OGH 4Ob612/75

OGH4Ob612/7521.10.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr. S*, Arzt, *, 2.) Dr. E*, Ärztin, *, beide vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr. O*, Oberregierungsrat i.R., *, vertreten durch Dr. Lothar Troll, Rechtsanwalt in Graz, wegen Abschlusses von Bestandverträgen, Übergabe von Schlüsseln und (Eventualbegehren) Zahlung von S 700.000,‑‑ s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8. 4. 1975, GZ. 1 R 22,23,24/75‑31, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Graz vom 10. 10. 1974, GZ. 24 Cg 148/75‑25, teilweise auf gehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00612.75.1021.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Aufhebungsbeschluß wird aufgehoben und die Rechtssache in dem davon betroffenen Umfang an das Berufungsgericht zur Fällung einer neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Begründung:

Die Kläger verlangen mit ihrem Hauptbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, hinsichtlich dreier im einzelnen näher bezeichneter Wohnungen im Hause G*, mit ihnen abzuschließende Mietverträge bestimmten Inhaltes zu unterfertigen und die zu diesen Wohnungen gehörigen Schlüssel den Klägern zu übergeben. Für den Fall einer bereits erfolgten anderweitigen unkündbaren Vermietung dieser Wohnungen begehren die Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes mit einem Eventualbegehren die Zahlung eines Betrages von insgesamt S 700.000,‑‑.

Zur Begründung führen die Kläger aus, der Beklagte und dessen Mutter, J*, seien zu je drei Sechstel Anteilen Eigentümer der Liegenschaft EZ. *, Katastralgemeinde *, gewesen. Mit Kaufvertrag vom 5. 3. 1968 hätten sie je ein Sechstel der Miteigentumsanteile der Mutter des Beklagten erworben und den Beklagten darauf aufmerksam gemacht, daß sie größten Wert auf den Erwerb der übrigen vier Sechstel-Anteile legten und insbesondere daran interessiert seien, alle im Haus freiwerdenden Wohnungen für ihre Bedürfnisse (Eröffnung von ärztlichen Ordinationen) zu erhaltene Am 2. 3. 1968 sei es zwischen den Prozeßparteien zu folgender Zusatzvereinbarung zu dem damals noch abzuschließenden Kaufvertrag gekommen:

„Zu Punkt 1 umseitiger Zusatzvereinbarung wird ergänzend festgestellt, daß die Ehegatten Dr. B* für den Fall, daß eine Wohnung im Hause frei würde und sie aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht in der Lage sind, das Vorkaufsrecht auszuüben, das Recht haben, zu erklären, diese Wohnung zu mieten. Als Hauptmiete für diesen Fall wird ein Quadratmeterpreis von S 5,‑‑ (Schilling fünf) festgehalten. Den Ehegatten Dr. B* wird das Recht eingeräumt, binnen sechs Jahren dem Miteigentümer Dr. F* zu erklären, ob sie das Vorkaufsrecht ausüben werden oder nicht. Im letzteren Fall ist Herr Dr. F* seiner Pflichten entbunden. Schließlich verpflichtet sich Herr Dr. F* bis zum 31. 12. 1973 seine Anteile nicht zu veräußern. Allfällige derartige Mietverträge sind ebenfalls bis 31. 12. 1973 befristet.“

Diese Zusatzvereinbarung sei eine Ergänzung zur ursprünglichen Zusatzvereinbarung vom 2. 3. 1968 gewesen, in der den Klägern ein Optionsrecht (hinsichtlich der restlichen Liegenschaftsanteile) eingeräumt worden sei. In den Jahren 1972 und 1973 seien drei im einzelnen näher angeführte Wohnungen frei geworden, die jedoch der Beklagte trotz Ausübung des den Klägern zustehenden Optionsrechtes anderweitig vermietet habe. Für den Fall der Unkündbarkeit der diesbezüglichen Mietverträge sei den Klägern ein Schaden in der Höhe von S 700.000,‑‑ entstanden.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und brachte vor, er habe den Klägern wohl ein zeitlich begrenztes Vorkaufsrecht eingeräumt, habe aber nie die Absicht gehabt, die restlichen Liegenschaftsanteile zu verkaufen. Er sei nur zum Abschluß eines zeitlich befristeten Mietvertrages bis 31. 12. 1973 hinsichtlich einer freiwerdenden Wohnung verpflichtet gewesen und dies überdies nur für den Fall, daß die Kläger ihr Vorkaufsrecht aus wirtschaftlichen Gründen nicht ausüben könnten. Da die Kläger dem Beklagten bereits im Dezember 1971 mitgeteilt hätten, daß sie für den Fall einer Verkaufsabsicht des Beklagten dessen Anteile erwerben wollten, sei dessen Verpflichtung zum Abschluß eines Mietvertrages weggefallen. Im übrigen ermangle den Klägern das Rechtsschutzinteresse, weil ein allfälliger Mietvertrag nur bis zum 31. 12. 1973 befristet gewesen wäre. Mit Rücksicht auf die erfolgte anderweitige Vermietung der freigewordenen Wohnungen werde Unmöglichkeit der begehrten Leistung eingewendet.

Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab.

Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die Streitteile verhandelten Anfang 1968 über die Vermietung der im zweiten Stock des gegenständlichen Hauses gelegenen Wohnung. Diese Verhandlungen zerschlugen sich zunächst, weil die Kläger keine erhöhte Miete zahlen wollten, wogegen der Beklagte eine Ablöse anzunehmen nicht bereit war. Einige Wochen später unterbreitete er den Klägern mit Schreiben vom 16. 2. 1968 den Vorschlag, die Wohnung nicht zu mieten, sondern um S 300.000,‑‑ zu kaufen. Die Parteien einigten sich hierauf grundsätzlich über den Ankauf eines Hausanteiles mit freier Wohnung im zweiten Stock zum Preis von S 300.000,‑‑. Der Beklagte wies während der Verhandlungen darauf hin, daß die Hausbewohner bereits in fortgeschrittenem Alter stehen, sodaß mit dem baldigen Freiwerden weiterer Wohnungen zu rechnen sei. Über Verlangen der Kläger räumte der Beklagte diesen das Recht ein, das gesamte Haus zu einem Kaufpreis von S 800.000,‑‑ wertgesichert nach dem Lebenshaltungskostenindex zu kaufen. Dieses ursprünglich mit 31. 12. 1977 befristete Recht wurde jedoch bis zum 31. 12. 1973 verkürzt. Der Beklagte verpflichtete sich, bis zu diesem Zeitpunkt seine restlichen Hausanteile nicht zu veräußern. Die Kläger nahmen an, daß sie dank eines zu diesem Termin fällig werdenden Bausparvertrages wirtschaftlich in der Lage sein würden, das Recht auch auszuüben. Im Jahre 1968 erlaubten es ihre finanziellen Mittel nicht, den ihnen ursprünglich angebotenen halben Liegenschaftsanteil oder gar die ganze Liegenschaft zu kaufen. Da den Parteien bewußt war, daß der Wert der restlichen Anteile im Falle einer Vermietung frei werdender Wohnungen wesentlich fallen würde, vereinbarten sie, daß die Kläger bis zum 31. 12. 1973 frei werdende Wohnungen in diesem Haus für einen Preis von S 5,‑‑ pro m2 in Hauptmiete nehmen können, falls sie im Zeitpunkt der Verfügbarkeit dieser Wohnung wirtschaftlich noch nicht in der Lage sein sollten, ihr Optionsrecht auf Liegenschaftsanteile oder auf die restliche Liegenschaft auszuüben. Die Erklärung, ihr Optionsrecht auszuüben oder nicht auszuüben, sollten die Kläger bis 31. 12. 1973 abgeben. Bei Abgabe einer Erklärung vor diesem Termin, auf das Optionsrecht aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu bestehen, wäre diese Verpflichtung des Beklagten schon zu diesem Zeitpunkt erloschen. Um dem Beklagten die Verfügungsmöglichkeit über die verbliebenen Anteile durch Vermietung von Wohnungen auf unbestimmte Zeit nicht zu nehmen, oder doch wesentlich zu beeinträchtigen, sollten derartige Mietverträge bis 31. 12. 1973 befristet werden. Der Beklagte hat die schriftlichen Verträge verfaßt. Hiebei hat er das den Klägern eingeräumte Recht vereinbarungswidrig als Vorkaufsrecht bezeichnet. Eine Vermietung der bis 31. 12. 1973 freiwerdenden Wohnungen auf unbestimmte Zeit an die Kläger, die bis 31. 12. 1977 erklären konnten, das Optionsrecht auszuüben, war zwischen den Streitteilen nicht vereinbart.

Am 5. 3. 1968 vereinbarten der Beklagte und seine Mutter die Übergabe ihres Eigentumsanteiles an den Beklagten. Diese Vereinbarung erfolgte unter der ausdrücklichen Bedingung, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, vor dem Jahre 1980 dritten Personen Rechte, insbesondere Anwartschafts- oder Vorkaufsrechte, an diesem Anteil einzuräumen. Die Mutter erklärte, dem Verkauf der zwei Sechstel-Anteile an die Kläger nur deshalb zuzustimmen, weil sich die Anteile lediglich auf die im zweiten Stock gelegene Wohnung beziehen.

In der Folge traten zwischen den Parteien Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Feststellung der wertgesicherten Kaufpreisraten und der Zahlung von Betriebskosten und sonstigen Aufwendungen auf das Haus auf. Mit Schreiben vom 29. 12. 1971 verwahrten sich die Kläger gegen die Vermietung von Wohnungen durch den Beklagten, ohne allerdings eine freigewordene Wohnung für sich selbst in Anspruch zu nehmen. Sie änderten auch ihre bisher vertretene zustimmende Auffassung zu einer Zivilteilung. Die Kläger kündigten an, einer Zivilteilung für den Fall, daß sie vom Beklagten gewünscht werden sollte, nicht zuzustimmen, sondern von dem ihnen hinsichtlich der restlichen Liegenschaftsanteile eingeräumten Optionsrecht Gebrauch zu machen. Im Antwortschreiben vom 20. 1. 1972 nahm der Beklagtenvertreter unter anderem zur Kenntnis, daß die Kläger „ihr Vorkaufsrecht“ auszuüben beabsichtigten, teilte ihnen aber mit, daß er nicht die Absicht habe, zu verkaufen. Der Klagevertreter wiederholte in seinem Schreiben vom 25. 1. 1972 seine Auffassung, daß zwischen den Parteien ein Optionsrecht vereinbart worden sei. Hierauf brachte der Beklagte eine auf Feststellung des Nichtbestehens eines solchen Optionsrechtes gerichtete Klage ein. Dieses Verfahren wurde bisher nicht abgeschlossenen.

Mit Schreiben vom 9. 6. 1972 beanspruchten die Kläger vom Beklagten zu den vereinbarten Bedingungen die im ersten Stock gelegene, aus dreieinhalb Zimmern und Nebenräumen bestehende Wohnung, die im Sommer 1972 tatsächlich frei wurde. Sie wiederholten mit Schreiben vom 16. 8. 1972 dieses Verlangen, doch vermietete der Beklagte die Wohnung an Dritte.

Die Kläger sind seit Dezember 1971 wirtschaftlich in der Lage, das Optionsrecht auszuüben. Der Beklagte setzte die Kläger nicht davon in Kenntnis, daß im August 1969 eine im dritten Stock gelegene Wohnung frei wurde. Er hat sie, beginnend mit 1. 12. 1970, wieder vermietet. Dies erfuhren die Kläger erst nachträglich. Die Mutter des Beklagten, die die im Parterre gelegene Wohnung allein bewohnte, starb vor dem 31. 12. 1973. Eine Vereinbarung hinsichtlich Wohnungen, die nach dem 31. 12. 1973 frei werden, wurde von den Parteien nicht getroffen.

Der Beklagte hat den Klägern das bis 31. 12. 1973 befristete Recht eingeräumt, durch einseitige Erklärung den Kauf über seine restlichen Liegenschaftsanteile zum wertgesicherten Kaufpreis von S 500.000,‑‑ (oder Teile hievon, die dem Betriebskostenanteil der freien Wohnungen ungefähr entsprechen, zu einem entsprechend geteilten Kaufpreis) wirksam werden zu lassen. Er hat den Klägern ferner das Recht eingeräumt, durch einseitige Erklärung bis 31. 12. 1973 freiwerdende Wohnungen zum Mietzins von S 5,‑‑ pro Quadratmeter, befristet bis 31. 12. 1973 zu mieten, sofern die Kläger den Kaufpreis für die Liegenschaftsanteile noch nicht aufbringen können.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß in der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung entgegen deren Wortlaut ein Optionsrecht und nicht ein Vorkaufsrecht zu erblicken sei. Da die Kläger bereits im Dezember 1971 in der Lage gewesen seien, den Kaufpreis für die restlichen Liegenschaftsanteile aufzubringen, sei in diesem Zeitpunkt ihr Optionsrecht hinsichtlich freiwerdender Wohnungen erloschen. Mangels Anspruches auf freiwerdende Wohnungen sei auch der im Eventualbegehren geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht begründet.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des auf Unterfertigung von Mietverträgen gerichteten Teiles des Hauptbegehrens und sprach aus, daß der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes S 1.000,‑‑ übersteige. Im übrigen, also hinsichtlich der Abweisung des auf Herausgabe von Schlüsseln gerichteten Teiles des Hauptbegehrens sowie der Abweisung des Eventualbegehrens und der Kostenentscheidung hob es das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und wies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der von diesem aus rechtlichen Gründen für belanglos gehaltenen Feststellung, daß eine Vermietung der bis 31. 12. 1973 freiwerdenden Wohnungen nur befristet bis zu diesem Zeitpunkt vereinbart worden sei. In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Auffassung des Erstgerichtes, die Parteien hätten kein Vorkaufsrecht, sondern ein Optionsrecht vereinbart. Durch die im Jahre 1971 seitens der Kläger erfolgte Abgabe der Erklärung, die restlichen Liegenschaftsanteile kaufen zu wollen, sei zwischen den Streitteilen ein Kaufvertrag hinsichtlich der Liegenschaftsanteile des Beklagten bereits zustandegekommen, sodaß der Beklagte von diesem Zeitpunkt an im Verhältnis zu den Klägern über die Liegenschaft nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen sei. Da die hinsichtlich der freiwerdenden Wohnungen getroffene Vereinbarung alle wesentlichen Elemente eines Mietvertrages enthalte, sei zwischen den Prozeßparteien mit der Abgabe einer diesbezüglichen Erklärung der Kläger, in zwei Fällen durch die Einbringung der vorliegenden (zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen) Klagen, Mietverträge über die drei freigewordenen Wohnungen zustandegekommen. Dem auf Vertragsabschluß durch Unterfertigung der Mietverträge gerichteten Klagebegehren fehle somit die Grundlage. Der Umstand, daß die Kläger im Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung wirtschaftlich bereits in der Lage gewesen wären, die restlichen Liegenschaftsanteile zu erwerben, sei angesichts des aus den dargelegten Gründen im Rahmen des Optionsrechtes bereits früher erfolgten Kaufes dieser Liegenschaftsanteile und des dadurch eingetretenen Verlustes der Verfügungsmöglichkeit des Beklagten rechtlich bedeutungslos. Es wäre nämlich sinnlos und widerspräche dem Vertragszweck, wenn der Beklagte ungeachtet der fehlenden Verfügungsmöglichkeit das Recht besessen hätte, die freigewordenen Wohnungen an dritte Personen zu vermieten, obwohl die Kläger durch Abgabe der Erklärung die Anteile bereits erworben gehabt hätten. Da das Erstgericht, ausgehend von seiner vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung Feststellungen über den von den Klägern behaupteten Schaden nicht getroffen habe, sei die Aufhebung des das Eventualbegehren betreffenden Teiles des erstgerichtlichen Urteiles notwendig. Dies gelte aus Zweckmäßigkeitsgründen auch für den auf die Herausgabe von Schlüsseln gerichteten Teil des Hauptbegehrens, zumal nicht geklärt sei, ob den Klägern die von ihnen gemieteten Wohnungen übergeben werden können.

Während der bestätigende Teil der zweitgerichtlichen Entscheidung unangefochten blieb, bekämpft der Beklagte den Aufhebungsbeschluß mit dem Rechtsmittel des Rekurses. Er beantragt, diesen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung im Sinne einer vollen Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Der Rekurswerber kann zunächst in seiner Auffassung, die Streitteile hätten hinsichtlich seiner Liegenschaftsanteile und der freiwerdenden Wohnungen nicht ein Optionsrecht, sondern ein Vorkaufsrecht vereinbart, nicht gefolgt werden. Im Gegensatz zum Vorkaufsrecht, das die Verpflichtung des Eigentümers enthält, dem Vorkaufsberechtigten die Einlösung der Sache, wenn sie der Eigentümer verkaufen will, anzubieten (§ 1072 ABGB), erlaubt die Option dem Berechtigten, durch einseitige Erklärung und unabhängig von einem weiteren rechtsgeschäftlichen Willen des Verpflichteten das Schuldverhältnis selbst hervorzurufen. Nach Abgabe der das Optionsrecht realisierenden rechtsgestaltenden Erklärung erhält der Berechtigte unmittelbar den Anspruch auf Erfüllung des Schuldverhältnisses und ist daher nicht gezwungen, erst auf Abschluß des Vertrages zu klagen (Gschnitzer in Klang2, IV/1, 570 und die dort enthaltenen Literatur- und Judikaturhinweise; ferner Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts3, I, 89; MietSlg 20.080; 1 Ob 55/74 u.v.a.). Mit Recht haben die Untergerichte in der hinsichtlich der Liegenschaftsanteile des Beklagten und der Miete der freiwerdenden Wohnungen ein den Klägern eingeräumtes Optionsrecht erblickt, weil den Klägern vom Beklagten nach den Feststellungen der Untergerichte das Recht zugestanden wurde, durch einseitige Erklärung bis 31. 12. 1973 die restlichen Liegenschaftsanteile zu einem bestimmt vereinbarten Kaufpreis zu erwerben und freiwerdende Wohnungen des Hauses bis 31. 12. 1973 zu einem gleichfalls bestimmt vereinbarten Mietzins durch einseitige Erklärung zu mieten. Nach diesen Feststellungen wurde den Klägern ein einseitiges Gestaltungsrecht eingeräumt, das in beiden Fällen einen neuerlichen Vertragsabschluß oder die Abgabe einer neuerlichen rechtsgeschäftlichen Erklärung des Beklagten entbehrlich machte. Die Ausführungen des Rekurswerbers, ein bestimmter Kaufpreis sei hinsichtlich der ihm gehörigen Liegenschaftsanteile schon deshalb nicht vereinbart worden, weil in der schriftlichen Vereinbarung vom 2. 3. 1968 ein Betrag von S 400.000,‑‑ genannt worden sei, zu dem der Beklagte im Falle eines von ihm beabsichtigten Verkaufes bereit gewesen wäre, an die Kläger zu veräußern, wogegen diese als Parteien angeführt hätten, es sei ein Kaufpreis von S 500.000,.‑‑ vereinbart worden, sodaß also mangels Willensübereinstimmung ein Optionsvertrag nicht zustande gekommen sei, weichen von den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes ab, wonach ein Kaufpreis von S 500.000,‑‑ für die restlichen Liegenschaftsanteile vereinbart worden sei. Im übrigen kommt auch in der vom Rekurswerber erwähnten schriftlichen Vereinbarung keineswegs zum Ausdruck, daß der Beklagte nur im Falle eines von ihm beabsichtigten Verkaufes bereit wäre, seine Liegenschaftsanteile an die Kläger zu veräußern. Diese von den Feststellungen abweichenden Rekursausführungen müssen daher unbeachtet bleiben. Die übrigen vom Rekurswerber genannten, von ihm als wesentlich bezeichneten, im Optionsvertrag nicht aufscheinenden Vertragsbestimmungen, wie der Zeitpunkt der Berichtigung des Kaufpreises, der Übernahme des Kaufgegenstandes und der Errichtung des schriftlichen Kaufvertrages sowie der Stichtag der Verrechnung, sind keineswegs wesentlich, so daß ihr Fehlen der Annahme einer Option, die freilich alle wesentlichen Vertragsbestimmungen enthalten muß (vgl. MietSlg. 20.080), nicht entgegensteht. Sie sind mangels Vereinbarung dem dispositiven Recht zu entnehmen (vgl. Koziol-Welser a.a.O., 235).

Aus der Bejahung des vom Rekurswerber mithin zu Unrecht in Zweifel gezogenen Optionsrechtes ist jedoch für die Kläger nichts Entscheidendes gewonnen. Der Auffassung des Berufungsgerichtes, die Kläger hätten hinsichtlich der dem Beklagten gehörigen Liegenschaftsanteile in dem Schreiben des Klagevertreters vom 29. 12. 1971 ihr Optionsrecht bereits ausgeübt, sodaß der Kaufvertrag durch diese Erklärung zustandegekommen sei und die Kläger einen Anspruch auf Übereignung dieser Anteile erworben hätten, kann nicht gefolgt werden. Nach den Feststellungen der Untergerichte haben die Kläger in diesem Brief dem Beklagten lediglich angekündigt, einer Zivilteilung für den Fall, daß eine solche vom Beklagten gewünscht werden sollte, nicht zuzustimmen, sondern von ihrem Optionsrecht Gebrauch zu machen. Diese mit dem Inhalt des Schreibens sinngemäß genau übereinstimmenden Feststellungen schließen die Annahme, die Kläger hätten damit eine rechtsgestaltende Erklärung abgegeben, aus. Das Schreiben beinhaltet nur eine Absichtserklärung für den hypothetischen Fall, daß der Beklagte eine Zivilteilung verlangen sollte. Im übrigen haben nicht einmal die Kläger in ihrem Prozeßvorbringen die Behauptung auf gestellt, sie hätten ihr Optionsrecht hinsichtlich der Liegenschaftsanteile bereits ausgeübt, sodaß der Auffassung des Berufungsgerichtes auch die Grundlage eines entsprechenden Sachverhaltsvorbringens fehlt. Damit wird allen vom Berufungsgericht an seine nicht zu billigende Auffassung geknüpften Folgerungen der Boden entzogen.

Von entscheidender Bedeutung ist aber die Beurteilung des mit den frei gewordenen Wohnungen zusammenhängenden Fragenkomplexes. Wie bereits dargelegt, haben die Prozeßparteien auch hinsichtlich dieser Wohnungen ein den Klägern zustehendes Optionsrecht vereinbart, das jedoch nur für den Fall Geltung besitzen sollte, daß im Zeitpunkt der Verfügbarkeit der Wohnungen die Kläger aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht in der Lage sein sollten, ihr Optionsrecht hinsichtlich der Liegenschaftsanteile des Beklagten auszuüben, daß sie mit anderen Worten (siehe die zusammenfassenden Feststellungen auf Seite 10 des erstgerichtlichen Urteiles) den Kaufpreis für diese Liegenschaftsanteile noch nicht auf bringen können. Nach den Feststellungen der Untergerichte sind die Kläger seit Dezember 1971 wirtschaftlich in der Lage, das letzterwähnte Optionsrecht ausüben zu können. Damit fehlte es an der Erfüllung der oben erwähnten, für das Optionsrecht hinsichtlich der frei werdenden Wohnungen vereinbarten Bedingung, sodaß dieses, wie das Erstgericht richtig erkannt hat, seit diesem Zeitpunkt erloschen ist. Dem vom Berufungsgericht gegen diese Auffassung ins Treffen geführten Argument, die Kläger hätten ihr Optionsrecht hinsichtlich der Liegenschaftsanteile am 29. 12. 1971 bereits ausgeübt, sodaß der Beklagte nach diesem Zeitpunkt nicht mehr berechtigt gewesen sei, über frei werdende Wohnungen zu verfügen, wurde durch die zu dieser Frage bereits erstatteten Ausführungen des Obersten Gerichtshofes der Boden entzogen. Erkennt man aber, daß das hinsichtlich frei werdender Wohnungen den Klägern eingeräumte Optionsrecht aus den erwähnten Gründen seit Dezember 1971 erloschen ist, dann kann die Beantwortung der Fragen als gegenstandslos auf sich beruhen, ob die Kläger hinsichtlich aller drei Wohnungen – sie wurden nach dem Klagevorbringen nach dem Dezember 1971 frei – ein Optionsrecht ausgeübt haben, ob dieses Recht nur den Abschluß befristeter oder auch unbefristeter Mietverträge enthalten hat (diese Frage ist vom Berufungsgericht bewußt offengelassen worden) und ob den Klägern dadurch ein Schaden entstanden ist, daß der Beklagte die frei gewordenen Wohnungen an dritte Personen vermietet hat, und ohne daß es mit Rücksicht auf die Feststellungen der Untergerichte erforderlich wäre, den in diese Feststellungen expressis verbis nicht einbezogenen, sehr unklaren Wortlaut der schriftlichen Vereinbarungen rechtlich zu beurteilen. Die auf der Würdigung der Aussagen von Zeugen und Parteien beruhenden Feststellungen über Vereinbarungen sind Tatsachenfeststellungen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist (SZ 44/22; 4 Ob 27/74 u.v.a.). Damit erweist sich aber auch das Eventualbegehren und der auf Herausgabe der Wohnungsschlüssel gerichtete Teil des Hauptbegehrens als nicht berechtigt. Der auf einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten rechtlichen Beurteilung beruhende Aufhebungsbeschluß war daher aufzuheben und dem Berufungsgericht die Fällung einer neuen Entscheidung im Sinne einer vollen Bestätigung des die Klage zur Gänze abweisenden erstgerichtlichen Urteiles aufzutragen.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.

 

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