auch nicht festgestellt werden konnte, dass der Kläger schon bei Beginn des Überholmanövers abgeblendet hat, erscheint aus den obigen Erwägungen nicht mehr von Bedeutung, wie weit der Kläger bei Einleitung des Überholmanövers hinter dem Beklagten fuhr. Einen Beweis, dass der Kläger etwa blindlings in einen Fahrtraum hineingefahren wäre, den er nicht schon vorher durch seine eigenen Scheinwerfer ausgeleuchtet hätte oder der nicht durch die Scheinwerfer des Wagens des Beklagten ausgeleuchtet worden wäre, hat der Beklagte nicht erbracht. Da sein eigenes Verschulden an dem Unfall feststeht, hätte er die ein Mitverschulden des Klägers begründenden Umstände beweisen müssen. Dies ist ihm nicht gelungen. Soweit der Beklagte in der Revision behauptet, der Kläger hätte, wenn er mit Fernlicht gefahren wäre, den am Abstellstreifen befindlichen Volkswagen und die daraus aussteigende Person gesehen, sodass ihm das Auslenken des Beklagten nicht mehr überraschend gekommen wäre, führt er sein Rechtsmittel nicht gesetzmässig aus; eine derartige Feststellung wurde nicht getroffen, noch lässt sich eine derartige Schlussfolgerung aus den vorliegenden Feststellungen ziehen.

Ist dem Kläger ein Verstoß gegen den Grundsatz des Fahrens auf Sicht nicht anzulasten, dann erübrigen sich Erörterungen in der Richtung, ob dieser Grundsatz auch beim Fahren auf der Autobahn uneingeschränkt Anwendung findet.

Gegen die Wahl einer Geschwindigkeit von 160 km/h bestanden auch aus anderen Gründen keine Bedenken. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung bestand zur Zeit des Unfalles nicht.

Die Vorinstanzen haben daher mit Recht ein Mitverschulden des Klägers nicht angenommen.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist im vorliegenden Fall, in dem es um die gegenseitige Ersatzpflicht der an einem Kraftfahrzeugunfall Beteiligten geht, § 11 Abs. 1, letzter Satz EKHG anzuwenden, welche Bestimmung auch dann Platz greift, wenn nur auf einer Seite eine Verschuldenshaftung gegeben ist (ZVR 1974/58, ZVR 1974/81 uam). Es kommt also nicht darauf an, ob der Kläger seine Haftungsfreiheit im Sinne des § 9 EKHG erwiesen hat, sondern ob eine Ausgleichspflicht im Sinne des § 11 Abs. 1 EKHG entfallen kann, wenn einem primär unfallskausalen schuldhaften Fehlverhalten des einen Beteiligten lediglich eine allfällige unzweckmässige Reaktion des anderen gegenübersteht (vgl. ZVR 1974/95, ZVR 1974/166 ua). Da im vorliegenden Fall ein Verschulden, und zwar ein schweres, nur beim Beklagten gefunden werden kann, besteht auch kein Anlass zu einer Anspruchskürzung nach § 11 Abs. 1, letzter Satz EKHG; der Beklagte hat offenbar mangels entsprechender Aufmerksamkeit * H* und dessen Fahrzeug zu spät bemerkt, er hat dann auch noch den im Hinblick auf die auf der Autobahn in der Regel gefahrenen hohen Geschwindigkeiten schwerwiegenden Fehler begangen, dass er sein Fahrzeug von der ersten auf die zweite Fahrspur versetzte, ohne den nachfolgenden Verkehr zu beachten.

Auch der Einwand, der Anspruch des Klägers auf Ersatz von Verdienstentgang bestehe nicht zu Recht, weil der Kläger nicht körperlich verletzt worden sei, schlägt nicht durch. Soweit der Beklagte unter einer körperlichen Verletzung nur eine äusserlich sichtbare Verletzung verstehen will, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich Lehre (Ehrenzweig 2  II/1 § 392, Wolff in Klang² VI S. 128, Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, S. 175) und Rechtsprechung (GlU 7556, GlUNF 2886, 4342, 3817, 5224, ZBl 1928 Nr. 264, SZ 16/12, 24/113, RZ 1954, 29; anders nur die vereinzelt gebliebene Entscheidung GlU 2935) darin einig sind, dass auch Störungen der Gehirn‑ und Nervenfunktionen einen körperlichen Schaden, also eine Körperverletzung, darstellen. Eine solche psychische Beeinträchtigung des Klägers, nämlich eine ihn an der Ausübung seines Berufes hindernde spezifische Stresssituation von Krankheitswert – der ärztliche Sachverständige spricht hier von einem „psychischen Unfallschock“ – war aber gegeben. Soweit der Beklagte aus dem Umstand, dass der Kläger nach dem Unfall seine Fahrt fortsetzen konnte, darauf schliessen will, dass eine den Kläger an der Berufsausübung hindernde psychische Beeinträchtigung nicht vorgelegen sei, unternimmt er den im Revisionsverfahren nicht mehr zulässigen Versuch einer Bekämpfung des Gutachtens des ärztlichen Sachverständigen und der darauf gegründeten richterlichen Feststellungen. Ob zwischen dem Unfallsereignis und der Absage zweier Opernauftritte des Klägers ein Zusammenhang besteht, betrifft die in das Gebiet der Beweiswürdigung fallende Frage der sogenannten natürlichen Kausalität. Davon, dass die psychische Beeinträchtigung des Klägers, die zum Absagen der Opernauftritte geführt hat, durch das Wissen um den Tod des * H* bedingt war, ist schon das Berufungsgericht nicht ausgegangen, das die diesbezüglich irrige Feststellung des Erstgerichtes nicht übernommen hat. Tatsächlich ging ja auch der ärztliche Sachverständige richtig davon aus, dass der Kläger zunächst vom Ableben des * H* nichts gewusst hat, dass er aber die schwere Verletzung des * H* kannte und für diesen das Schlimmste befürchtete.

Damit erweist sich die Revision als nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte