OGH 3Ob189/75

OGH3Ob189/7514.10.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reithofer, Dr. Thoma, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K*, anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien 1.) R*, Kaufmann, *, 2.) A*, Hausfrau, *, wegen S 840.000,-- samt Anhang und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses des beigetretenen betreibenden Gläubigers J*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 1. August 1975, GZ. 2 R 369/75-98, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rosegg vom 12. Juni 1975, GZ. E 3060/72-94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00189.75.1014.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Gerichte erster und zweiter Instanz werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Die Anträge

1.) des Wohnbauvereines V* auf Zuweisung des Betrages von S 600.000,-- auf Grund der Haftungserklärung vom 25. Oktober 1972 und des unter COZ. 7* einverleibten Höchstbetragspfandrechtes, 2.) der Pfandgläubiger T* und Firma E* OHG. auf Zuweisung von je S 200.000,-- und der Hälfte der Zinsen der fruchtbringenden Anlegung des Meistbotes von S 1,000.000,-- zur Berichtigung der auf Grund der Haftungserklärung vom 14. Dezember1972 und der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 13. Juli 1973 unter COZ. 76* pfandrechtlich sichergestellten Forderungen,

werden abgewiesen.

Der beigetretene betreibende Gläubiger J* hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Im Verteilungsbeschluß vom 3. 9. 1974, ON. 81, wurde dem Wohnbauverein V* zur vollständigen Berichtigung des zur Sicherstellung aller Forderungen, die aus gewährten Krediten oder aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes entstehen können, unter COZ. 8* im Range der Anmerkung COZ. 7* einverleibten Höchstbetrages der Barbetrag von S 1,000.000,-- zugewiesen und verfügt, daß dieser Betrag zinstragend anzulegen ist. Der Meistbotsrest von S 147.793,15 wurde den Höchstbetragshypothekaren T* und Firma E* OHG. zur teilweisen Berichtigung (durch Barzahlung) ihrer mit den einverleibten Höchstbeträgen von S 800.000,-- und S 500.000,-- als entstanden angemeldeten Forderungen im Verhältnis dieser Forderungen zugewiesen. Bei der in der Folge von Amts wegen zur Verteilung des zinstragend angelegten Betrages von S 1,000.000,-- angeordneten Verteilungstagsatzung meldete der Wohnbauverein V* Forderungen von S 250.000,-- und S 350.000,--, die auf Grund des mit den Miteigentümern der EZ. * Katastralgemeinde V* am 9. 6. 1975 abgeschlossenen Vergleiches und auf Grund des Vergleiches mit der Marktgemeinde V* vom 23. 4. 1973 entstanden seien, an und gab für den Fall der Zuweisung dieser Beträge die Erklärung ab, im Range der Kautionshypothek COZ. 7* von S 1,000.000,-- keine weiteren Forderungen zu stellen. T* und die Firma E* OHG. meldeten auf Grund des auf ihre Forderungen im Höchstbetrag von S 800.000,-- und S 500.000,-- übertragenen Pfandrechtes COZ. 76* (einverleibt in COZ. 1*) Je S 200.000,-- zuzüglich 50 % der bis zur Tagsatzung „anerlaufenden Zinsen aus dem Meistbotrest von S 1,000.000,- (ca. S 42.000,-)“ zur Berichtigung durch Barzahlung an. Der Vertreter des Wohnbauvereines V* erklärte unter Bezugnahme auf eine mündliche Absprache mit diesen beiden Pfandgläubigern, auf die Fruktifikatszinsen des Meistbotsrestes vom Tage der Tagsatzung bis zur Auszahlung keinen Anspruch zu erheben, sodaß diese Zinsen je zur Hälfte den beiden Gläubigern zufielen.

Mit dem Nachtragsverteilungsbeschluß vom 12. 6. 1975, ON. 94, wurden dem Wohnbauverein V* S 600.000,--, den Pfandgläubigern T* und Firma E* OHG. je S 200.000,-- zur vollständigen Berichtigung ihrer durch Kredit- und Kautionshypotheken sichergestellten Forderungen zugewiesen. Die der Höhe nach noch unbekannten Zinsen der fruchtbringenden Anlegung wies das Erstgericht den beiden letztgenannten Pfandgläubigern je zur Hälfte zu.

Der dem Versteigerungsverfahren beigetretene Pfandgläubiger J* bekämpfte diesen Beschluß mit Rekurs, zu dessen Erhebung er deshalb legitimiert sei, weil er bei Beachtung der gesetzlichen Verteilungsvorschriften zum Zuge hätte kommen können. Der Rekurswerber machte vor allem geltend, daß er zur Nachtragsverteilungstagsatzung nicht geladen worden sei und daß die bereits vor der ersten Verteilungstagsatzung am 28. 8. 1974 entstandenen Forderungen des Wohnbauvereines V* mangels Anmeldung bei dieser Tagsatzung nicht zu berücksichtigen gewesen wären. Er beantragte, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Anordnung einer neuen Verteilungstagsatzung oder zumindest eine neuerliche Entscheidung unter Beachtung der gesetzlichen Verteilungsvorschriften aufzutragen.

Das Rekursgericht bestätigte den Nachtragsverteilungsbeschluß der ersten Instanz. Es führte unter anderem aus, daß bei Kredit- und Kautionshypotheken kein Rechtsverlust eintrete, sondern der Höchstbetrag gemäß § 224 Abs. 2 EO zinstragend anzulegen sei, wenn der Pfandgläubiger die bereits entstandenen Forderungen nicht anmelde.

Der gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des beigetretenen Gläubigers J* ist zulässig und berechtigt.

Zur Anfechtung eines Verteilungsbeschlusses mittels Rekurses sind nach § 234 Abs. 1 EO der Verpflichtete und die zur Verteilungstagsatzung erschienenen Berechtigten nur im Umfange des ihnen gemäß § 213 EO zustehenden Widerspruchsrechtes befugt. Nach Lehre und Rechtsprechung steht das Rekursrecht in diesem Umfange aber auch den zur Verteilungstagsatzung nicht erschienenen Berechtigten und den Erschienenen, die nicht Widerspruch erhoben haben, zu, wenn durch den Verteilungsbeschluß zwingende Verfahrensbestimmungen oder von Amts wegen wahrzunehmende Verteilungsgrundsätze verletzt wurden (Heller-Berger-Stix; Komm zur Exekutionsordnung4 S 1.597; JBl 1937 Seite 322, EvBl 1966/266 u.a.). Der Rekurs der zur Verteilungstagsatzung nicht erschienenen Berechtigten ist lediglich dann unstatthaft, wenn die Anfechtung aus Gründen geschieht, die nur bei der Verteilungstag Satzung wirksam mittels Widerspruches geltend gemacht werden konnten (Heller-Berger-Stix aaO, 1598). Ein Berechtigter ist zum Rekurs gegen eine Zuweisung aber nur befugt, wenn er hiedurch benachteiligt wird. Ein Rechtsschutzinteresse ist, abgesehen von der Bestimmung des § 213 EO Voraussetzung für jedes Rechtsmittel.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nach § 239 Abs. 3 EO bei der Zwangsversteigerung von Liegenschaften unter diesen Voraussetzungen auch gegen eine den Verteilungsbeschluß der ersten Instanz bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes – falls nicht zumindest eine der Rekursbeschränkungen des § 528 Abs. 1 Z. 2 bis 5 ZPO (§ 78 EO) vorliegt  zulässig.

Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit ist, wie bereits erwähnt, ein Rechtsschutzinteresse des Berechtigten an der Anfechtung des Verteilungsbeschlusses. Das Rekursrecht steht daher nur jenen Berechtigten zu, deren Ansprüche beim Ausfallen des bestrittenen Rechtes aus dem Versteigerungserlös zum Zuge kommen könnten. Voraussetzung der Rekursberechtigung ist also in der Regel, daß der Gläubiger im Falle der Berechtigung seines Rekurses im Verteilungsbeschluß überhaupt oder mit einem größeren Betrag zum Zuge gelangt. Wird eine durch eine Kredit- oder Kautionshypothek sichergestellte Forderung durch Barzahlung berichtigt, obwohl sie nicht bescheinigt ist (§ 210 EO), steht das Rekursrecht auch den Berechtigten zu, die zur Teilnahme an der Nachtragsverteilung des richtigerweise zinstragend anzulegenden Barbetrages berechtigt sind. In einem solchen Fall ist es nicht unbedingt erforderlich, daß der Rekurrent im Verteilungsbeschluß zum Zuge kommt oder bei der Nachtragsverteilung sicher zum Zuge kommen wird.

Den Pfandrechten des Revisionsrekurswerbers gehen, wie aus dem Grundbuchsauszug zu ersehen ist, neben zwei Pfandrechten per S 11.533,69 und S 240.565,-- s.A. nur zwei Höchstbetragshypotheken im Range vor. Beim gänzlichen Ausfall der im Nachtragsverteilungsbeschluß zum Zuge gelangten Gläubiger wäre der zinstragend angelegte Betrag von S 1,000.000,-- einem Höchstbetragshypothekar zuzuweisen und gemäß § 224 Abs. 2 EO zinstragend anzulegen. Es müßte also zu einer weiteren Nachtragsverteilung kommen, bei der auch der Revisionsrekurswerber teilnahmeberechtigt wäre und allenfalls zum Zuge kommen könnte. Der Revisionsrekurswerber ist daher durch den Verteilungsbeschluß benachteiligt, denn dieser verstößt, wie noch darzutun sein wird, gegen zwingende Verfahrensvorschriften.

Der Bestand der im Rahmen der Höchstbetragshypothek zur Barzahlung angemeldeten Forderung muß, wie das Rekursgericht in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung (Heller-Berger-Stix, aaO S 1446/47, 1541; SZ 11/155, JB1 1930, S 170, EvBl 1966/266) zutreffend dargelegt hat, bescheinigt sein, sonst ist der auf die angemeldete Forderung entfallende Betrag unter Ersichtlichmachung des Pfandrechtes ebenso zinstragend anzulegen (§ 224 Abs. 2 EO), als wäre die Forderung überhaupt nicht angemeldet worden. Die zur Bescheinigung der angemeldeten Forderung gemäß § 210 EO erforderlichen Urkunden hat der Gläubiger spätestens bei der Verteilungstagsatzung vorzulegen. Die Nichtbeachtung dieser zwingenden Formvorschrift kann ein Berechtigter trotz Unterlassung des Widerspruches mit Rekurs bekämpfen (Heller-Berger-Stix aaO S 1600). Dies tut der Revisionsrekurswerber mit den Ausführungen, daß die Zuweisung an den Wohnbauverein V* schon deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht ausreichten. Seine Beschwerde ist berechtigt, weil nicht beglaubigte Abschriften (Fotokopien) von Urkunden, wie sie der Wohnbauverein V* vorgelegt hat, an sich keine geeigneten Bescheinigungsmittel im Sinne des § 210 EO sind. Überdies ist diesen Urkunden nicht zu entnehmen, daß es sich bei den verglichenen Forderungen um solche handelt, zu deren Sicherstellung die Höchstbetragshypothek bestellt wurde. Die Berichtigung der vom Wohnbauverein V* angemeldeten Forderung von S 600.000,-- durch Barzahlung verstößt daher gegen die zwingende Verfahrensvorschrift des § 210 EO. Dasselbe gilt für die Forderungen der Pfandgläubiger T* und der Firma E* OHG., die überhaupt keine Urkunden zur Bescheinigung ihrer angemeldeten Forderungen vorgelegt haben.

Es ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß die Unterlassung der Anmeldung oder Bescheinigung einer durch eine Kredit- oder Kautionshypothek sichergestellten Forderung keinen Rechtsverlust zur Folge hat. Die Kredit- und Kautionshypothek ist aus dem öffentlichen Buch zu ersehen und muß daher bei der Verteilung berücksichtigt werden. Mangels Anmeldung oder Bescheinigung ist der Höchstbetrag aus einer Kredit- und Kautionshypothek zuzuweisen, aber nicht auszufolgen. Der Betrag ist nach ständiger Rechtsprechung, von der abzugehen auch die Ausführungen des Revisionsrekurses keinen Anlaß geben, gemäß § 224 Abs. 2 EO zinstragend anzulegen. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, daß der dem Wohnbauverein V* zugewiesene Betrag zinstragend angelegt bleibt und eine Nachtragsverteilung derzeit nicht stattzufinden hat, auch nicht hinsichtlich eines Betrages von S 400.000,--, da der Wohnbauverein V* auf diesen Betrag nur für den Fall der Zuweisung des Betrages von S 600.000,-- durch Barzahlung (Ausfolgung) verzichtet hat, das Erlöschen des Kredit- und Kautionsverhältnisses also nicht feststeht.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Ein Zuspruch der mit dem Einschreiten im Meistbotsverteilungsverfahren verbundene Kosten, findet nicht statt (JB 201).

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